GAZA - Ein Schrei aus dem »Stacheldrahtbehälter« 06.05.2018 18:56
Der nachfolgende Bericht zur Lage in Gaza von Prof. Dr. Abed Shokry,
der 2007 mit seiner Familie von Deutschland nach
Gaza zurückgekehrt war, stellt eine einzige Anklage gegen westliche Politiker
und Medien dar. Beklagt wird hauptsächlich die ekelhafte Doppelmoral der
Politikerkaste und der Mainstream-Medien. Gaza wehrt sich gegen die
unmenschlichen Lebensbedingungen, gegen die völkerrechtliche Abriegelung, die
den Gazastreifen zu einem Gefängnis für 2 Millionen Menschen macht.
Initiiert wurden die Proteste von verzweifelten
Menschen; an den beiden Wochenenden nahmen jeweils 20 000 - 30 000 teil. Einer
der Initiatoren ist der 43 Jahre alte Lehrer Al-Kurd, der anläßlich
der alljährlichen Erinnerung an Flucht und Vertreibung der Palästinenser durch
die Israelis bzw. wegen der Staatsgründung Israels auf die desaströse Situation
der eingesperrten Menschen im Gazastreifen aufmerksam machen will. Das
Aufbegehren der Bewohner in diesem abgeriegelten Küstenstreifen kam aus der
Mitte der Gesellschaft.
In einem friedlichen Protest zogen die Menschen in
Richtung Grenze, um die Welt wachzurütteln. Fahnen der Hamas oder anderer
politischer Gruppen waren weit und breit nicht zu sehen, wenn sich auch Mitglieder
der Hamas und Fatah dem Protest angeschlossen hatten. Die Weltpresse, ganz
besonders auch die der BRD, verdreht diese Tatsache und beschuldigt die Hamas,
die Proteste initiiert und gesteuert zu haben. Die Medien behaupten, die Hamas
habe die Jugendlichen mit Steinen und brennenden Autoreifen an den Zaun
geschickt, um in dieser geradezu lächerlichen Unterlegenheit gegen eine der am
höchsten gerüsteten Armee der Welt vorzugehen. Die Hamas, deren Politik auch
von Menschen in Gaza kritisiert wird, wird in den deutschen Medien dämonisiert,
indem ihr immer das Etikett ›radikal
islamisch ‹ oder ›islamistisch‹ angehängt wird. Ich habe in
Deutschland gelebt und weiß, daß mit dem Wort radikal nichts Gutes
verbunden wird. Und viele Menschen wittern beim Wort islamisch oder Islam schon
so etwas wie Gefahr. Mit dieser Etikettierung werden wir alle in Gaza zu latent
gefährlichen Menschen. So funktioniert die Sprache, denke ich.
Ich bin erstaunt, daß die
Menschen in Deutschland und anderswo glauben, daß wir
die Existenz Israels bedrohen könnten. Opfer und Täter werden absichtlich
verwechselt. Heute sind WIR die Opfer.
Ich glaube, daß
man dies in der Welt nicht sehen will, weil die historische Schuld, die die
Welt und ganz besonders Deutschland zu tragen hat, nicht zu sehen erlaubt, daß uns
Palästinensern heute großes Unrecht zugefügt wird. UNS wurde das Land geraubt,
WIR wurden vertrieben, WIR leben unter menschenunwürdigen Bedingungen, eingezäunt
wie ›wilde
Tiere‹.
Ich bin realistisch: Was uns genommen wurde,
werden wir wahrscheinlich nicht zurückbekommen. Aber warum betrachtet die Welt
unseren Wunsch nach 70 Jahren in unser Land zurückzukehren als unerhört und
unverschämt, den Anspruch der Israelis nach 2000 Jahren dahin zurückzukehren,
wo sie einst gelebt haben aber als völlig legitim? Wie kann es sein, da
übersehen wird, daß sich innerhalb von 2000 Jahren die territorialen
Verhältnisse geändert haben? Wie kann es sein, daß die Vertreibung und Flucht
der Palästinenser aus ihren Häusern, von ihren Grundstücken, aus ihrer Heimat,
in der sie Jahrhunderte lang gelebt haben, nicht einmal thematisiert wird. Und
wie kann es sein, daß die Welt der Landenteignung durch die Siedler meist stumm
zuschaut oder sie sogar akzeptiert? Mit welchem Recht geschieht mir und uns das
alles?
