Der Putsch in der Türkei

Aus den Fragen, die die Redaktion des Kopp-Verlags im Zusammenhang

mit dem Umsturzversuch des 15. Julis an den US-Autor und geostrategischen Analysten F. William Engdahl richtete, ergab sich der nachfolgende Sachverhalt: 

»Die Aktion«, so Engdahl, »war bekanntlich ein Fehlschlag; dies sowohl für die Armeeoffiziere als auch für ihre Förderer, die weit weg in Langley, Virginia, und in Saylorsburg, Pennsylvania, saßen  - dort versteckt sich der türkische Polit-Manipulator Fethullah Gülen unter dem Schutz der CIA. Dabei geht es um die gewaltige geopolitische Verschiebung, die der oftmals unberechenbare Polit-Überlebenskünstler und Noch-Präsident Recep Tayyip Erdogan gerade in Gang gebracht hatte, als Gülens Anhänger ihren verzweifelten Umsturzversuch unternahmen.« Auf die Frage, ob man damit rechnen können hätte, dass die Armee einen Umsturz versucht, antwortet Engdahl: »Der Putschversuch war eine Reaktion auf die dramatische geopolitische Kehrtwende, die Erdogan gerade vornimmt. Angefacht wurde sie von CIA-treuen Netzwerken in der Türkei. Es handelt sich ganz offensichtlich um ein verzweifeltes und schlecht vorbereitetes Unterfangen des Armee-internen Netzwerks von Anhängern der Bewegung Fethullah Gülens. Gülen ist ein Agent, der zu 100 % von der CIA gesteuert wird und Teil eines seit Jahrzehnten laufenden, durchgeknallten Projekts der CIA, den politischen Islam als Waffe für Regierungswechsel zu nutzen. Erinnern wir uns an 2013: Damals gab es in Istanbul und anderswo Massenproteste gegen Erdogan. Gülen, der zuvor mit Erdogans AKP ein Abkommen getroffen hatte, scherte damals aus und kritisierte Erdogan in den von ihm kontrollierten Medien  - wie die Tageszeitung Zaman -  als Tyrannen. Seit damals arbeitet Erdogan daran, seinen gefährlichsten internen Konkurrenten Gülen und dessen Freunde auszurotten. Dazu greift er auch zu Mitteln wie Polizeidurchsuchungen bei Zaman und anderen von Gülen beherrschten Medien. Es geht hier nicht um einen Kampf zwischen einem Weißen und einem Schwarzen Ritter. Es ist ein nackter Machtkampf in der türkischen Politik. Wenn Sie die Einzelheiten zum Gülen-CIA-Projekt interessieren, empfehle ich Ihnen mein Buch Amerikas heiliger Krieg.«

Zu der Frage, ob die Ereignisse in der Türkei in einen Bürgerkrieg münden könnten, erklärt der Autor folgendes: »Das bezweifle ich. Erdogan und sein Geheimdienstchef haben den Einfluß der Gülen-Bewegung in den vergangenen zwei Jahren durch Säuberungsaktionen und so weiter stark beschneiden können. Und die traditionelle Atatürk-Armee als Wächter des Staates gehört seit den 1980er Jahren längst der Vergangenheit an. Es wird jetzt interessant sein, Erdogans Außenpolitik zu verfolgen: Eine Wiederannäherung an Rußland und eine Wiederaufnahme der Gespräche mit Rußland zur Erdgaspipeline Turkstream, die zur griechischen Grenze verlaufen soll. Gleichzeitig erfolgt eine Wiederannäherung Erdogans an Netanjahu. Und vor allem ist Erdogan offenbar auf die Bedingungen eingegangen, die Putin für eine Wiederaufnahme der Beziehungen gestellt hat:

Die Türkei soll ihre Bemühungen, Assad zu stürzen, einstellen und nicht länger heimlich den IS oder andere Terroristen in Syrien unterstützen, sie in der Türkei ausbilden und ihr Öl auf dem Schwarzmarkt verkaufen.

