»Neonazi-Putsch beim Namen nennen!«

Hierzu fordert die ukrainische Oppositionspolitikerin Dr. Natalja Witrenko,

die Vorsitzende der Progressiven Sozialistischen Partei der Ukraine, die Weltgemeinschaft auf. Erneut sei Blut vergossen worden, nachdem organisierte und schwerbewaffnete Kolonnen unter dem Deckmantel des verlogenen Aufrufs der Euromaidan-Führer Jatsenjuk, Klitschko und Tjagnibok zu einem friedlichen Marsch auf den Obersten Rada versucht hatten, den Rada [das Parlament] zu stürmen und sowohl die Polizeikräfte als auch eine friedliche Demonstration von Unterstützern der regierenden Partei der Regionen angriffen. Die Oppositionsführer seien für diesen neuen Ausbruch der Gewalt und die Opfer verantwortlich. »Aber die Verantwortung für die Gewalt, die Opfer und den Bürgerkrieg in der Ukraine liegt nicht bloß bei den Organisatoren, den Guerillakriegern und den Terroristen des Euromaidan, sondern auch bei den Führern der Europäischen Union und der USA, die in ihrer politischen Kurzsichtigkeit einen Nazi-Putsch mit einem friedlichen Volksaufstand zur Verteidigung europäischer Werte verwechseln.«

Witrenko wiederholte, was sie schon in einem am 13. Februar im Internet veröffentlichten Video erklärt hatte, daß jene ausländischen Politiker, die den Unabhängigkeitsplatz Maidan Naseleschnosti besuchen, sich bewußt weigern, zuzugeben, daß das ganze Gebiet der Demonstrationen mit Neonazi-Gaffitis beschmiert ist, während ständig Nazi-Drohungen wie Erstecht die Moskowiter oder Ruhm der Nation - Tod ihren Feinden skandiert werden. »Aus verschiedenen Gründen übersehen sie, daß das, was in der Ukraine geschieht, eine völlige Parallele zur Machtübernahme der Nazis in Deutschland darstellt.« Zum Schluß ihrer aktuellen Erklärung sagte Witrenko: »Als Anführerin einer linken Oppositionspartei in der Ukraine fordere ich die Weltgemeinschaft auf, sich den Kern der Probleme in der Ukraine anzuschauen. Dies ist ein Putsch von Neonazis, der darauf abzielt, eine Nazidiktatur zu errichten. Das Völkerrecht, die europäischen Werte, die Verteidigung der Menschenrechte in der Ukraine sowie die demokratischen Prinzipien verpflichten alle Nationen der Welt und alle fortschrittlichen Kräfte, sich mit dem Ziel zu sammeln, die Neonazi-Parteien und -bewegungen in der Ukraine zu verbieten. Wenn das nicht geschieht, wird es unmöglich sein, die Lage zu stabilisieren und einen demokratischen Wandel herbeizuführen.« 

Gleich zu Beginn ihres Videos vom 13. Februar hatte Witrenko der Gründerin des Schiller-Instituts, Helga Zepp-LaRouche, für ihre Intervention bei einer Veranstaltung des National Endowment for Democracy in Washington gedankt; bei dieser hatte Zepp-LaRouche den Veranstaltern erklärt: Wenn Sie unter dem Vorwand der Förderung der Demokratie eine Krise herbeiführen, dann mischen Sie sich in die inneren Angelegenheiten der Ukraine ein und könnten damit einen Dritten Weltkrieg auslösen.« Witrenko widerlegt in ihrem Video Schritt für Schritt die falschen Behauptungen, die in den vom US-Kongreß und dem Europäischen Parlament beschlossenen Resolutionen enthalten sind. Insbesondere die Unterstützung des letzteren für den derzeitigen Aufstand sei empörend, angesichts früherer Erklärungen des Europaparlaments, die die Neonazibewegungen in der Ukraine verurteilt hatten. So habe das Europaparlament 2010 selbst erklärt, es »beklage die Entscheidung des scheidenden Präsidenten der Ukraine, Viktor Juschtschenko, Stepan Bandera, einen Führer der Organisation Ukrainischer Nationalisten (OUN), der mit den Nazis kollaborierte, posthum mit dem Titel Nationaler Held der Ukraineauszuzeichnen.« Und noch im Dezember 2012 erklärte das EP, es sei »besorgt über die wachsende nationalistische Stimmung in der Ukraine, die sich in der Unterstützung für die Swoboda-Partei ausdrückt und dazu geführt hat, daß diese eine von zwei neuen Parteien ist, die in die Werchowna Rada eingezogen ist; es erinnert daran, daß rassistische, antisemitische und xenophobe Ansichten Europas fundamentalen Werten und Prinzipien widersprechen; und appelliert daher an die demokratiefreundlichen Parteien im Werchowna Rada, nicht mit dieser Partei zusammenzuarbeiten, sie zu unterstützen oder Koalitionen mit ihr zu bilden.« Heute jedoch seien Vertreter der EU und der USA in ständigem Kontakt mit dem Swoboda-Führer Oleg Tjagnibok.  [1]  

