Nuklearwaffen - Nicht nachvollziehbar

d.a. Der in London ansässige Think Tank ELN, »European Leadership Network«, hat über

40 der Vorfälle, die sich in den vergangenen acht Monaten zwischen der NATO und Russland in den Lufträumen Osteuropas abgespielt haben, in einem Bericht zusammengefasst. Nach Angaben des ELN sollen drei dieser Vorfälle beinahe zu einer tatsächlichen Eskalation zwischen dem Westen und Russland geführt haben. Veröffentlicht wurde der Bericht kurz nach der von Michail Gorbatschow ausgesprochenen Warnung, dass »die Welt am Rande eines neuen Kalten Krieges stehe«, und zu einem Zeitpunkt, an dem die Kämpfe in der Ostukraine anhalten. Der ELN-Bericht betont nun die Notwendigkeit eines diplomatischen Notrufkanals zwischen Russland und den NATO-Staaten, um unvorhergesehene Feindseligkeiten zu verhindern. Dieser Vorschlag in Ehren; daneben heisst es jedoch völlig einseitig: »Die Anzahl und Schwere der Vorfälle weisen eine beunruhigende Dynamik auf (…) Die Mischung aus aufgepäppelten militärischen Stellungen entlang der Grenze zwischen der NATO und Russland, also aggressive russische Aktivitäten, und die Entschlossenheit der westlichen Kräfte, die Herausforderung anzugehen, bergen ein Eskalationspotential in sich.« Hier kommt weder der Umstand ins Spiel, dass der Westen das strategische Ziel verfolgt, die Ukraine von Russland wegzubrechen, sie als feudale landwirtschaftliche Satrapie in die EU einzugliedern und sie vom Prozess der eurasischen Wirtschaftsintegration abzuschneiden, noch der Fakt, dass, was jetzt eigentlich jedem bewusst sein müsste, der Aufstand in der Ukraine ein Produkt des Westens ist. Insofern hat sich Russland der Aggressivität des Westens zu erwehren, und nicht umgekehrt; von einer Herausforderung zu reden, der sich der Westen stellen müsste, verkehrt die Sachlage grotesk ins Gegenteil. Bereits Anfang Dezember 2006 befürworteten die Staatschefs von Frankreich und Polen, Jacques Chirac und Lech Kaczynski, sowie Bundeskanzlerin Merkel, die im saarländischen Mettlach zusammentrafen, eine engere Anbindung der Ukraine an die EU. Ferner ist es die NATO, die sich sowohl verbal als auch in Taten einer aggressiven Haltung gegenüber Russland befleissigt, was sich unverkennbar in der Tatsache spiegelt, dass die 1990 Moskau gegebene Zusicherung, die NATO nicht nach Osten auszuweiten, vom Westen sichtlich ohne Bedenken gebrochen worden ist. So soll auch, wie ELN darlegt, ausgerechnet »die russische Führung die Kosten und Risiken der Fortsetzung ihrer bestimmenden militärischen Haltung neu bewerten. Die westliche Diplomatie müsse Russland von diesem Schritt überzeugen.«  [1]

Erneut findet sich Russland unter Anklage gestellt, wobei die Feindseligkeiten direkt und ausschliesslich vom Westen eingeleitet wurden, was James George Jatras, Vorsitzender des American Institute in der Ukraine, Ende September wie folgt zum Ausdruck gebracht hat: »Die US-Aussenpolitik, die seit Jahrzehnten von der gleichen kleinen politischen Clique bestimmt wird, verfolgt letztlich auch einen Regimewechsel in Moskau; die Krise in der Ukraine, die auf Grund geostrategischer Interessen förmlich auseinandergerissen wird, ist nur unter diesem Gesichtspunkt zu verstehen. Auch wenn im Moment eine Feuerpause herrscht, wird die USA kaum ihren Plan aufgegeben haben, aus Russland einen Vasallenstaat zu machen, zu dem das Land unter der Regierung Jelzins degradiert wurde.«  [2]  So richtet sich die Destabilisierung Syriens nicht zuletzt auch gegen Russland, da Syrien den einzigen Mittelmeerstützpunkt der russischen Marine beherbergt.

