Schluß mit Den Haag! Freispruch für einen Massakerhelden - Von Werner Pirker

Hätte es noch eines letzten Beweises für die Parteilichkeit des Den Haager Kriegsverbrechertribunals bedurft, dann wäre er mit dem Freispruch für den bosnisch-muslimischen Wüterich Naser Oric geliefert worden [1]. So dürfte das auch das russische Außenministerium gesehen haben, als es das Skandalurteil zum Anlaß nahm, die Auflösung des durch die Charta der Vereinten Nationen nicht gedeckten UN-Tribunals zu fordern. »Dieses Tribunal ist illegal«, hatte der unter der Haager Gewaltjustiz zu Tode gekommene jugoslawische Präsident Slobodan Milosevic immer wieder betont. Illegal, weil der UN-Sicherheitsrat nicht dazu ermächtigt war, es einzurichten.

Und illegal, weil es ein Strafgericht darstellt, das von den westlichen Verursachern und Förderern der Balkan-Sezessionskriege über die Verteidiger Jugoslawiens verhängt wurde. Dementsprechend gestaltet sich die Rechtsprechung in Den Haag. Milosevic sah sich bis zuletzt mit dem von ihm mehrfach widerlegten Vorwurf konfrontiert, für das Gemetzel in Srebrenica verantwortlich gewesen zu sein. Obwohl er es nach der Einnahme der UN-Schutzzone durch bosnische Serben mittels zahlreicher Interventionen bei UN-Kommandanten zu verhindern suchte - in dem Wissen um den aufgestauten Haß der bosnisch-serbischen Milizen auf die Mordbrennerbanden des Naser Oric.
 
Die Tragödie von Srebrenica beginnt mit der Vertreibung der Serben, die ungefähr ein Drittel der Bevölkerung ausmachten, aus Stadt und Umland. Dabei sollen 192 Dörfer verbrannt, 2800 Serben getötet und 6000 verletzt worden sein. Von serbischer Seite vorgelegte Beweise - ein Pathologe bezeugte die Identifizierung von 1000 ermordeten Serben - wurden von der Haager Siegerjustiz nicht zur Kenntnis genommen. Oric war in erster Instanz zu lächerlichen zwei Jahren verurteilt worden. Seine Schuld wurde darauf reduziert, die Mordtaten nicht verhindert zu haben. Die mittlerweile ausgeschiedene Chefanklägerin Carla del Ponte hatte immerhin 18 Jahre verlangt, obwohl auch sie dem Massenmörder den Vorwurf des Völkermordes, der bei keinem serbischen Angeklagten fehlen darf, ersparte. Für die serbische Bevölkerung in Bosnien aber ist Naser Oric die Schreckensgestalt des bosnischen Bürgerkrieges schlechthin. Allein die Nennung seines Namens ist geeignet, Angstschweißattacken und Bekreuzigungsrituale auszulösen.
 
Schon das erste Urteil wurde vom prowestlichen Präsidenten Serbiens, Boris Tadic als Skandal bezeichnet. Der nun ausgesprochene Freispruch des Meisters grausamer osmanischer Tötungsarten ist eine Provokation, die Serbien nicht auf sich sitzen lassen dürfte. Europa macht es der »proeuropäischen« Regierung wirklich nicht leicht. Wenn sich die Sozialisten noch einen Rest an Ehre bewahrt haben sollten, dann müßten sie ihren Verbleib in der Regierung an die Bedingung der sofortigen Aufkündung der Kollaboration mit Den Haag knüpfen.
 
Was die Forderung des russischen Außenministeriums, die Auflösung des durch die Charta der Vereinten Nationen nicht gedeckten UN-Tribunals zu fordern, so schreibt Rüdiger Göbel hierzu folgendes [2]:
Rußland fordert die Schließung des UN-Tribunals für Kriegsverbrechen im ehemaligen Jugoslawien (ICTY). Der in Den Haag ansässige internationale Gerichtshof sei voreingenommen, was er zuletzt durch den Freispruch des früheren Kommandeurs der bosnisch-muslimischen Armee, Naser Oric, bewiesen habe, hieß es in einer Stellungnahme des Moskauer Außenministeriums am 10. 7. 08. Der ehemalige Befehlshaber von Srebrenica, als »Serbenschlächter in Bosnien« berüchtigt, war am 3. Juli im Berufungsverfahren unter Vorsitz des deutschen Richters Wolfgang Schomburg freigesprochen worden. »Die Entscheidung des Tribunals bestätigt einmal mehr die Notwendigkeit, die bereits angenommene Strategie umzusetzen und die Aktivitäten einzustellen«, hieß es in der Mitteilung des russischen Außenamtes.
 
