Klitschko auf der NATO-Sicherheitskonferenz in München 02.02.2014 23:34
d.a. Am 30. Januar hatte der ukrainische Oppositionsführer Vitali Klitschko,
der bei den Strassendemonstrationen
in Kiew bekanntlich eine führende Rolle spielt und jetzt in München erklärt
hat, die Opposition werde in Kiew auf der Strasse
bleiben, bis die Macht Janukowitschs abzubröckeln begänne, die EU effektiv zu
Sanktionen gegen sein Land aufgerufen. Und ausgerechnet er, der für alle
sichtbar nicht das Geringste unternimmt, um den Aufstand abflauen zu lassen, hat
soeben in München, wie die ›Frankfurter
Allgemeine Zeitung‹ vom 1. 2. schreibt [1], »auf
die Macht der Bilder gesetzt«. Auf der Bühne des
Bayerischen Hofs nutzte er die Stunde, »um schwere Vorwürfe gegen
die Machthaber um Janukowitsch zu erheben.«
Sie
sind es, die Klitschko zufolge »den
Weg der Spannung und der Konfrontation, den Weg von Terror und Gewalt gewählt
hätten. Doch der Druck auf Janukowitsch wachse, sagt er und verteilt Broschüren
mit Bildern aus Kiew, die er auch dem neben ihm sitzenden ukrainischen Aussenminister
Leonid Koschara reicht. Der grosse Applaus im Saal nach der Diskussion zeigt
deutlich, wem die Sympathien gehören.« Hieraus lässt sich einmal
mehr ableiten, dass sich kaum einer der Zuhörer der Mühe unterzogen hat, neben den
Berichten der Tagespresse zu versuchen, über andere Autoren und Artikel der
Wahrheit auf die Spur zu kommen.
So ist er denn jetzt, wie die ›FAZ‹
vom 2. Februar berichtet, »von der
Münchner Sicherheitskonferenz politisch
gestärkt in sein Heimatland zurückgekehrt.« Am Sonntag, 2. 2., hat Klitschko in Kiew die Gegner
von Präsident Janukowitsch laut dazu aufgerufen, Bürgerwehren aufzustellen. »Bildet Bürgerwehren in jedem Hof, in jedem Bezirk,
in jedem Haus«, forderte er die
Demonstranten auf, die den Unabhängigkeitsplatz Majdan besetzt halten: »Alle demokratischen Kräfte müssen den Protest vor
die Gebietsverwaltungen tragen.« Der
Oppositionspolitiker Arsenij Jazenjuk, der ebenfalls zur NATO-Konferenz nach
München gereist war, erklärte: »Wir
haben mit unseren westlichen Partnern gesprochen und ihnen gesagt, dass wir
finanzielle Hilfen brauchen« und,
fügte er an: »Sie sind dazu
bereit.«
Das Geld solle aber ausschliesslich dem ukrainischen Volk und nicht dem Regime
Janukowitschs zugute kommen. [2] Im Klartext: Denjenigen
Kräften, die sich gegen die gewählte Regierung im Aufstand befinden. Das ist
genau das, was der Westen gegenwärtig in Syrien praktiziert. Der Blutzoll, der
aus dieser Unterstützung erwächst, kümmert den Westen, abgesehen von den mit
schöner Regelmässigkeit an uns gerichteten mitleidgefärbten statements, nicht
wirklich. Was sonst noch von der Ukraine verlangt wird, liegt auf derselben
Linie, denn van Rompuy, Aussenminister Steinmeier und John Kerry rieten der
ukrainischen Regierung laut ›FAZ‹ »energisch davon ab, das Militär gegen die Demonstranten der Opposition
in Kiew oder anderswo einzusetzen.«
Man muss sich derart anmassende Vorschriften einmal bewusst vor Augen halten.
Die Einstellung der in München Versammelten tritt auch dadurch zutage, dass Klitschko
auf der Sicherheitskonferenz nach Vortrag seiner Forderungen, alle
festgehaltenen Demonstranten freizulassen, eine Rückkehr zur Verfassung des
Jahres 2004 zu vollziehen und vorgezogene Wahlen abzuhalten, »langen
Beifall erhielt«, während die Ausführungen des
ukrainischen Aussenministers Koschara sowie
denjenigen des russische Aussenministers Lawrows mit Schweigen bedacht wurden.
Lawrow hat dem Westen nicht nur vorgeworfen, die Proteste zu schüren, sondern hat
dort auch offen die Auffassung vertreten, dass der Regierung der Ukraine »das
Recht zusteht, bei einer Eskalation der Gewalt zu Zwangsmitteln zu greifen«, worin ihm angesichts der infernalen Verwüstungen, die sich die
Opposition zuschulden kommen lässt, rückhaltlos beizupflichten ist.