Wenn wir heute auch nur ein menschenwürdiges Leben
fordern, wird auf uns in Gaza geschossen, werden wir in der Welt als
Terroristen bezeichnet, können die israelischen Soldaten auf uns schießen, ohne
daß es einen Aufschrei in der Welt gibt. Das Vorgehen der israelischen Soldaten
wird gebilligt, einmal von kaum hörbaren Ermahnungen abgesehen, die die
Israelische Regierung sowieso nicht
interessieren, ganz egal, ob laut oder leise vorgetragen. Um diesen
völkerrechtswidrigen und unmenschlichen Zustand zu erhalten, schießen die
Scharfschützen nach Angaben der israelischen Armee gezielt auf Palästinenser,
die angeblich versuchen, den Grenzzaun zu beschädigen.
Man muß sich das einmal
vorstellen: Die Beschädigung eines Zaunes berechtigt zu Schußwaffengebrauch. Es besteht keine nationale
Grenze zwischen dem Gazastreifen und Israel, denn Grenzen in diesem Sinn
bestehen nur zwischen souveränen Staaten. Israel hat eine lückenlose
Sperranlage mit einem Zaun, Pfosten, Sensoren und Pufferzonen um den
Gazastreifen gelegt. Eine von Israel angelegte sogenannte Sicherheitszone ist
300 m breit. Hier herrscht Schießbefehl wie früher an der Berliner Mauer.
Dieser Bereich ist nicht deutlich markiert. Auf bzw. hinter einem
aufgeschütteten Sandwall liegend haben die Soldaten an den vergangenen
Freitagen in die Menge der Protestierenden geschossen, die sich mindesten 300 m
von dem Zaun auf dem Gebiet des Gazastreifens entfernt befanden. Offenbar
konnten sie aus dieser Entfernung genau erkennen, wer ein Terrorist war, der
möglicherweise einen Stein 300 m weit werfen und sie in Gefahr bringen
könnte -
entschuldigen Sie meine Ironie! Eine unterirdische Mauer befindet sich
übrigens im Bau. Gut beschrieben finden Sie die Situation bei Wikipedia unter
dem Stichwort ›Sperranlage
um den Gazastreifen‹.
Am Karfreitag, den 30. März, und am Freitag, den
6. April, wurden mindestens 31 Palästinenser getötet und mehr als 2800
verletzt, sehr viele von ihnen erlitten Schußverletzungen. Allein am 6. 4.
wurden 491 Menschen durch gezielte Schüsse verletzt, darunter auch Frauen und
Kinder. Einige schweben in Lebensgefahr, viele der Überlebenden mußten an ihren
Extremitäten amputiert werden. Die Verletzten können kaum angemessen versorgt
werden, weil es an medizinischem Material fehlt. Verletzungen erlitten sehr
viele Menschen durch Tränengasbomben, die von Drohnen abgeworfen wurden.
Was war das ›Verbrechen‹, auf das Israel mit ihrer
militärischen Übermacht reagierte?
- Ist es
ein ›Verbrechen‹, wenn 30 000 und mehr
Menschen gegen die unerträglichen Lebensverhältnisse protestieren?
- Sollen
wir schweigen, wenn wir seit mehr als 10 Jahren in einem Gefängnis leben
müssen?
- Wenn wir
nur 4 Stunden Strom am Tag haben?
- Wenn es
kein sauberes Wasser gibt?
- Wenn die
medizinische Versorgung fast zusammenbricht, weil weder Medikamente noch
medizinische Geräte ausreichend vorhanden sind, da sie nicht nach Gaza hereingelassen
werden?
- Wenn
über 60 % der Jugendlichen arbeitslos sind?
- Wenn
weit über die Hälfte der Bevölkerung auf internationale Lebensmittelhilfe
angewiesen ist?
- Wenn
diejenigen, die noch Arbeit haben, nur 40 – 50 % ihres eigentlichen Gehalts
bekommen?
- Und vor
allem, wenn wir aus diesem kleinen Gebiet, das etwa so groß ist wie Bremen,
nicht raus dürfen?