Für Obama  [möglicherweise der inkompetenteste Präsident in der amerikanischen Geschichte und das, obwohl er mit George W. Bush und Clinton ernsthafte Konkurrenz hatte]  ist das geopolitisch eine schwere Niederlage.«

Hätte Erdogan Ihrer Meinung nach tatsächlich auf diese Weise gestürzt werden können?   
»Sehr unwahrscheinlich. Bereits in den ersten Stunden, als Erdogan gegenüber den Medien erklären konnte, daß Gülen hinter dem Putschversuch steckt, war ich von einem Scheitern Gülens überzeugt. Jetzt steht die CIA da wie die Doofen und Obama und die NATO versuchen, darüber hinwegzutäuschen, indem sie dem demokratisch gewählten Erdogan ihre Unterstützung aussprechen. Daß im Februar 2014 Wiktor Janukowitsch der demokratisch gewählte Präsident der Ukraine war, hat sie auch nicht gestört, auch nicht die CIA, als diese auf dem Maidan ihren Umsturz durchführte. Und was für ein Durcheinander hat Washington mit seinen Bemühungen angerichtet, einen Keil zwischen Rußland und die EU zu treiben. Meinen Äußerungen ist ja klar zu entnehmen, daß Washington hinter dem Staatsstreich steckt. Es war Amerikas ohnmächtige Reaktion auf die massive geopolitische Verlagerung, die seit Juni stattfindet. Damals entließ Erdogan Ahmet Davutoglu als Ministerpräsidenten und ernannte seinen Getreuen Binali Yildirim zu dessen Nachfolger. Damals wandte sich Erdogan gleichzeitig von der Anti-Assad-Strategie Washingtons in Syrien ab, in Richtung Israel [das in geopolitischen Fragen derzeit einer dezidiert anderen Meinung als Washington ist], und hin zu Rußland, und jetzt sogar hin zu Assad in Syrien.«

Bezüglich der NATO erklärt Engdahl, »daß Washington die Türkei für seine globale Strategie unbedingt benötigt, vor allem, wenn es darum geht, die Ölströme des Nahen Ostens und jetzt auch sein Erdgas zu kontrollieren. Deshalb haben sich Obama und Konsorten auch beeilt, ihren Freund Erdogan schnellstmöglich zu umarmen, sobald klar war, daß der Putsch scheitern würde. Das nennt man Schadensbegrenzung.« Was den Flüchtlingsstrom angeht, so lässt sich Engdahl zufolge im Augenblick noch nichts sagen: »Wenn sich Erdogan und Assad auf Vermittlung von Putins Rußland hin  - und vielleicht unter einiger Mitwirkung Israels  -  auf einen echten Frieden in Syrien verständigen können, könnte der Flüchtlingsstrom aus dem Kriegsgebiet versiegen. Die Menschen wollen nach Hause zurückkehren und sich ihr Leben in ihrem eigenen Land neu aufbauen.«  [1]    

Anmerkung politonline d.a.  
1998 war Gülen vor der türkischen Militärregierung ins politische Exil geflohen, nachdem ihm wegen des Versuchs des Aufbaus eines islamisch-religiösen Staats in der Türkei Hochverrat vorgeworfen worden war; er landete ausgerechnet in den Pocono-Bergen in Pennsylvania. Den Darlegungen Engdahls zufolge lebt Fetullah Gülen in einem ländlichen, geschützten und von Anhängern streng bewachten Anwesen in Saylorsburg, Pennsylvania. 2008 schaffte es Gülen gegen den Einspruch des FBI, des US-Aussenministeriums und des Heimatschutzministeriums, eine permanente Aufenthaltsgenehmigung, die berühmte Green Card, zu erhalten. Das verdankt er niemand anderem als dem pensionierten hohen CIA-Beamten Graham E. Fuller, ehemaliger CIA-Agent in Istanbul und Gülen-Unterstützer, der ihm 2008 zur Aufenthaltsgenehmigung in der USA verhalf. Beide, Fuller und Morton Abramowitz, hatten sich für ihn verwendet. Laut der ehemaligen FBI-Übersetzerin und Whistleblowerin Sibel Edmonds gehört Abramowitz, ein bekannter Neokonservativer, Israel-Lobbyist, Agent der CIA und des Aussenministeriums, sowie Unterzeichner der Erklärung für ein ›Neues Amerikanisches Jahrhundert‹, zu den wichtigsten Betreuern und Unterstützern von Fetullah Gülen. Tatsächlich ist dieses Netz aus Abramowitz, CIA, Neokonservativen und Gülen genau das ›aus dem Ausland gesteuerte‹ Netzwerk, dem Erdogan vorwirft, ihn aus dem Amt jagen zu wollen.  

