Der Krieg, der nicht zu sein bräuchte - Von Doris Auerbach

Der auf dem Treffen in Paris am 15. 9. von rund 30 Staaten gegen den ISIS formierten

Anti-Terror-Allianz gehören neben der USA und Grossbritannien auch Frankreich, Italien, Deutschland, Polen, Dänemark, Australien und Kanada an, aber auch die Türkei und Saudi-Arabien. Kein einziger der anwesenden Vertreter dieser Staaten brachte es über sich, die Wahrheit auszusprechen: Dass wir diesen neuerlichen Krieg einem Eigenprodukt verdanken, einem Produkt der US-Geheimdienste resp. einer von Saudi-Arabien und der CIA unterstützten und vom amerikanischen Militär ausgebildeten Armee. Hierzu hat der ehemalige demokratische Senator Floridas, Bob Graham, am 16. September im englischen Independent erklärt, dass es absurd sei, sich im Kampf gegen den ISIS ausgerechnet an Saudi-Arabien und die Türkei zu wenden, da beide Staaten Geburtshelfer der ISIS sind.  [1] 

Wie auf dem Treffen zu vernehmen war, heisst es ausgerechnet von Saudi-Arabien, dass es »eine wichtige Säule des Kampfes gegen den ISIS sein werde.« Nun ist dieses, wie German Foreign Policy festhält »trotz seines Terrorexports und seiner unsicheren Zukunft von der Bundesrepublik systematisch hochgerüstet worden.« Laut Rüstungsexportberichten der Bundesregierung erfolgten allein für die Jahre von 2009 bis 2013 Rüstungslieferungen an Saudi-Arabien im Wert von mehr als 2 Milliarden €. Das Land erhielt darüber hinaus die Erlaubnis, deutsche Sturmgewehre der Modelle G3 und G36 in Lizenz zu produzieren. Hinzu kommt, dass der ISIS von den Saudis bei gemeinsamen Operationen, die Saudi-Arabien an der Seite des Westens gegen die Regierung Syriens geführt hat, lange Zeit mit Geld und  Kämpfern unterstützt worden ist. Einer diesen Juli veröffentlichten Umfrage zufolge, die allerdings nicht als repräsentativ anzusehen ist, gaben 92 % der befragten Saudis an, die Terrororganisation befolge ihrer Auffassung nach die Werte des Islams und islamisches Recht.Grosse Teile der saudischen Bevölkerung äussern starke Sympathien für den ISIS. Drei Viertel meinten, es sei gut, dass der ISIS weite Teile des benachbarten Iraks kontrolliere. Wie der Publizist Jafar al Shayeb, ein Angehöriger der schiitischen Minderheit Saudi-Arabiens, darlegt, gebe es tatsächlich »viele Bürger, die die gleiche Orientierung und die gleichen Ideen haben wie diese Leute, und die Terrorakte gegen politische Regimes und soziale Gruppen gutheissen. Sie finden es richtig, wenn Christen in Mossul gezwungen werden, Sondersteuern zu zahlen oder ihre Häuser zu verlassen. Sie finden es auch richtig, wenn Menschen wegen Ehebruchs gesteinigt werden, und sie finden es richtig, wenn Leute gekreuzigt werden, weil sie die Fastenregeln des Ramadan oder die Gesetze des ISIS gebrochen haben.« Einheimische Kritiker, so GFP, verweisen in diesem Zusammenhang darauf, dass der ISIS in Saudi-Arabien deswegen so anknüpfungsfähig ist, weil seine spezifische Ideologie zentralen Dogmen des sehr speziell geprägten saudischen Klerus durchaus nahesteht.  [2]  