- Machen WIR etwa den Israelis das Leben zur
Hölle? Oder ist es nicht doch anders herum?
Auch wenn ich mich nicht an den Protesten
beteilige, weil ich Angst vor den Schüssen der Israelis habe - sollten sie in die Menge schießen - so kann ich die hilflose Wut der jungen Leute
verstehen, die keine Aussicht auf ein Leben in Würde haben, die so behandelt
werden, als seien sie alle Terroristen, die nichts anderes im Sinn haben als
andere Menschen zu verletzen, zu erniedrigen oder gar zu töten. Unsere jungen
Leute sind nicht als Terroristen geboren worden. Sie wollen wie alle jungen und
alten Menschen überall auf der Welt leben, nämlich in Frieden und in menschenwürdigen Verhältnissen.
Und sie sehen, daß nur wenige Kilometer entfernt im Nachbarland, häufig auf dem
Boden ihrer Großeltern, Menschen leben, die all das haben, was ihnen selbst
verwehrt wird. Genau das läßt sie verzweifeln und macht sie wütend. Sie wissen,
daß sie verlieren werden, daß sie wahrscheinlich schon verloren haben und sie
deshalb nichts mehr zu verlieren haben. Sie wissen, daß ihnen keine Achtung und
kein Respekt entgegengebracht wird, weil sie Palästinenser sind. Daß sie
unrechtmäßig von der Welt als die Bösen angesehen werden und die Nachbarn,
nicht weit entfernt, immer als die Guten gesehen werden, gleichgültig wie
brutal sie sich verhalten.
Niemand mag gern vom Leid, vom Elend der anderen
hören, besonders dann nicht, wenn man nicht weiß, wie man etwas ändern kann.
Aber vielleicht können Sie doch etwas tun. Vergessen Sie uns nicht! Lesen, hören
und sehen Sie die Berichte über uns, über die Palästinenser und vielleicht
sogar über die ›radikal
islamische‹ Hamas
kritisch. Lassen Sie vielleicht auch die Frage zu, welches Motiv dahinter
stecken mag, daß sehr viele, wenn nicht die meisten Menschen, geneigt sind,
Israel immer in Schutz zu nehmen, die Palästinenser hingegen für die Bösen zu
halten, die angeblich selbst schuld sind, daß sie in Gaza wie Gefangene unter
unwürdigen Bedingungen leben müssen.
Zum Schluß möchte ich noch wiedergeben, was Gideon
Levy in der israelischen Tageszeitung ›Haaretz‹ geschrieben hat: »Es ist nicht schwer sich
vorzustellen, was passiert wäre, wenn ein Siedler niedergestochen worden
wäre -
Rundfunk vor Ort, Studios würden geöffnet. Aber in Gaza haben die
israelischen Verteidigungskräfte erbarmungslos weiter massakriert, in einem
grauenvollen Rhythmus, während Israel Pessach feiert«.
Es gibt Israelis, bei denen ich mich für ihren Mut und ihre Humanität bedanken
möchte. Neben einigen anderen möchte ich ganz besonders Amira Haß und Gideon
Levy hervorheben. Beide schreiben als Journalisten für die ›Haaretz‹. Im Zusammenhang mit den
Protesten in Gaza möchte ich mich bei der Organisation ›B’tselem‹ bedanken, in der sich
ehemalige Soldaten zusammengefunden haben, die ihr eigenes Vorgehen während
ihrer Militärzeit selbstkritisch dokumentieren. Jetzt haben sie eine Kampagne
mit Anzeigen in israelischen Zeitungen gestartet, die lautet: ›Sorry Commander, I cannot
shoot.‹ Sie
fordern die Soldaten am Sperrzaun zu Gaza auf, nicht auf unbewaffnete
Protestierende zu schießen, weil dies illegal ist.
