Ukraine: Sanktionen - einmal mehr das Mittel der Wahl 23.03.2014 22:18
d.a. Nach der Rückkehr der Krim in die Russische Föderation besteht die Antwort der EU
und der USA in Sanktionen, dies auch im Hinblick auf die
Situation in der Ukraine. Indessen hat der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow die Resultate
des jüngsten EU-Gipfels zur Ukraine als vorprogrammiert bezeichnet. Er sieht
keinen Grund für die einseitigen Sanktionen gegen Moskau, weil sein Land nicht
gegen das Völkerrecht verstossen habe: »Ich würde«, erklärte er, »den Begriff ›Sanktionen‹ vorsichtig anwenden. Laut Völkerrecht
sind Sanktionen nur auf Beschluss des UNO-Sicherheitsrates möglich. Alles
andere sind einseitige einschränkende Massnahmen, deren Legitimität in Zweifel
gezogen werden kann.« Im Schlussdokument des Europarats werde darauf hingewiesen, dass das
Krim-Referendum der ukrainischen Verfassung zuwiderlaufe. »Aber«, so Tschischow, »es gibt keine Formulierung, wonach
dies ein Verstoss gegen das Völkerrecht wäre. Wir sind zutiefst davon
überzeugt, dass diese Beschlüsse - das
Krim-Referendum und die darauf folgenden Schritte der russischen Seite - mit dem Völkerrecht konform sind. Wir
versuchen, das unseren Kollegen in der Europäischen Union klar zu machen«, betonte Tschischow. Warnende Stimmen Noch vor dem
Aussprechen von Wirtschaftssanktionen und Drohgebärden gegen Russland hatte es
zahlreiche davor warnende Stimmen gegeben. Der konservative britische
Unterhausabgeordnete William Cash, der in den 1990er Jahren an der Spitze des
sogenannten »Maastricht-Aufstands« gestanden hatte, kritisierte die EU auf
Grund der Rolle, die sie in der gegenwärtigen Krise in der Ukraine spielt; auch
lastet er ihr einen überproportional grossen Anteil an der Verantwortung für
die Krise an: »Wir brauchen keine begeisterten Befürworter der Politik Wladimir
Putins zu sein, um zu erkennen, dass diese ganze Krise in der Ukraine
vermeidbar gewesen wäre, oder um anzuerkennen, dass die Krim, die von
Chruschtschow 1954 der Ukraine zugeschlagen worden war, wie auch das Schwarze
Meer und die russische Schwarzmeerflotte seit Jahrhunderten entscheidende
nationale sicherheits- und verteidigungspolitische Interessen Russlands
berühren.« Das Projekt ›Östliche
Partnerschaft‹ und das
Assoziierungsabkommen sieht er unter dem Aspekt, der Ukraine eindeutig den Weg
in die EU und vermutlich auch in die NATO zu bahnen. »In beiden Fällen verfolgt die EU
eine bemerkenswert naive Aussenpolitik«, so Cash. [1]
Vier
einflussreiche Vereinigungen: Der Petersburger Dialog, der Ostausschuss der
Industrie, das Deutsch-Russische Forum und die Deutsch-Ukrainische
Gesellschaft, ferner der aussenpolitische Sprecher der CDU, Philipp Mißfelder,
der Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestags, Peter
Ramsauer, der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann
sowie der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, haben sich gegen Sanktionen
ausgesprochen. Fitschen erklärte: »Eine Neuauflage des Kalten Krieges sollten wir unter
allen Umständen vermeiden.« Befürchtet wird ein Schaden für die
eigene Wirtschaft, letztlich ist Russland ein wichtiger Handelspartner der BRD.
