Die »Freunde« Syriens

d.a. Syrien zahlt wie der Iran für seine Weigerung, sich unterzuordnen, was ihm die Einreihung in die Kategorie

der Schurkenstaaten eintrug. Dies verdankt das Land selbstredend auch der Finanzierung und Bewaffnung der Rebellion durch die USA, Grossbritannien und einigen konservativen arabischen Alliierten.

Araber gegen Assad
Syriens Präsident Assad hat unter seinen arabischen Nachbarn wenig Freunde. Das ist nicht neu. Wesentlich dafür ist die seit vier Jahrzehnten anhaltende säkulare Politik der Assads, verbunden mit einer starken militärischen Anlehnung an Moskau. Da entstehen Klüfte. [1]  Auch in Syrien, schrieb Ch. Kneffel in der Berliner Umschau, geht das alles wie von Geisterhand organisiert über die Bühne, wie zuvor in Libyen. »Assad, noch vor einiger Zeit von westlichen Staatsmännern beschnuppert, verlor quasi über Nacht einen Verbündeten nach dem anderen, selbst die Türkei.« [2]  Bekanntlich hatten die sechs Staaten des Golfkooperationsrates ihre Mitglieder in der Beobachtermission der Arabischen Liga in Syrien Ende Januar zurückgezogen. Zu diesem Rückzug vermerkte Werner Pirker: »Nun haben die Beobachter von sich aus ihre Mission beendet. Was nichts anderes bedeutet, als daß sie sich dem Druck der syrischen Oppositionskräfte und ihrer westlichen Hintermänner gebeugt haben. Denn nicht das Baath-Regime hat sich von Beginn an gegen die Vermittlungsbemühungen der Liga und deren Forderung nach einem nationalen Dialog ausgesprochen, sondern die syrische Opposition, die damit die Hauptverantwortung für die Eskalation der Gewalt trägt. Mit der Entscheidung, die Ereignisse in Syrien ihrem gewaltsamen Verlauf zu überlassen, hat sich die Arabische Liga in die Kriegsfront gegen ein arabisches Land eingereiht. Das hatte sie bereits im libyschen Fall getan, als sie der Einrichtung einer Flugverbotszone zustimmte. Saudi-Arabien hatte Bashar al-Assad wegen der anhaltenden Gewalt scharf kritisiert, woraufhin Damaskus den arabischen Ländern vorwarf, an einem Komplott zur Internationalisierung des Konflikts beteiligt zu sein, womit er die Lage präzise einschätzte. «  [3]  

Während der UN-Debatte über eine neue Resolution hinsichtlich eines Regimewechsels in Syrien erklärte der russische UN-Botschafter Vitaly Tschurkin, warum die Beobachtermission der Arabischen Liga aus Syrien abgezogen wurde: Der saudische Salafi-Geistliche Sheik Adnan Al-Arour, der in Riad, der Hauptstadt Saudi-Arabiens, lebt und grosse Unterstützung von offiziellen und privaten saudischen und kuwaitischen Kreises sowie aus Katar geniesst, habe eine Fatwa gegen die Teilnehmer der Beobachtermission erlassen, die deren Tötung rechtfertigte. Genau das hatte auch der Leiter der Mission, der sudanesische General Mohammad Ahmed Al-Dabi, am 29. Januar erklärt: »Die Entscheidung, die Arbeit der Mission auszusetzen, wurde angesichts einer Fatwa von Scheikh Adnan Al-Arour getroffen. Darin hatte er verkündet, es sei [aus religiöser Sicht] gerechtfertigt, das Blut der Beobachter zu vergiessen. Dies bedrohte das Leben und die Sicherheit der Teilnehmer.