Wenn ich sehr verzweifelt bin, machen mir diese
Menschen Mut und Hoffnung, daß ich und vor allem meine Kinder es eines Tages
erleben werden, daß Israelis und Palästinenser jeweils im eigenen Staat oder
vielleicht auch in einem Staat friedlich nebeneinander leben können. Ich hoffe,
daß in den nächsten Wochen nicht noch mehr Menschen verletzt oder erschossen
werden. In Deutschland gibt es den Satz: »Was
du nicht willst, daß man dir tut, das füg’ auch keinem anderen zu« Ich wünsche mir, daß sich alle daran halten
werden ……
Abed Schokry Gaza, den 8. April 2018
Der Autor, der an der TH Darmstadt studierte und in
Berlin zum Dr. Ing. promovierte, kehrte 2007 mit seiner Familie nach Gaza zurück.
Israel hat gerade die Unterstützung der
Juden in den USA verloren schreibt Philip Weiss, ein US-Journalist jüdischen
Glaubens, zu den oben dargelegten Vorgängen. Wie er aufzeigt, ist die am 30.
März erfolgte Erschießung von 17 unbewaffneten palästinensischen Demonstranten
durch israelische Soldaten von wichtigen Stimmen in den US-Mainstream-Medien verurteilt
worden. [1]
Chris Hayes sprach im TV-Sender MSNBC von »skrupelloser Gewaltanwendung«; in der Folge kritisierte er, daß 750 Palästinenser
Schußverletzungen
erlitten haben sollen, »wenn
diese Zahl stimme.« [2] Nach
den üblichen Bemerkungen über den palästinensischen Extremismus erklärte er
ferner, das rechtfertige aber keineswegs, »daß vermutlich israelische Scharfschützen von
einem Hügel aus Protestierende wie Hasen abknallen.« Sie hätten immer wieder einen »dichten Kugelhagel auf unbewaffnete Menschen
niederregnen lassen.«
Außerdem warf Hayes »der
übergroßen Mehrheit der Kongreßmitglieder« vor, nichts gegen das Massaker gesagt zu haben. [3] Ayman Mohyeldin, ebenfalls von
MSNBC, warf anderen Medien ›Rassismus‹ vor, da sie nicht über das
Töten berichteten.
David Rothkopf von der Stiftung ›Carnegie Endowment for
International Peace‹ sprach Israel sogar das Recht ab, sich als
jüdischen Staat zu bezeichnen. Auch die ›New
York Times‹, die ›Washington Post‹ und ›J Street‹ haben, wenn auch mit
Einschränkungen, die Morde in einer ›Brian-Lehrer-Talkrunde‹ auf WNYC kritisiert; Cornel
West merkte an, daß auch Martin Luther King jr. Kritik an dem israelischen ›Massaker‹ in Gaza geübt hätte, wobei Brian
Lehrer, der Israel normalerweise unterstützt und bevorzugt Neokonservative
einlädt, nicht versuchT hat, West zu widersprechen.
Warum ist der Damm gebrochen, und was bedeutet
das?
Es ist geschehen, weil die Linke in den sozialen Medien fast geschlossen gegen
die Morde protestierte und prominente Rechte geschwiegen haben. Bill Kristol, Jeffrey
Goldberg und Jennifer Rubin haben es nach nur einem Blick auf die schrecklichen
Videos von den Vorkommnissen in Gaza wohl vorgezogen, nicht nach
Rechtfertigungen für die nicht zu entschuldigenden ›Übergriffe‹ der israelischen Armee zu
suchen und sich lieber mit Trump beschäftigt. Das ist ungeheuer wichtig: Die
Liebesbeziehung zwischen den USA und Israel geht wohl zu Ende. In den kommenden
Jahren dürften wir in der US-Politik immer deutlichere Anzeichen für einen
Bruch mit Israel entdecken.
Schauen wir uns die Entwicklung der letzten Tage genauer an. Die Kommentatoren
der Mainstream-Medien sind erst aufgewacht, nachdem in den sozialen Medien, auf
alternativen Websites und von Menschenrechtsgruppen heftige Kritik an den
unbestreitbaren israelischen Kriegsverbrechen geübt worden war. Wichtiger ist
aber noch, daß
sich einflußreiche
Mainstream-Medien dieser Kritik vor allem deshalb angeschlossen haben, weil
kein Gegenwind aus den Zentren des Zionismus gekommen war.
