Die Politik - dort entscheiden Leute, die von den Themen oft nichts verstehen 13.01.2013 23:44
Dies geht aus dem Gespräch hervor, das Claudio Celani und Elke Fimmen mit Franz Felix Betschon führten.
Claudio
Celani: Herr Dr. Betschon, Sie waren Oberst im schweizerischen Generalstab. Was
sagen Sie zu dem berühmten Spruch ›der
Krieg ist zu wichtig, um ihn den Militärs zu überlassen‹? Betschon:
Ich bin genau der umgekehrten Überzeugung.
Celani:
Können Sie das bitte etwas näher erklären? In der
deutschen Geschichte gab es ja, ich glaube 1939 oder 1938, eine Generalsverschwörung;
die war entstanden, weil die militärische Führung gesehen hatte, daß Hitler
irgendwie den Bogen überspannte. Diese Generalsverschwörung ist dann aber in
sich zusammengefallen,
weil sie erkannten: Moment mal, da ist ja der britische Premierminister, der
französische Premierminister, die sitzen ja mit dem Hitler unter einer Decke,
gegen wen putschen
wir eigentlich? Und deshalb ist diese Bewegung zusammengefallen. Auch vor dem
Irakkrieg hatten ja vor allem Generäle gewarnt. Und jetzt gibt es wieder genügend
Generäle, in Israel und in Amerika, die gegen einen Krieg gegen den Iran warnen.
Die Politiker werden natürlich sagen: »Primat der Politik - wir
entscheiden das.« Und die Armee, respektive die Generäle, müssen dann
gehorchen: »Zu
Befehl, wir marschieren.« Aber ich denke, die Generäle sind diejenigen, die immer
eher zurückhaltend waren.
Celani:
Das stimmt, diese Ansicht teile ich. Aber was macht die Politik falsch? Ich meine,
das ist mitunter sehr banal. Die Politik - dort entscheiden Leute, die
von den Themen oft nichts
verstehen.
Nehmen wir jetzt mal die Energiepolitik: Ja mein Gott, the name of
the game is Energiepolitik. Aber Energietechnik ist eine sehr anspruchsvolle
Wissenschaft. Und dann so schnell mal morgens zwischen zehn und Viertel nach
zehn über die Abschaltung von Atomreaktoren zu befinden, oder, wenn es einem
jetzt, da wieder Wahlen vor der Türe stehen und irgendwer mal wieder Profil
zeigen muß, im Zusammenhang mit dem Nahen oder Mittleren Osten einfällt, z.B.
einen neuen Gazakrieg einzuleiten und wahrscheinlich im Nachhinein hinterher
auch noch einen Irankrieg zu entscheiden, das ist natürlich falsch.
Celani:
The name of the game heute ist auch ›regime change‹. Ja genau,
das ist das Stichwort, und das ist natürlich schon eine sehr ernsthafte
Angelegenheit. Man denke an das bestehende Prinzip des Primats der Souveränität
von fremden Staaten: Daß irgendeiner die Überzeugung hat, es sei seine Pflicht,
von Washington oder Paris oder Berlin aus dafür zu sorgen, daß in anderen
Ländern die Regimes geändert werden, das ist Einmischung in die inneren
Angelegenheiten eines fremden Staates! Und der Respekt vor der Souveränität
anderer Staaten ist ja das, was mit dem Westfälischen Frieden mal erfolgreich
geboren wurde und dann später - im weitesten Sinne - zum internationalen Recht
wurde, und jetzt wieder unter den Tisch gekehrt wird. Ich meine, daß
Angriffskriege zum Recht erklärt werden, wenn man sich bedroht fühlt, das ist
natürlich der Untergang des Völkerrechts, des über Jahrhunderte hinweg
erarbeiteten Rechtssystems, praktisch zugunsten des Faustrechts.
Celani:
Das haben wir in der Geschichte in Europa sehr oft gesehen, in der
Kolonialpolitik und so weiter. Aber das ist nicht die Tradition der USA, wie
sie LaRouche vertritt und wie wir sie nach der Kriegszeit gesehen haben; es ist
jetzt eine Wende. Es ist
eine Wende, aber es gibt Leute, die sagen, die Geschichte der Vereinigten Staaten
war eigentlich immer, Angriffskriege zu führen – z.B. gegen Texas; als aus
Texas oder aus Neu-Mexiko einige amerikanische Farmer meldeten, sie würden von
der mexikanischen Regierung schikaniert, war das der Grund, dort
einzumarschieren; also eigentlich hat ja Amerika auch sein Imperium auf
Aggressionen aufgebaut. Und wenn sie sich gegenüber Europa - sagen wir während des ersten Kalten Krieges,
wir sind ja jetzt bereits mitten im zweiten Kalten Krieg - zwischenzeitlich
vornehm benommen haben, heißt das noch lange nicht, daß das eine alte
amerikanische Tradition ist.