« Was den Resolutionsentwurf selbst betrifft, so legte Tschurkin dar, dass der UN-Sicherheitsrat keine Parameter für eine interne politische Einigung diktieren könne, da er dafür keine Autorität besässe und dass sich die internationale Gemeinschaft nicht mittels  Wirtschaftssanktionen oder durch den Einsatz militärischer Gewalt einmischen sollte. Vladimir Chizhov, der russische EU-Botschafter sagte, dem westlichen Entwurf fehle »das Wichtigste: eine klare Klausel, die ausschließt, daß die Resolution zur Rechtfertigung einer militärischen ausländischen Intervention in syrische Angelegenheiten genutzt werden kann.« Der russische Aussenminister Sergej Lawrow hatte am 4. 2. mit einem »weiteren Skandal im UN-Sicherheitsrat« gedroht, wenn Russlands Meinung nicht berücksichtigt und der Entwurf  zur Abstimmung kommen sollte.  [4]  Schon Mitte November letzten Jahres hatte der Vorsitzende der syrischen Organisation zum Aufbau des syrischen Staates, Louai Hussein, erklärt, die Arabische Liga vermittle nicht, sondern internationalisiere den internen syrischen Konflikt. Ein Treffen zwischen Oppositionsgruppen und der Arabischen Liga sei derzeit unmöglich, die Differenzen seien zu gross. Der unabhängige Parlamentsabgeordnete Mohammad Habbasch appellierte an Europa, den Syrern zu helfen, statt Öl ins Feuer zu giessen. Eine Lösung sei nicht durch militärische Intervention oder Sanktionen, sondern nur durch Verhandlungen und Gespräche möglich. Nach seiner Einschätzung werde der Syrische Nationalrat höchstens von 15 % der Syrer im Land unterstützt, etwa doppelt so viele unterstützten Präsident Assad. Den Rest bezeichnete Habbash als schweigende Mehrheit, die jede Gewalt, egal von welcher Seite, ablehne.  [5]  Was bisher wohl verdeckt geschah, wurde nun Mitte März gegenüber der Nachrichtenagentur AFP erstmals von einem hochrangiger arabischen Diplomaten bestätigt: Saudi-Arabien unterstützt den Kampf gegen Bashar al-Assad, indem es Waffen an die syrischen Aufständische schickt. »Saudiarabische Militärgüter seien auf dem Weg über Jordanien zu der von Deserteuren gegründeten Freien Syrischen Armee. Es handle sich um eine saudiarabische Initiative, um die Massaker in Syrien zu beenden.«  Angaben zur Art der Waffenlieferungen wurden nicht gemacht. Sowohl Saudi-Arabien als auch Katar befürworten eine Bewaffnung der Aufständischen in Syrien. Die beiden Länder gehören zu den schärfsten Gegnern von Syriens Präsident Bashar al-Assad. So hatte Saudi-Arabien beim Treffen der Freunde Syriens in Tunesien am 24. 2. die Bewaffnung der Aufständischen in Syrien gefordert.  [6]  Vitali Tschurkin hatte an einer Sitzung des Weltsicherheitsrats am 7. 3. 12 erklärt, dass die libyschen Behörden gemäss ihm vorliegenden Informationen ein Lager duldeten, »in dem syrische Aufständische geschult und für Angriffe gegen die Regierung von Präsident Baschar Al-Assad nach Syrien geschickt würden«, was er als vollkommen inakzeptabel bezeichnete. Sein Land sei ausserdem besorgt über die »unkontrollierte Verbreitung von libyschen Waffen in der Region«. Auch das gehört zu den Vorbereitungen dessen, was man als einen gewaltsamen Regimewechsel bezeichnen kann. Zu den Vorwürfen schwieg sich der ebenfalls anwesende Chef der libyschen Übergangsregierung, Abdel Rahim Al-Kib aus; indessen hatte er in einer zuvor erfolgten Rede am Internationalen Friedensinstitut [!] in New York erklärt, dass sein Land die syrische Opposition finanziell unterstütze.  [7]