Die israelische Menschenrechtsgruppe ›B'Tselem‹ hatte die Erschießungen
bereits am gleichen Tag verurteilt. Und vier Tage später bezeichnete auch Human
Rights Watch die Tötungen als ›illegal‹ und ›vorsätzlich‹ und vermutete, daß die
israelischen Soldaten auch deshalb so viele Palästinenser umgebracht hätten, weil
sie - wie immer - nicht mit Strafverfolgung zu rechnen hatten. Omar Shakir von HRW hat inzwischen mit
Anzeigen gegen die israelischen Offiziere, die für die Kriegsverbrechen
verantwortlich sind, gedroht: »Israel,
wir haben beobachtet und dokumentiert, was du am Freitag in Gaza getan hast. Straffreiheit
in Israel wird die Täter nicht vor Anklagen im Ausland schützen.« [4]
›IfNotNow‹, eine nicht-zionistische jüdische Gruppierung hat die
Getöteten als Mordopfer bezeichnet und vor dem israelischen Konsulat in Boston
demonstriert; dabei wurden acht junge Juden festgenommen, nach deren Meinung
die Morde gegen den Geist des Passah-Festes verstoßen haben. Eine weitere
Demonstration fand vor den Büros einer jüdischen Vereinigung in New York statt.
›IfNotNow‹ forderte die ›Union for Reform
of Judaism/URJ‹, die sich u.a. auch schon gegen die laxen
Waffengesetze der USA ausgesprochen hat, dazu auf, die schockierenden Morde der
israelischen Armee an den Palästinensern zu verurteilen. [5]
Auch andere wichtige
Stimmen wie Mohyeldin von NBC haben das Schweigen vieler Mainstream-Medien zu
den rassistischen Morden in Gaza kritisiert. Es geht nicht nur um die doppelten
Standards der Liberalen und Progressiven ….. Stellen Sie sich vor, wie groß die
Empörung in den Mainstream-Medien wäre, wenn 15 Israelis erschossen worden
wären? Dieser Konflikt wird niemals enden, wenn die Bevölkerung und die
Politiker auch in Zukunft so einseitig und falsch wie bisher informiert werden.
Auf Rula Jebreals Einlassung, »mit der Ein-Staat-Lösung würden nur die
Menschenrechte und am Ende die israelische Demokratie liquidiert«, reagierte David Rothkopf
mit der Anmerkung: Solange nicht alle Bewohner aller Gebiete, die Israel
kontrolliert, die gleiche Behandlung erfahren und gleiche Rechte haben, ist
Israel keine Demokratie. Rothkopf ist
eine ›Institution‹ für die Juden in den USA; der ehemalige Chef des außenpolitischen
US-Magazins ›Foreign Policy‹ war offensichtlich sehr wütend: »Das brutale Vorgehen
Israels gegen die Demonstranten in Gaza .... und im gesamten Gazastreifen ….. steht im
Widerspruch zu allem, was wir am Pessach-Fest feiern. Es ist der Gipfel der
Heuchelei, wenn ein angeblich jüdischer Staat elementarste Prinzipien unserer
Religion verletzt, um sein ›Existenzrecht‹ durchzusetzen.« Beachten Sie auch seinen
sarkastischen Seitenhieb auf das Mantra, mit dem uns Israel-Lobbyisten sonst
immer den Mund zu stopfen versuchen, das ›Existenzrecht‹ Israels.
Das wichtigste Element der
Reaktion auf das Massaker in Gaza ist aber die Tatsache, daß die Neokonservativen und
rechtslastigen Schreihälse diesmal stumm
geblieben sind. Weil sie genau wissen, daß Israels Verhalten nicht zu rechtfertigen ist, haben sie keinen Beifall
geklatscht. Bill Kristol, Jeffrey Goldberg, Bret Stephens, Bari Weiss und und
Tamara Cofman Wittes haben einfach den Mund gehalten. Dem lautstarken Chor sehr
gut vernetzter Israel-Fans in der Presse und im Fernsehen hat es offensichtlich
die Sprache verschlagen. Auch sie haben nicht verstanden, warum die israelische
Armee das getan hat, und wünschen sich nur, daß die große Empörung bald vorbei ist. [Sie hoffen
von dem Massaker ablenken zu können, wenn sie mit Trump ›einen größeren Fisch grillen‹. Dabei stört sie aber, daß Trump von Netanjahu sehr
geschätzt wird.]