Ramsauer warnte die Bundesregierung am 15. März mit folgenden Worten: »Wirtschaftssanktionen sind ein
völlig ungeeignetes Element in der Aussenpolitik.« Entsprechende Schritte des Westens
in der Ukrainekrise und Gegenmassnahmen der russischen Regierung würden beide
Seiten treffen. Zudem werde sich China an Wirtschaftssanktionen nicht
beteiligen. »Insofern bleiben
die Handelswege für Russland zum Weltmarkt offen«, sagte. »Die Gelackmeierten wären wieder
einmal wir Deutschen.«
Jean-Pierre
Chevènement, der Sonderbeauftragte des französischen Aussenministeriums für die
Entwicklungen der Beziehungen zu Russland und ehemaliger Verteidigungsminister,
schrieb in der Tageszeitung ›Le
Figaro‹ vom 8./9. März 2014: »Es gibt weder einen ideologischen
noch einen militärischen Grund für einen neuen kalten Krieg in Europa. Europa
habe unvernünftigerweise grosse Hoffnungen auf die EU-Mitgliedschaft in der
Ukraine erzeugt. Dass man die Ukraine vor eine ›manichäische Entscheidung‹ gestellt hat - entweder Russland oder Europa - sei vollkommen unnötig gewesen, da es die
Ukraine, eingedenk ihrer Geschichte, mit einem unlösbares Dilemma konfrontiert
hat.« Chevènement
warnte ferner vor einer ›Russophobie‹, ganz gleich aus welchen Gründen. »Das steht in völligem Gegensatz zu
den Interessen unseres Landes und zu denen eines friedlichen Europas.« Russland, erklärt er, sei auf
seine Grenzen des 16. Jahrhunderts zurückgeworfen worden, im Widerspruch
zum Abkommen von 1990, gefolgt von der NATO-Ostausweitung. Schliesslich hätten
sich westliche Führer auf dem Maidan mit »unvernünftigen Aussagen und in gemeinsamen
Auftritten mit schlecht beleumdeten Personen präsentiert. Danach wurde das
Abkommen der Opposition mit Janukowitsch und der Unterschrift der
Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens seiner Substanz beraubt.
Und jetzt wagt man es, jemand anderen der Einmischung zu beschuldigen?« [2] Dennoch hat sein Land am 21. 3.
bekannt gegeben, dass die militärische Zusammenarbeit mit Moskau auf Grund der
Krise in der Ukraine und der Annexion der Krim beendet wird, was Paris als
Mittel sieht, den europäischen Ländern des Ostens einen Rückhalt zu geben. »Die Russen«, erklärte der frühere französische
Premierminister François Fillon gegenüber der Tageszeitung ›Sud-Ouest‹ bereits am
6. März, »sind nicht
unverantwortlich. Etwas mehr Psychologie von Seiten der europäischen Führer
gegenüber Russland würde dazu beitragen, die Unterschiede zu überwinden. Gegenwärtig schaffen wir durch eine
Serie von Fehlern auf beiden Seiten ein besorgniserregendes Klima der
Konfrontation zwischen Europa und Russland.« Fillon, der während der
Kriegsvorbereitung gegen Syrien die einzige französische Persönlichkeit war,
die nach Moskau zu Gesprächen mit Putin gereist war, fordert die Fortsetzung
von Verhandlungen mit Russland. [2]
Der
Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung a.D. und ehemaliger
Vizepräsident der OSZE, Willy Wimmer, hatte das nachfolgende Schreiben an die
Staats- und Regierungschefs der EU zu deren Sitzung vom 6. März 2014 gerichtet:
Sehr
verehrte Damen, sehr geehrte Herren, nach den
Standards, die in der Europäischen Union bei schwierigen Entwicklungen üblich
sind, müssten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Brüssel
wegen der Lage in der Ukraine festlegen, dass zu den neuen Machthabern in Kiew
auf Regierungsebene keine Kontakte
stattfinden, solange es ernsthafte und begründete Zweifel an der
Rechtmässigkeit der neuen Organe in Kiew gibt, und solange davon ausgegangen
werden muss, dass sich in hohen und höchsten Ämtern der neuen Organe in Kiew
Personen befinden, deren politische Haltung in ganz Europa Abscheu wegen ihres Gedankengutes
hervorruft; ferner sollte ein Boykott der EU […] über die Organe in Kiew so
lange verhängt werden, bis diese Personen nicht mehr den im Amt befindlichen
Organen in Kiew angehören. Für die Bundesregierung in Berlin ist es nicht
akzeptabel, dass vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Verbot der NPD
durchgesetzt werden soll, während man gleichzeitig in Kiew mit denjenigen unter
einer Decke steckt, die engste Kontakte
zur NPD pflegen. Es ist in hohem Masse bedauerlich, dass die Medien in Westeuropa
auf die krisenhafte Entwicklung so reagieren, als wären sie gleichgeschaltet
und unterstünden amerikanischem Oberbefehl. […] In der letzten Woche drohten
die Flammen des Maidan in Kiew auf die ganze Ukraine überzugreifen. Eine im
Bürgerkrieg versinkende Ukraine hätte ganz Europa mit in den Untergang
gerissen. Diese Gefahr ist immer noch nicht vom Tisch, weil die
wirtschaftlichen Gefahren erst noch auf alle zukommen. Das besonnene und
deutliche Auftreten der russischen Regierung unter Präsident Putin hat Europa
und der Welt eine Chance gegeben, Souveränität und territoriale Integrität der
Ukraine zu erhalten und uns vor dem Furor eines Bürgerkriegs in der Ukraine zu
bewahren. Die Russische Föderation hat sich in den Jahren, die mit dem
ordinären Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien vor fast
genau 15 Jahren begann, und zu einem friedensbedrohenden und
völkerrechtswidrigen Verhalten der USA auch in anderen Teilen der Welt führten,
zum Völkerrecht und seinen tragenden Grundsätzen bekannt. Ohne dieses
Völkerrecht und vor allem ohne die Charta der Vereinten Nationen wird das
Schicksal Europas mehr denn je ungewiss sein.
