Ukraine: Sanktionen - einmal mehr das Mittel der Wahl

d.a. Nach der Rückkehr der Krim in die Russische Föderation besteht die Antwort der EU

und der USA in Sanktionen, dies auch im Hinblick auf die Situation in der Ukraine. Indessen hat der russische EU-Botschafter Wladimir Tschischow die Resultate des jüngsten EU-Gipfels zur Ukraine als vorprogrammiert bezeichnet. Er sieht keinen Grund für die einseitigen Sanktionen gegen Moskau, weil sein Land nicht gegen das Völkerrecht verstossen habe: »Ich würde«, erklärte er, »den BegriffSanktionen vorsichtig anwenden. Laut Völkerrecht sind Sanktionen nur auf Beschluss des UNO-Sicherheitsrates möglich. Alles andere sind einseitige einschränkende Massnahmen, deren Legitimität in Zweifel gezogen werden kann.« Im Schlussdokument des Europarats werde darauf hingewiesen, dass das Krim-Referendum der ukrainischen Verfassung zuwiderlaufe. »Aber«, so Tschischow, »es gibt keine Formulierung, wonach dies ein Verstoss gegen das Völkerrecht wäre. Wir sind zutiefst davon überzeugt, dass diese Beschlüsse  - das Krim-Referendum und die darauf folgenden Schritte der russischen Seite -   mit dem Völkerrecht konform sind. Wir versuchen, das unseren Kollegen in der Europäischen Union klar zu machen«, betonte Tschischow.  

Warnende Stimmen 
Noch vor dem Aussprechen von Wirtschaftssanktionen und Drohgebärden gegen Russland hatte es zahlreiche davor warnende Stimmen gegeben. Der konservative britische Unterhausabgeordnete William Cash, der in den 1990er Jahren an der Spitze des sogenannten »Maastricht-Aufstands« gestanden hatte, kritisierte die EU auf Grund der Rolle, die sie in der gegenwärtigen Krise in der Ukraine spielt; auch lastet er ihr einen überproportional grossen Anteil an der Verantwortung für die Krise an: »Wir brauchen keine begeisterten Befürworter der Politik Wladimir Putins zu sein, um zu erkennen, dass diese ganze Krise in der Ukraine vermeidbar gewesen wäre, oder um anzuerkennen, dass die Krim, die von Chruschtschow 1954 der Ukraine zugeschlagen worden war, wie auch das Schwarze Meer und die russische Schwarzmeerflotte seit Jahrhunderten entscheidende nationale sicherheits- und verteidigungspolitische Interessen Russlands berühren.«  Das Projekt Östliche Partnerschaftund das Assoziierungsabkommen sieht er unter dem Aspekt, der Ukraine eindeutig den Weg in die EU und vermutlich auch in die NATO zu bahnen. »In beiden Fällen verfolgt die EU eine bemerkenswert naive Aussenpolitik«, so Cash.  [1]

Vier einflussreiche Vereinigungen: Der Petersburger Dialog, der Ostausschuss der Industrie, das Deutsch-Russische Forum und die Deutsch-Ukrainische Gesellschaft, ferner der aussenpolitische Sprecher der CDU, Philipp Mißfelder, der Vorsitzende des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Bundestags, Peter Ramsauer, der Vorsitzende der CDU-Mittelstandsvereinigung Carsten Linnemann sowie der Chef der Deutschen Bank, Jürgen Fitschen, haben sich gegen Sanktionen ausgesprochen. Fitschen erklärte: »Eine Neuauflage des Kalten Krieges sollten wir unter allen Umständen  vermeiden.« Befürchtet wird ein Schaden für die eigene Wirtschaft, letztlich ist Russland ein wichtiger Handelspartner der BRD. Ramsauer warnte die Bundesregierung am 15. März mit folgenden Worten: »Wirtschaftssanktionen sind ein völlig ungeeignetes Element in der Aussenpolitik.« Entsprechende Schritte des Westens in der Ukrainekrise und Gegenmassnahmen der russischen Regierung würden beide Seiten treffen. Zudem werde sich China an Wirtschaftssanktionen nicht beteiligen. »Insofern bleiben die Handelswege für Russland zum Weltmarkt offen«, sagte. »Die Gelackmeierten wären wieder einmal wir Deutschen.« 

