Auf dem Weg in die Knechtschaft

d.a. Die in ihrer Anzahl nicht geringen Versuche, das Bundesverfassungsgericht in Karlsruhe

dahingehend zu beeinflussen, dass es dem ESM, dem Europäische Stabilitätsmechanismus, stattgibt, sind nicht zu unterschätzen. Der Staatsrechtler Karl Albrecht Schachtschneider hat daher an die Karlsruher Richter appelliert; er bat sie, eine gute Tat zu tun und Europa von der Bedrückung des Euros zu befreien: »Der ESM ist auf dem Weg in die Vereinigten Staaten von Europa.« Dies sei vom Grundgesetz nicht gedeckt, unterstrich Schachtschneider; der ESM verstoße gegen verfassungsrechtliche Grundsätze, denn das Haushaltsrecht dürfe dem Bundestag nicht genommen werden. Zudem sei Deutschland kein Platz im Direktorium des ESM garantiert.  [1]

Sowohl der Fiskalpakt als auch der ESM sind Themen, die auch von der Schweiz aus verfolgt werden müssen, da sie aufzeigen, wie absolutistisch in der EU vorgegangen wird. So drängte Bundesfinanzminister Wolfgang Schäuble das BVG Anfang Juli dazu, den Eurorettungsschirm ESM nicht zu blockieren. Ansonsten drohten erhebliche wirtschaftliche Verwerfungen mit nicht absehbaren Folgen.  [1]  Dieser Schritt hatte etliche wütende Reaktionen zur Folge. In seinem an Joachim Gauck, Claude Juncker, die Mitglieder des Bundestags sowie an die deutschen Print- und TV-Medien gerichteten offenen e-mail vom 11. Juli legt der freie Journalist Günter Kleindienst, der 19 Jahre lang verantwortlicher Redakteur bei der Hannoverschen Allgemeinen Zeitungwar, u.a. folgendes dar: 

»Seit Februar/März 1990 verfolge ich seinen Weg, ist mir Wolfgang Schäuble ein Begriff: Ich würde sagen: In jeder Hinsicht. Doch was ich diese Nacht in der FAZ online über ihn gelesen habe, hat bei mir (zustimmende!) Fassungslosigkeit ausgelöst; ich habe das so noch nie erlebt: Mindestens 90 % der Kommentatoren (gegenwärtig 188), die sich nach dem gestrigen Beitrag von Joachim Jahn in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung »Eilanträge gegen ESM und Fiskalpakt - Schäuble warnt Richter vor Verwerfungen« [2] zu Wort gemeldet haben, machten ihrem Haß gegen diesen Mann auf eine Weise Luft, daß ich fast jedesmal an die erst vor wenigen Wochen geäußerte Voraussage des Ökonomen Prof. Dr. Ronald Vaubel erinnert wurde: »Die Deutschen werden Wolfgang Schäuble eines Tages verfluchen.« [Eines Tages? Eine Fehlprognose: Es passiert schon jetzt!] Und es erinnerte mich an diese Aussage Vaubels: »Wahrscheinlich wird der Fiskalpakt - genauso wie der Stabilitäts- und Wachstumspakt - weder zu Verurteilungen noch zu Sanktionen führen. Wolfgang Schäuble weiß das, aber er versucht, den Abgeordneten und den Wählern Sand in die Augen zu streuen. Er war schon immer ein Meister der politischen Irreführung.« So schreibt Gerhard Storm [Leserzuschrift]: »Unfähiger €-Retter Schäuble gibt dem Verfassungsgericht Unsinnswarnungen. Für einen deutschen Minister sollte es selbstverständlich sein, das Verfassungsgericht bei dessen Beurteilung von höchst fragwürdigen, gegen die No-bail Out-Klausel verstoßenden Vorgängen, unbeeinflußt entscheiden zu lassen. Aber nicht so Schäuble. Seine stur nach dem Prinzip des Koste es, was es wolle völlig in den Dreck gefahrene €-Rettung zulasten der Deutschen hindert ihn nicht, dumme und an der Realität vorbeigehende Hinweise zu geben. Sein Androhen von Katastrophenszenarien sollte nicht mehr davor abhalten, die €-Sache hinsichtlich der rechtlichen Wirksamkeit angemessen zu prüfen. Es zeugt von der Unfähigkeit Schäubles, daß er im Falle der €-Scheiterung mit Riesenrisiken droht, aber genau weiß, daß noch niemand ausgerechnet hat, ob das Verbleiben im Euro oder das Ausscheiden aus dem Euro-System teurer ist. Aber vielleicht stellen die Richter fest, daß die €-Granden laufend gegen die o.a. Klausel verstoßen u. deren Einhaltung fordern. Dann ade €-Bonds und Bankenunion!«  [3] 