Bei einer
am 9. 3. durchgeführten Veranstaltung der Wochenzeitung ›Die Zeit‹ hatte der
frühere deutsche Kanzler Gerhard Schröder die Politik der EU gegenüber Russland
und der Ukraine erneut kritisiert und grosse Vorbehalte gegen Julia Timoschenko
geäussert; letztere soll, wenn es nach
dem Willen der EU geht, ukrainische Präsidentin werden: »Von ihr weiss man ja auch, welche
materiellen Interessen sie hat.« Die Gefahr sei doch, dass die gewaltigen Hilfsgelder
wieder in den falschen Kanälen landen können. Das Vorgehen Russlands auf der
Krim, so Schröder, sei zwar
völkerrechtswidrig, er könne aber Putin nicht verurteilen, da auch seine eigene
Regierung 1999 das Völkerrecht gebrochen habe: »Da haben wir unsere Flugzeuge nach
Serbien geschickt, und diese haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat
gebombt, ohne dass es einen [UN-]Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte.« Schröders klare Worte provozierten
die deutschen Grünen dermassen, dass sie im Europaparlament allen Ernstes einen
Antrag stellten, Schröder jedwede öffentliche Äusserung, die Russland in Schutz
nimmt, zu verbieten! Zwar wurde der Antrag abgelehnt, er macht jedoch dennoch
deutlich, auf welcher Ebene sie stehen: Sie fordern harte Sanktionen gegen
Russland, verharmlosen aber gleichzeitig die Rolle der Neonazis bei dem Putsch
in der Ukraine systematischer als alle anderen.
Der
Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft warnte laut ›German Foreign Policy‹
in einer Stellungnahme ausdrücklich vor einer Ausweitung der Sanktionen gegen
Russland. »Wir sehen
bereits eine große Verunsicherung der Unternehmen und wachsende konjunkturelle
Risiken«, heißt es in
dem Papier: »Wenn jetzt
eine Spirale aus gegenseitigen Wirtschaftssanktionen in Gang gesetzt wird,
droht die europäische Wirtschaft nachhaltig Schaden zu nehmen. Dies gelte
insbesondere dann, wenn Moskau seine Ankündigung wahrmachen sollte, auf
EU-Sanktionen mit gleicher Münze, also mit dem Einfrieren oder gar der
Beschlagnahme europäischer Vermögenswerte, zu reagieren. Das müsse verhindert
werden.« [3]
Die
Sanktionen Obamas, führt Paul Craig Roberts aus, können mithin auch gegen ihn
selbst und seine Regierung sowie gegen seine NATO-Handlanger verhängt werden,
da es ja immerhin der Westen war, der die gewählte Regierung der Ukraine
gestürzt hat, also weder Russland noch die Krim. Aber Amerikaner wenden Gesetze
oder völkerrechtliche Bestimmungen niemals auf sich selbst an. Es ist
der Dummkopf im Weissen Haus, Obama, der sich in die inneren Angelegenheiten
der Ukraine einmischt. Es war Washington, das den Sturz der gewählten
ukrainischen Regierung finanzierte und organisierte, und sich dabei gut
organisierter und schwer bewaffneter Rechtsradikaler bediente, um die
unbewaffnete Polizei und die Regierungspartei einzuschüchtern und so den Weg
für Washington freizumachen, eine nicht gewählte Regierung ins Amt zu bringen,
die aus gut bezahlten Handlangern besteht. Dabei hat Obama übersehen, dass Süden und Osten der Ukraine
russisch und nicht ukrainisch sind, so dass sein Putsch dafür sorgte, dass sich die Krim abspaltete und es im Osten
der Ukraine zu immer stärkeren Protesten gegen die demokratisch nicht
legitimierte Handlanger-Regierung Washingtons in Kiew kommt. Diese hat, so
Roberts ferner, milliardenschwere, über eigene Sicherheitskräfte verfügende
Oligarchen als Bürgermeister und Landräte in den russischen Städten eingesetzt,
um die Proteste niederzuschlagen. Sollten diese Oligarchen Gewalt gegen die