Wie der Ökonom Prof. Wolfgang Berger in einem am 3. Oktober in Mainz gehaltenen Vortrag bekanntmachte, ist im Mai dieses Jahres »mit dem Gesetzesentwurf S. 2277 der Russian Aggression Prevention Act of 2014 in den US-Senat eingebracht worden. Dabei »geht es um Milliardeninvestitionen zur Destabilisierung Russlands nach dem erfolgreichen Vorbild der Ukraine. So soll es möglich sein, das Land in einem Blitzkrieg zu erobern und zu befreien. Unsere Rundfunk- und Fernsehanstalten sowie unsere Zeitungen und Zeitschriften  - offenbar fast alle Außenstellen der NATO-Pressestelle  - klären uns darüber nicht auf.«  [3]  Der Russian Aggression Prevention Act‹ ›RAPA ist ein von der NATO und der USA ausgearbeitetes militärisches Strategiepapier, das im Falle eines Krieges mit Russland in allen NATO-Staaten zur Anwendung kommt. Die Brisanz dieses Dokumentes ist dabei kaum zu überbieten. So sollen direkte Nachbarländer Russlands wie Polen, Estland, Lettland, Litauen und die Ukraine massiv mit militärischen Geräten durch die USA versorgt werden. Auch dürfen gemäss RAPA per sofortigem Beschluss amerikanische Streitkräfte in die jeweiligen Staaten entsandt werden. Der europäische NATO-General Philip Breedlove forderte bereits offen die Errichtung einer Basis in Polen, in welcher genügend Waffen, Munition und andere Versorgungseinheiten für einen bevorstehenden Russlandfeldzug Tausender NATO-Truppen gelagert werden könnten.     

Die neue nukleare Eskalationsdynamik  
Indessen haben Anfang November Berliner Regierungsberater einem Bericht von German Foreign Policy zufolge vor einer Nuklearisierung des sich verhärtenden Konflikts zwischen der NATO und Russland gewarnt. »Hintergrund sind zunehmende Manöver und andere militärische Maßnahmen auf beiden Seiten, die nukleare Komponenten beinhalten. Während Moskau darauf verweist, daß seine Verteidigungsdoktrin, sollte der russische Staat in existentielle Gefahr geraten, einen Nuklearschlag nicht ausschließt, bezieht die NATO erstmals Einheiten aus Polen, einem ihrer neuen osteuropäischen Mitgliedsländer, in ein Nuklearmanöver ein. Die SWP, die Berliner Stiftung Wissenschaft und Politik, rät dringend dazu, eine Verlegung nuklearfähiger Systeme durch die NATO in Richtung Osten sowie zusätzliche Übungen mit entsprechenden Waffen künftig zu vermeiden resp. darauf zu verzichten; eine schwer zu kontrollierende Eskalationsdynamik sei andernfalls nicht auszuschließen.« Es drohten, wie im Kalten Krieg, besondere Gefahren, die von einer möglichen Fehlinterpretation der Absichten der Gegenseite ausgehen könnten. »Dabei gebe es zur Zeit keinen effektiven Krisenreaktionsmechanismus zwischen NATO und Rußland, was fatal sei, zumal folgenreiche Mißverständnisse nicht auszuschließen seien. Wie wichtig direkte Kommunikationskanäle wären, wurde etwa im April und September deutlich, als es bei Marinemanövern im Schwarzen Meer zu gefährlichen Zwischenfällen kam.«  