»Kaum hatte Minister Schäuble den Saal in Karlsruhe betreten«, schreibt U. Gellermann, »rempelte er auch schon das Verfassungsgericht an [4] : Eine Verschiebung der Gesetze (des Fiskalpakts und des ESM-Rettungsschirms) könne zu erheblichen wirtschaftlichen Verwerfungen in der Eurozone führen. Im Klartext: Das Gericht solle mal flott dem zustimmen, was eine übergroße Koalition aus CDU-FDP-SPD-Grünen, die im Bundestag bereits dem Gesetzesentwurf zugestimmt hatten, beschlossen haben; damit er schnellstens vom Bundespräsidenten unterschrieben werden kann, um Gesetzeskraft zu erlangen. Was Schäuble will, was die Bundestagsmehrheit abgesegnet hat, und was Gauck zu gern unterschreiben würde, ist ein Ermächtigungsgesetz.« Das  Stammkapital des ESM soll bekanntlich 700 Milliarden € betragen, die nicht vorhanden sind und so ausschließlich mittels einer Neuverschuldung der Euro-Staaten erbracht werden können. Nun heißt es bezüglich dieses Kapitals, daß weder eine finanzielle Höchstgrenze des ESM, noch eine zeitliche Anlagebefristung festgelegt ist. Hingegen überprüft der sogenannte Gouverneursrat, der aus den Finanzministern jener Staaten besteht, die den ESM beschlossen haben, regelmäßig das  maximale Darlehensvolumen und die Angemessenheit des genehmigten ESM-Stammkapitals, mindestens jedoch alle fünf Jahre.« Wie Gellermann ausführt, heißt es in Artikel 10: Er kann beschließen, das genehmigte Stammkapital zu verändern.Das kann alles heißen: Das Stammkapital zu verdoppeln, zu verdreifachen, oder auch noch mehr aus den Steuergeldern der Bürger herauszupressen. Von einer Einspruchsmöglichkeit der nationalen Parlamente oder des Europa-Parlaments ist an keiner Stelle die Rede.«  [5]

»Damit an der mafiosen Struktur des ESM-Unternehmens kein Zweifel aufkommt«, so Gellermann ferner, »fährt das Gesetz in Artikel 32 fort: 4) Das Eigentum, die Mittelausstattung und die Vermögenswerte des ESM genießen unabhängig davon, wo und in wessen Besitz sie sich befinden, Immunität vor Durchsuchung, Beschlagnahme, Einziehung, Enteignung und jeder sonstigen Form des Zugriffs durch vollziehende, gerichtliche, administrative oder gesetzgeberische Maßnahmen.  Die Archive des ESM und sämtliche Unterlagen, die sich im Eigentum oder im Besitz des ESM befinden, sind unverletzlich. So stellt sich die Firma ESM außerhalb des Gesetzes und bekräftigt dies im Artikel 35 auch für ihr Personal: Im Interesse des ESM genießen der Vorsitzende des Gouverneursrats, die Mitglieder des Gouverneursrats, die stellvertretenden Mitglieder des Gouverneursrats, die Mitglieder des Direktoriums, die stellvertretenden Mitglieder des Direktoriums sowie der Geschäftsführende Direktor und die anderen Bediensteten des ESM Immunität vor der Gerichtsbarkeit hinsichtlich ihrer in amtlicher Eigenschaft vorgenommenen Handlungen, und Unverletzlichkeit hinsichtlich ihrer amtlichen Schriftstücke und Unterlagen.Nur der Gouverneursrat selbst, schreibt das Gesetz, kann diese Immunität aufheben. Falls das Bundesverfassungsgericht diesen Anschlag auf die Verfassung nicht stoppen sollte, werden wir es künftig mit einem unkontrollierten Gremium zu tun haben, das unbegrenzt mit Geld um sich schmeißen darf, niemandem gegenüber verantwortlich ist und niemals vor Gericht muß. Das letzte deutsche Ermächtigungsgesetz war das Gesetz zur Behebung der Not von Volk und Reich vom 24. März 1933. Es diente nicht dazu, die Republik handlungsfähig zu machen, sondern sie abzuschaffen.«

Im Prinzip sollte insbesondere der Fakt der vollständigen Immunität, die allen mit dem ESM Verbundenen zugesichert ist, ein enormes Misstrauen hervorrufen. Nicht so bei den Abgeordneten. Unter dem Titel Des Karlspreises nicht würdig schreibt Klaus Peter Krause: »Schäuble hat viel auf seinem politischen Kerbholz. Beschränken wir uns hier auf nur zwei Kerben, die mit der Preisbegründung unmittelbar zu tun haben. Bei der Stabilisierung des Euros geht es um die Politik der Rettungsschirme für systemrelevante Geschäftsbanken und überschuldete Euro-Staaten. Die Banken gingen mit dem Kauf von fragwürdigen Staatsanleihen sowie anderen Geschäften hohe Risiken ein und verließen sich im Vertrauen auf [die behauptete und von den Politikern hingenommene] Systemrelevanz darauf, die Haftung dafür dem Staat und den Steuerzahlern aufladen zu können - wenn sie der Konkurs bedrohe. Die überschuldeten Euro-Staaten haben die für den gesamten Euro-Raum betriebene EZB-Niedrigzinspolitik zu  verantwortungsloser Kreditaufnahme ausgenutzt und darauf vertraut, daß die Euro-Währungsgemeinschaft sie im Fall des Falles heraushauen würde, also die Haftung für ihre Schulden übernehmen und damit die eine solche Haftung ausdrücklich ausschließenden Euro-Vertragsregeln, wie bekanntlich geschehen, brechen würde. An diesem fortdauernden Vertragsbruch wirkt Schäuble als Bundesfinanzminister an führender Stelle mit. Ein bedrohlicher Höhepunkt: Der Euro-Rettungsschirm ESM: In diesem Zusammenhang war und ist Schäuble in der Europäischen Union an deren bisher gefährlichsten und folgenschwersten Fehlentwicklung maßgeblich beteiligt: An der Euro-Währungsunion von 1999 mit ihren nunmehr sichtbaren Folgen, darunter an den beiden Euro-Rettungsschirmen mit den Kürzeln EFSF und ESM. Erst wurden Banken gerettet, dann waren Staaten zu retten, nun versuchen Schäuble und seine Kumpanen den Euro und die Währungsunion zu retten. Aber auch sich selbst. Damit erreicht ihre Politik einen neuen und besonders bedrohlichen Höhepunkt. Vor allem mit dem ESM werden in den Mitgliedstaaten Eigentums-, Freiheits- und Selbstbestimmungsrechte in beklemmender Weise untergraben. Der ESM soll unumkehrbar eine Fiskalunion festschreiben und die Euro-Länder in eine politische Union zwingen. Er begründet wesentliche Einschränkungen der staatlichen Souveränität. Er beendet die Budgethoheit des Parlaments. Er treibt seine Mitgliedstaaten in ein finanzielles Abenteuer, das nur in einem Zusammenbruch und in einer Verarmung auch der Bürger enden kann. Damit wird er auch für den Frieden in Europa zu einer bedrohlichen Gefahr.«  [6]  