russische Bevölkerung einsetzen, wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach dazu
führen, dass die russische Armee die Kontrolle über den Osten der Ukraine, in
jeder Hinsicht traditionelles russisches Gebiet, übernehmen wird. Wenn sich
dann die Ostukraine ebenfalls Russland anschliesst, werden als politische
Partner für Washington nur die ultranationalistischen Kräfte der Westukraine
übrig bleiben, deren Vorläufer während des Zweiten Weltkriegs für Hitler
kämpften. Mit seinem Vorgehen in dieser Krise wird Obama nicht mehr erreicht
haben, als Russland und China in ihrer Auffassung zu bestärken, dass sich beide
Länder ganz oben auf der Zielliste Washingtons befinden, da sie beide dem
Streben Amerikas nach Weltherrschaft im Wege stehen. Die Welt muss verstehen,
dass die neokonservative amerikanische Regierung so etwas wie ein gedoptes
Drittes Reich ist. Es handelt sich um eine bösartige Macht ohne Verständnis für
Gerechtigkeit oder Respekt vor Wahrheit, Rechtsstaatlichkeit oder Menschenleben.
Man muss dazu nur die Bewohner des Iraks, Afghanistans, Boliviens, Syriens,
Palästinas, Pakistans, des Jemen, Somalias, des Libanons sowie die Bevölkerung von
Honduras, Venezuela, Kuba und dem Iran befragen. Auch die irregeführte
Westukraine wird dies bald begreifen. Obama selbst erklärte vor kurzem, die USA
nähme unter allen Ländern der Welt eine qualitative Sonderstellung ein, einen ›American Exceptionalism‹. Diese Ideologie ist sozusagen die
neokonservative Version der Behauptung Hitlers, die Deutschen seien etwas ›Besonderes‹ und stünden daher über allen anderen Völkern. Der einzige
Unterschied zwischen Washington und Nazi-Deutschland besteht darin, dass
Washington ein sehr viel mächtigerer Polizeistaat ist und über Atomwaffen
verfügt. Die Scheinheiligkeit und Bösartigkeit Washingtons ist in der
bisherigen Geschichte der Menschheit ohne Beispiel. Ausgerüstet mit Atomwaffen
und einer Militärdoktrin, die auf präemptive, nukleare Erstschläge setzt,
stellt Washington für sich genommen eine Bedrohung des Lebens auf der Erde dar.
[4]
Drohungen und
mögliche Sanktionsfolgen Erstaunliche
Pläne hegt z.B. Dmitri Jarosch, der Anführer des radikal-nationalistischen
ukrainischen ›Rechten Sektors‹; er hat mit einer Sprengung der über
die Ukraine verlaufenden Pipelines gedroht, um Russland die Möglichkeit zu
nehmen, am Öl- und Gasexport zu verdienen. Man kann sich ungefähr den Horizont
dieses Politikers ausmalen und abschätzen, wie weit seine Überlegungen
überhaupt reichen. Damit verbunden ist die von ihm an die jetzige Regierung in
Kiew gerichtete Forderung, einen Hauptstab des Oberbefehlshabers zu bilden,
allgemeine Mobilmachung der Bevölkerung zu initiieren und Waffenlieferungen aus
NATO-Ländern zu gewährleisten. Gegen Jarosch ist in Moskau ein Haftbefehl
erlassen worden; es wird ihm zur Last gelegt, antirussische Kräfte auf dem
Territorium Russlands öffentlich zu extremistischen Aktionen und Terror
aufgerufen zu haben. Dessen ungeachtet soll Jarosch für die Präsidentschaft
kandidieren. Wie ›sinnvoll‹ die ausgedachten Sanktionen sind, lässt
sich zum Beispiel an Tschechien aufzeigen. Die infolge der Krimkrise angedrohte
Verhärtung
der EU-Sanktionen gegen Russland kann das Land laut der tschechischen
Handelskammer Zehntausende von Arbeitsplätzen kosten. 20 000 Mitarbeitern
tschechischer Firmen drohe nach Einschätzung des Unternehmerverbandes
Arbeitslosigkeit, wenn harte Wirtschaftssanktionen beschlossen werden sollten;
ausserdem drohe ein Verlust von bis zu 30 000 Arbeitsplätzen in tschechischen
Zulieferbetrieben.