Jean-Pierre Chevènement, der Sonderbeauftragte des französischen Aussenministeriums für die Entwicklungen der Beziehungen zu Russland und ehemaliger Verteidigungsminister, schrieb in der Tageszeitung Le Figaro vom 8./9. März 2014: »Es gibt weder einen ideologischen noch einen militärischen Grund für einen neuen kalten Krieg in Europa. Europa habe unvernünftigerweise grosse Hoffnungen auf die EU-Mitgliedschaft in der Ukraine erzeugt. Dass man die Ukraine vor eine  manichäische Entscheidung gestellt hat  - entweder Russland oder Europa -  sei vollkommen unnötig gewesen, da es die Ukraine, eingedenk ihrer Geschichte, mit einem unlösbares Dilemma konfrontiert hat.« Chevènement warnte ferner vor einer Russophobie, ganz gleich aus welchen Gründen. »Das steht in völligem Gegensatz zu den Interessen unseres Landes und zu denen eines friedlichen Europas.« Russland, erklärt er, sei auf seine Grenzen des 16. Jahrhunderts zurückgeworfen worden, im Widerspruch zum Abkommen von 1990, gefolgt von der NATO-Ostausweitung. Schliesslich hätten sich westliche Führer auf dem Maidan mit »unvernünftigen Aussagen und in gemeinsamen Auftritten mit schlecht beleumdeten Personen präsentiert. Danach wurde das Abkommen der Opposition mit Janukowitsch und der Unterschrift der Aussenminister Deutschlands, Frankreichs und Polens seiner Substanz beraubt. Und jetzt wagt man es, jemand anderen der Einmischung zu beschuldigen?«  [2]  Dennoch hat sein Land am 21. 3. bekannt gegeben, dass die militärische Zusammenarbeit mit Moskau auf Grund der Krise in der Ukraine und der Annexion der Krim beendet wird, was Paris als Mittel sieht, den europäischen Ländern des Ostens einen Rückhalt zu geben. »Die Russen«, erklärte der frühere französische Premierminister François Fillon gegenüber der Tageszeitung Sud-Ouest bereits am 6. März, »sind nicht unverantwortlich. Etwas mehr Psychologie von Seiten der europäischen Führer gegenüber Russland würde dazu beitragen, die Unterschiede zu überwinden. Gegenwärtig schaffen wir durch eine Serie von Fehlern auf beiden Seiten ein besorgniserregendes Klima der Konfrontation zwischen Europa und Russland.« Fillon, der während der Kriegsvorbereitung gegen Syrien die einzige französische Persönlichkeit war, die nach Moskau zu Gesprächen mit Putin gereist war, fordert die Fortsetzung von Verhandlungen mit Russland.  [2]  

Der Staatssekretär des Bundesministers der Verteidigung a.D. und ehemaliger Vizepräsident der OSZE, Willy Wimmer, hatte das nachfolgende Schreiben an die Staats- und Regierungschefs der EU zu deren Sitzung vom 6. März 2014 gerichtet: 