Gülen und seine Bewegung, so Engdahl ferner, sind durch und durch CIA. Beide nutzen einander für ihre jeweiligen Ziele. Unter dem Titel die CIA-Hand in der Türkei hatte Engdahl Anfang März 2014 folgendes aufgezeigt: »Chinas uigurische Bevölkerung ist ihrer ethnischen Herkunft nach turkisch, was die CIA eifrig nutzt, um über das ETIM [nach dem Englischen East Turkestan Islamic Movement]  - die verbotene Islamischen Bewegung Ost-Turkestans -  Unruhen innerhalb Chinas anzuzetteln. Letztere ist ein Joint Venture Gülens und der CIA. Bemerkenswert ist die Tatsache, daß die Uiguren in China bis 1990 eine fromme apolitische Spielart des Islams praktiziert hatten. Das änderte sich allmählich, als Gülens Kader nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion in das islamisch geprägte Zentralasien ausschwärmten. In den 1990er Jahren gründete die Gülen-Bewegung besonders in den jetzt unabhängigen turkischen Republiken Zentralasiens und Rußlands Koranschulen. Die zentralasiatischen Koranschulen wurden als Ausbildungszentren für al-Qaida genutzt und dienten als Alibi für verdeckte Agenten von CIA und US-State Department, die in der Region tätig waren.«  [2]

Schon am 29. 7. 2014 hatte Engdahl berichtet, dass Erdogan eine Annäherung an Russland anstrebt: »Eine Richtungsänderung Erdogans, der mit Gülen und Gülens einflußreichem Block innerhalb der türkischen Polizei und des Justizsystems der Türkei in blutigem Streit liegt, könnte für Washingtons neokonservative Kriegsfalken und ihrem derzeitigen Feldzug, im gesamten Nahen und Mittleren Osten, in Eurasien und in anderen Regionen Konflikte zu schüren, einen schweren Schlag bedeuten. Seit die Briten Mitte des 19. Jahrhunderts den Krimkrieg manipulierten, um Spannungen zwischen dem russischen Reich und dem osmanisch-türkischen Reich anzuheizen, war und ist es anglo-amerikanische Politik, dafür zu sorgen, daß die geostrategisch wichtige Türkei ein Feind Rußlands bleibt.«  [3]

Die deutsche Professorin und renommierte Islamwissenschaftlerin Ursula Spuler-Stegemann von der Universität Marburg nennt die Gülen-Bewegung die wichtigste und gefährlichste islamistische Bewegung in Deutschland. …… Sie sind überall.Auch Engdahl zählt die Gülen-Bewegung zu den einflussreichsten islamischen politischen Bewegungen in Deutschland. Wie einem in der Welt erschienenen Artikel von Günther Lachmann zu entnehmen ist, hat die Islamkritikerin Necla Kelek Fethullah Gülens Bewegung als die einflußreichste  politisch-religiöse Geheimorganisation der Türkei bezeichnet. Die Fethullahcis,  wie sie sie nennt, seien eine Sekte mit Konzernstruktur. Nicht weniger hart  urteilt der aus dem Libanon stammende Islamwissenschaftler Ralph Ghadban.  »Unter dem pseudo-modernistischen Lack steckt eine islamistische Auffassung«, schreibt er und »fürchtet, daß die Fethullahci durch ihre perfekte  Geheimbündelei vermutlich unfassbar seien.« Weltweit, so Lachmann, wird die Zahl der Gülen-Sympathisanten auf über 10 Millionen geschätzt. Zwischen 10 und 15 % der türkischen Bevölkerung sollen der Bewegung, die sich selbst Hizmet [Dienst] nennt, angehören. Sie betreibt Medienhäuser, Bildungseinrichtungen, Versicherungen, und sogar eine Bank. Wie viele Menschen in Deutschland inzwischen Teil der weltweiten Gülen-Gemeinde sind, ist schwer zu sagen.