Wie üblich, fasst Dipl.-Chem. Dr. rer. nat. Hans Penner die Sachlage unmissverständlich zusammen, was in seinem Schreiben vom 9. Juli an Wolfgang Schäuble zum Ausdruck kommt: »Am 29. 6. 2012 hatte der Deutsche Bundestag die Schenkung eines Betrags von 190 Milliarden € an den Europäischen Stabilitätsmechanismus beschlossen. Der Bundestag hat das Geld nicht und muß deshalb entsprechende Kredite aufnehmen. Offenbar erscheint dieser Betrag nicht im Bundeshaushalt, was möglicherweise eine Bilanzfälschung darstellt. Laut ESM-Vertrag ist der ESM kein Mechanismus, sondern eine Bank; Sie fordern eine europäische Bankenaufsicht. Laut ESM-Vertrag darf die ESM-Bank jedoch nicht beaufsichtigt werden. Die Gouverneure der ESM-Bank genießen volle Immunität. Die Räume und die Archive der ESM-Bank dürfen nicht inspiziert werden. Der ESM-Vertrag ist gesetzeswidrig, weil er gegen die No-Bail-Out-Klausel verstößt und den Zweck hat, marode Banken korrupter Staaten zu sanieren. Im Gegensatz zu Ihren Behauptungen bedeutet die Schenkung eine grundgesetzwidrige Übertragung von Haushaltssouveränität. Offenkundig soll der ESM-Vertrag Ihrem Ziel dienen, Deutschland als souveränen Rechtsstaat abzuschaffen und einem europäischen Bundesstaat einzugliedern. Mit dem Grundgesetz ist Ihr Ziel nicht vereinbar. Es ist nicht erkennbar, daß Ihre Finanzpolitik dem Wohl des deutschen Volkes dient, wie es Ihr Amtseid fordert. Meinungsumfragen zeigen, daß in der Bevölkerung keine Klarheit über Ihre politischen Ziele herrscht.«

Was den Europaabgeordneten Alexander Graf Lambsdorff angeht, so ist dieser doch tatsächlich nicht davor zurückgeschreckt, die fachliche Kompetenz des Bundesverfassungsgerichts in Bezug auf die Klagen gegen den ESM-Vertrag anzuzweifeln. »Manche Beobachter kritisieren zu Recht, daß die Richter des BVG nicht mit allen Vorgängen in Europa ausreichend vertraut sind. Deshalb kommt es gelegentlich zu Fehleinschätzungen aus Unkenntnis«, so der Vorsitzende der FDP im EP gegenüber der Passauer Neuen Presse. Hinsichtlich der Kompetenz der Karlsruher Richter meint Lambsdorff ferner, dass »dies besorgniserregend sei, denn so werde der größte Mitgliedsstaat Europas in seinem Handeln eingeschränkt.«  [8]  Eine Aussage dieser Art pflegt Hans Penner unmittelbar auf den Plan zu rufen; jedenfalls sah er sich dazu veranlasst, Lambsdorff  folgendes wissen zu lassen: »Ihre Äußerung über das Bundesverfassungsgericht gegenüber der Presse am 9. 7. muß jedem aufmerksamen Bürger die Augen darüber öffnen, daß die FDP keine liberale und  demokratische Partei ist. Das Bundesverfassungsgericht ist das wichtigste Organ zur Erhaltung eines freiheitlichen Rechtsstaats. Sehr oft hat das BVG den Bundestag in die Schranken gewiesen und darüber belehrt, was rechtens ist. Ich erwähne lediglich, daß das BVG die Parteiführungen darauf hinweisen mußte, daß auch Abgeordnete das Recht auf freie Meinungsäußerung haben. Es ist unfaßbar, daß Sie sich als Nichtjurist anmaßen, dem BVG mangelnde Sachkenntnis und Fehleinschätzungen aus Unkenntnis vorwerfen. Durch Ihre Diskriminierung des BVG torpedieren Sie den freiheitlichen Rechtsstaat. Andererseits verdeutlicht Ihr Versuch, das BVG zu manipulieren, unmißverständlich, daß die Zustimmung des Bundestags zum ESM-Vertrag rechtsstaatlich nicht fundiert ist. Sie haben ebenso wie Frau Merkel und Herr Gauck Angst, daß Recht und Wahrheit ans Licht kommen. Um die Unlauterkeit der Bundeskanzlerin zu demonstrieren, beschränke ich mich auf die Beleuchtung der Forderung von Frau Merkel nach einer europäischen Bankenaufsicht. Diese in der Öffentlichkeit erhobene Forderung ist dem von Frau Merkel geforderten ESM-Vertrag, der eine Beaufsichtigung der ESM-Bank verbietet, diametral entgegengesetzt. Dieser per Gesetz unkontrollierbaren ESM-Bank überträgt Frau Merkel einen Großteil der deutschen Haushaltssouveränität. Mit großer Sorgfalt hat Frau Merkel den ESM-Vertrag vor der Öffentlichkeit und vor den Abgeordneten verborgen. Durch Zeitdruck und durch eine Überschwemmung mit Drucksachen hat Frau Merkel die Abgeordneten daran gehindert, den ESM-Vertrag sorgfältig zu studieren. Mit Hilfe der FDP hat sich der Bundestag am 29. 6. 2012 vom Rechtsstaat verabschiedet.« 