Sehr verehrte Damen, sehr geehrte Herren,

nach den Standards, die in der Europäischen Union bei schwierigen Entwicklungen üblich sind, müssten die Staats- und Regierungschefs bei ihrem Treffen in Brüssel wegen der Lage in der Ukraine festlegen, dass zu den neuen Machthabern in Kiew auf Regierungsebene keine Kontakte stattfinden, solange es ernsthafte und begründete Zweifel an der Rechtmässigkeit der neuen Organe in Kiew gibt, und solange davon ausgegangen werden muss, dass sich in hohen und höchsten Ämtern der neuen Organe in Kiew Personen befinden, deren politische Haltung in ganz Europa Abscheu wegen ihres Gedankengutes hervorruft; ferner sollte ein Boykott der EU […] über die Organe in Kiew so lange verhängt werden, bis diese Personen nicht mehr den im Amt befindlichen Organen in Kiew angehören. Für die Bundesregierung in Berlin ist es nicht akzeptabel, dass vom Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe ein Verbot der NPD durchgesetzt werden soll, während man gleichzeitig in Kiew mit denjenigen unter einer Decke steckt, die engste Kontakte zur NPD pflegen. Es ist in hohem Masse bedauerlich, dass die Medien in Westeuropa auf die krisenhafte Entwicklung so reagieren, als wären sie gleichgeschaltet und unterstünden amerikanischem Oberbefehl. […] In der letzten Woche drohten die Flammen des Maidan in Kiew auf die ganze Ukraine überzugreifen. Eine im Bürgerkrieg versinkende Ukraine hätte ganz Europa mit in den Untergang gerissen. Diese Gefahr ist immer noch nicht vom Tisch, weil die wirtschaftlichen Gefahren erst noch auf alle zukommen. Das besonnene und deutliche Auftreten der russischen Regierung unter Präsident Putin hat Europa und der Welt eine Chance gegeben, Souveränität und territoriale Integrität der Ukraine zu erhalten und uns vor dem Furor eines Bürgerkriegs in der Ukraine zu bewahren. Die Russische Föderation hat sich in den Jahren, die mit dem ordinären Angriffskrieg der NATO gegen die Bundesrepublik Jugoslawien vor fast genau 15 Jahren begann, und zu einem friedensbedrohenden und völkerrechtswidrigen Verhalten der USA auch in anderen Teilen der Welt führten, zum Völkerrecht und seinen tragenden Grundsätzen bekannt. Ohne dieses Völkerrecht und vor allem ohne die Charta der Vereinten Nationen wird das Schicksal Europas mehr denn je ungewiss sein.    

Bei einer am 9. 3. durchgeführten Veranstaltung der Wochenzeitung Die Zeit hatte der frühere deutsche Kanzler Gerhard Schröder die Politik der EU gegenüber Russland und der Ukraine erneut kritisiert und grosse Vorbehalte gegen Julia Timoschenko geäussert; letztere soll, wenn es nach dem Willen der EU geht, ukrainische Präsidentin werden: »Von ihr weiss man ja auch, welche materiellen Interessen sie hat.« Die Gefahr sei doch, dass die gewaltigen Hilfsgelder wieder in den falschen Kanälen landen können. Das Vorgehen Russlands auf der Krim, so Schröder, sei  zwar völkerrechtswidrig, er könne aber Putin nicht verurteilen, da auch seine eigene Regierung 1999 das Völkerrecht gebrochen habe: »Da haben wir unsere Flugzeuge nach Serbien geschickt, und diese haben zusammen mit der NATO einen souveränen Staat gebombt, ohne dass es einen [UN-]Sicherheitsratsbeschluss gegeben hätte.« Schröders klare Worte provozierten die deutschen Grünen dermassen, dass sie im Europaparlament allen Ernstes einen Antrag stellten, Schröder jedwede öffentliche Äusserung, die Russland in Schutz nimmt, zu verbieten! Zwar wurde der Antrag abgelehnt, er macht jedoch dennoch deutlich, auf welcher Ebene sie stehen: Sie fordern harte Sanktionen gegen Russland, verharmlosen aber gleichzeitig die Rolle der Neonazis bei dem Putsch in der Ukraine systematischer als alle anderen.

Der Ost-Ausschuss der Deutschen Wirtschaft warnte laut German Foreign Policy in einer Stellungnahme ausdrücklich vor einer Ausweitung der Sanktionen gegen Russland. »Wir sehen bereits eine große Verunsicherung der Unternehmen und wachsende konjunkturelle Risiken«, heißt es in dem Papier: »Wenn jetzt eine Spirale aus gegenseitigen Wirtschaftssanktionen in Gang gesetzt wird, droht die europäische Wirtschaft nachhaltig Schaden zu nehmen. Dies gelte insbesondere dann, wenn Moskau seine Ankündigung wahrmachen sollte, auf EU-Sanktionen mit gleicher Münze, also mit dem Einfrieren oder gar der Beschlagnahme europäischer Vermögenswerte, zu reagieren. Das müsse verhindert werden.«  [3] 