Wie Lachmann des weiteren schreibt, »wurde Fethullah Gülen 1941 als Sohn des Dorf-Imams Ramiz Gülen in dem anatolischen 600-Seelen-Dorf Korucuk geboren; wie der Vater gibt er sich ganz dem Studium des Korans hin. Angeblich spricht er bereits mit 10 Jahren fließend Arabisch und hält mit 14 Jahren seine erste Predigt. Nach dem Koran studiert Gülen die Schriften des Sufi-Predigers Said Nursi. Seine Anhänger sagen heute, daß er darin das logische und wissenschaftliche Fundament für eine Art Transformation des Islams in die Moderne fand. Derart intellektuell gerüstet, zieht er dann als Wanderprediger durch das von Militärputschen und politischen Unruhen erschütterte Land. Er tritt für Dialog und Frieden ein, verurteilt Terror und Gewalt, und zitiert dabei die großen Meister der islamischen Mystik, Muhyiddin-i Ibn Arabi und Mevlana Celaleddin Rumi, die den Weg der wahren Erkenntnis durch Spiritualität und Liebe aufgezeigt hätten. Von den achtziger Jahren an widmet er sich dann ganz dem Aufbau seiner Bewegung und erregt durch bedeutende Versöhnungsgesten Aufsehen in der islamischen Welt. Unter anderem reicht er Papst Johannes Paul II. die Hand. Vor allem bei der aufstrebenden anatolischen Mittelschicht kommt die Idee von Glauben und Geldverdienen an. Sie schickt ihre Kinder auf die von ihm gegründeten Schulen und Universitäten. Mit ihnen drängen erstmals auch die tiefgläubigen Schwarztürken in die mondänen Clubs der bis dahin ausschließlich von den sogenannten Weißtürken dominierten großstädtischen Schickeria. Gülen hat nicht nur dazu aufgerufen, die Sprache der Länder zu lernen, in denen die türkischen Auswanderer leben  - denn erst die Sprache mache dialog- und konfliktfähig -  sondern auch zum Bau von Schulen anstelle von Moscheen.« Mit der von Engdahl genannten Zaman gibt die Gülen-Bewegung z.B. in der BRD die in über 30.000 der türkischen und türkischstämmigen Haushalte gelesene auflagenstärkste türkische Tageszeitung heraus. Daneben betreibt sie mit grossem Erfolg eigene Fernsehsender; so war 2010 mit Ebru TV das erste deutsch-englisch-sprachige Programm auf Sendung gegangen.  [4] 