Es wird den Bundestagsabgeordneten immer wieder vorgeworfen, zwar abgestimmt zu haben, aber nur unzulänglich informiert gewesen zu sein. Dieser Verdacht tut sich auch bei der jetzt erfolgten Abstimmung zum ESM auf; dessen Stipulationen, die durch einschlägige Artikel in der Presse sowie durch das Internet breit bekanntgemacht wurden, sind zum Teil derart diktatorisch, dass jeder, der sich damit eingehender befasst hat, zu dem Schluss kommen muss, dass die Befürworter im Bundestag dies entweder überhaupt nicht begriffen oder die Vertragsregeln nicht genau gelesen haben. Jedenfalls schrieb Die Welt hierzu: »Und dann sind da noch die Abstimmungen über den Fiskalpakt und den ESM in Bundestag und Bundesrat. Es ist schlicht unfaßbar, warum Parlamentarier und Vertreter der Länder so etwas mitmachen. Denn als sie die Abstimmungsunterlagen am 29. März das erste Mal berieten, fehlte darin glatt der komplette Teil über die Beteiligungsrechte des Bundestags! An der betreffenden Stelle fand sich nur eine Klammer mit Pünktchen. Nicht einmal als Abgeordnete und Ländervertreter dann in freitäglichen Nachtsitzungen den folgenschweren Gesetzen endgültig zustimmten, waren die  Abstimmungsunterlagen korrekt. Es fehlten die vom EU-Gipfel tags zuvor beschlossenen Änderungen. Weder waren darin die Direktzahlung von Milliardenhilfen an die Großbanken durch den ESM aufgeführt, noch die vom Gipfel beschlossenen Finanzhilfe-Instrumente.«  [9] 

Bezüglich der von Lambsdorff befürchteten Handlungseinschränkung ist hinzuzufügen, dass er nicht zu realisieren scheint  - oder nicht gewillt ist, sich der Erkenntnis zu stellen -  was sich an restriktiven Folgen für die Euro-Staaten selbst aus dem ESM ergibt. Es sei denn, er wäre ein überzeugter Anhänger von Leuten wie Joschka Fischer, Joachim Gauck, Justizministerin Sabine Leutheusser-Schnarrenberger, die es gewissermassen als ein Muss darstellen, unsere Haushaltssouveränität an Brüssel abzutreten, also gerade an diejenigen, denen wir den gesamten finanzpolitischen Pfusch zu verdanken haben. Kaum überraschend verlangte auch IWF-Chefin Christine Lagarde am 8. Juni, dass sich Europa auf eine stärkere Integration der Haushalte zubewegen und eine Währungsunion durch eine Finanzunion ergänzen müsse. Und Frau Merkel hatte sich am 7. 6. gegenüber der ARD nicht nur für eine Währungsunion, sondern auch für eine sogenannte Fiskalunion ausgesprochen: »Vor allen Dingen brauchen wir auch eine politische Union. Das heißt, wir müssen Schritt für Schritt Kompetenzen an Europa abgeben.« Hierzu Die Welt vom 3. 7.:  »Und jetzt war sich nicht einmal mehr der Grandseigneur der deutschen Politik, Altkanzler Helmut Schmidt, zu schade, die Souveränität des höchsten deutschen Gerichts zu untergraben.« [9] Der Kommentar des Spiegels online zu dieser Feststellung war wie folgt:

»Altkanzler Helmut Schmidt plädiert für eine entschiedene europäische Integration. Der 93-Jährige hat das Bundesverfassungsgericht aufgefordert, sich zu einem klaren Kurs zu bekennen. Angesichts der Schuldenkrise seien Entschlußkraft und Opferbereitschaft dringend geboten, sagte Schmidt am Abend des 2. 7., in Berlin. Bislang habe Europa oft zu zaghaft reagiert. Man muß sein Herz über die Hürde werfen. Das gilt ganz gewiß auch für uns Deutsche und ganz gewiß auch für das Bundesverfassungsgericht, betonte er. Hintergrund seiner Mahnung sind die anhängigen Eilklagen in Karlsruhe gegen den dauerhaften Euro-Rettungsschirm ESM und den europäischen Fiskalpakt für eine straffere Haushaltsdisziplin. Der SPD-Politiker bekannte sich ausdrücklich zu einer verstärkten Zusammenarbeit in Europa und verwies dabei auf den Artikel 23 des  Grundgesetzes, der Deutschland den klaren Auftrag gebe, für die Integration der EU zu arbeiten: Von einem Vorrang deutschen Interesses ist dort keine Rede.«  [10]  Im Fall des ESM könnte allerdings das Überdiehürdewerfen unausweichlich zur fiskalischen Selbstaufgabe seiner Nation führen. 