Celani:
Sie erwähnen den zweiten Kalten Krieg. Besteht da die Gefahr einer neuen
atomaren Konfrontation,
und woher kommt das? Während
des ersten Kalten Krieges konnte man durch eine transparente Nuklearstrategie
einen Nuklearkrieg verhindern. Aber was neuerdings mit diesem blöden - ich sage das jetzt mal so - Raketenschirm passiert, so ist er für mich als
Ingenieur ein Blödsinn: die Amerikaner, die sich im Zusammenhang mit Kuba immer
bemüht haben, von einer ›roten Linie‹ zu sprechen, die nicht überschritten
werden kann - gestehen dem Russen diese rote Linie nicht zu; sie prahlen mit
einem Raketenschirm vor der Haustüre vor Rußland und sind jetzt erstaunt, wenn
Rußland im Gegenzug erklärt, sie würden das als Aggression betrachten und
würden dann, beispielsweise von Königsberg aus, einen Gegenschlag auslösen.
Celani:
Erklären Sie bitte kurz, warum das für Sie als Ingenieur Blödsinn ist. Also, um
bei Reagan zu beginnen: Reagan hat ja die sogenannte SDI ›erfunden‹, aber nicht
mal er war eigentlich der Überzeugung, daß man damit so quasi einen
Sicherheitsdom über bestimmte Gebiete - sagen wir, Washington - spannen könne, der dann ›wasserdicht‹ gegen anfliegende
ballistische Raketen wäre. Seither sind, glaube ich, 200 bis 300 Milliarden verpulvert
worden: durch die sehr erfreute Rüstungsindustrie, die ständig neue Systeme erfunden
hat; aber funktioniert hat das bis heute nicht. Die Israelis haben ja jetzt ihr
System, das sie ›iron dome‹ nennen, aber sie sind ja
offensichtlich überhaupt nicht in der Lage, das Land vor den zwar lästigen,
aber lächerlichen palästinensischen Raketen abzuschirmen. Die Behauptung, man
könnte anfliegende ballistische Geschosse wirksam bekämpfen, ist eine
Behauptung, die bis jetzt in keinem einzigen Experiment, höchstens in einem Zufallsexperiment,
nachgewiesen wurde. Ein Ingenieur hat mal gefragt: Wie kann man eine Gewehrkugel
mit einer anderen Gewehrkugel abschießen? Also, wenn’s der Zufall will, ja, aber
vom System her nicht.
Celani:
Das ist natürlich das Konzept der Raketenabwehr der NATO….. Das geht
natürlich noch weiter. Der Hintergrund ist doch eigentlich der: Eine solche
Raketenabwehr - oder, wie man sagen will,
ein Raketenschirm - besteht ja im
Prinzip aus zwei Komponenten. Das eine sind die Sensoren, die Radaranlagen, die
dazu benötigt werden, und dort hat ja Rußland in einer frühen Phase offeriert, mit
den Amerikanern mitzuarbeiten, weil die ja, weiß der Teufel warum, behauptet
haben, es ginge gegen Raketen aus dem Iran, oder es ginge gegen Raketen aus
Nordkorea. Also die Russen wollten am Bau dieser Sensoren teilhaben. Sie haben
verhandelt, aber natürlich haben die Amerikaner nicht im Traum daran gedacht,
diese Systeme mit den Russen zu teilen, denn die Radarsysteme, wenn sie denn
einmal aufgebaut sind, dienen dazu, mit modernster Technologie von vorderster
Front her weit in den russischen Luftraum zu sehen. Es ist ja logisch, daß sie
den Russen nicht sagen wollen, was sie in Rußland sehen, sie wollen Rußland ja nur in Schach
halten. …. Die Amerikaner pfeifen eigentlich darauf, die Europäer zu
schützen! Jetzt haben sie ja dieselbe Idee im Fernen Osten gehabt und wollen
ihre Freunde, Japan und die Philippinen und so weiter, ebenfalls schützen: Oh
Wunder, oh Glück - gegen nordkoreanische
ballistische Waffen; und zu diesem Zweck brauchen sie solche Sensoren natürlich
auch in vorgeschobener
Position, und - oh Wunder, oh Glück - die dienen ja wirklich nur dazu, um jetzt
auch noch China zu überwachen. Insofern gehen die Amerikaner davon aus,
daß die Russen dumm sind. Die Russen aber haben das Spiel längst durchschaut
und drohen jetzt natürlich ganz klar mit Gegenschlägen, selbst mit nuklearen Gegenschlägen.