Der heute 41jährige Naser Oric war während des Bürgerkrieges in Bosnien-Herzegowina von 1992 bis 1995 militärischer Kommandeur in der Stadt Srebrenica. 1994 war er für seine »Verdienste« von der NATO-unterstützten bosnisch-muslimischen Armee mit dem höchsten Orden, der »Goldenen Lilie«, ausgezeichnet worden. Vom ICTY wurde Oric 2003 wegen Kriegsverbrechen an serbischen Zivilisten angeklagt und verhaftet. Laut der Haager Staatsanwaltschaft soll Oric vor dem Einmarsch der bosnisch-serbischen Armee in Srebrenica Angriffe auf mindestens 50 umliegende serbische Dörfer befohlen bzw. selbst angeführt haben. Als eines der größten Verbrechen an serbischen Zivilisten gilt das Massaker von Kravice am 7. Januar 1993. Orics Truppen überfielen in den frühen Morgenstunden des serbisch-orthodoxen Weihnachtstags das Dorf im Bezirk Bratunac und ermordeten 48 Einwohner, darunter Alte und Kinder. Trotz der schwerwiegenden Anklagepunkte wurde der moslemische Kriegskommandeur im Juni 2006 vom Haager Tribunal mit der milden Gefängnisstrafe von nur zwei Jahren bestraft. Die damalige UN-Chefanklägerin Carla del Ponte hatte 18 Jahre gefordert. Oric war für schuldig befunden worden, den Tod von sechs inhaftierten Serben nicht verhindert zu haben. Da die Strafe mit seiner Untersuchungshaft abgegolten war, wurde Oric umgehend freigelassen. Die Revisionskammer hob nun auch noch das Skandalurteil auf. Die Täter seien nicht ausreichend identifiziert worden, daher sei nicht bewiesen, daß Oric für sie verantwortlich war. Außerdem sei er mit damals erst 25 Jahren noch »unerfahren« gewesen. Das von den hiesigen Medien weitgehend ignorierte Votum löste in Serbien Empörung aus, zumal Richter Schomburg und Kollegen gleichzeitig »außer Zweifel« feststellten, daß »schwere Verbrechen« an Serben begangenen worden sind. Expremier Vojislav Kostunica erklärte, mit dem Freispruch für Oric hat sich das Tribunal der Mittäterschaft für Kriegsverbrechen schuldig gemacht. »Ich habe die Särge der unschuldigen Opfer gesehen und mit ihren Familienmitgliedern gesprochen«, echauffierte sich Serbiens Präsident Boris Tadic. Diese Menschen forderten, daß die Verantwortlichen verurteilt werden.
 
Die Republika Srpska in Bosnien-Herzegowina will nun die UNO und die Niederlande verklagen. Die Regionalregierung wirft dem niederländischen Blauhelm-Bataillon, das in der ehemaligen muslimischen Enklave Srebrenica stationiert war, vor, die umliegenden serbischen Dörfer nicht vor Angriffen der bosnischen Muslime geschützt zu haben. »Wir verlangen ein Gerichtsverfahren, weil die UNPROFOR-Mission drei Jahre lang zugelassen hat, daß Kommandeur Naser Oric und seinen Einheiten die geschützte Zone (Srebrenica) immer wieder verließen und Massaker an der serbischen Bevölkerung verübten«, erklärte Regierungschef Milorad Dodik.
 
1 http://www.jungewelt.de/2008/07-11/052.php
2 http://www.jungewelt.de/2008/07-11/056.php - UN-Tribunal unter Anklage
Siehe auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=920
Was Zeugen zustossen kann