Mit
ihrem Schweigen haben sie Bernie Sanders das Feld für eine sehr gute
Stellungnahme zu dem Massaker in einem TV-Interview mit Jake Tapper überlassen.
Senator Patrick Leahy aus Vermont und die Abgeordnete Betty McCollum aus
Minnesota haben Israel ebenfalls kritisiert: Ich bin entsetzt darüber, daß am Freitag in Gaza so
viele Palästinenser getötet und verletzt wurden. »Die
Angriffe auf friedlich protestierende Palästinenser müssen aufhören, und die
USA und die internationale Gemeinschaft müssen in einer Resolution die Beendigung
dieses Konfliktes fordern.« Auch liberale Medien sind
jetzt empfänglicher für Kritik an Israel, so daß sich auf den wichtigsten Plattformen sogar
Palästinenser äußern können. Diana Buttu in einem Kommentar in der ›Washington Post‹: »Es wird Zeit, Israel das Handwerk zu legen.«
Rawan Yaghi in der ›New York Times‹: »Ich
habe die Proteste mit Gedanken über das Leiden in Gaza verlassen: Seit Jahren fallen
immer wieder Bomben, seine Grenzen sind geschlossen, und die von den Vereinten
Nationen bezahlte Infrastruktur droht zu
zerfallen. Ich dachte an die Kinder, die auf der Betonplatte des Erdgeschosses,
dem einzigen Überbleibsel eines hohen Wohnhauses, Fußball gespielt haben, mit
Betonstümpfen und Eisenstangen als einzigen ›Zuschauern‹. Und mir ging durch den Kopf: Wieder haben die Bewohner Gazas die Kraft
zum Protest gefunden, zu einem verzweifelten Schrei um Hilfe zum Überleben.« [6] Die ›New York Times‹ beendete ihr dreitägiges Schweigen mit einem Leitartikel, in dem Israel
ungewöhnlich scharf angegangen wurde.
[7] Der israelische Botschafter
bei den Vereinten Nationen war sehr verärgert.
Vor zehn Jahren hat sich
Max Blumenthal um Antizionisten gewandelt, auf Kundgebungen damalige
israelische Massaker angeprangert und viele erschüttert. Jetzt ist David
Rothkopf zum Antizionisten geworden und hat uns alle damit in Erstaunen
versetzt. Soviel ist seit der israelischen Militäraktion ›Cast Lead‹ zum Jahreswechsel 2008/2009
geschehen. Seither hat es noch weitere Massaker gegeben, die alle von einer
Mehrheit beutegieriger Juden in Israel gebilligt wurden. Die Juden in den USA
werden Israel bald nicht mehr helfen, den Sack mit der Beute in Sicherheit zu
bringen.
Die Überschrift meines
Artikel lautet: »Israel hat gerade die Unterstützung der Juden in den
USA verloren«. Die Sintflut wird kommen.
Ich danke Ofer Neiman,
Allison Deger, Scott Roth, Bob Herbst [8]
und James North für ihre Mitarbeit.
[1] Quelle: http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP04718_160418.pdf Friedenspolitische
Mitteilungen aus der US-Militärregion Kaiserslautern/ Ramstein
LP 047/18 – 16.04.18 Original auf http://mondoweiss.net/2018/04/israel-just-american/ Israel just lost American Jews – By Philip Weiss –
April 5, 201
[2] http://www.msnbc.com/all-in/watch/israeli-troops-shoot-750-palestinians-at-gaza-border-1203036739733
[3] http://mondoweiss.net/2018/04/excellent-netanyahu-snipers/
[4]
https://twitter.com/OmarSShakir/status/981583262823993344
[5] https://en.wikipedia.org/wiki/Union_for_Reform_Judaism
https://urj.org/blog/2017/06/26/reform-movement-cancels-meeting-prime-
minister-netanyahu
[6]
https://www.nytimes.com/2018/04/03/opinion/gaza-palestine-israel-protests.html
[7] https://www.nytimes.com/2018/04/02/opinion/gaza-protests-israel-hamas.html
[8] http://mondoweiss.net/2018/04/jewish-state-values/
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