Der Hintergrund für diese Warnungen, heisst es ferner, sind laut SWP militärische Massnahmen und Manöver der NATO, aber auch Russlands. Einer aktuellen Analyse der Stiftung zufolge hätte die russische Regierung seit dem Frühjahr 2014 in regelmässigen Abständen Manöver unter Einbeziehung nuklearfähiger Waffensysteme angeordnet und etwa Anfang Mai hätten die russischen Streitkräfte eine grosse Militärübung abgehalten, bei der alle land-, luft- und seegestützten Komponenten der nuklearen Triade die Reaktion auf einen Atomwaffenangriff probten. Darüber hinaus habe Russland wiederholt neue nuklearfähige Interkontinentalraketen getestet; die russische Regierung hat überdies angekündigt, ihre Pläne zur atomaren Modernisierung zu beschleunigen und auszuweiten: Bis 2020 sollen demnach alle Nuklearwaffen und Trägersysteme modernisiert sein, wobei einige dieser Schritte ohnehin geplant gewesen seien. Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hat diesen Juli ausdrücklich vor einer Aggression gegen Russland gewarnt: »Wir haben eine nationale  Sicherheitsdoktrin, die die Reaktionen in einem solchen Fall sehr genau beschreibt.« Diese erlaubt in der Tat den Einsatz nuklearer Waffen, wenn die Existenz des Staates in Gefahr gerät. Wie GFP im weiteren ausführt, rufen die russischen Massnahmen einmal mehr die Bedeutung des massgeblich von EU- und NATO-Staaten geförderten Umsturzes in der Ukraine in Erinnerung, der dazu führte, dass in Kiew ein Regime die Macht übernahm, das nicht nur allgemein prowestlich orientiert ist, sondern zudem extrem antirussische, teils  faschistische Kräfte aufweist und sich seither der NATO andient.

»Das hat für Moskau gravierende militärische Folgen. Der Verlust der Ukraine und Moldawiens erlaube das Eindringen anderer Mächte in die südwestliche Flanke Rußlands, hieß es schon 2008   bei dem als geheimdienstnah eingestuften US-Dienst Stratfor. Ende 2013 bekräftigte Stratfor: Die Ukraine ist ein Territorium, das tief im russischen Kerngebiet liegt, und der Verlust der Ukraine aus seinem Orbit würde Rußland unverteidigbar machen. Diese Situation ist mit dem Umsturz in Kiew prinzipiell eingetreten; russische Reaktionen waren deshalb zu erwarten.«    

In dieser Situation verschärft die NATO den Konflikt weiter 
Wie die SWP-Analyse festhält, fand zunächst im Mai 2014 mit Global Lightning 14 die jährliche Übung statt, bei der die Einsatzfähigkeit amerikanischer Atomwaffen erprobt wird. Im Juni habe sich Barack Obama bei einem Besuch in Polen vor prinzipiell nuklearfähigen F-16-Kampfbombern ablichten lassen. Desgleichen habe Washington  - ebenfalls im Juni -  atomwaffenfähige B-2- und B-52-Langstreckenbomber für einige Wochen nach Grossbritannien verlegt. Vom 13. bis zum 26. Oktober schliesslich sei im Rahmen des NATO-Manövers Noble Justification der Einsatz von B-52-Bombern in Europa geübt worden. Dabei habe der Oberbefehlshaber des U.S. Strategic Command festgestellt, dass die atomwaffenfähigen Flugzeuge auf ausdrücklichen Wunsch der NATO-Führung teilnähmen. In das Manöver waren auch Einheiten der Bundeswehr involviert.  

Übungsziel Atomwaffeneinsatz 
Ende Oktober hat das NATO-Manöver Steadfast Noon, an dem erstmals auch polnische Kampfflugzeuge teilnahmen, zusätzlich für Aufmerksamkeit gesorgt. Auch an diesem war die Bundeswehr, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe gegebenenfalls an Atomschlägen mitzuwirken hat, mit Kampffliegern beteiligt. Sollten erstere direkt in die Planung von NATO-Nuklearschlägen eingebunden sein, wäre das eine signifikante neue Entwicklung, urteilt der US-Experte Hans M. Kristensen vom Nuclear Information Project der Federation of American Scientists: Schliesslich habe die NATO zunächst 1996 und dann in der NATO-Russland-Grundakte von 1997 zugesagt, ihre Nuklearkapazitäten aus den neuen NATO-Staaten Osteuropas fernzuhalten. Denkbar ist laut Kristensen, dass die polnischen F-16-Kampfjets als Begleitung für atomwaffenbestückte Flugzeuge vorgesehen sind und eine feindliche Luftabwehr ausschalten sollen. Zudem falle auf, dass die polnischen F-16-Jets gewöhnlich auf der Air Base ?ask nahe der polnischen Stadt Lodz stationiert seien; dorthin hätten die US-Streitkräfte zuletzt immer wieder nuklearfähige US-Kampfflieger verlegt. Kristensen weist ferner darauf hin, das das Timing für diese Übung gelinde gesagt delikat sei und er sich an Denkweisen erinnert fühle, die man in Europa seit den 1980er Jahren nicht mehr vorgefunden hat.  [4]  Mit dem regelmässig stattfindenden Manöver Steadfast Noon, erläutert die SWP, probt die NATO den Einsatz von US-Atomwaffen, die im Rahmen der nuklearen Teilhabe in Europa stationiert sind.