Die Sanktionen Obamas, führt Paul Craig Roberts aus, können mithin auch gegen ihn selbst und seine Regierung sowie gegen seine NATO-Handlanger verhängt werden, da es ja immerhin der Westen war, der die gewählte Regierung der Ukraine gestürzt hat, also weder Russland noch die Krim. Aber Amerikaner wenden Gesetze oder völkerrechtliche Bestimmungen niemals auf sich selbst an. Es ist der Dummkopf im Weissen Haus, Obama, der sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine einmischt. Es war Washington, das den Sturz der gewählten ukrainischen Regierung finanzierte und organisierte, und sich dabei gut organisierter und schwer bewaffneter Rechtsradikaler bediente, um die unbewaffnete Polizei und die Regierungspartei einzuschüchtern und so den Weg für Washington freizumachen, eine nicht gewählte Regierung ins Amt zu bringen, die aus gut bezahlten Handlangern besteht. Dabei hat Obama übersehen, dass Süden und Osten der Ukraine russisch und nicht ukrainisch sind, so dass sein Putsch dafür sorgte,  dass sich die Krim abspaltete und es im Osten der Ukraine zu immer stärkeren Protesten gegen die demokratisch nicht legitimierte Handlanger-Regierung Washingtons in Kiew kommt. Diese hat, so Roberts ferner, milliardenschwere, über eigene Sicherheitskräfte verfügende Oligarchen als Bürgermeister und Landräte in den russischen Städten eingesetzt, um die Proteste niederzuschlagen. Sollten diese Oligarchen Gewalt gegen die russische Bevölkerung einsetzen, wird dies aller Wahrscheinlichkeit nach dazu führen, dass die russische Armee die Kontrolle über den Osten der Ukraine, in jeder Hinsicht traditionelles russisches Gebiet, übernehmen wird. Wenn sich dann die Ostukraine ebenfalls Russland anschliesst, werden als politische Partner für Washington nur die ultranationalistischen Kräfte der Westukraine übrig bleiben, deren Vorläufer während des Zweiten Weltkriegs für Hitler kämpften. Mit seinem Vorgehen in dieser Krise wird Obama nicht mehr erreicht haben, als Russland und China in ihrer Auffassung zu bestärken, dass sich beide Länder ganz oben auf der Zielliste Washingtons befinden, da sie beide dem Streben Amerikas nach Weltherrschaft im Wege stehen. Die Welt muss verstehen, dass die neokonservative amerikanische Regierung so etwas wie ein gedoptes Drittes Reich ist. Es handelt sich um eine bösartige Macht ohne Verständnis für Gerechtigkeit oder Respekt vor Wahrheit, Rechtsstaatlichkeit oder Menschenleben. Man muss dazu nur die Bewohner des Iraks, Afghanistans, Boliviens, Syriens, Palästinas, Pakistans, des Jemen, Somalias, des Libanons sowie die Bevölkerung von Honduras, Venezuela, Kuba und dem Iran befragen. Auch die irregeführte Westukraine wird dies bald begreifen. Obama selbst erklärte vor kurzem, die USA nähme unter allen Ländern der Welt eine qualitative Sonderstellung ein, einen American Exceptionalism. Diese Ideologie ist sozusagen die neokonservative Version der Behauptung Hitlers, die Deutschen seien etwas Besonderes und stünden daher über allen anderen Völkern. Der einzige Unterschied zwischen Washington und Nazi-Deutschland besteht darin, dass Washington ein sehr viel mächtigerer Polizeistaat ist und über Atomwaffen verfügt. Die Scheinheiligkeit und Bösartigkeit Washingtons ist in der bisherigen Geschichte der Menschheit ohne Beispiel. Ausgerüstet mit Atomwaffen und einer Militärdoktrin, die auf präemptive, nukleare Erstschläge setzt, stellt Washington für sich genommen eine Bedrohung des Lebens auf der Erde dar.  [4]  

