»Neonazi-Putsch beim Namen nennen!« 23.02.2014 22:38
Hierzu fordert die ukrainische Oppositionspolitikerin Dr. Natalja Witrenko,
die Vorsitzende der ›Progressiven
Sozialistischen Partei‹ der
Ukraine, die Weltgemeinschaft auf. Erneut sei Blut vergossen worden, nachdem
organisierte und schwerbewaffnete Kolonnen ›unter
dem Deckmantel des verlogenen Aufrufs der Euromaidan-Führer Jatsenjuk,
Klitschko und Tjagnibok zu einem friedlichen Marsch auf den Obersten Rada‹ versucht hatten, den Rada [das
Parlament] zu stürmen und sowohl die Polizeikräfte als auch eine friedliche
Demonstration von Unterstützern der regierenden Partei der Regionen angriffen.
Die Oppositionsführer seien für diesen neuen Ausbruch der Gewalt und die Opfer
verantwortlich. »Aber die Verantwortung für
die Gewalt, die Opfer und den Bürgerkrieg in der Ukraine liegt nicht bloß bei
den Organisatoren, den Guerillakriegern und den Terroristen des Euromaidan,
sondern auch bei den Führern der Europäischen Union und der USA, die in ihrer
politischen Kurzsichtigkeit einen Nazi-Putsch mit einem friedlichen
Volksaufstand zur Verteidigung europäischer Werte verwechseln.«
Witrenko wiederholte, was sie schon in einem am 13.
Februar im Internet veröffentlichten Video erklärt hatte, daß jene ausländischen
Politiker, die den Unabhängigkeitsplatz Maidan Naseleschnosti besuchen, sich
bewußt weigern, zuzugeben, daß das ganze Gebiet der Demonstrationen mit
Neonazi-Gaffitis beschmiert ist, während ständig Nazi-Drohungen wie ›Erstecht die Moskowiter‹ oder ›Ruhm der Nation - Tod ihren Feinden‹ skandiert werden. »Aus verschiedenen Gründen übersehen sie, daß das,
was in der Ukraine geschieht, eine völlige Parallele zur Machtübernahme der
Nazis in Deutschland darstellt.« Zum Schluß
ihrer aktuellen Erklärung sagte Witrenko: »Als
Anführerin einer linken Oppositionspartei in der Ukraine fordere ich die
Weltgemeinschaft auf, sich den Kern der Probleme in der Ukraine anzuschauen.
Dies ist ein Putsch von Neonazis, der darauf abzielt, eine Nazidiktatur zu
errichten. Das Völkerrecht, die europäischen Werte, die Verteidigung der
Menschenrechte in der Ukraine sowie die demokratischen Prinzipien verpflichten
alle Nationen der Welt und alle fortschrittlichen Kräfte, sich mit dem Ziel zu
sammeln, die Neonazi-Parteien und -bewegungen in der Ukraine zu verbieten. Wenn
das nicht geschieht, wird es unmöglich sein, die Lage zu stabilisieren und
einen demokratischen Wandel herbeizuführen.«
Gleich zu Beginn ihres Videos vom 13. Februar hatte
Witrenko der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, für ihre
Intervention bei einer Veranstaltung des ›National
Endowment for Democracy‹ in
Washington gedankt; bei dieser hatte Zepp-LaRouche den Veranstaltern erklärt: Wenn
Sie unter dem Vorwand der Förderung der Demokratie eine Krise herbeiführen, dann
mischen Sie sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine ein und könnten
damit einen Dritten Weltkrieg auslösen.« Witrenko widerlegt in ihrem
Video Schritt für Schritt die falschen Behauptungen, die in den vom US-Kongreß
und dem Europäischen Parlament beschlossenen Resolutionen enthalten sind.
Insbesondere die Unterstützung des letzteren für den derzeitigen Aufstand sei
empörend, angesichts früherer Erklärungen des Europaparlaments, die die
Neonazibewegungen in der Ukraine verurteilt hatten. So habe das Europaparlament
2010 selbst erklärt, es »beklage die
Entscheidung des scheidenden Präsidenten der Ukraine, Viktor Juschtschenko,
Stepan Bandera, einen Führer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN),
der mit den Nazis kollaborierte, posthum mit dem Titel ›Nationaler Held der Ukraine‹ auszuzeichnen.« Und noch im Dezember 2012 erklärte das EP, es sei »besorgt über die wachsende nationalistische
Stimmung in der Ukraine, die sich in der Unterstützung für die Swoboda-Partei
ausdrückt und dazu geführt hat, daß diese eine von zwei neuen Parteien ist, die
in die Werchowna Rada eingezogen ist; es erinnert daran, daß rassistische,
antisemitische und xenophobe Ansichten Europas fundamentalen Werten und
Prinzipien widersprechen; und appelliert daher an die demokratiefreundlichen
Parteien im Werchowna Rada, nicht mit dieser Partei zusammenzuarbeiten, sie zu
unterstützen oder Koalitionen mit ihr zu bilden.« Heute
jedoch seien Vertreter der EU und der USA in ständigem Kontakt
mit dem Swoboda-Führer Oleg Tjagnibok.