Wie möchte nun Frank-Walter Steinmeier die Umsetzung
seines Münchner Vorschlags erzielen [3], der da lautet: »Trotz aller Differenzen müsse
man mit Russland nach gemeinsamen Ansatzpunkten für ein kooperatives Verhältnis
suchen, denn nur mit Russland könne man eine Übereinkunft mit dem Iran finden
und die Vernichtung der syrischen Chemiewaffen vorantreiben«, wenn der Westen
den Aufstand, wie seinerzeit bei der orangenen Revolution 2004, mit einer
Finanzhilfe zu stärken gedenkt? So hat Steinmeier auf der Sicherheitskonferenz
auch Janukowitsch dazu aufgefordert, »seine Zusagen an die Opposition in die
Tat umzusetzen. Nur dann gebe es eine Chance auf eine friedliche Lösung«, eine
ebenfalls geradezu widersinnige Forderung, wenn die EU, wie erwähnt, zusagt,
Gelder für die Demonstranten fliessen zu lassen, wobei nicht festzustellen war,
dass deren Zerstörungswut eine Einschränkung auferlegt worden wäre. Schon
Anfang Dezember hatte ›Telepolis‹ auf ein Anwachsen
extremer Nationalisten und Faschisten auf Kiews Strassen hingewiesen, ebenso
auf deren Beteiligung an einem gewalttätigen
Zwischenfall mit der ukrainischen Bereitschaftspolizei am 31. 11. und 1. 12.,
der die politische Krise anfachte, und festgehalten, dass die Randalierer die
Polizei mit schweren Ketten angegriffen hatten, und dass viele von ihnen nicht
nur ihr Gesicht vermummten, sondern schusssichere Westen und Gasmasken trugen.
Zu den zahlreichen, vom Ausland finanzierten NGOs,
die in der Ukraine tätig sind, gehört, wie bereits auf politonline erwähnt [4], die ›Internationale Renaissance Stiftung‹ [IRF] von George Soros, die dort eine besondere Energie entfaltet, um
eine neue Generation politischer Kräfte für den Einsatz im Land aufzubauen. Um
diesem Ziel förderlich zu sein, hat die IRF in Deutschland das sogenannte ›Kiew Dialog-Projekt‹ geschaffen. Deren
Projektmanager ist Myhaylo Banakh, einer der Förderer von Vitali Klitschko.
Banakh arbeitet eng mit Andreas Umland, einem deutschen Akademiker zusammen,
der die ukrainische Krise als Gelegenheit für eine Konfrontation mit Russland
sieht, woraus er keinen Hehl macht. Der Einfluss der zahlreichen, zum Teil milliardenschweren, da unbesteuert bleibenden
Stiftungen ist als konträr zu jeglicher Demokratie zu sehen. Dennoch unternimmt
keine Regierung Massnahmen, die diesen Einschränkungen auferlegen würden, und
so setzt auch die Adenauer-Stiftung die Unterstützung für Klitschkos
Partei UDAR bis heute fort, was einer Beilegung der gegenwärtigen Konfrontation
alles andere als dienlich ist.
Hier fügt sich die Erklärung von Russlands
Präsidentenberater Sergej Glasjew ein; auch laut diesem ist die Entwicklung in
der Ukraine von der USA und anderen NATO-Mitgliedern, die antirussische
Stimmungen im Lande schüren, provoziert worden. »Die
jetzige Situation in der Ukraine hat zwar viele Faktoren, ich möchte aber
diejenigen hervorheben, die üblicherweise verschwiegen werden«,
so der Wirtschaftsexperte in einem Interview für die Zeitschrift ›Gazprom‹. »Es geht um den kolossalen äusseren Einfluss auf das
Gesellschaftsbewusstsein in der Ukraine. Die USA und ihre NATO-Partner haben in
den zurückliegenden 20 Jahren 5 Milliarden $ über die offiziellen Kanäle des
US-Aussenamts ausgegeben; diese Zahl hat Vizeaussenministerin Victoria Nuland
genannt. Dabei handelt es sich um Stipendien für die Förderung der Experten-
und Intellektuellengemeinschaft, die gegen Russland orientiert und
auf die Entstehung russophober Stimmungen in der ukrainischen Gesellschaft
gerichtet ist.« »Der Faktor der äusseren Einmischung
ist heute der Faktor Nummer eins, der zu berücksichtigen ist«,
hiess es. »Wir haben es mit einer zielgebundenen und
systematischen Arbeit einer Informations- und Propaganda-Maschine zu tun, die
bereits mehr als einen Staat in der Welt zerstört und heute eine explosive
Situation in der Ukraine erzeugt hat.«
Wie ›German
Foreign Policy‹ im
Dezember darlegte, hat Berlin bezüglich der Bemühungen, einen Umsturz in der
Ukraine zu erreichen, zunehmend auch die polnische Aussenpolitik eingespannt. Mitte
November letzten Jahres hiess es in einem von der Deutschen Gesellschaft für
Auswärtige Politik [DGAP] publizierten Papier, in der EU-Ostpolitik müssten »Berlin und Warschau (...) die
treibenden Kräfte sein«. Im Rahmen
einer deutsch-polnischen ›Partnerschaft
für Europa‹ sei gerade
auch gegenüber der Ukraine »eine
engere deutsch-polnische Kooperation unerlässlich«. Ende November hatten die Aussenminister beider
Länder eine gemeinsame Erklärung abgegeben, in der es heisst, man stehe fest an
der Seite der Menschen in der Ukraine, die »vom weit reichenden europäischen Angebot einer engen
politischen und wirtschaftlichen Zusammenarbeit« - gemeint
ist das EU-Assoziierungsabkommen - »immer
noch profitieren können.« [5]
Der
Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Bundestag, Norbert Röttgen (CDU), äusserte
sich am 1. Februar dahingehend, dass er Neuwahlen für den einzigen Ausweg aus
der verfahrenen Situation in der Ukraine halte. Hier irrt Röttgen gewaltig.