Drohungen und mögliche Sanktionsfolgen  
Erstaunliche Pläne hegt z.B. Dmitri Jarosch, der Anführer des radikal-nationalistischen ukrainischen Rechten Sektors; er hat mit einer Sprengung der über die Ukraine verlaufenden Pipelines gedroht, um Russland die Möglichkeit zu nehmen, am Öl- und Gasexport zu verdienen. Man kann sich ungefähr den Horizont dieses Politikers ausmalen und abschätzen, wie weit seine Überlegungen überhaupt reichen. Damit verbunden ist die von ihm an die jetzige Regierung in Kiew gerichtete Forderung, einen Hauptstab des Oberbefehlshabers zu bilden, allgemeine Mobilmachung der Bevölkerung zu initiieren und Waffenlieferungen aus NATO-Ländern zu gewährleisten. Gegen Jarosch ist in Moskau ein Haftbefehl erlassen worden; es wird ihm zur Last gelegt, antirussische Kräfte auf dem Territorium Russlands öffentlich zu extremistischen Aktionen und Terror aufgerufen zu haben. Dessen ungeachtet soll Jarosch für die Präsidentschaft kandidieren. Wie sinnvoll die ausgedachten Sanktionen sind, lässt sich zum Beispiel an Tschechien aufzeigen. Die infolge der Krimkrise angedrohte Verhärtung der EU-Sanktionen gegen Russland kann das Land laut der tschechischen Handelskammer Zehntausende von Arbeitsplätzen kosten. 20 000 Mitarbeitern tschechischer Firmen drohe nach Einschätzung des Unternehmerverbandes Arbeitslosigkeit, wenn harte Wirtschaftssanktionen beschlossen werden sollten; ausserdem drohe ein Verlust von bis zu 30 000 Arbeitsplätzen in tschechischen Zulieferbetrieben.   

Was nun die Liste der Einreiseverbote und Kontensperren der EU angeht, so ist zwar Präsident Putin und sein Aussenminister Lawrow gnädigerweise von Sanktionen ausgenommen, aber die Liste kann jederzeit mit weiteren Personen ergänzt werden. Gleichzeitig heisst es, dass man sich bewusst sei, dass griffige Sanktionen nicht nur Russland schaden, sondern auch für die EU-Staaten einen Preis haben werden; die Herausforderung dabei dürfte darin bestehen, die Kosten der russischen Gegenmassnahmen gleichmässig auf die EU-Staaten zu verteilen. Bei dem vorliegenden Dreistufenplan sind derzeit Massnahmen der Stufe 2 in Kraft getreten. Hierzu Brüssel  wortwörtlich: »Falls Russland versuchen sollte, die Ukraine weiter zu destabilisieren, wird die EU die Sanktionen der dritten Stufe aktivieren. Das sind dann Wirtschaftssanktionen.« Es ist unglaublich: Wer destabilisiert die Ukraine, der Westen oder Putin? Mit einer Dreistigkeit ohnegleichen wird hier der Öffentlichkeit eine Verdrehung der Fakten dargeboten, die ihresgleichen sucht. Dazu ein Kommentar von Michael Winkler: »Die USA droht Russland mit weiteren Sanktionen. Das ist genau die amerikanische Politik der ständigen Nadelstiche, die damals Japan zum Angriff auf Pearl Harbor getrieben hat. Nur fürs Protokoll: Die USA hat ein weiteres Land an der russischen Peripherie destabilisiert, in der Absicht, dieses in die EU und die NATO zu locken. Da dies in einem unerwarteten diplomatischen Desaster geendet hat, tun die Amerikaner nun empört und wollen der Welt vorspielen, daß die Russen die Bösen seien.« Hinsichtlich der Einfrierung von Konten hat der Präsident des Bayerischen Finanz-Zentrums, Wolfgang Gerke, völlig richtig erklärt, dass sich die Russen in Zukunft sehr genau überlegen werden, wo sie ihr Geld anlegen, und ob es nicht auch weltweit Banken gibt, wo es vor Europäern und Amerikanern sicher ist. Politische Fragen dieser Art, so Gerke ferner, löse man nicht durch Verlegenheitsaktionen, mit denen man den russischen Präsidenten nicht direkt treffe. Putin habe seine Position sogar stabilisiert. »Die westliche Welt unterschätzt den Stolz der Russen und auch das Gefühl der Russen, dass die Krim eigentlich urrussisch ist.« Jean-Claude Juncker hatte im Deutschlandfunk erklärt: »Wenn wir die Finanzierungs- und die Finanzflüsse zwischen Russland und den Ländern der EU  - möglicherweise auch der USA -  kappen, dann wird dies Wirkung zeigen.« Aus seiner Sicht hätten vor allem die russischen Oligarchen ein Interesse am Fortbestehen der Finanzflüsse. »Ich hielte Sanktionen im Finanzbereich für die geeigneteren, wenn es denn dazu kommen müsste, dass wir in die Stufe drei der Sanktionen eintreten müssen«, so Juncker ferner. Der Wormser Wirtschaftsprofessor Max Otte hält ein solches Vorgehen für fatal. »Insgesamt wären die Folgen der Massnahme dramatisch«, sagte er und fügte mit Blick auf Juncker hinzu, dass dieser »immer schnell bei der Hand sei, mit moralischen Obertönen Massnahmen zu fordern, die vielleicht auch versteckte Industriepolitik für Luxemburg« seien. Banken-Sanktionen gegen Russland würden Deutschland, »das einen ausgeprägten Handel mit Russland hat und diesen ausbauen sollte  - aber auch die Schweiz -  wahrscheinlich härter treffen als Luxemburg«. Damit hätte Luxemburg einen Wettbewerbsvorteil.  [5]  Im Finanzsektor dürften Massnahmen zur Beschlagnahme russischer Konten in nennenswertem Umfang auch den westlichen Banken schaden. Laut BIZ liegen bei US-Banken und Vermögensverwaltungen insgesamt 75 Mrd. $ aus Russland. Auf Londoner, französischen und deutschen Banken liegen der Financial Times zufolge 140 Mrd. $. Bereits die Androhung von Wirtschaftssanktionen hatten russische Firmen dazu veranlasst, Milliarden von westlichen Banken abzuziehen und US government bonds zu verkaufen. In Situationen dieser Art wird immer wieder deutlich, dass es praktisch überhaupt keinen Schutz der Privatsphäre mehr gibt und Geldbestände gewissermassen komplikationslos einsehbar sind. Davon ausgenommen bleiben lediglich die schwer verschachtelten Trusts in den offshore Banken, die Aussagen von Experten zufolge so gut wie unknackbar sind.                         