Bei ihrem Treffen in Luxemburg am 21. Juli hatten sich die EU-Aussenminister zwar über die Lage im Irak besorgt gezeigt und das Vorgehen der islamistischen Kämpfer verurteilt, aber auch zu diesem Zeitpunkt brachte es keiner über die Lippen, dass wir mit dem ISIS mit einem absichtlich aufgebauten westlichen Machwerk konfrontiert sind, dessen Erschaffung vor allem auch zum Zweck der Niederhaltung des Irans erfolgte. Mit dem Versuch der USA, Syriens säkulare Regierung zu stürzen, geht das Ziel einher, Syriens Verbündeten, den Iran, zu unterminieren. »Die USA«, schrieb Eric S. Margolis Mitte Juni, »hat sich brutaler jihadistischer Gruppen gegen das Assad-Regime in Damaskus bedient, die dort jetzt aber unter den Einfluss des ISIS geraten sind. Der Einmarsch 2003 in den Irak, der dümmste Krieg in der Geschichte der Vereinigten Staaten, der vom Kongress und den Medien stürmisch unterstützt wurde, hat einen monumentalen Sauhaufen von atemberaubender Komplexität produziert, während Washington über die eigenen Beine stolpert. Washington, jetzt in einer grösseren Panik wegen des ISIS, bewegt sich in Richtung Luftangriffe im Irak - mit Kriegsflugzeugen, die in Kuwait und am Golf stationiert sind. Die USA hat ferner zwei voll motorisierte Kampfbrigaden in Kuwait stehen. …..  Die jetzige Lage kann direkt auf neokonservative Strategen in Washington im Umfeld von Vizepräsident Dick Cheney zurückverfolgt werden. Laut diesem war 2002 deren vorrangiges Ziel die Zerstörung des Iraks, des höchstindustrialisierten und fortschrittlichsten arabischen Staates, um damit einen grösseren Feind Israels loszuwerden, und um sich dann das Erdöl des Iraks unter den Nagel zu reissen.«

Erkenntnisse dieser Art oder des Umstands, dass westliche Aggressionen in Nah- und Mittelost und Hilfen wichtiger regionaler Verbündeter des Westens den Aufstieg des ISIS erst möglich gemacht haben, dringen entweder überhaupt nicht zu den Regierenden durch, oder, könnte man annehmen, sie negieren diese standhaft. Wie ein Mitarbeiter der deutschen Stiftung Wissenschaft und Politik SWP erklärt, hat sich der ISIS-Vorläufer al-Qaida im Irak erst nach dem US-geführten Überfall auf den Irak, die Befreiung von Saddam, zu einer schlagkräftigen Organisation entwickeln können. Entstanden war er aus dem Netzwerk, das der Terrorist Abu Musab al-Zarqawi nach Saddam Husseins Sturz im Irak aufbaute und 2004 in al-Qaida im Irak umbenannte. Und erst die Zerrüttung Syriens in dem auch von der BRD angefeuerten Krieg hat es dem ISIS ermöglicht, ganze Landstriche unter seine Kontrolle zu bekommen und sich eine Machtbasis für eine weitere Expansion zu schaffen. Auch die SWP legt dar, »dass der ISIS ohne  finanzielle und logistische Hilfen aus Saudi-Arabien und der Türkei, also von zwei engen Verbündeten des Westens, seine heutige Stärke und blutigen Erfolge nicht erlangen können hätte.« Dadurch, dass die Türkei seit Anfang 2012 zunächst für die al-Nusra-Front ein Hauptkanal für den Zustrom von Menschen, Waffen und logistischer Unterstützung gewesen ist, hat sie dem ISIL resp. ISIS eine wichtige Unterstützung zukommen lassen, was Karen Leigh in der US-Zeitschrift Foreign Affairs exemplarisch bestätigt hat.  [3]  

Wie Guido Steinberg, Mittelost-Experte der SWP, bereits vor Jahren erläuterte, schufen Krieg, Besatzung und Widerstand einen Nährboden, der nicht zuletzt militant-salafistische Zusammenschlüsse aufblühen liess und die Schlagkraft von al-Qaida im Irak im Kampf gegen die US-Truppen begründete. In der Folge gab sich letztere im Oktober 2006 zunächst den Namen ISI, Islamischer  Staat im Irak; im Mai 2010 übernahm dann Abu Bakr al-Baghdadi die Führung der Terrormiliz, der er als Kalif vorsteht. Zwar konnte sich der ISIim Irak stabilisieren, es fehlte ihm jedoch noch das Potential, ganze Gebiete unter seine Kontrolle zu bekommen. Die Chance, dieses Potential zu erlangen, erhielt er Ende 2011, als Syrien unter den Schlägen der vom Westen unterstützten Aufständischen zu zerfallen begann. Al-Baghdadi beschloss Ende 2011 Kämpfer seiner Organisation nach Syrien zu schicken, um das dort entstehende Vakuum zur Erweiterung seines Terrornetzes zu nutzen. Der Aufbau einer terroristischen Organisation machte in zahlreichen Gebieten, die der staatlichen Kontrolle entrissen worden waren, Fortschritte. Zunächst in Form der al-Nusra-Front in Syrien präsent, erweiterte sich der ISI im April 2013 aufgrund innerer Zerwürfnisse mit letzterer zum Islamischen Staat im Irak und der Levante, ISIL, resp. ISIS, Islamischer Staat im Irak und in Syrien. Da dieser im zerfallenden Nordosten Syriens rasch die Kontrolle über ganze Landstriche erlangte, wurde die Grundlage dafür geschaffen, dass er zu Beginn dieses Jahres in der Region um Fallujah erstmals die Herrschaft über Territorien im Irak erobern konnte. Im Juni 2014 begann dann der von furchtbaren Massakern begleitete Vormarsch auf den Nordirak.  