Celani:
Wir haben also doch eine Eskalation..... Ja, ja,
haben wir!
Celani:
Teilen Sie dann die Meinung, daß eine Eskalation des Konflikts im Iran oder
sogar in Syrien uns in eine Lage bringen könnte, in der wir eine neue Kubakrise
haben, aber umgekehrt? Die Leute, die nicht de-eskalieren können, die haben wir
jetzt in Washington. Die Politiker, die jetzt in Washington sind, die können
nicht de-eskalieren, sie sind unfähig dazu, denn De-eskalation verlangt
politische Vernunft. Ja, gut,
dazu natürlich auch Entschlußkraft und die Fähigkeit zu sagen: Freunde, wir
haben eine falsche Lagebeurteilung gemacht. Das verlangt zuviel Größe.
Celani:
Das ist das Problem. Wir ziehen eine Verbindung zwischen der Zuspitzung der Wirtschaftskrise und der militärisch-strategischen
Eskalation. Das kann
man nachrechnen, sogar leicht, ich meine, wenn Sie sehen, was wir für ungeheure
Summen für den Irakkrieg verpulvert haben; daß das Resultat nicht stimmt,
lassen wir mal beiseite. Der Wirtschaftsnobelpreisträger Stiglitz hat einmal
ausgerechnet, daß die Vollkosten des Irakkriegs in der Gegend von einigen
Billionen liegen, nicht bloß einige Hundert Milliarden, sondern Billionen, also
das Fünf- oder Zehnfache von dem, was das US-Verteidigungsdepartement offiziell
ausweist. Das hat Stiglitz publiziert und nachgewiesen. Also das ist ja
ungefähr das Geld, das fehlt! Wenn das Geld, was da mutwillig und blödsinnig
verpulvert worden ist, noch in der Kasse wäre, dann wäre ja mindestens Amerika
nicht überschuldet.
Celani:
Stattdessen verfolgen Amerika und Europa eine inflationistische Politik, die
die Wirtschaft immer mehr schwächt. Und dann sehen sie Rußland und China: Diese
Nationen wachsen und werden in Zukunft stärker. Da kommt die Versuchung, die
Lage mit militärischen Mitteln zu lösen. Oder? Zumindest damit
zu drohen, so lange damit zu drohen, bis beispielsweise in Rußland irgendwer
den Abzug drückt. Ich glaube ja nicht, daß die Amerikaner, die NATO schon gar
nicht, die militärischen Fähigkeiten haben, um das militärisch zu bewirken.
Aber natürlich auch Rußland noch nicht und China ebenfalls noch nicht. Aber der
Trend dort zeigt stark nach oben, und ich würde jetzt mal sagen, in fünf Jahren
ist Amerika nicht mehr die Militärmacht Nummer eins; die USA ist jetzt stark,
zahlenmäßig noch stark, aber sie hat ihre Kräfte blödsinnig über den Erdball
zersplittert; ich glaube, es gibt ungefähr 200 amerikanische Stützpunkte
außerhalb der Grenzen der USA. Also blödsinnig, wie die ihr Geld verschleudern.
Und sie sind wieder, aber wahrscheinlich das letzte Mal, der alten hegemonialen Vorstellung
verfallen, man müsse nur Rußland und China einkreisen. Ich meine, das
muß man sich einmal vorstellen! Die USA hängt ja von den chinesischen Dollars
ab; ich habe zu dem Thema übrigens auch ein Buch geschrieben. Da ist also tatsächlich
- das sind jetzt drei, vier Jahre her - der amerikanische Finanzminister in
Peking und bettelt um
chinesische Dollars, respektive darum, daß China doch so gut sein soll,
weiterhin amerikanische
Schatzscheine kaufen. Zur gleichen Zeit berät der amerikanische Kongreß über Sanktionen
gegen China. Das muß man sich einmal bewußt machen! Also, Dummheit, wo man hinschaut. Und natürlich herrscht jetzt in
Westeuropa ein soziales Klima, das zum Explodieren neigt. Ich glaube nicht, daß
in Westeuropa je eine so riesige Gefahr bestand, daß ganze Völker schlicht
verarmen.