Insgesamt fühlt man sich an die als absolut verwerflich zu bezeichnende Auffassung des ehemaligen Generalinspekteurs der Bundeswehr, Klaus Naumann, erinnert. Naumann hatte Anfang März 2010 zu Erstschlägen mit Atomwaffen aufgerufen, sollte die weltweite Dominanz des Westens und seiner Lebensart in Frage gestellt werden; der atomare Erstschlag müsse im Köcher jeder Eskalationsstrategie sein. Naumann war zeitweise deutscher Dezernatsleiter für Nuklearstrategie im Militärausschuss der NATO. Die von ihm zusammen mit dem britische General Lord Inge verfasste Studie Towards a Grand Strategy for an Uncertain World ruft zu einer permanenten Kriegsbereitschaft des NATO-Bündnisses auf. Wie die Verfasser ausführen, bedürfen beispielsweise Kriege gegen andere Nationen keiner Ermächtigung durch die UNO, wenn man sie als Eingriff zum Schutz vor Völkermord deklariere. Dieser Weg stehe seit dem NATO-Krieg gegen Jugoslawien und den Überfällen auf den Irak und Afghanistan offen. Die Militärstudie verlangt eine Totalisierung des Waffenarsenals, das für den nuklearen Ersteinsatz bereit sein müsse. Nur so könnten USA, NATO und EU ihre Eskalationsdominanz sichern. Der atomare Erstschlag wird ausdrücklich als unverzichtbar bezeichnet. Auch wenn man es kaum für möglich hält: Naumann ist Träger des Großen Verdienstkreuzes mit Stern und Schulterband des Verdienstordens der Bundesrepublik Deutschland.  [5] 

Keine Beruhigung der Lage  
Wie Philip Breedlove in seiner Funktion als NATO-Oberbefehlshaber in Europa am 8. 11. erklärte, hat er das Pentagon um mehr US-Truppen für Osteuropa gebeten, wobei er als Grund die verschärfte Sicherheitslage nennt. Radikale Neonazi-Fraktionen in der Ukraine haben Anfang November Präsident Poroschenko nach der Wahl offen gedroht, er dürfe den Prozess der Einbindung der Ukraine in die EU - und damit auch in die NATO - nicht verlangsamen. Der Chef des Bataillons Dnipro-1, einer vom ukrainischen Oligarchen Igor Kolomoisky unterhaltenen Neonazi-Miliz, kündigte an, Poroschenko habe 6 Monate Zeit, ihre Forderungen zu erfüllen, sonst werde es einen Militärputsch geben. Auf dieselbe Weise drohte auch das Bataillon Asow, der bewaffnete Flügel des Rechten Sektors, der zu den Neonazi-Parteien gehört, die bei der Wahl am 26. 10. mehr als 10 % erhielten.  