Im Februar 2014 schrieb Günter Seufert in Le Monde Diplomatique: »Glaubt man dem türkischen Ministerpräsidenten, sieht die Türkei sich heute einer besonders perfiden Verschwörung gegenüber. Denn dieses Mal hat das feindliche Ausland eine fünfte Kolonne von Leuten engagiert, die in Habitus und Geisteshaltung  - islamische Frömmigkeit, stolzes Türkentum und patriarchalische Sozialmoral -  den Wählern und Parteifreunden Erdogans gleichen wie ein Ei dem anderen. Es sind die Anhänger des türkischen Predigers Fethullah Gülen, die sich laut Erdogan heimlich und unbemerkt in Polizei und Justiz eingenistet und weitere Bereiche der Bürokratie infiltriert haben. Durch Korruptionsvorwürfe, die allesamt aus der Luft gegriffen seien, würden diese Gülen-Kader die Regierung unterminieren. Und zwar im Interesse jener Staaten - an ihrer Spitze Israel und die USA - die der Türkei den Zugewinn an Macht und Wohlstand neiden und das Land deshalb attackieren und schwächen wollen. Das Besondere an Gülen ist, daß er grundlegende Strebungen und Orientierungen der Türken bündeln kann wie kein anderer. Gülen kann Islam und türkischen Nationalismus verschmelzen, weil er vermittelt, daß sich die religiöse Lehre und eine typisch türkische Moralität gegenseitig perfektionieren. Der türkische Islam sei nicht radikal, nicht gewaltorientiert und damit menschlicher als die saudisch-wahhabitische oder die iranisch-schiitische Tradition. Was die politische und gesellschaftspolitische Orientierung seiner Anhänger betrifft, schuf Gülen ebenfalls eine neue Synthese: Er teilt die von konservativen religiösen Gemeinschaften der Türkei bekannte Haltung, die staatliche Autorität nicht infrage zu stellen, und lehnt oppositionellen politischen Aktivismus ab, weil er Zwietracht unter den Gläubigen stifte. Seit den 1970er Jahren wendet er sich gegen die direkte Politisierung des Islams und gegen die Indienstnahme der Religion durch eine Partei. Die Fethullah-Gülen-Gemeinde erscheint als national-religiöse Modernisierungsbewegung: sie ist das muslimische Gegenstück zum Kemalismus, dem säkularistisch-nationalistischen Modernisierungsprogramm des Staatsgründers Mustafa Kemal, des späteren Atatürk.«  [5]  

In einem Artikel des Kolumnisten von Today’s Zaman und Mitbegründer der P24 Platform for Independent Journalism, Yavuz Baydar, in Le Monde Diplomatiquevom Februar 2014 war folgendes vermerkt: »Für Eingeweihte war schon seit Juni 2013 klar, daß die AKP-Regierung und Erdogan persönlich durch umfassende Korruptionsermittlungen unter Druck geraten würden. Bei den Verhaftungen vom 17. Dezember ging es unter anderem um Vorwürfe wegen Geldwäsche von mehreren Milliarden $ und um Bestechungssummen von mehr als 60 Millionen $, die mutmaßlich an vier Minister und ihre Söhne flossen. Seit jenem Tag begann sich Erdogans Traum, zum unbesiegbaren unersetzlichen Führer der Nation zu werden, in einen Albtraum zu verwandeln. Nur eine Woche später bereiteten die Strafverfolger weitere Festnahmen vor, die auch Erdogans Sohn Bilal treffen sollten. Aber dank einer Serie bürokratischer Manöver konnte der Regierungschef verhindern, daß die Ermittler ihm noch dichter zu Leibe rückten. In der Folge hatte Erdogan unter anderem auch eine Säuberung der staatlichen Institutionen angeordnet, die in der Geschichte des türkischen Staats ihresgleichen sucht: Bis Anfang Februar 2014 wurden mindestens 6000 Polizeioffiziere und fast 200 Staatsanwälte versetzt beziehungsweise ausgewechselt. Die Begründung lautete, sie seien alle mit der Gülen-Bewegung vernetzt. Die für Erdogan peinlichen Ermittlungsfälle wurden den Staatsanwälten, die sie angestoßen hatten, entzogen und anderen Kollegen übertragen, die sofort erklärten, daß man die Untersuchungen völlig neu aufrollen müsse.«  [6]    

Was die der Regierung Erdogan im Dezember 2013 zum Vorwurf gemachte Korruption angeht, so hatte Engdahl folgendes dargelegt: »Erdogan, bei all seinen Exzentrizitäten ein kampflustiger Politiker, kämpft zurück und erklärt, ausländische Mächte stünden hinter seinem heutigen Gegner, dem ehemaligen Imam Fetullah Gülen, den die US-Botschaft in Ankara als mächtigsten Mann der Türkei betrachtet. Was sich zurzeit in der Türkei abspielt, ist viel interessanter als ein normaler Bestechungsskandal. Es ist offene Kriegsführung, aber nicht für die Zukunft der Demokratie in der Türkei  -  davon gibt es kaum eine Spur. Vielmehr ist es ein Stellvertreterkrieg zwischen Ost und West um die Zukunft eines Schlüssellandes an der geopolitischen Wegscheide zwischen Asien, Europa und dem Nahen und Mittleren Osten. Der interne Konflikt in der Türkei besteht zwischen Justiz und Polizei auf der einen und Familienmitgliedern und Kumpanen Erdogans auf der anderen Seite. In Wirklichkeit ist es eine Art Stellvertreterkrieg zwischen einer Washingtoner Fraktion aus CIA und einem harten Kern von Dick-Cheney-Neokonservativen, deren Mann in der Türkei Fetullah Gülen ist. Diesem mächtigen Team gegenüber steht Erdogan, der entschlossen ist, zu überleben, und ein sich abzeichnendes Bündnis aus Iran, China und sogar Putins Rußland.«  [7] 