Hinsichtlich des Fiskalpakts gilt es folgendes zu wiederholen: Dieser ist aus mehreren Gründen strikt abzulehnen, denn das Haushaltsrecht, ein Eckstein jeder Demokratie, geht dann von den gewählten nationalen Parlamenten auf eine supranationale Einrichtung über. Aus der Sicht von Strategic Alert »ist infolge der damit verbundenen extremen Sparpolitik  - dies in Kombination mit unbegrenzten Bankenrettungsaktionen -  der wirtschaftliche und finanzielle Ruin vorprogrammiert. Die Schuldenbremse erstickt jede Initiative für realwirtschaftliches Wachstum.« Durch eine Fiskalunion, so Gregor Gysi von der Linkspartei, werde eine europäische Föderation gegründet, was nach dem Grundgesetz nicht erlaubt sei, wie dies das auch das Verfassungsgericht in seinemLissabon-Urteil festgestellt habe. Der Fiskalpakt enthalte praktisch eine Art Ewigkeitsklausel, da er nur mit Zustimmung aller Mitglieder geändert werden könne, so Gysi ferner. Solche Entscheidungen beträfen laut Art. 79 des Grundgesetzes Grundrechte und Souveränität des Regierungssystems, und dies erfordere laut Art. 146 die Zustimmung der Bevölkerung in einem Referendum. Auch bei einer Veranstaltung in Berlin zum 60jährigen Bestehen der Börsenzeitung gab es scharfe Kritik am Fiskalpakt. Der ehemalige führende Ökonom der Bundesbank und der EZB, Otmar Issing, bezeichnete diesen als inflationär und undemokratisch. Der Pakt werde der Sache Europas nicht dienen, sondern im Gegenteil in Europa die schwerste Krise seit dem Zweiten Weltkrieg heraufbeschwören.  [11] 

Zurück bleibt die Frage, was die Abgeordneten dazu drängt, sich in derart mittelalterliche Verhältnisse begeben zu wollen, um einem demokratisch nicht legitimierten Gouverneursrat, der durchaus mit einem Steuervogt gleichgesetzt werden kann, die Befugnis zu erteilen, den Steuerzahler je nach Gutdünken mit Finanzforderungen zu konfrontieren, die als willkürlich gesehen werden müssen.  

Zu denjenigen, die davor warnen, den ESM abzulehnen, zählt auch Bundestagspräsident Norbert Lammert. Auch er scheint zu übersehen, dass die geplante ESM-Bank der zentralen europäischen Schuldenverwaltung dient und Deutschland gesetzeswidrig dazu zwingt, die Schulden korrupter Staaten zu übernehmen. »Das ESM-Finanzierungsgesetz (ESMFinG)«, führt Hans Penner aus, »führt nicht zu einem wirtschaftlichen Aufschwung, da Deutschland durch die Übernahme fremder Staatsschulden in seiner wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beeinträchtigt wird und selbst dem Staatsbankrott näherkommt, und weil die Ursachen der Wirtschaftsschwäche der europäischen Südstaaten nicht durch Kredite beseitigt werden können. Diese Ursachen sind Korruption, Verwaltungsversagen, mangelnde Leistungsbereitschaft und Steuerhinterziehung, die durch Kredite nicht zu bekämpfen sind. Die ESM-Bank soll die Wettbewerbsfähigkeit europäischer Staaten verbessern; wettbewerbsfähige Staaten werden jedoch durch die Übernahme von Schulden anderer Staaten geschwächt. Der ESM-Gouverneursrat, der volle Souveränität genieß, wird voraussichtlich die mächtigste Instanz Europas sein, mit allen Merkmalen einer Diktatur.«

Am 31. Mai hatte EZB-Chef Mario Drahgi in Brüssel erklärt, dass sich etwas grundsätzlich ändern müsse, die Steuerzahler der Eurozone sollten die Banken nicht länger mit ihrem Geld retten; es werde eine Bankenunion geben, d.h. die Banken der Eurozone müssten einer übergreifenden Bankenaufsicht der EU unterstellt werden. Beschlossen wurde eine solche jedoch auf dem letzten EU-Gipfel noch nicht. Zum Schutz der Ersparnisse der Bürger, hiess es des weiteren, brauche man einen europäischen Einlagensicherungsfonds. Man werde daher eine einheitliche europäische Regelung zur Sanierung und Abwicklung insolventer Banken schaffen. Sowohl Barroso, Van  Rompuy als auch der vormalige Chef der DB, Josef Ackermann, stellten sich hinter diesen Plan. Am 6. Juni legte dann EU-Binnenmarktkommissar Michel Barnier seinen Plan für eine Bankenunion vor, der im wesentlichen die von Draghi genannten Forderungen näher ausführt. Hierzu ergab sich für Strategic Alert folgende Frage: »Hat sich die EU plötzlich entschieden, gegen die Spekulanten vorzugehen? Will sie im Dienst des Gemeinwohls den Finanzmüll aussortieren, das Finanzkasino schließen und das Bankensystem auf produktive Kreditschöpfung ausrichten?« Keineswegs, ist die Antwort: »Sie will wieder an unser Geld. Eine Bankenunion wird die Ersparnisse nicht schützen, sondern sie im Gegenteil dem nationalen gesetzlichen Schutz entziehen und dem nebulösen EU-Recht unterstellen, unter dem nur eins sicher ist, daß nichts sicher ist. Die Regierungen werden keine Kontrolle über die nationalen Bankensysteme mehr haben; diese werden in einen Topf geworfen und der jetzt schon unbezahlbare Schuldenberg wird schneller wachsen, als die EZB Geld zur Refinanzierung drucken kann.«  [12]