Die Arabische Liga hat darüber hinaus ihre eigene Beobachtermission desavouiert, indem sie auf Geheiss Katars ihren Bericht, in dem auch von oppositionellen Gewalttaten die Rede ist, nicht zur Veröffentlichung freigab. Der Bericht der Beobachtermission der Arabischen Liga über ihren Aufenthalt in Syrien vom 24. 12. 2011 bis zum 18. 1. 2012 war den Mitgliedern des UN-Sicherheitsrates vorenthalten worden. Warum der Bericht unterschlagen wurde, lässt sich unschwer erraten, wenn man einige der Erkenntnisse liest. Es heisst u.a.: »In Homs und Deraa beobachtete die Mission bewaffnete Gruppen bei gewalttätigen Akten gegen Regierungskräfte, die zu Toten und Verletzten führten. ..... Einige der bewaffneten Gruppen setzten Feuerwerfer und Projektile ein, die gepanzerte Flächen durchdringen können. Die Beobachtermission wurde Zeuge gewalttätiger Akte gegen Regierungskräfte und Zivilisten, was zu mehreren Toten und Verletzten führte. Solche Akte waren beispielsweise die Bombardierung eines zivilen Busses, wobei acht Menschen getötet und weitere verletzt wurden, einschließlich Frauen und Kinder, sowie die Bombardierung eines Zuges, der Dieselöl beförderte. Bei einem anderen Zwischenfall in Homs wurde ein Polizeibus in die Luft gejagt, wobei zwei Polizisten starben. Eine Ölpipeline und mehrere kleinere Brücken wurden ebenfalls bombardiert.« Ausserdem zählt der Report über 107 ausländische Journalisten und Nachrichtenagenturen auf, die seit Monaten in Syrien gearbeitet haben, womit die Lüge, dass ausländische Journalisten aus Syrien verbannt seien, ebenfalls widerlegt ist. Was die Umsetzung des Friedensplans des Sondergesandten Kofi Annan betrifft, so hatte Sergej Lawrow die von der internationalen Syrien-Kontaktgruppe geforderte Frist für dessen Umsetzung am 2. 4. kritisiert. »Ultimaten und künstliche Fristen sind selten hilfreich.« Auch sei es nicht an den Freunden Syriens, darüber zu urteilen, wie der Friedensplan umgesetzt werde: »Kofi Annan hat sein Mandat vom UN-Sicherheitsrat erhalten, und es wird Aufgabe des Sicherheitsrates sein, darüber zu urteilen, wer seine Vorschläge wie umsetzt.« Die Kontaktgruppe hatte bei ihrem Treffen am 1. 4. in Istanbul  gefordert, Syriens Staatschef Baschar Al-Assad eine Frist für eine Umsetzung des Friedensplans zu setzen.  [8]  Der Ministerpräsident und Außenminister Katars, Scheich Hamad bin Jassim Al-Thani, hatte sich am 27. 2. 12 in Oslo dafür ausgesprochen, dass die internationale Gemeinschaft die syrischen Aufständischen mit Waffen versorgen sollte. Die arabischen Staaten müssten für die Aufständischen innerhalb Syriens sichere Häfen einrichten. »Wir sollten alles Notwendige tun, um ihnen zu helfen.« Dazu gehöre auch, »sie zu bewaffnen, damit sie sich verteidigen können.« Nachdem man im UNO-Sicherheitsrat gescheitert sei, so Al-Thani, müsse man nun alles tun, um »genug militärische Hilfe zu schicken, um das Morden zu stoppen.«  [9]   Wobei ihm bewusst sein musste, dass letzteres durch die Flut von Waffen erst so richtig in Gang kommt.  