Anfang Juli rief al-Baghdadi, der in seiner Radioansprache vom 29. 6. ein Islamisches Kalifat ausgerufen hatte und zum Kalifen und Führer aller Muslime erklärt worden war, Muslime aus aller Welt dazu auf, in den Irak und nach Syrien zu reisen, um dort einen islamischen Staat aufzubauen. Besonders Ärzte, Richter, Ingenieure und Menschen mit militärischen und administrativen Kenntnissen würden dabei benötigt. Bedenkt man die finanzielle Seite des Aufrufs, so sind die Quellen, über die der ISIS inzwischen verfügt, nicht unerheblich. Das schon vor dem Sturm auf Mossul vorhandene Grundvermögen wird mit rund  875 Millionen $ veranschlagt. Anfang Juni soll der ISIS die Banken in Mossul um mehr als 600 Millionen $ erleichtert haben. Die grössten Einnahmen ergeben sich allerdings Erhebungen der CIA und des MI6 von Mitte Juni zufolge aus dem bereits vor der Einnahme von Mossul erfolgten Raub antiker Schätze. Ferner flossen mittels der in den besetzen Gebieten in Syrien und den westirakischen Grenzprovinzen Anbar und Ninive erpressten Schutzgelder und Grenzzölle Tausende von Dollars in die Kriegskasse von al-Baghdadi. Hinzu kommt, dass sich die Ölquellen Syriens seit Anfang Juli fast vollständig in den Händen der Islamisten befinden. »In dem blutigen Vormarsch der Terrororganisation Islamischer Staat«, führt auch Joachim Guilliard aus, »kulminiert eine Entwicklung, die aufs engste mit den Interventionen des Westens in Nah- und Mittelost verbunden ist und mit der Zerstörung des Iraks durch den US-geführten Überfall am 20. März 2003 begann. Die Zahl der Kriegstoten ist bis heute umstritten. Eine Studie der renommierten medizinischen Fachzeitschrift The Lancet bezifferte sie bereits 2006 auf 655.000; kritische Beobachter gehen davon aus, dass sie mittlerweile auf bis zu einer Million Menschen angewachsen ist.  [4]  

Syrien: Keine Gnade 
Die Verwüstung des Landes setzt sich fort; der 2011 begonnene Krieg hat inzwischen rund 170.000 Todesopfer gefordert sowie bis zu 10 Millionen Menschen in die Flucht getrieben. Schon Anfang Februar 2012 hatte sich der griechisch-melkitische Erzbischof von Aleppo mit der Warnung vernehmen lassen, dass sich unter den zahlreichen Söldnern, die von der Türkei, dem Irak, Jordanien, Libyen oder Pakistan aus nach Syrien einsickerten, viele Extremisten befänden, die Tod und Entsetzen säten, was den Westen bis heute nicht davon abgehalten hat, den Krieg in Syrien durch die Unterstützung der Aufständischen weiter anzufeuern. Nach Aussagen von Experten haben Teile des saudischen Establishments nicht nur, wie es auch die Staatsführung in Riad tut, salafistische Milizen allgemein, sondern speziell auch salafistische Terrorbanden wie die al-Nusra-Front und den ISIS zumindest unterstützt. Ziel ist es, schiitische Kräfte in Syrien, im Libanon und im Irak zu eliminieren; damit richten sich die Aktivitäten  faktisch gegen tatsächliche oder potentielle Kooperationspartner des Irans und zielen auf eine saudi-arabische Hegemonie in Mittelost. Während die Kämpfer des ISIS aus zahlreichen arabischen und europäischen Ländern stammen, kommen finanzielle Hilfe, religiöse Führung und Training mehrheitlich aus Saudi-Arabien und Kuwait, berichtete etwa im Februar 2014 das Institute for National Security StudiesINSS in Tel Aviv. Der Herrscherclan in Riad drücke dabei ein Auge zu, um einen kurzfristigen Gewinn gegenüber der schiitischen Achse zu realisieren.  [2]  