Zwischenstadium
Bis zum Urteil über die eigentlichen Klagen wird das Euro-System, wie dies die Professoren Hankel und Schachtschneider darlegen, rasch weiter zerfallen und die Unzufriedenheit der Öffentlichkeit dementsprechend zunehmen. Am 2. Juli hatten sie auf einer Pressekonferenz in Berlin ihre Klage, die sie zusammen mit den Freien Wählern eingereicht haben, erläutert und dabei die Finanzrettungspolitik scharf angegriffen. »Hankel sagte, der ESM sei ein Monstrum, einmalig auf der Welt, mit einer Kapitalausstattung, die 140mal so groß ist wie die EZB, 80mal so groß wie die Bundesbank und 50mal so groß wie die größte Bank Europas, die Deutsche Bank. Damit würde alles verfügbare Kapital für die Rettungspakete aufgesaugt und es bliebe nichts für staatliche Kredite, Kommunen, Arbeitsplätze für junge Menschen oder Firmen. Aber nicht nur Europas Realwirtschaft würde ausgeblutet, gleichzeitig sei es ein Angriff auf die Demokratie, da der ESM ausdrücklich über die demokratischen Institutionen Europas gestellt würde.«  [13] Österreichs Parlament hatte den ESM-Vertrag am 5. Juli ratifiziert, was die Gegner indessen nicht entmutigt hat. Hans Christian Strache, der Chef der Freiheitlichen Partei Österreichs, verurteilte den ESM als Weg in die Finanzdiktatur, als Sado-Maso-Vertrag, der die Österreicher dazu zwinge, zu zahlen, ohne dass sie protestieren dürften. Mit dem ESM marschiere Europa in eine nie dagewesene wirtschaftliche und politische Katastrophe, in ein Euroshima.

Am 5. 7. hatten bekanntlich über 160 (inzwischen fast 200) deutsche Ökonomen einen Appell gegen die Bankenrettungspolitik veröffentlicht; in diesem werden die Bürger zu einer landesweiten Mobilisierung aufgerufen. Der Aufruf ist vom Präsidenten des Münchner ifo-instituts, Prof. Hans-Werner Sinn, initiiert worden und von zahlreichen wirtschaftswissenschaftlichen Schwergewichten unterzeichnet, darunter der frühere Leiter des Deutschen Instituts für Wirtschaftsforschung (DIW), Prof. Klaus Zimmermann, der Freiburger Ökonom Bernd Raffelhüschen und der Dortmunder Statistiker Prof. Walter Krämer. Seinem Artikel zu diesem Appell beliebte nun der Brüsseler Korrespondent der Financial Times Deutschland online, Mathias Ohanian, folgendes voranzustellen: »Es ist nicht das erste Mal, daß sich deutsche Wirtschaftsprofessoren in der Euro-Krise herdentriebartig zu einem gemeinsamen Aufruf hinreißen lassen.« Nachdem von unserer Seite aus gegen diese dümmlich arrogante, abfällige Art ein Protest-e-mail an die Redaktion gerichtet worden war, entfernte diese den Satz aus dem online-Artikel. Zu recht, kann man nur hinzufügen.  [14]  

Die Bankschulden, heisst es in dem Aufruf, seien fast dreimal so gross wie die Staatsschulden und lägen bei den 5 Krisenländern im Bereich von 9 Billionen €. »Es ist schlechterdings unmöglich, die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas für die Absicherung dieser Schulden in die Haftung zu nehmen, zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar sind. Gerettet werde nicht der Euro oder die Europäische Union, mit den Beschlüssen würde in erster Linie der Wall Street, der City of London und einer Reihe maroder ausländischer Banken geholfen, die nun weiter zulasten der hart arbeitenden Bürger anderer Länder, die mit alledem wenig zu tun haben, ihre Geschäfte machen dürfen. Würde man der Vergemeinschaftung der Haftung für die Bankschulden zustimmen, wäre Deutschland immer wieder dem Druck ausgesetzt, diese Summen zu vergrössern.« Für den Grünen-Abgeordneten Hans-Christian Stroebele gehen ESM und Fiskalpakt nicht nur aus Verfassungsgründen in die falsche Richtung. Teile der Bevölkerung, besonders im Süden, würden verelenden, zugleich Milliarden und Abermilliarden zur Rettung der Banken transferiert. »Dass die Wissenschaftler in die Öffentlichkeit gehen«, vermerkt hierzu die Badische Zeitungvom 7. Juli, »ist gut. Allzu sehr versucht Kanzlerin Merkel, ihre Politik im Stillen zu machen, sie als alternativlos darzustellen und das Mißbehagen der eigenen Leute unter der Decke zu halten.«  

Zu dem Aufruf hat sich auch Strategic Alertgeäussert: »Er ist bewußt nicht akademisch formuliert, um in der  Öffentlichkeit mehr zu bewirken. Durch den Widerstand ist  Bundespräsident Joachim Gauck so unter Druck geraten, daß er in einem Fernsehinterview am 8. Juli sagen mußte, in Bezug auf ESM und Fiskalpakt habe Bundeskanzlerin Merkel nun die Verpflichtung, sehr detailliert zu beschreiben, was das bedeutet, auch fiskalisch bedeutet. Mit Blick auf das jüngste Urteil des Verfassungsgerichts vom 19. 6. fuhr Gauck fort, Merkel müsse den Bundestag im einzelnen darüber unterrichten, was auf dem EU-Gipfel am 28. 6. beschlossen wurde. Zu den jüngsten Verfassungsklagen sagte er: Die Kläger haben alles Recht, ihre Sorgen zum Ausdruck zu bringen... Ich bin sogar eigentlich froh darüber, daß dieser Weg beschritten wird…..« [13]  Bekanntlich hatte Gauck während seines ersten offiziellen Besuchs am Sitz von EU und NATO in Brüssel am 16. 4. 12 in klarer Überschreitung seiner verfassungsrechtlichen Befugnisse erklärt, Klagen gegen den permanenten Euro-Rettungsschirm ESM würden vor dem Karlsruher Bundesverfassungsgericht ohne Erfolg bleiben: »Ich sehe nicht, daß unsere Bereitschaft, Rettungsschirme aufzuspannen, durch das Bundesverfassungsgericht konterkariert wird.« Der innenpolitische Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, schrieb am nächsten Tag in einem Kommentar sarkastisch, Gauck habe sich in Brüssel als der 17. Verfassungsrichter und als oberste Instanz des Verfassungsgerichts aufgeführt. »So ist nun also die komplizierteste Frage des deutschen Staats- und Verfassungsrechts ganz ohne Verhandlung und ganz ohne Urteil in Karlsruhe geklärt... All das weiß der Bundespräsident offenbar schon, bevor die angekündigten Klagen überhaupt eingegangen sind. Er ist ein Prophet.« Auch Prof. Christoph Degenhart von der Universität Leipzig, ein bekannter Verfassungsrechtler und Rechtsbeistand einer der Kläger gegen den ESM vor dem Verfassungsgericht, kritisierte am 17. 4. Gaucks Äusserungen scharf. Er warf ihm zu recht vor, seine Amtsbefugnisse überschritten zu haben, und rief die Volksvertreter auf, die Unabhängigkeit der Gerichte zu achten und keine Prognosen über sie zu machen. Degenhardt warnte Gauck auch indirekt davor, die Gesetze für ESM und Fiskalpakt zu unterschreiben, bevor das Gericht entschieden hat.