Bei einem weiteren Treffen der Freunde Syriens in den ersten Apriltagen in Istanbul bekräftigten diese ihre Perspektive für den regime change in Damaskus und erkannten den oppositionellen Syrischen Nationalrat (SNC) als legitimen Vertreter des syrischen Volkes an. Dessen Chef, Burhan Ghalioun, kündigte dort an, den Kämpfern der Freien Syrischen Armee fortan ein monatliches Gehalt zu zahlen. Mit Geld würden auch Soldaten und Offiziere der regulären syrischen Armee belohnt, so sie sich zum Überlaufen entschliessen. In Istanbul versprachen Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate, dem SNC für die kommenden drei Monate Millionen an Dollars, damit die angekündigten Soldzahlungen getätigt werden können. Laut Molham Al-Drobi vom SNC hat dieser bei den Freunden Syriens 176 Millionen $ an humanitärer Hilfe beantragt und 100 Millionen $, um die Kämpfer bezahlen zu können. Man erhalte bereits Geld,  Angaben zufolge 500.000 $. Wie und von wem das Geld gezahlt wurde, wollte Al-Drobi nicht verraten.  [10]  Bei dem Treffen der Freunde Syriensam 24. 2. in Tunesien hatte sich Hillary Clinton anlässlich einer Pressekonferenz nicht entblödet, die russische und chinesische Haltung zu Syrien als abscheulich zu bezeichnen und zu verlangen, dass beide Länder einer UN-Sicherheitsrats-Resolution für einen Regimewechsel zustimmen. Die Voice of China vermerkte hierzu sehr richtig: »Während die amerikanische Außenpolitik die moralische Autorität beansprucht, sich als alleiniger Sprecher für Demokratie und Freiheit zu gebärden, greift Washington am laufenden Band Rußland und China an.« Die Zeitung fragt dann nach dem Motiv der USA, sich als Beschützer der arabischen Völker aufzuspielen, denn es existiere keine moralische Grundlage für diese bevormundende und selbstgefällige Superarroganz. »Selbst jetzt noch hält die Gewalt im Irak unvermindert an und für normale Menschen gibt es keine Sicherheit. Das allein setzt für uns ein großes Fragezeichen bezüglich der Ehrlichkeit und Wirksamkeit der amerikanischen Politik.«   [11]  Worin die ganze Heuchelei ein weiteres Mal zutage tritt. Laut einem Bericht der Jungen Welt vom 3. 4. hat Clinton die Zahlung von 12 Millionen $ für humanitäre Hilfe angekündigt. Erstmals bestätigte sie, »daß die US-Regierung Ausrüstung für Satelliten-Kommunikation an die Aufständischen liefert, um Angriffen des Regimes auszuweichen und mit der Welt in Verbindung zu bleiben. Die Technologie soll auch helfen, die reguläre syrische Armee besser infiltrieren zu können. Nach Angaben eines SNC-Vertreters liefert die USA auch Nachtsichtgeräte. Mit der finanziellen und materiellen Unterstützung plane man, die unkoordinierten Kämpfer der Freien Syrischen Armee zu einer schlagkräftigen Truppe  auszubilden. Die Mehrheit der syrischen Opposition sei bei dem Treffen in Istanbul nicht anwesend gewesen. Dazu gehöre der Kurdische Block, die lokalen und das nationale Koordinationskomitee sowie das Demokratische Forum.  [10]  Die Saudis - die in ihrem Land Minderheiten unterdrücken und jeden Widerstand gegen die diktatorische Saud-Herrschaft ersticken und die Bahrain besetzt haben, um den dortigen Monarchen gegen eine politische Reformbewegung zu stützen - sind bei dem Regimewechselplan in Syrien die aktivsten Verbündeten der Anglo-Amerikaner. Auf dem Höhepunkt des Irakkriegs kamen 200 Flugzeuge und etwa 10 000 US-Militärangehörige von Saudi-Arabien aus zum Einsatz  Die USA gab nicht offiziell zu, dass der Luftkrieg gegen den Irak von der Prinz-Sultan-Basis aus geführt wurde, auch wenn dies ein offenes Geheimnis war. Saudi-Arabien hatte im Vorfeld des Krieges stillschweigend Überflugrechte für Kampfflugzeuge und Marschflugkörper gewährt. Da sich Katar im vergangenen Jahr bekanntlich an den NATO-Luftangriffen auf Libyen beteiligt und die Aufständischen in dem nordafrikanischen Land finanziell und logistisch unterstützt hatte, warf der syrische UN-Botschafter Baschar Dschaafari dem Westen und der Arabischen Liga Doppelmoral und ein Anfachen der Gewalt in Syrien vor. »Sie können nicht gleichzeitig Brandstifter und Feuerwehrleute sein«, sagte er vor dem Sicherheitsrat.