Celani:
Der Chef der Schweizerischen Armee, Korpskommandant André Blattmann, hat für
Aufsehen gesorgt, als er vor einem belgischen Publikum vor den Folgen des
absehbaren Zerfalls des Euros und vor gewaltigen Flüchtlingsströmen warnte [1]. Teilen Sie seine Sorgen, und stimmt es,
daß die Schweizerische Armee Kontingenzpläne hat, um in einem solchen Fall die
Grenze dicht zu machen? Ja, die
derzeitige sicherheitspolitische Lagebeurteilung führt zu solchen Überlegungen.
Ich werde in etwa 4 Monaten zu diesem Thema zusammen mit anderen Koautoren ein
Buch dazu herausgeben. Die schweizerische Armee müßte im Falle der
Überschwemmung durch Immigranten gemäß der Verfassung den zivilen Behörden
Hilfestellung leisten, sofern diese das wünschen, unter anderem zur Verstärkung
der Polizei. Von ›Grenze dicht machen‹, wie während des Zweiten Weltkriegs, kann
dabei aber nicht die Rede sein, dazu würden die heutigen Mittel nicht reichen.
Die schweizerische Armee hat mindestens ebenso dramatisch abgerüstet wie die
Bundeswehr. Bei der Bundeswehr reichen die Mittel ja auch nur gerade noch für
einen Einsatz wie Afghanistan.
Elke
Fimmen: Wenn man die Lage in Deutschland anschaut, stellt man fest, daß sich
Deutschland ziemlich weit in die politischen Operationen für einen
Regimewechsel in Syrien verwickelt hat; der deutsche Außenminister hatte ja
sehr deutlich gegen die Intervention in Libyen Stellung bezogen und dafür ja
viel Prügel bekommen. Aber jetzt ist Deutschland politisch in diese Regimewechsel-Geschichte verwickelt. Ich kann
mich des Eindrucks nicht erwehren, daß das mit politischem Druck und
politischer Erpressung zu tun hat, was vielleicht auch mit der Afghanistanlage zusammenhängt, weil
Deutschland da zwar nicht so intensiv wie die Amerikaner und andere engagiert
ist, aber immerhin doch ganz entscheidend mit drin steckt, und jetzt wohl auch
eine Schlüsselrolle für den Abzug der Truppen dort spielen wird. Wir haben hier
natürlich auch die amerikanischen Basen und sind mit Ramstein mittendrin, auch
was das Raketenabwehrsystem angeht. Ich glaube, so aus
der Distanz, daß Deutschland schon seit längerer Zeit erpreßt wird. Man nimmt euch eure wirtschaftliche
Tüchtigkeit übel, und man impliziert so gewissermaßen, das könne ja nicht mit
rechten Dingen zugegangen sein. Und jetzt werdet ihr wieder erpreßt, damit ihr
den strammen westlichen Standpunkt vertretet. Also eine selbständige, souveräne
Außenpolitik kann ich da nicht erkennen. Man hat den Eindruck, daß für gewisse
Leute die Aufforderung besteht, das selbständige Denken zu vergessen. Zu dem
Thema ›Intervention in Libyen‹ habe ich vor ein paar Wochen oder
Monaten eine Talkshow von euch im Fernsehen gesehen, da gab es Leute, die für eine
sofortige Intervention waren, und da war auch Peter Scholl-Latour, der nur den
Kopf geschüttelt hat. Also, da gab es Leute bei euch, die waren sofort fürs ›Dreinschlagen‹, und Scholl-Latour hat, natürlich mit Recht, dringend davor
gewarnt; man solle die Finger davon zu lassen, weil genau in diesen Ländern, inklusive
Afghanistan, die innere Hackordnung herrscht. Die kann man nicht von außen aufzwingen;
die muß sich selber finden, und selbst wenn es über die Verletzung
schwerwiegendster Menschenrechte geht. Komischerweise kümmert sich in Simbabwe niemand
darum, vielleicht weil das nicht interessant ist, oder vielleicht auch, weil
das Land zum ehemaligen Einflußbereich Großbritanniens gehört. Also, ich bin
der Auffassung, ihr werdet in mehrerer Hinsicht erpreßt, oder eure Bundeskanzlerin wird
erpreßt: So wirkt das auf mich, jeden Tag mindestens einmal zu sagen,
daß das Schicksal Israels auch das Schicksal Deutschlands sei, wofür mir jedes Verständnis
fehlt. Ihr werdet auch erpreßt, jetzt der Zahlmeister für Europa zu sein.