Wie man Tatsachen verdreht, geht aus Aussagen des deutschen Bundespräsidenten Gauck hervor, der am 19. September nicht nur das offensichtlich ausschliesslich für ihn erkennbare ausserordentlich verantwortungsvolle Vorgehen der Bundesregierung in der Ukrainelobte, sondern auch die NATO-Osterweiterung mit den Worten verteidigte: Unsere Nachbarn hatten das  Recht, der NATO beizutreten, die für sie nicht nur als politisches Bündnis, sondern auch als Verteidigungsbündnis von zentraler Bedeutung war und ist. In seiner Rede zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg liess er gar verlauten, Russland hat unsere Partnerschaft aufgekündigt. Der Frieden in Europa sei wieder in Gefahr, beklagt Gauck: »Daraus müsse der Westen Konsequenzen ziehen - auch militärisch.«  »Wir werden Politik, Wirtschaft und Verteidigungsbereitschaft den neuen Umständen anpassen.« Man muss sich einmal vergegenwärtigen, was Gauck hier in den Raum stellt, wohl wissend, dass es bei den jetzigen Vorgängen in erster Linie darum geht, die US-Strategie der Einkreisung Russlands voranzubringen.   [6]  Nicht umsonst titelte mmnews am 31. August: »Kein Tag ohne neue Lügenmärchen, in denen ohne Beweise eine russische Aggression unterstellt wird.« 

»Die Kämpfe in der Ukraine«, schrieb der Historiker Prof. Anton Latzo Ende Oktober, »werden systematisch dazu ausgenutzt, die politischen und gesellschaftlichen Verhältnisse in Europa neu, in reaktionärem Sinne zu gestalten. In der NATO werden die militärischen Ressourcen dieses Militärbündnisses wieder gegen Russland konzentriert, wie ehedem gegen die Sowjetunion, und die Frontlinie der NATO ist anderthalbtausend Kilometer nach Osten verschoben worden, unmittelbar an die Grenzen Russlands. Dabei wird die Wahrheit, wie schon immer, einfach umgedreht, auf den Kopf gestellt, so US-Verteidigungsminister Charles Hagel am 29. 10. auf der Jahreskonferenz des Verbandes der US-Armee: Die USA muss mit einem revisionistischen Russland, das über eine moderne und kampffähige Armee an der Türschwelle der NATO verfügt, fertigwerden.« Natürlich ist sich Hagel bewusst, dass es Russland ist, das mit der USA als Hauptaggressionsmacht in der Ukraine fertigwerden muss. 

Am 31. Juli 2014, so Latzo ferner, wurde in der USA ein neues Dokument zur amerikanischen Militärplanung bekannt gemacht. Darin wird das Pentagon aufgefordert, Pläne zu entwickeln, wie es gleichzeitig bis zu sechs Kriege führen könnte, darunter auch Kriege gegen atomar bewaffnete Gegner! Das Strategie-Papier Eine starke Verteidigung für die Zukunft sicherstellenwarnt vor den Gefahren, die der USA drohen und nennt an erster Stelle die wachsende Macht Chinas und Russlands, die an die Spitze der Liste möglicher amerikanischer Zielobjekte gerückt sind. Die Autoren erinnern daran, dass die US-Verteidigungsdoktrin seit der Zerschlagung der Sowjetunion 1991 verlangt, zu jedem Zeitpunkt zwei grössere Kriege gleichzeitig führen zu können. Von dieser Doktrin wird eine radikale Abkehr gefordert; vielmehr heisst es: Angesichts der sich verschlechternden Bedrohungslage ist eine weiter gefasste Truppenstärke-Planung angemessen.Das Entscheidende kommt aber danach; so heisst es: »Wir sind der Meinung (…), dass die Fähigkeit, einen globalen Krieg führen zu können, für eine Supermacht unabdingbar und daher für die Glaubwürdigkeit der amerikanischen nationalen Sicherheitsstrategie insgesamt entscheidend ist. In der heutigen Bedrohungsumgebung könnte es ohne weiteres sein, dass die Vereinigten Staaten gefordert sind, in mehreren Regionen zeitlich überlappend abzuschrecken oder zu kämpfen: auf der koreanischen Halbinsel, im Ostchinesischen oder Südchinesischen Meer, im Nahen Osten, in Südasien und  - durchaus möglich -  in Europa. Die Vereinigten Staaten müssen sich auch darauf vorbereiten, mit atomar bewaffneten Gegnern konfrontiert zu werden. Die Ausbreitung von al-Qaida und ihrer Abspaltungen in neuen Gebieten Afrikas und im Nahen Osten verlangt darüber hinaus vom amerikanischen Militär, dass es globale Antiterroroperationen leisten und die amerikanische Heimat schützen kann, auch wenn es gleichzeitig in regionalen Konflikten engagiert ist.« Die USA will also fünf bis sechs Kriege gleichzeitig führen können, inklusive Atomkrieg. Wenn sie China und Russland an die erste Stelle der Bedrohungen setzt, dann schliessen die Vereinigten Staaten Kriege zwischen den Atommächten nicht aus. Es wird ja wörtlich formuliert, das sie sich darauf vorbereiten, mit atomar bewaffnete Gegner konfrontiert zu werden. Man bedenke ferner den Vorschlag der BRD-Verteidigungsministerin vom der Leyen, der darauf abzielt, dass die Bundeswehr in der Ukraine mit Drohnen zum Einsatz kommen soll. Deutsche Soldaten mit moderner Militärtechnik auf ukrainischem Boden – und das an der russischen Grenze!   [7]  Kein Wort von den Bedrohungslagen, die die USA beständig selbst erzeugt! 