Was nun
die Liste der Einreiseverbote und Kontensperren der EU angeht, so ist zwar
Präsident Putin und sein Aussenminister Lawrow gnädigerweise von Sanktionen
ausgenommen, aber die Liste kann jederzeit mit weiteren Personen ergänzt
werden. Gleichzeitig heisst es, dass man sich bewusst sei, dass griffige
Sanktionen nicht nur Russland schaden, sondern auch für die EU-Staaten einen
Preis haben werden; die Herausforderung dabei dürfte darin bestehen, die Kosten
der russischen Gegenmassnahmen gleichmässig auf die EU-Staaten zu verteilen.
Bei dem vorliegenden Dreistufenplan sind derzeit Massnahmen der Stufe 2 in
Kraft getreten. Hierzu Brüssel wortwörtlich:
»Falls Russland
versuchen sollte, die Ukraine weiter zu destabilisieren, wird die EU die
Sanktionen der dritten Stufe aktivieren. Das sind dann Wirtschaftssanktionen.« Es ist
unglaublich: Wer destabilisiert die Ukraine, der Westen oder Putin? Mit
einer Dreistigkeit ohnegleichen wird hier der Öffentlichkeit eine Verdrehung
der Fakten dargeboten, die ihresgleichen sucht. Dazu ein Kommentar von Michael Winkler: »Die USA droht Russland mit weiteren
Sanktionen. Das ist genau die amerikanische Politik der ständigen Nadelstiche,
die damals Japan zum Angriff auf Pearl Harbor getrieben hat. Nur fürs
Protokoll: Die USA hat ein weiteres Land an der russischen Peripherie
destabilisiert, in der Absicht, dieses in die EU und die NATO zu locken. Da
dies in einem unerwarteten diplomatischen Desaster geendet hat, tun die
Amerikaner nun empört und wollen der Welt vorspielen, daß die Russen die Bösen
seien.« Hinsichtlich der
Einfrierung von Konten hat der Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums,
Wolfgang Gerke, völlig richtig erklärt, dass sich die Russen in Zukunft sehr
genau überlegen werden, wo sie ihr Geld anlegen, und ob es
nicht auch weltweit Banken gibt, wo es vor Europäern und Amerikanern sicher
ist. Politische Fragen dieser Art, so Gerke ferner, löse man nicht durch ›Verlegenheitsaktionen‹, mit denen man den russischen
Präsidenten nicht direkt treffe. Putin habe seine Position sogar stabilisiert. »Die westliche Welt unterschätzt den
Stolz der Russen und auch das Gefühl der Russen, dass die Krim eigentlich urrussisch
ist.« Jean-Claude
Juncker hatte im Deutschlandfunk erklärt: »Wenn wir die Finanzierungs- und die Finanzflüsse
zwischen Russland und den Ländern der EU
- möglicherweise auch der USA -
kappen, dann wird dies Wirkung zeigen.« Aus seiner Sicht hätten vor allem
die russischen Oligarchen ein Interesse am Fortbestehen der Finanzflüsse. »Ich hielte Sanktionen im Finanzbereich
für die geeigneteren, wenn es denn dazu kommen müsste, dass wir in die Stufe
drei der Sanktionen eintreten müssen«, so Juncker ferner. Der Wormser Wirtschaftsprofessor
Max Otte hält ein solches Vorgehen für fatal. »Insgesamt wären die Folgen der
Massnahme dramatisch«, sagte er und fügte mit Blick auf Juncker hinzu, dass dieser »immer schnell bei der Hand sei, mit
moralischen Obertönen Massnahmen zu fordern, die vielleicht auch versteckte
Industriepolitik für Luxemburg« seien. Banken-Sanktionen gegen Russland würden
Deutschland, »das einen ausgeprägten Handel mit Russland hat und diesen ausbauen