Auf dem NATO-Gipfel in Wales am 5. September hatte Obama erklärt, dass grundsätzlich Einigkeit bestehe, den ISIS zu zerstören. Laut Obama sei es absolut entscheidend, dass sich arabische Staaten und besonders solche mit einer sunnitischen Mehrheit dem Bündnis anschliessen; sie könnten so deutlich machen, dass sie den Nihilismus der ebenfalls sunnitischen Extremisten ablehnen. Am 10. September hatte Obama dann der US-Bevölkerung in seiner Fernsehansprache seine Pläne zur Vernichtung des ISIS dargelegt, ohne von seiner Unterstützung der Rebellen in Syrien zum Sturz der Regierung Assad abzurücken. Wie er erklärte, sollen in Syrien moderate Rebellen unterstützt werden, wofür der US-Kongress inzwischen 500 Millionen $  bewilligt hat. Wie er allerdings gedenkt, zwischen moderaten und fanatischen Kämpfern zu unterscheiden, was in dem Kriegsgewirr so gut wie unmöglich ist, liess er offen. Zu dem jetzigen Kriegsplan gehört ferner die Einrichtung von Ausbildungslagern für die Rebellen, dies in Saudi-Arabien, also genau in dem Land, das die radikalen Dschihadisten von Anfang an finanziert hat. Saudi-Arabien soll mehr als 5000 »überprüfte« Kämpfer ausbilden, die dann gegen den ISIS und gegen die Regierung von Baschar Al-Assad in den Krieg zu ziehen hätten.  

Darüber hinaus verkündete er in grober Verletzung des Völkerrechts, er werde die Militäraktionen gegen den ISIS in Syrien ohne Genehmigung der Regierung Assad durchführen. Dazu vermerkt Strategic Alert vom 17. 9.: »Das Weisse Haus schliesst eine Zusammenarbeit mit dem Iran oder Syrien aus, obwohl damit praktisch garantiert ist, dass der britisch-saudische Plan für einen Dauerkrieg zwischen Sunniten und Schiiten aufgeht.« 

Wie Markus Bickel in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung vom 11. September schreibt, hätten sich die Saudis inzwischen zu Obamas wichtigstem regionalen Verbündeten im Kampf gegen den ISIS gewandelt. »Saudi-Arabien«, heisst es in dem Bericht, »wird sich im Irak nicht militärisch engagieren. Eine bewaffnete Intervention würde der Staatsräson des Königreichs, das seinen Einfluss in der Region finanziell zu sichern pflegt, widersprechen. Innerhalb des saudischen Sicherheits-Establishments reagiert man deshalb bislang gelassen auf den Vormarsch des ISIS im Irak: Ein Interesse, Saudi-Arabien anzugreifen, hätten die Dschihadisten nicht, heisst es in Riad. Die Zahl saudi-arabischer Kämpfer, die in den Reihen des Islamischen Staats und anderer Milizen kämpfen, bezifferte ein Sprecher des saudischen Innenministers Muhammad Bin Nayef im Gespräch mit der FAZ auf 1300.« Die wohl verhängnisvollste und folgenschwerste Aussage, die Bickel anführt, dürfte die sein, »dass Riad eine Lösung des Syrienkonflikts ohne den Sturz Baschar al-Assads nicht für möglich hält.« »Wichtiger als der Irak«, heisst es in dem Bericht ferner, »ist für Riad Syrien. Das Königshaus will auf Dauer nicht hinnehmen, dass Teheran mit Assad über seinen wichtigsten regionalen Verbündeten in einem der Gründungsstaaten der Arabischen Liga verfügt. Riad soll nun, so Kerry, die Federführung bei der Ausbildung der bewaffneten Gegner des syrischen Regimes und der Dschihadisten übernehmen. Neben Saudi-Arabien hatte vor allem Frankreich gegenüber Washington auf eine stärkere Bewaffnung der Oppositionsarmee gedrungen.«  [5]  Bekanntlich hatte Saudi-Arabien im Islamischen Staat zunächst einen Hebel gesehen, um die pro-iranischen Regierungen in Bagdad und Damaskus zu schwächen. Diese Rechnung ist allerdings nicht aufgegangen.  