Wie der Präsident des Münchner Ifo-Instituts, Hans-Werner Sinn, diesen April festhielt, »hatte Putin der EU bereits 2010 vor einem Deutschland-Besuch eine Freihandelszone von Lissabon bis Wladiwostok vorgeschlagen. Was geschah? Die EU bereitete stattdessen Freihandelsabkommen mit Georgien, Moldawien, der Ukraine und Armenien vor. Wir sollten aber nicht übersehen, daß der Anstoß für die Ukrainekrise vom Westen kam. Mit den Avancen, die die NATO Georgien, Moldawien und der Ukraine in den vergangenen Jahren gemacht hat, wurde Rußlands Schwarzmeerflotte im einzigen eisfreien Hafen des Landes umzingelt. Wenn Präsident Obama meint, Rußland sei nur eine regionale Macht, die sich so etwas gefallen lassen müsse, irrt er. Rußland hat sich ähnlich energisch gewehrt, wie es seinerzeit die USA in der Kuba-Krise tat. Es hat sich des Instruments eines Referendums bedient. Das hätte man sich auch ganz anders vorstellen können. Gerade Deutschland, das durch seinen Angriffskrieg Millionen von Russen den Tod brachte und mit russischer Hilfe das Glück der friedlichen Wiedervereinigung erfuhr, steht in der Verantwortung, den Konflikt mit Rußland zu deeskalieren. Doch die Hardliner in Washington, Brüssel und Moskau haben offenbar ihre eigene Agenda. Die NATO darf wieder mit den Hufen scharren  -  mit äußeren Konflikten kann man gut von den eigenen Problemen ablenken.«  [8]

 

 

[1]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2014/11/13/londoner-think-tank-warnt-vor-eskalation-zwischen-nato-und-russland/  13. 11. 14  
[2]  http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2320   28. 9. 14  
Ungebrochene Aggression  

[3]  Prof. Dr. Dr. Wolfgang Berger leitet das Business Reframing Institut in Karlsruhe und ist wissenschaftlicher Beirat der Wissensmanufaktur  
http://www.wissensmanufaktur.net/sitemap
www.wissensmanufaktur.net/wolfgang-berger  

[4]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58994  13. 11. 14
Die neue nukleare Eskalationsdynamik  
[5] 
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=871    1. 3. 10 
Grand Strategy - Erstschläge mit Atomwaffen  
[6]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/rede-zum-gedenken-an-den-zweiten-weltkrieg-gauck-russland-hat-unsere-partnerschaft-aufgekuendigt-13130127.html    1. 9. 14  
Rede zum Gedenken an den Zweiten Weltkrieg  

[7]  http://akf-europe.org/warum-ist-der-weltfrieden-gegenwaertig-so-bedroht-vortrag-prof-dr-anton-latzo/   30. 10. 14  Warum ist der Weltfrieden gegenwärtig so bedroht? Vortrag Prof. Dr. Anton Latzo 
[8]  http://www.mmnews.de/index.php/wirtschaft/18784-ifo-frieden-durch-freihandel-mit-russland 19. 6. 14  Von Hans-Werner Sinn