Nicht uninteressant ist, dass der ESM zwar noch nicht steht, dass jedoch Klaus Regling, der derzeit den vorläufigen Rettungsfonds EFSF leitet, bereits als dessen Chef bezeichnet wird. So las man beispielsweise in der Badischen Zeitung vom 11. 7. 12:  »Der Deutsche Klaus Regling wird Chef des dauerhaften Eurorettungsschirms ESM.« Regling, der zu den Architekten des Euros zählt, »gilt als Idealbesetzung.«  »Aber auch Regling räumte 2011 einmal ein, er habe bestimmte Dinge einfach unterschätzt. Umso mehr kämpft er jetzt an prominenter Stelle und als Verwalter von Krisenkrediten in Höhe von bis zu einer halben Billion Euro für das Überleben der europäischen Währung. Dass er mit dem Chefposten des EFSF und des ESM bei einem Jahressalär von 324.000.- Euro eine der am besten bezahlten Positionen in der EU bekleidet, ist für ihn sekundär.« Nun hatte Regling letztes Jahr im Zusammenhang mit dem ESM erklärt, »dass es überhaupt nicht darum gehe, dem deutschen Steuerzahler Geld wegzunehmen. Es gehe vor allem um Bürgschaften.«

Die Quintessenz dieser Behauptung wird glatt verschwiegen: Wird ein Kredit nicht zurückbezahlt, also in den Sand gesetzt, so verwandelt sich die Bürgschaft in eine konkrete Forderung, die darin besteht, dass der Steuerzahler der Euro-Staaten eben auf Grund der Bürgschaft für den Kredit haftet und ihn auch bezahlen muss. Sollte es daher eine Aussage dieser Art sein, die nachweislich als falsch zu bezeichnen ist und somit die Gefahr in sich birgt, die Bevölkerung zu täuschen, die Regling zur Idealbesetzung macht? 

Es ist ferner geradezu unglaublich, wie sich Brüssel in die nationalen Angelegenheiten einmischt. Euro-Gruppen-Chef Jean-Claude Juncker hat soeben am 14. Juli kritisiert, dass sich das Karlsruher Bundesverfassungsgericht möglicherweise bis zum Herbst Zeit nehmen will, um über die Rechtmässigkeit des Euro-Rettungsschirms ESM zu entscheiden. Das sei nicht hilfreich, so Juncker; daher mahnt er die Karlsruher Richter zur Eile.  [15]  

Nochmals kurz zusammengefasst
Sollte das Bundesverfassungsgericht den Anschlag auf die Verfassung nicht stoppen, werden es die Deutschen in Zukunft mit einem unkontrollierten Gremium zu tun haben, das unbegrenzt Geld einfordern darf, gegenüber niemandem verantwortlich zeichnet und niemals vor Gericht gestellt werden kann. Und damit wäre das Joch einer zumindest auf absehbare Zeit niemals mehr tilgbare Verschuldung zielsicher auferlegt. Pieter Cleppe vom Think Tank Open Europe hält die Rettungsschirme EFSF und ESM für zu klein, um den Euro zu retten: »Viele europäische Rechnungshöfe haben den ESM als nicht transparent genug kritisiert. Dies ist eine berechtigte Sorge im Hinblick auf die Tatsache, daß die Institution in der Lage sein wird, über Hunderte von Milliarden Euro der Steuerzahler zu entscheiden. Ungeachtet dessen scheint die Konstruktion des ESM immer noch zu demokratisch, um effektiv zu sein. Um es klar zu sagen: Für mich ist Demokratie jedoch wichtiger als die Finanzinstrumente zur Schuldenunion. Die Entscheidungen, die getroffen werden müßten, um die Eurozone zu stabilisieren, sind mit der Demokratie nicht vereinbar. Daher muß auch hier über Alternativen nachgedacht werden – die Demokratie können wir auf keinen Fall für die Euro-Rettung preisgeben.«  [16] 