sollte - aber auch die Schweiz - wahrscheinlich härter treffen als Luxemburg«. Damit hätte Luxemburg einen
Wettbewerbsvorteil. [5] Im
Finanzsektor dürften Massnahmen zur Beschlagnahme russischer Konten in
nennenswertem Umfang auch den westlichen Banken schaden. Laut BIZ liegen bei
US-Banken und Vermögensverwaltungen insgesamt 75 Mrd. $ aus Russland. Auf
Londoner, französischen und deutschen Banken liegen der ›Financial Times‹
zufolge 140 Mrd. $. Bereits die Androhung von Wirtschaftssanktionen hatten
russische Firmen dazu veranlasst, Milliarden von westlichen Banken abzuziehen
und US government bonds zu verkaufen. In Situationen dieser Art wird immer
wieder deutlich, dass es praktisch überhaupt keinen Schutz der Privatsphäre mehr
gibt und Geldbestände gewissermassen komplikationslos einsehbar sind. Davon
ausgenommen bleiben lediglich die schwer verschachtelten Trusts in den offshore
Banken, die Aussagen von Experten zufolge so gut wie ›unknackbar‹ sind.
Anlässlich
der Bundestagsdebatte vom 13. März hatte Kanzlerin Merkel vermerkt, Deutschland
sei in der Energieversorgung ja ›nur‹ zu 35 % von russischem Erdgas
abhängig, »was«, so der Kommentar der ›Bürgerrechtsbewegung Solidarität‹, »wieder einmal zeigte, dass ihr das Wohlergehen der
Bürger und des Mittelstandes in ihrem Land vollkommen egal ist.« Zwar hatte sich auch
Energiekommissar Günther Oettinger am 20. März für Wirtschaftssanktionen gegen
Russland ausgesprochen: »Diese sind vorbereitet, und ich halte Sanktionen, die die
wirtschaftlichen Beziehungen betreffen, die Export, Import und Investitionen
angehen, für logisch und nachvollziehbar.« Wie schön! Und nun kommt das ›aber‹:
»Von einem
Gasboykott gegenüber Russland riet er aber ab. Den Gasmarkt sollte man weder in
Moskau noch in der EU zum Gegenstand der Politik machen.« Hier
liegt die ›Logik‹ bei den
absehbaren Folgen für
die EU-Bevölkerung. Schliesslich weiss auch Oettinger, dass 40 % des Gases, das
die BRD für ihre modernen Gaskraftwerke braucht, um die Energiewende gelingen
zu lassen, aus Russland stammen. Armin Laschet von der CDU hatte sich in der ›Frankfurter Allgemeinen Zeitung‹ vom 18. März über einen ›marktgängigen Anti-Putin-Populismus‹ in der deutschen ›Öffentlichkeit‹ beklagt, wobei er dies für meine
Begriffe insgesamt weitaus eher den Medien anzulasten gehabt hätte, da die Rolle des Westens von der ›Öffentlichkeit‹ durchaus durchschaut wird. »Deutschland und Russland seien wirtschaftlich eng
verbunden«, so Laschet, »allein in Nordrhein-Westfalen
trieben 1.200 Unternehmen Handel mit Russland oder investierten dort.«
Nachdem
der Rubel im Zusammenhang mit den Vorgängen auf der Krim stark zu fallen
begann, die russische Zentralbank indessen nicht einschritt, um ihn zu stützen,
und im weiteren auch die Preise für die Aktien der Energiegesellschaften
Russlands fielen, fing der Finanzmarkt an, die Aktien für den Verkauf
anzubieten, bevor sich diese ganz entwertet hätten. Putin wartete zu; als der
Preis dann in den Keller gefallen war, gab er Anweisung, diese Aktien schnell
und gleichzeitig bei allen Europäern und Amerikanern aufzukaufen. »Russland«, schreibt Sergey Schikunow, »hat einen genialen ökonomischen ›Schachzug‹ gemacht und in nur ein paar Tagen über 20 Milliarden $ verdient.