 
Die geballte Heuchelei        

Es ist ausgeschlossen, dass der Westen resp. die USA nebst allen in den Konflikt Involvierten nicht genauesten darüber Bescheid wissen, auf welche Weise die jetzige Lage in Syrien gezielt in Gang gesetzt worden ist. Insofern zeugen die im nachfolgenden festgehaltenen Stellungnahmen von einer grandiosen Heuchelei. Während Rußland und China vor einer Ausweitung des Konflikts durch die Parteinahme für die Aufständischen warnten, erklärte Hillary Clinton, dass die USA die Souveränität und territoriale Integrität aller Mitgliedsstaaten respektiere, was aber nicht bedeute, ruhig zu bleiben, wenn »Regierungen ihr eigenes Volk massakrieren und damit den regionalen Frieden und die Sicherheit bedrohen.«  [12]  Nach dem Veto von Russland und China im UN-Sicherheitsrat gegen den von Marokko eingebrachten Resolutionsentwurf erklärte Clinton, Russland und China seien nun für weiteres Blutvergiessen in Syrien verantwortlich. In München forderte sie auf der NATO-Sicherheitskonferenz [4. /  5. 2. 12] ein Ende dieses Blutvergiessens. Kein Wort darüber, wie der Westen auch dieses neue Inferno eingeleitet hat: Man inszeniert es und versucht anschliessend,  eine Institution wie die NATO, die sich bekanntlich unschwer in jeden Krieg einbinden lässt, zu benutzen, um im Land selbst einfallen zu können. Zwar hatte NATO-Generalsekretär Anders Fogh Rasmussen am Rande der Feierlichkeiten zum 60. Jahrestag des NATO-Beitritts der Türkei am 17. Februar erklärt, dass das westliche Militärbündnis nicht vorhabe, in Syrien einzugreifen. »Eine Libyen-ähnliche Intervention in Syrien komme nicht in Frage, weil die syrische Gesellschaft ethnisch, politisch und religiös komplizierter zusammengesetzt sei«, so Rasmussen. Indessen ist auf eine derartige Aussage nicht wirklich Verlass; zudem operieren US-Spionagedrohnen über Syrien. Clinton erklärte ferner, dass sie in München versucht hätte, ihren russischen Amtskollegen Sergej Lawrow vom Veto gegen die Syrien-Resolution abzubringen, was jedoch nicht möglich gewesen sei. Am 4. 2 erklärte sie am Rande der Sicherheitskonferenz, sie befürchte eine Eskalation der Gewalt in Syrien, wenn Präsident Baschar al-Assad weiter an der Macht bliebe. »Ich weiss, was passieren wird: mehr Blutvergiessen, zunehmender Widerstand jener, deren Familien getötet werden und eine grösser Wahrscheinlichkeit eines Bürgerkriegs.« «Es ist schwer vorstellbar, dass es nach dem bisher blutigsten Tag in Syrien immer noch jene gibt, die die internationale Gemeinschaft daran hindern wollen, diese Gewalt zu verurteilen.  ….. Ich möchte Sie fragen: Was müssen wir denn noch wissen, um im UNO-Sicherheitsrat entschlossen zu handeln?» Die Antwort kennt sie nicht nur ganz genau, auch hätte ihr diese jeder Teilnehmer geben können. Lawrow hatte am 5. 2. in München betont, dass Moskaus Haltung schon lange vor der Abstimmung in New York klar gewesen sei. Der Resolutionsentwurf habe zwar »sehr klar Forderungen an die Adresse des syrischen Regimes« enthalten, jedoch auf die im Land operierenden bewaffneten Oppositionsgruppen, die die örtliche Bevölkerung drangsalierten und Regierungsgebäude attackierten, keinen klaren Bezug genommen. So habe die Resolution wie ein Kapitulationsaufruf an Damaskus geklungen. »Es ist schwer, sich vorzustellen, daß der Führer eines Landes die Macht an illegale bewaffnete Gruppen übergibt«, so Lawrow und erinnerte an die Resolution Nr. 1973 zu Libyen, die der UN-Sicherheitsrat im vergangenen März 2011 bei Stimmenthaltung Moskaus und Pekings verabschiedet hatte: Diese habe zum »übermäßigen Einsatz von Gewalt« durch die NATO geführt. »Deshalb widersetzt sich Rußland entschieden dem libyschen Szenario«, begründete Lawrow das jetzige Veto seiner Regierung.  [13]  Einem Bericht von Karin Leukefeld zufolge hatte Clinton die Syrer schon Ende Februar dazu aufgerufen, sich gegen Assad zu erheben. Bei einem Besuch in Marokko, wo sie sich mit ihrem Amtskollegen Saad Eddine Othmani traf, forderte sie insbesondere Angehörige der Streitkräfte und Geschäftsleute auf, sich vom Staatsoberhaupt abzuwenden. »Je länger Sie das gewaltsame Vorgehen des Regimes gegen Ihre Brüder und Schwestern unterstützen, desto mehr wird schädigt dies Ihre Ehre«, wird Clinton in einem Bericht der Nachrichtenagentur AP zitiert. Sollten sich diese aber gegen Assad wenden, so würden »ihre Landsmänner und Frauen sie als Helden preisen«. Angehörige der Streitkräfte sollten »vor ihrer Familie oder einer politischen Partei an das Volk« Syriens denken, so Clinton. Die USA »dringt mit Macht auf einen Plan für einen politischen Übergang«. Auf die Frage, warum Washington keine Waffen an die syrischen Aufständischen liefere, antwortete Clinton, man werde »keine Panzer« aus der Türkei, Libanon oder Jordanien über die Grenze bringen. »Das Beste, was man hineinschmuggeln« könne, seien »automatische Waffen« und »vielleicht ein paar andere Waffen«.«  [9]  Der politische Übergang dient natürlich ausschliesslich den bekannten geostrategischen Zielen. Den Sicherheitsrat hatte sie eindringlich zu einem gemeinsamen Vorgehen im Fall Syriens aufgerufen  und konkrete Schritte gefordert. Wer eine Resolution verweigere, mache sich zum »Komplizen der anhaltenden Gewalt. Es ist Zeit für die internationale Gemeinschaft, ihre Meinungsverschiedenheiten beizulegen und eine deutliche Botschaft der Unterstützung an das syrische Volk zu senden.« »Ausgerechnet die USA, Weltrekordhalter in der Ausübung des Vetorechtes zugunsten Israels«, schreibt Werner Pirker, »beschwert sich bitterlich über die Geiselhaft, in der, wie sich die amerikanische UNO-Botschafterin Susan Rice auszudrücken beliebte, der Sicherheitsrat von zwei Ländern, die nur an ihre eigenen Interessen denken gehalten werde. Der Selbstgerechtigkeit der mächtigsten und asozialsten aller Vetomächte sind offenbar keine Grenzen gesetzt.«  [14]

Selbstredend musste sich auch Bundesaußenminister Guido Westerwelle in München zu Wort melden: Der UN-Sicherheitsrat dürfe nicht länger schweigen. »Das schulden wir den Menschen in Syrien, das schulden wir auch unserem eigenen Ansehen als internationale Gemeinschaft.« Es dürfe nicht vergessen werden, dass zur gleichen Zeit, in der auf der Sicherheitskonferenz diskutiert werde, in Syrien »Menschen ihr Leben verlieren«. Am 14. April erinnerte Westerwelle daran, dass Deutschland den UN-Sicherheitsrat  »von Anfang an« zum Handeln in Syrien aufgefordert hätte, dieser aber hätte »seine Verantwortung verfehlt.« Deutschland habe »unermüdlich für eine politische Lösung« gearbeitet. Wie das? Bekannt ist vielmehr, dass sich die BRD zu keinem Zeitpunk den gegen Syrien eingeleiteten Sanktionen widersetzt hat. Fakt ist ferner, dass die USA, die EU und die Bundesregierung die Drohkulisse gegenüber dem syrischen Regime ständig erhöht haben. Erst müsse »die Gewalt aufhören«, dann müsse »sofort und ohne Behinderung humanitäre Hilfe« zugelassen werden, forderte Westerwelle ferner. Drittens müsse »ein friedlicher Übergangsprozess« eingeleitet werden, den »die