Anlässlich der Bundestagsdebatte vom 13. März hatte Kanzlerin Merkel vermerkt, Deutschland sei in der Energieversorgung ja nur zu 35 % von russischem Erdgas abhängig, »was«, so der Kommentar der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, »wieder einmal zeigte, dass ihr das Wohlergehen der Bürger und des Mittelstandes in ihrem Land vollkommen egal ist.« Zwar hatte sich auch Energiekommissar Günther Oettinger am 20. März für Wirtschaftssanktionen gegen Russland ausgesprochen: »Diese sind vorbereitet, und ich halte Sanktionen, die die wirtschaftlichen Beziehungen betreffen, die Export, Import und Investitionen angehen, für logisch und nachvollziehbar.« Wie schön! Und nun kommt das aber: »Von einem Gasboykott gegenüber Russland riet er aber ab. Den Gasmarkt sollte man weder in Moskau noch in der EU zum Gegenstand der Politik machen.« Hier liegt die Logik bei den absehbaren Folgen für die EU-Bevölkerung. Schliesslich weiss auch Oettinger, dass 40 % des Gases, das die BRD für ihre modernen Gaskraftwerke braucht, um die Energiewende gelingen zu lassen, aus Russland stammen. Armin Laschet von der CDU hatte sich in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 18.  März über einen marktgängigen Anti-Putin-Populismusin der deutschen Öffentlichkeit beklagt, wobei er dies für meine Begriffe insgesamt weitaus eher den Medien anzulasten gehabt hätte, da  die Rolle des Westens von der Öffentlichkeit durchaus durchschaut wird. »Deutschland und Russland seien wirtschaftlich eng verbunden«, so Laschet, »allein in Nordrhein-Westfalen trieben 1.200 Unternehmen Handel mit Russland oder investierten dort.«   