Dazu sind etwa 30 % der Aktien der eigenen Monopole zurückgeholt worden.« Zuvor floss fast die Hälfte der
Einkünfte aus der Öl- und Gasindustrie nicht in die Staatskasse Russlands,
sondern auf die Konten der ›Finanzhaie‹ Europas. Damit werden entsprechende
Einkommen aus Erdöl und Gas in Zukunft in Russland bleiben. Die Aktien, die
Milliarden an Dollars bringen, wurden innerhalb von wenigen Minuten ›für ein paar Cents‹ aufgekauft und »die ›Finanzhaie‹ ohne Einkünfte aus dem Erdöl und Gas
Russlands zurückgelassen.« [6] Gegenwärtig ist Russland
der grösste Ölproduzent der Welt. Nach Angaben des russischen Statistikamtes
Rosstat hat Russland im Januar 2014 täglich 10,343 Millionen Barrel Öl gefördert. In Saudi-Arabien, dem zweitgrössten
Ölförderer, waren es lediglich 9,628 Millionen Barrel. Wertmässig macht das Öl
34,4 % des gesamten russischen Exports aus. Rund die Hälfte der
Staatshaushaltseinnahmen wird durch den Gasexport gesichert.
Der Presse
vom 20. 3. zufolge hatte Obama mit einem Erlass den Weg für Sanktionen gegen
ganze russische Wirtschaftszweige freigemacht. In einer neuen Verordnung habe
er die Grundlage für mögliche Sanktionen gegen ›Schlüsselsektoren‹ der
russischen Wirtschaft geschaffen, einschliesslich des Gas- und Öl-Sektors.
Sanktionen gegen solche ›Schlüsselsektoren‹ hätten ›bedeutende Auswirkungen‹
auf die russische und die globale Wirtschaft, betonte Obama. »Russland muss wissen, dass eine weitere Eskalation es nur
weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde.« Was
einen absolut überspannten Bogen darstellt, denn die BRICS Staaten, immerhin
ein nicht unbedeutender Teil der internationalen Gemeinschaft, werden sich wohl
kaum an den als sinnlos und schädigend zu betrachtenden Sanktionsauflagen
beteiligen. Wie die ›Financial Times‹ berichtet hat, geht indessen ein wichtiges Pipeline-Projekt mit
Europa wohl weiter. Das Gas-Pipeline-Projekt ›South Stream‹, hinter
dem der russische Erdgas-Monopolist Gazprom, der italienische Versorger Eni,
das französische Energieunternehmen EDF und der deutsche Chemiekonzern BASF
stehen, kündigten an, einen Vertrag über 2 Milliarden Euro mit dem
italienischen Anbieter Saipem geschlossen zu haben. Das Unternehmen soll das
Unterwasserstück der Verbindung zwischen Russland und Bulgarien bauen; Startmonat
soll der Juni sein. [7]
Ob hier
die Stimme der Vernunft noch einmal durchdringen wird, ist im Moment noch nicht
absehbar.
Quellen: [1] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/kurt-nimmo/europaeische-nichtregierungsorganisation-direkt-an-gewaltsamem-putsch-in-der-ukraine-beteiligt.html;jsessionid=2ECB67EAAD83CCEF6C9B9544B3D80C9E 16. 3. 14
Kurt Nimmo: Europäische
Nichtregierungsorganisation direkt an gewaltsamem Putsch in der Ukraine
beteiligt [2] http://www.bueso.de/node/7090 13. 3. 14 [3] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58825 18. 3. 14 [4] http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/dr-paul-craig-roberts/zwei-schritte-vorwaerts-einer-zurueck.html 21. 3. 14 Paul Craig Roberts [5] http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=29664&title=%D6konomen+warnen+EU+vor+Sanktionen+gegen+russische+Banken&storyid=1395417327142 21. 3. 14 [6] http://hesikamiscellaneous.wordpress.com/2014/03/15/putins-genialer-schachzug/ 15. 3. 14 Putins
genialer Schachzug - Von Sergey Schikunow [7] http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/russische-firmen-ziehen-milliarden-von-westlichen-konten-ab-12848130.html 15. 3. 14
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