Bei der jetzigen Verhaftungswelle sind Berichten zufolge 2.800 Militärs verhaftet und 2'700 Richter und Staatsanwälte entlassen worden. Ferner wurden zwei Verfassungsrichter festgenommen, Alparslan Altan und Erdal Tezcan; diese werden beschuldigt, an dem Putsch beteiligt gewesen zu sein. Darüber hinaus ist es laut einer Meldung der Nachrichtenagentur des Erdogan-Regimes beabsichtigt, 626 Privatschulen und andere Institutionen zu schliessen.  

Wie nicht anders zu erwarten, hat Präsident Obama Vorwürfe, seine Regierung habe irgendetwas mit dem Putsch zu tun, restlos zurückgewiesen. Dazu gehört seine Aussage, dass auch die Geheimdienste des Landes nicht die geringsten Hinweise auf einen bevorstehenden Putsch gehabt hätten. Wie die Deutschen  Wirtschafts Nachrichten am 23. 7. schrieben, »haben die Russen Erdogan offenbar in letzter Sekunde gewarnt, weshalb der Putsch rasch in sich zusammenfiel.«  [8] 

Jeder, der die Feststellungen Engdahls und die Fakten zu Gülen gelesen hat, kann Obamas Erklärung, »die USA stünde in voller Unterstützung für die Demokratie in der Türkei und hätte nicht die geringsten Verbindungen zu den Putschisten« in beiderlei Punkten nur noch als blanken Hohn empfinden ……

Von F. William Engdahl finden sich zahlreiche überaus aufschlussreiche Artikel auf unserer homepage.

 

[1]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/redaktion/ein-blick-hinter-die-kulissen-des-verzweifelten-cia-putsches-in-der-tuerkei.html   22. 7. 16
Ein Blick hinter die Kulissen des verzweifelten CIA-Putsches in der Türkei - Redaktion

[2]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/uigurischer-terroranschlag-in-kunming-islamistische-gruppe-nimmt-china-ins-visier.html;jsessionid=AC386B015C684CA24E825F622FDC2DE5   
5. 3. 14  Uigurischer Terroranschlag in Kunming: Islamistische Gruppe nimmt China ins Visier  -  F. William Engdahl

[3]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/der-tuerkische-ministerpraesident-erdo-an-betreibt-annaeherung-an-russland.html  
29. 7. 14  Der türkische Ministerpräsident Erdogan betreibt Annäherung an Russland - F. William Engdahl

[4]  http://www.welt.de/politik/ausland/article13384879/Islam-Bewegung-breitet-sich-in-Deutschland-aus.html   21. 5. 11  Günther Lachmann - Islam-Bewegung breitet sich in Deutschland aus

[5]  Le Monde diplomatique Nr. 10336 vom 14. 2. 2014
Der mächtige Herr Gülen - Wie ein Prediger mit seiner Bewegung zum Gegenspieler der türkischen Regierung wurde - Von Günter Seufert

[6]  Le Monde Diplomatique Nr. 10336 vom 14. 2. 2014  
Türkei – Putsch in Zeitlupe - von Yavuz Baydar

[7]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/f-william-engdahl/der-wirkliche-korruptionsskandal-in-der-tuerkei.html   4. 2. 14  
Der wirkliche Korruptionsskandal in der Türkei  -  Von F. William Engdahl

[8]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2016/07/23/obama-us-regierung-hat-mit-dem-putsch-in-der-tuerkei-nichts-zu-tun/  23. 7. 16