Nachdem der Rubel im Zusammenhang mit den Vorgängen auf der Krim stark zu fallen begann, die russische Zentralbank indessen nicht einschritt, um ihn zu stützen, und im weiteren auch die Preise für die Aktien der Energiegesellschaften Russlands fielen, fing der Finanzmarkt an, die Aktien für den Verkauf anzubieten, bevor sich diese ganz entwertet hätten. Putin wartete zu; als der Preis dann in den Keller gefallen war, gab er Anweisung, diese Aktien schnell und gleichzeitig bei allen Europäern und Amerikanern aufzukaufen. »Russland«, schreibt Sergey Schikunow, »hat einen genialen ökonomischen Schachzug gemacht und in nur ein paar Tagen über 20 Milliarden $ verdient. Dazu sind etwa 30 % der Aktien der eigenen Monopole zurückgeholt worden.« Zuvor floss fast die Hälfte der Einkünfte aus der Öl- und Gasindustrie nicht in die Staatskasse Russlands, sondern auf die Konten der FinanzhaieEuropas. Damit werden entsprechende Einkommen aus Erdöl und Gas in Zukunft in Russland bleiben. Die Aktien, die Milliarden an Dollars bringen, wurden innerhalb von wenigen Minuten für ein paar Centsaufgekauft und »die Finanzhaie ohne Einkünfte aus dem Erdöl und Gas Russlands zurückgelassen.«  [6]  Gegenwärtig ist Russland der grösste Ölproduzent der Welt. Nach Angaben des russischen Statistikamtes Rosstat hat Russland im Januar 2014 täglich 10,343 Millionen Barrel Öl gefördert. In Saudi-Arabien, dem zweitgrössten Ölförderer, waren es lediglich 9,628 Millionen Barrel. Wertmässig macht das Öl 34,4 % des gesamten russischen Exports aus. Rund die Hälfte der Staatshaushaltseinnahmen wird durch den Gasexport gesichert. 

Der Presse vom 20. 3. zufolge hatte Obama mit einem Erlass den Weg für Sanktionen gegen ganze russische Wirtschaftszweige freigemacht. In einer neuen Verordnung habe er die Grundlage für mögliche Sanktionen gegen Schlüsselsektoren der russischen Wirtschaft geschaffen, einschliesslich des Gas- und Öl-Sektors. Sanktionen gegen solche Schlüsselsektoren hätten bedeutende Auswirkungen auf die russische und die globale Wirtschaft, betonte Obama. »Russland muss  wissen, dass eine weitere Eskalation es nur weiter von der internationalen Gemeinschaft isolieren würde.« Was einen absolut überspannten Bogen darstellt, denn die BRICS Staaten, immerhin ein nicht unbedeutender Teil der internationalen Gemeinschaft, werden sich wohl kaum an den als sinnlos und schädigend zu betrachtenden Sanktionsauflagen beteiligen. Wie die Financial Times berichtet hat, geht indessen ein wichtiges Pipeline-Projekt mit Europa wohl weiter. Das Gas-Pipeline-Projekt South Stream, hinter dem der russische Erdgas-Monopolist Gazprom, der italienische Versorger Eni, das französische Energieunternehmen EDF und der deutsche Chemiekonzern BASF stehen, kündigten an, einen Vertrag über 2 Milliarden Euro mit dem italienischen Anbieter Saipem geschlossen zu haben. Das Unternehmen soll das Unterwasserstück der Verbindung zwischen Russland und Bulgarien bauen; Startmonat soll der Juni sein.  [7] 

Ob hier die Stimme der Vernunft noch einmal durchdringen wird, ist im Moment noch nicht absehbar.   

 

Quellen:   
[1]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/kurt-nimmo/europaeische-nichtregierungsorganisation-direkt-an-gewaltsamem-putsch-in-der-ukraine-beteiligt.html;jsessionid=2ECB67EAAD83CCEF6C9B9544B3D80C9E  16. 3. 14  Kurt Nimmo:  Europäische Nichtregierungsorganisation direkt an gewaltsamem Putsch in der Ukraine beteiligt 
[2]  http://www.bueso.de/node/7090    13. 3. 14 
[3]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58825   18. 3. 14 
[4]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/dr-paul-craig-roberts/zwei-schritte-vorwaerts-einer-zurueck.html   21. 3. 14 Paul Craig Roberts 
[5]  http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=29664&title=%D6konomen+warnen+EU+vor+Sanktionen+gegen+russische+Banken&storyid=1395417327142   21. 3. 14 
[6]  http://hesikamiscellaneous.wordpress.com/2014/03/15/putins-genialer-schachzug/  15. 3. 14  Putins genialer Schachzug  -  Von Sergey Schikunow  
[7]  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/wirtschaftspolitik/russische-firmen-ziehen-milliarden-von-westlichen-konten-ab-12848130.html   15. 3. 14