Und ich wundere mich, was für eine Roßgesundheit eure Wirtschaft hat, daß sie
das immer noch finanzieren kann.
Elke Fimmen:
Na ja, das ist wirklich die große Frage, wie lange noch. Bezüglich
des Irans habe ich bereits meine Meinung; ich bin der Auffassung, daß sie dort den
dümmsten Präsidenten aller Zeiten haben. Aber das heißt noch lange nicht, daß man
genauso dumm sein muß wie er! Und im Irak und in Afghanistan hat man ja
gesehen, daß ein sogenannter Regimewechsel gar nichts bringt. Hat man im Irak
den Bürgerkrieg verhindert? In Afghanistan steht die Zweitauflage noch bevor,
und in Libyen ist ja die Sache noch gar nicht vorbei, auch in Syrien nicht.
Also, da gibt es ja nur eine vernünftige Haltung. Die Schweiz hat übrigens
schon immer die Regel gehabt: Wir anerkennen nicht die Regimes, sondern wir anerkennen
Völker. Und daher war die Schweiz das
erste westliche Land, das mit China, damals Rotchina, diplomatische Beziehungen
aufgenommen hat. Denn wir haben die Chinesen anerkannt, daß sie existieren, und
nicht Mao Tsetung oder so, und ich denke, daß meine Regierung auch heute der
Meinung ist: Wir haben diplomatische Beziehungen mit den Libyern oder mit den
Syrern, nicht mit dem Assad oder dem was-weiß-ich-wem.
Celani:
Die russische Regierung hat mehrfach öffentlich vor der Gefahr gewarnt, daß
sich ein atomarer Krieg aus der Lage im Nahen Osten entwickeln könnte - ich glaube,
es war zuletzt der Außenminister, der
sagte: ›Paßt auf, daß nach dem
Arabischen Frühling kein Atomarer Winter kommt!‹
Das hat kaum Resonanz im Westen gehabt, anscheinend auch in der USA nicht, mit
Ausnahme bei den Militärs, Dempsey und anderen. Was könnten wir von Europa aus machen,
um eine Reaktion zu haben? Um so irrationale Entwicklungen zu verhindern? Europa ist
ja leider zu sehr mit sich selber beschäftigt, Europa hat gar keine Handlungsfreiheit,
und
der dringende Wunsch, aus Europa so etwas wie die Vereinigten Staaten von
Europa zu machen, hat eben diese Handlungsunfähigkeit heraufbeschworen.
Wenn sich Europa, wie soll ich sagen, nicht zu einem Staatenbund, sondern zu einem
Bund souveräner Staaten zusammenraufen würde und auch das Thema ›Euro oder nicht Euro‹ nicht unbedingt immer zuoberst auf
der Traktandenliste hätte, dann könnte man wieder beginnen, selbständig
zu denken.
Celani:
Herr Dr. Betschon, wir bedanken uns für für das Gespräch.
Aus der Neuen
Solidarität 51/2012 ›Mein Eindruck ist, daß Deutschland erpreßt wird‹ - Von Franz Felix Betschon Dr. Franz
Felix Betschon, dipl. Masch. Ing. ETH und Dr. sc. techn., Absolvent der Harvard Business
School, ist ein erfahrener Unternehmer und Buchautor. Betschon war viele Jahre lang
Oberst im schweizerischen Generalstab und Mitglied im Londoner ›International Institute for Strategic Studies‹
(IISS). Das Interview mit ihm führten Claudio Celani und Elke Fimmen
Franz
Felix Betschon: Entscheide schnell - militärische Führungslehre für den Unternehmensalltag,
Orell Füssli, Zürich 2004, ISBN 3-280-05089-8
[1] Siehe hierzu unter ›Die Presse und was sie uns bietet‹: ›Die Schuldenkrise
der EU -
die Bedrohung Nr. 1 für die Schweiz‹
auf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2044 9. 12. 12
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