»Die vorläufige Begrenzung des ESM-Volumens«, legen Walter Krämer und Hans-Werner Sinn dar,  »ist kein Schutz gegenüber zusätzlichen Lasten, denn der Mechanismus zur Ausweitung der Haftungssummen ist im ESM-Vertrag bereits eingebaut. Die strukturelle Mehrheit der Schuldenländer in den Eurogremien wird sich sämtlicher Töpfe des ESM, die aufgestellt werden, bedienen, und bei einer drohenden Leerung so lange drängeln, bis sie wieder aufgefüllt werden. Da nützen die schönsten Regeln nichts. Die Geschichte des Euros ist eine Geschichte fortwährender Vertragsverletzungen und selbstgesetzter Regeln, vom Bruch der No-bail-out-Klausel bis hin zum Verzicht auf die Konditionalität bei den Hilfskrediten des ESM. Der Ablauf ist immer der gleiche: Erst werden wir mit dem Placebo der politischen Schranken und Verhaltensmaßregeln dazu bewogen, das Portemonnaie zu zücken, und wenn das Portemonnaie erst einmal auf dem Tisch liegt, werden wir bedrängt, auf die politischen Schranken zu verzichten. Das Spiel hat sich mittlerweile so häufig wiederholt, daß wir nicht verstehen, woher die deutsche Regierung und einige unserer Kollegen die Hoffnung nehmen, dieses Mal könnte alles anders sein.«  [17]

Erwin Grandinger, Finanz- und Politikanalyst bei EPM Group Berlin, zeichnet für den Fall, dass die Richter den Rettungsschirm durchwinken, folgendes Horror-Szenarium: »Die Kosten für die Deutschen übersteigen alles, was vorstellbar ist. Deutschlands Haftung steigt von 27 auf 64 %, weil dann insgesamt 6 EU-Krisenstaaten ausfallen, deren Anteil Deutschland im ESM übernehmen muß. Berlins ESM-Haftungshöhe steigt damit wie vertraglich vorgesehen auf knapp 64 % des 700-Milliarden-Fonds, dem ab 2013 noch die 440 Mrd. € der EFSF zugerechnet werden. Dazu kommen noch die Rettungspakete für Griechenland, Irland und Portugal. Parallel dazu ziehen die Außenstände der Bundesbank im Target-2-System sprunghaft an: EU-Zentralbanken schulden der Bundesbank  - und damit dem deutschen Steuerzahler  - im Juni 2012 728 Mrd. €  [699 Mrd. im Mai]. Allein Spaniens Target-2-Verbindlichkeiten stiegen im Juni um 63 Mrd. auf 408 Mrd. € an. Sigmar Gabriel wird Bundeskanzler. Schon wenige Monate später, auf dem EU-Gipfel im Dezember 2013, erfolgt die kollektive Zustimmung zu Euro-Bonds. Der Aktienmarkt explodiert förmlich, die Zinsen fallen und Gold steigt rapide. Die City of London und die Wall Street sehen sich als große Gewinner, da ihre Banken gerettet wurden und weder Großbritannien noch die USA in Haftung treten mussten. Den Rest erledigt die Inflation.«  [18]      


[1]  http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M545088f7ec6.0.html
10. 7. 12  Schäuble setzt Verfassunsgrichter unter Druck 

[2]  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eilantraege-gegen-esm-und-fiskalpakt-schaeuble-warnt-richter-vor-verwerfungen-11815794.html   10. 7. 12  Joachim - Jahn Karlsruhe Schäuble warnt Richter vor Verwerfungen 
[3]  Lesermeinungen siehe  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/eilantraege-gegen-esm-und-fiskalpakt-schaeuble-warnt-richter-vor-verwerfungen-11815794.html
[4]  http://www.rationalgalerie.de/index.html   10. 7. 12   Das Ermächtigungs-Gesetz  -  Minister Schäuble rempelt Verfassungsgericht an – Von U. Gellermann
[5]  Siehe hierzu auch http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1814  
28. 9. 11  Europäische Finanzstabilisierungsfazilität (EFSF) - Erweiterung des Aufgabengebietes

[
6]  Klaus Peter Krause am 17. Mai 2012 in seinem Blog  www.kpkrause.de
[7]  Dieses Schreiben erscheint im Internet unter www.fachinfo.eu/schaeuble.pdf  Eine Verbreitung dieses Schreibens ist erwünscht.
[8]  http://www.jungefreiheit.de/Single-News-Display-mit-Komm.154+M5769e9904f4.0.html
9. 7. 12  FDP-Politiker zweifelt Kompetenz von Karlsruher Richter an 

[9]  http://www.welt.de/debatte/kommentare/article107706324/Aufloesungserscheinung-der-demokratischen-Ordnung.html   3. 7. 12   
[10]   http://www.spiegel.de/politik/deutschland/helmut-schmidt-fordert-opferbereitschaft-zugunsten-der-eu-a-842203.html   2. 7. 12   Helmut Schmidt fordert Opferbereitschaft  
[11]  Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 14/15 vom 4. April 2012
[12] 
Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 24 vom 13. Juni 2012 
[13]  Strategic Alert Jahrgang 25, Nr. 28 vom 11. Juli 2012 
[14] 
http://www.ftd.de/politik/konjunktur/:offener-brief-gegen-bankenunion-hans-werner-sinn-die-euro-krise-und-der-stammtisch/70059428.html   6. 7. 12  Hans-Werner Sinn, die Euro-Krise und der Stammtisch – Mathias Ohanian 
[15]  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=57258&title=Euro-Gruppen-Chef+Juncker+mahnt+Bundesverfassungsgericht+zur+Eile&storyid=1342279696858 
14. 7. 12 
Euro-Gruppen-Chef Juncker mahnt Bundesverfassungsgericht zur Eile 
[16] 
http://www.deutsche-mittelstands-nachrichten.de/2012/07/45784/   13.  7. 12
[17]  http://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/oekonomen-aufruf-die-risiken-der-rettungspolitik-11814959.html   9. 7. 12  Die Risiken der Rettungspolitik 
[
18]  http://www.welt.de/finanzen/article108285556/So-gefaehrlich-kann-der-ESM-fuer-Deutschland-werden.html   13. 7. 12  So gefährlich kann der ESM für Deutschland werden