Solange gewaltbereite rechtsgerichtete Radikalen gegenüber ›Radio Free Europe ‹,
einem Sender der US-Regierung mit engen Beziehungen zur CIA und zum State
Department, erklären können, sie bereiteten sich auf einen blutigen
Guerillakrieg gegen die Regierung vor, und solange ein Klitschko die EU zu
einem entschlossenen Handeln gegen die Regierung von Präsident Viktor
Janukowitsch mit den Worten auffordern kann: »Die
Schlüsselrolle der EU ist jetzt, massiven Druck auf allen Ebenen auszuüben: von
moralischen Appellen über politische Maßnahmen bis hin zu wirtschaftlichen
Sanktionen«, ohne dass ihm und den Aufständischen der Wind ins
Gesicht bläst, ist keine Befriedigung in Sicht. Eine solche kann es erst dann
geben, wenn der Westen von seiner Einmischung ablässt. So vermerkt denn auch F. William Engdahl zurecht: »In Wirklichkeit geht es weniger um die Ukraine an
sich als um den seit 23 Jahren betriebenen Versuch von Seiten Washingtons, des
US-Aussenministeriums und der CIA, einen Keil zwischen die Ukraine und Russland
zu treiben, um Putin und Russland weiter zu schwächen.« »Seit
dem Erfolg der von Frau Albright geleiteten, von der CIA finanzierten, durch
die britische Hochfinanzvertreterin Timoschenko durchgeführten orangen Revolution
in der Ukraine«, so Prof. Dr. Eberhard Hamer, »hat
die CIA nicht nur in Nordafrika und Syrien dieses bisher erfolgreiche Modell
inszeniert, sondern versucht es nun auch in Russland gegen Putin, weil dieser
sich gegen die von der USA offen zugegebene Raketeneinkreisung Russlands wehrt
und mit dem Iran verbündet ist, ja sogar bei der UNO-Resolution ein Eingreifen
der USA gegen Syrien durch Veto verhindert hat.«
»Die Destabilisierungskampagne
der NATO und der Anglo-Amerikaner gegen nahezu alle Staaten der Erde«, hatte Webster G. Tarpley im Mai 2012
gewarnt, »setzt sich
unvermindert fort. Diese Kampagne, die auch Russland einschliesst, ist dort
zwischen Dezember 2011 und März 2012 allerdings gescheitert. Die Bemühungen
gegen Syrien dauern noch an. Man müsste eigentlich sagen, dass nicht Pakistan, sondern
die Ukraine und Weissrussland (Belarus) die gefährlichsten Länder der Welt sind.
Denn nur dort kann ein Zusammenprall zwischen der NATO und Russland herbeigeführt werden. Nach der Machtergreifung
von Juschtschenko und Tymoschenko 2005 hatte man im Osten der Ukraine von einer
Rezession gesprochen. Ein Bürgerkrieg drohte. Und ein Bürgerkrieg in der
Ukraine kann sehr leicht durch den Einmarsch polnischer NATO-Truppen im Westen, und als Antwort darauf, durch den
Einmarsch russischer Truppen im Osten, zu einem Weltkrieg werden.«
[1] http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/europa/muenchener-sicherheitskonferenz-klitschko-setzt-auf-die-macht-der-bilder-12780073.html 1. 2. 14
[2] http://www.faz.net/aktuell/politik/kiew-klitschko-ruft-zur-bildung-von-buergerwehren-auf-12781740.html 2. 2. 14
Klitschko ruft zur Bildung von Bürgerwehren auf
[3] http://www.berliner-umschau.de/news.php?id=26872&title=Steinmeier+ruft+zu+internationaler+Zusammenarbeit+auf&storyid=139124361829 1. 2. 14
[4] http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2216 27.01.2014 Ukraine - Wo bleibt die Intelligenz?
[5] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58754 10. 12. 13 Unser Mann in Kiew
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