[1]
Am 14. Februar warnte General Leonid Iwaschow, der
frühere Leiter der Abteilung für Auswärtige Beziehungen im russischen
Verteidigungsministerium und jetzt Präsident der russischen Akademie für
Geopolitische Studien, in einem Interview mit scharfen Worten vor der
Eskalation der strategischen Krise in der Ukraine und vor dem Propagandafeldzug
gegen Rußland. Die USA und die EU hätten
offensichtlich die ›Methoden
des Dr. Goebbels‹ genau studiert. Sie stellen die Realität auf
den Kopf. Das ist eine der Formeln, die am erfolgreichsten von der Nazi-Propaganda
eingesetzt wurde: Die angegriffene Seite wird beschuldigt, der Aggressor zu
sein. »Was wir in der Ukraine und Syrien
sehen, ist ein westliches Projekt, eine neue Art des Krieges: in beiden
Fällen tritt eine klare antirussische Herangehensweise zutage und es ist
bekannt, daß Kriege heute mit psychologischer und Informationskriegsführung
beginnen.« Ferner: »Ich
gehe davon aus, daß das Außenministerium versteht, daß wir uns im Kriegszustand
befinden und daß Kriege ihre eigenen Gesetze haben. ..... Kerry und Obama
ermuntern in Kiew etwas, was in ihren eigenen Ländern hart unterdrückt wird.
Europäische Führer lösen nicht genehmigte Demonstrationen mit Wasserwerfern
auf, werfen Demonstranten ins Gefängnis, während sie im Fall der Ukraine das
genaue Gegenteil vertreten und dann bedrohen sie auch noch Rußland, was
logischerweise Teil des Informationskrieges ist.« Iwaschow
wies auch auf die Präsenz amerikanischer Schiffe im Schwarzen Meer hin und
warnte: »Das Szenario könnte sich so
entwickeln, daß die Situation in der Ukraine bis zum äußersten getrieben wird; Janukowitsch
und Rußland wird die gesamte Verantwortung zugeschoben, um dann sagen
zu können, daß die NATO nicht einfach weiter zuschauen kann und dann Truppen
schickt, um die Ordnung wieder herzustellen. Darauf würde eine
Übergangsregierung gebildet, wie im Irak und im Kosovo und die NATO würde die
Gesamtkontrolle übernehmen. Die geschichtliche Erfahrung zeigt, daß wir
ähnliche Situationen erlebt haben. Aber bevor das geschieht, muß die
Aggression mit Mitteln der Informations-Kriegsführung gerechtfertigt werden. ....
Sie haben den Oppositionsführern Klitschko, Jatsenjuk und Tjanybok noch nicht
einmal beigebracht, effizient eine Regierung zu führen. Es geht vor allem darum,
die Macht zu ergreifen und den ukrainischen Staat zu zerstören.« [2]
Experten des Isborsk-Klubs, einer einflußreichen
Gruppe russischer Intellektueller, veröffentlichten am 12. 2. in der
Wochenzeitung ›Sawtra‹ ein Memorandum mit dem Titel ›Rettet die Ukraine!‹ Sie sehen einen ›schleichenden Putsch von
Faschisten und Nazis‹ in der
Ukraine, der die Russische Föderation strategisch bedroht, fordern
aber notfalls eine russisch-amerikanische Krisendiplomatie nach dem Vorbild der Kubakrise.
Etliche Einschätzungen und Ideen in dem Memorandum stimmen inhaltlich mit jüngsten
Interviews und Artikeln des Präsidentenberaters Sergej Glasjew und des Generals
Iwaschow überein. Beide sind Mitglieder des Isborsk-Klubs und gehörten zu den
Autoren des Anfang 2013 vom Klub vorgelegten strategischen Weißbuchs zur Reform
des russischen Verteidigungssektors. Besonders interessant in dem Memorandum
ist die Auflistung, welche Folgen ein neues Regime in der Ukraine ›auf der Grundlage einer extrem
nationalistischen Ideologie‹ für
Rußlands strategische Interessen hätte. Diese Folgen wären u.a.: Die
militärische Ausweitung der USA und der NATO nach Osten; Ablehnung der Präsenz
der russischen Streitkräfte auf der Krim [wie Sewastopol als Basis der
Schwarzmeerflotte]; Säuberungen von rußlandfreundlichen Kräften in der Ost- und
Südukraine, was zu einer Welle von Flüchtlingen in die Russische Föderation
führen würde; Vernichtung aller Industrie, die Aufträge für den russischen
militärisch-industriellen Komplex ausführt; Schaffung von Ausbildungslagern für
Terroristen in der Ostukraine, die dann in Rußland operieren würden; Ausweitung
der Euromaidan-Methoden auf russischen Großstädte; Einleitung von
Strafverfahren gegen Gazprom und Rosneft sowie Klagen der ukrainischen
Regierung gegen Rußland vor vom Westen bestimmten internationalen
Gerichtshöfen.
Am Ende werden der politischen Führung Rußlands
Maßnahmen im Rahmen des Völkerrechts vorgeschlagen, u.a.: ›eine offene Erklärung gegenüber
der Weltgemeinschaft, daß die Schaffung eines faschistischen und
antisemitischen Staates an unseren Grenzen für Rußland inakzeptabel ist‹, sowie direkte Gespräche mit Washington. Zudem
weisen verschiedene einflußreiche russische Akteure und westliche
Rußlandexperten darauf hin, daß Moskau eine Fortsetzung dieser Politik der USA
und NATO nicht hinnehmen kann. [3]
[1] http://www.bueso.de/node/7038 19. 2. 14 [2] http://www.bueso.de/node/7030 14. 2. 14 [3] Strategic
Alert Jahrgang 27, Nr. 8 vom 19. 2. 14
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