Am 14. Februar warnte General Leonid Iwaschow, der frühere Leiter der Abteilung für Auswärtige Beziehungen im russischen Verteidigungsministerium und jetzt Präsident der russischen Akademie für Geopolitische Studien, in einem Interview mit scharfen Worten vor der Eskalation der strategischen Krise in der Ukraine und vor dem Propagandafeldzug gegen Rußland. Die USA und die EU hätten offensichtlich die Methoden des Dr. Goebbels genau studiert. Sie stellen die Realität auf den Kopf. Das ist eine der Formeln, die am erfolgreichsten von der Nazi-Propaganda eingesetzt wurde: Die angegriffene Seite wird beschuldigt, der Aggressor zu sein. »Was wir in der Ukraine und Syrien sehen, ist ein westliches Projekt, eine neue Art des Krieges: in beiden Fällen tritt eine klare antirussische Herangehensweise zutage und es ist bekannt, daß Kriege heute mit psychologischer und Informationskriegsführung beginnen.« Ferner: »Ich gehe davon aus, daß das Außenministerium versteht, daß wir uns im Kriegszustand befinden und daß Kriege ihre eigenen Gesetze haben. ..... Kerry und Obama ermuntern in Kiew etwas, was in ihren eigenen Ländern hart unterdrückt wird. Europäische Führer lösen nicht genehmigte Demonstrationen mit Wasserwerfern auf, werfen Demonstranten ins Gefängnis, während sie im Fall der Ukraine das genaue Gegenteil vertreten und dann bedrohen sie auch noch Rußland, was logischerweise Teil des Informationskrieges ist.« Iwaschow wies auch auf die Präsenz amerikanischer Schiffe im Schwarzen Meer hin und warnte: »Das Szenario könnte sich so entwickeln, daß die Situation in der Ukraine bis zum äußersten getrieben wird; Janukowitsch und Rußland wird die gesamte Verantwortung zugeschoben, um dann sagen zu können, daß die NATO nicht einfach weiter zuschauen kann und dann Truppen schickt, um die Ordnung wieder herzustellen. Darauf würde eine Übergangsregierung gebildet, wie im Irak und im Kosovo und die NATO würde die Gesamtkontrolle übernehmen. Die geschichtliche Erfahrung zeigt, daß wir ähnliche Situationen erlebt haben. Aber bevor das geschieht, muß die Aggression mit Mitteln der Informations-Kriegsführung gerechtfertigt werden. .... Sie haben den Oppositionsführern Klitschko, Jatsenjuk und Tjanybok noch nicht einmal beigebracht, effizient eine Regierung zu führen. Es geht vor allem darum, die Macht zu ergreifen und den ukrainischen Staat zu zerstören.«  [2] 

Experten des Isborsk-Klubs, einer einflußreichen Gruppe russischer Intellektueller, veröffentlichten am 12. 2. in der Wochenzeitung Sawtra ein Memorandum mit dem Titel Rettet die Ukraine! Sie sehen einen schleichenden Putsch von Faschisten und Nazis in der Ukraine, der die Russische Föderation strategisch bedroht, fordern aber notfalls eine russisch-amerikanische Krisendiplomatie nach dem Vorbild der Kubakrise. Etliche Einschätzungen und Ideen in dem Memorandum stimmen inhaltlich mit jüngsten Interviews und Artikeln des Präsidentenberaters Sergej Glasjew und des Generals Iwaschow überein. Beide sind Mitglieder des Isborsk-Klubs und gehörten zu den Autoren des Anfang 2013 vom Klub vorgelegten strategischen Weißbuchs zur Reform des russischen Verteidigungssektors. Besonders interessant in dem Memorandum ist die Auflistung, welche Folgen ein neues Regime in der Ukraine auf der Grundlage einer extrem nationalistischen Ideologie für Rußlands strategische Interessen hätte. Diese Folgen wären u.a.: Die militärische Ausweitung der USA und der NATO nach Osten; Ablehnung der Präsenz der russischen Streitkräfte auf der Krim [wie Sewastopol als Basis der Schwarzmeerflotte]; Säuberungen von rußlandfreundlichen Kräften in der Ost- und Südukraine, was zu einer Welle von Flüchtlingen in die Russische Föderation führen würde; Vernichtung aller Industrie, die Aufträge für den russischen militärisch-industriellen Komplex ausführt; Schaffung von Ausbildungslagern für Terroristen in der Ostukraine, die dann in Rußland operieren würden; Ausweitung der Euromaidan-Methoden auf russischen Großstädte; Einleitung von Strafverfahren gegen Gazprom und Rosneft sowie Klagen der ukrainischen Regierung gegen Rußland vor vom Westen bestimmten internationalen Gerichtshöfen. 

Am Ende werden der politischen Führung Rußlands Maßnahmen im Rahmen des Völkerrechts vorgeschlagen, u.a.: eine offene Erklärung gegenüber der Weltgemeinschaft, daß die Schaffung eines faschistischen und antisemitischen Staates an unseren Grenzen für Rußland inakzeptabel ist, sowie direkte Gespräche mit Washington. Zudem weisen verschiedene einflußreiche russische Akteure und westliche Rußlandexperten darauf hin, daß Moskau eine Fortsetzung dieser Politik der USA und NATO nicht hinnehmen kann.  [3]    


[1]  http://www.bueso.de/node/7038  19. 2. 14  
[2]  http://www.bueso.de/node/7030  14. 2. 14   
[3]  Strategic Alert Jahrgang 27, Nr. 8 vom 19. 2. 14