In der gleichen Ausgabe der FAZ hält Nicolas Busse fest: »Ein Schicksal könnte Obama allerdings mit George W. Bush teilen: Dass er ohne Mandat der UNO handeln muss. Im Irak kann er sich auf die Einladung der Regierung stützen. Im Nachbarland ist das unwahrscheinlich, denn Obama will Assad auch jetzt nicht als Verbündeten haben. Der Moskauer Freund des Diktators dürfte im UNO-Sicherheitsrat verlässlich dafür sorgen, dass die Amerikaner ohne völkerrechtliche Legitimität auskommen müssen, sollten sie in Syrien Stellungen der Terroristen angreifen.« Zu den Gesprächen, die am 11. 9. mit Kerry in Dschidda stattfanden, hatten sich Bahrain, Ägypten, der Irak, Jordanien, Kuwait, der Libanon, Oman, Qatar und die Vereinigten Emirate eingefunden. Zwar war auch die Türkei vertreten, indessen hat letztere die gemeinsame Erklärung nicht unterzeichnet.

Was die Einstellung der Golfmonarchien betrifft, so führte Rainer Hermann am 12. 9. in der FAZ folgendes aus: »Die Expansion der Terrorgruppe Islamischer Staat bedroht zwar auch die Golfmonarchien, doch den Kampf gegen die Islamisten überlassen sie anderen. Obama sollte nicht zuviel von seinen arabischen Verbündeten erwarten, mit denen er den Islamischen Staat zerstören will. Die Zusagen der wichtigsten arabischen Regierungen sind mit Vorbehalten versehen, mit Taten werden sie sich nicht brüsten. Kein Staat will eigene Soldaten schicken, nicht einmal die modernen Kampfflugzeuge sollen Angriffe gegen den ISIS fliegen. Markige Worte und ein paar Ausbildungslager sollen es richten. Dabei bedroht dieser zunächst den Mittleren Osten und die Dschihadisten wüten auf arabischem Boden. Umso mehr erstaunt die Zuschauerrolle der Regierungen in der sunnitisch-arabischen Welt. Noch immer verstecken sie sich hinter dem Argument, der Zerfall der Levante im Jahr 2003 habe mit der Invasion im Irak eingesetzt. Die Suppe, die sich die Vereinigten Staaten in der Region eingebrockt hätten, sollten sie gefälligst selbst auslöffeln. Das ist kurzsichtig. Denn mit der militärischen Feuerkraft Amerikas allein ist der Islamische Staat nicht zu zerstören.«  [6

Und schon bombardieren sie wieder 
Ungeachtet des Fakts, dass als Folge des Einsatzes von Munition mit abgereichertem Uran sowohl im ersten Golfkrieg 1991 als auch im Irakkrieg 2003 14 Regionen so vollständig verstrahlt wurden, dass die dortige Bevölkerung evakuiert werden musste, erhält man den Eindruck, dass die neuerliche Zerstörung des Landes als etwas völlig Normales hingenommen wird. Nach Angaben unabhängiger internationaler Organisationen hatten die Amerikaner 2003 Bomben mit knapp 2000 Tonnen abgereichertem Uran und 1991 ungefähr 944 000 Urangeschosse eingesetzt.

Von den Handlangern der USA hat nun Frankreich am 19. September als erste Nation mit der Bombardierung irakischen Territoriums begonnen. Schliesslich hatte Obama ja erklärt, dass die Kampagne gegen den ISIS kein alleiniger Einsatz der USA sein kann, obwohl man sein Land im Verbund mit den Saudis als den entscheidenden Urheber des ISIS kennzeichnen muss. Es stellt sich hier die Frage, wie ein nahezu bankrottes Land so unmittelbar auf den Zug der Vernichtung aufspringen kann, denn die Kosten für diesen heutzutage als Missionverschleierten Angriff trägt ganz sicherlich nicht der Verursacher des Chaos, die USA, deren Luftwaffe entsprechend der von Obama in seiner Pressekonferenz vom 28. 8. vorgetragenen Anordnung täglich mehr als 100 Bombenangriffe im Nordirak fliegen soll. Der ehemalige Premier François Fillon hat sich am 19. 9. zu den ersten von Frankreich ausgeführten Luftangriffen auf den Irak sogar beglückwünscht und u.a. erklärt, dass es sich Frankreich schulde, den Christen im Irak zu Hilfe zu kommen. Was sich im Zuge dieser Verwüstung an sogenannten Kollateralschäden einstellen wird, scheint ihn nicht zu belasten, geschweige denn, dass er es als notwendig erachtet, den eigentlichen Ausgangspunkt, der dieses neuerliche mörderische Eingreifen notwendig gemacht hat, anzusprechen. 

Zu den weiteren Plänen des US-Präsidenten gehört die Bildung eines  Anti-Terror-Fonds, für den  Steuergelder in Höhe von 5 Milliarden $ erforderlich sind; dieser soll die Ausbildung und Bewaffnung von nicht näher benannten Kämpfern im Nahen Osten ermöglichen. »Diese Strategie«, konstatieren hierzu die Deutschen Mittelstands Nachrichten, »war bereits im Irak nach hinten losgegangen.« Wie die interne Zeitung der US-Streitkräfte, Stars And Stripes, am 7. 9. berichtete, stellt das US Army Contracting Command derzeit Subunternehmer vor Ort ein, damit sie ein Jahr lang im Irak eingreifen. Die Zeitung betont, dass die Obama-Administration keine grossen regulären Truppen für den Kampf gegen das islamische Emirat bereitstellen will und daher plant, einen Teil ihrer Aktionen auszulagern. Die Bewerber sollten, wie es heisst, sich bewusst sein, dass das Ziel darin besteht, die Spannungen zwischen Arabern und Kurden und zwischen Sunniten und Schiiten zu verringern.  [7]  

Wie viele Bombenkrater noch?
Nicht, dass es ein Einsehen gäbe, den Bürgerkrieg in Syrien zu beenden. Ganz im Gegenteil: Man ist entschlossen, die Kämpfer gegen Assad weiterhin zu unterstützen. Man fragt sich effektiv, wozu wir ein wahrhaft überdimensioniertes EP finanzieren müssen, das ganz offensichtlich nicht einmal wahrnimmt, was im Gange ist, denn von dort ist kein Aufschrei zu vernehmen, sei es gegen die Verlängerung des Blutbads in Syrien, sei es gegen die abermalige Zerstörung des Iraks. Somit sind wir gezwungen, das zu bekämpfen, was der Westen selbst erschaffen hat, wobei nicht zu erkennen ist, dass die Verantwortlichen gewillt wären, sich einzugestehen, dass diesem neuerlichen Inferno ihre fehlgeschlagene Strategie zugrunde liegt, und dass es ohne diese den jetzt eingeleiteten Angriffskrieg  - der, wie man uns bereits angekündigt hat, drei Jahre dauern kann -  gar nicht gäbe.

An den Folgen dieses auch auch von der EU in einer höchst verabscheuungswüdigen Weise mitgenerierten Chaos wird der von uns über Generationen hinweg aufgebaute Wohlstand lautlos zerschellen.


Siehe hierzu 
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2296    6. 7. 14 
Der irakische ISIS und was sich in Wahrheit dahinter verbirgt

http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2315  14. 9. 14 
Der ISIS oder die ewige Verdummung

[1]  http://www.independent.co.uk/news/world/politics/islamic-state-us-failure-to-look-into-saudi-role-in-911-has-helped-isis-9731563.html   14. 9. 14  Bob Graham  Islamic State: US failure to look into Saudi role in 9/11 has helped Isis

[2]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58950    16. 9. 14  
Das Ende einer Epoche (II)

[3] Karen Leigh: Turkey's Bleeding Border. Why Ankara Is Recalibrating Its Syria Policy. www.foreignaffairs.com  24. 6. 2014

[4]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58928   20. 8. 14 
Vom Westen befreit

[5]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/naher-osten/saudi-arabien-warum-riad-trotz-bedenken-obama-hilft-13148254.html   11. 9. 14  Markus Bickel

[6]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/amerika/kampf-gegen-is-arabische-zuschauer-13150148.html   12. 9. 14   Rainer Hermann

[7]  http://www.stripes.com/news/in-place-of-boots-on-the-ground-us-seeks-contractors-for-iraq-1.301798  September 7, 2014  Seth Robson  -  In place of 'boots on the ground,' US seeks contractors for Iraq