Syrer auf der Basis von Entscheidungen der Arabischen Liga führen« sollten. Schliesslich reichte Westerwelle »allen die Hand, die für einen friedlichen und demokratischen Wandel« in Syrien arbeiteten, »insbesondere dem Syrischen Nationalrat«. Ausgerechnet dem SNC! Gerade dieser arbeitet offensichtlich weder für die Demokratie, noch für den Frieden, zumal er Anfang April verlauten liess, ein militärischen Verbindungsbüros in der Türkei zu eröffnen, um Waffenlieferungen, die von Katar und Saudi-Arabien angekündigt wurden, an Kämpfer zu verteilen, die den Sturz von Präsident Baschar Al-Assad herbeischiessen sollen. So hatte sich Westerwelle auch nicht gescheut, die Argumente Russlands gegen die Resolution als nicht zutreffend zu bezeichnen. Deutschlands UN-Botschafter Peter Wittig wusste dies zu steigern, indem er erklärte, dass das Veto angesichts der jüngsten Berichte aus Syrien über viele Tote ein echter Skandal sei. Des russische Aussenministers Lawrow verteidigte indessen in München das Veto seines Landes laut der Frankfurter Allgemeinen Zeitung mit kühler Professionalität. »Ein Veto belegt das Funktionieren der UNO-Charta, so wie es die Gründungsväter der Vereinten Nationen vorgesehen haben.« »Der Sicherheitsrat will in unzulässiger Weise Partei ergreifen; unser Ziel ist es, den internationalen Frieden und die Sicherheit zu wahren«, dozierte Lawrow. Das sei die Aufgabe des Sicherheitsrates, und nicht die Einmischung in die inneren Angelegenheiten. Er missbilligte, dass der arabisch-westliche Resolutionsentwurf nur das Vorgehen Assads verurteile und nicht auch das bewaffneter Gruppen, die sich des friedlichen Protests bemächtigt hätten und nun Einrichtungen des Sicherheitsapparats angriffen.  [15]  Natürlich durfte Ban Ki Moon im Konzert derjenigen, die Russlands und Chinas Veto scharf kritisierten - die Annahme einer Resolution hätte sich ja nach dem Muster Libyens wiederum nur allzu leicht in eine humanitäre Bombardierung umwandeln lassen -  nicht fehlen: »Das ist eine große Enttäuschung für die Menschen in Syrien und den ganzen Nahen Osten, für alle Unterstützer von Demokratie und Menschenrechten.« Man ist sprachlos, mit welcher aalglatten Zunge hier operiert wird. Hierzu die Junge Welt: Unter Ban Ki Moon hat die Selbstdelegitimierung der Vereinten Nationen eine neue Qualität erreicht. In ihm fand die Selbstverständlichkeit, mit der das westliche Aggressionsbündnis als »internationale Gemeinschaft« auftritt, ihren vollendeten personellen Ausdruck. Das Unterlaufen völkerrechtlicher Prinzipien wie Nichteinmischungsgebot und Ächtung von Angriffskriegen durch von der »Wertegemeinschaft« eigenmächtig entwickelte und von den UNO gegen ihre eigene Charta sanktionierte »Rechtsgrundsätze« begann indes nicht erst mit dem Amtsantritt des unsäglichen Mr. Ban.  [16]
 
Kriegshetze und Invasion 

Man muss einmal verinnerlichen, mit welch menschenverachtender Selbstherrlichkeit eine Angriffsmöglichkeit noch nach den jüngsten Infernos in Afghanistan und im Irak geschürt resp. als Bagatelle dargestellt wird. So hatte Westerwelle am 31. Januar am Rande eines Besuchs in Kairo erklärt, es sei in keiner Weise akzeptabel, dass die internationale Gemeinschaft die Gewalttaten in Syrien nicht mit einer Stimme verurteile. »Es ist jetzt Zeit, dass der Sicherheitsrat der Vereinten Nationen handelt«, so Westerwelle. Er hatte gehofft, dass die Sitzung des Gremiums am 31. 1. in New York Bewegung  bringen würde. Der eingebrachte Resolutionsenwurf, der einseitig zugunsten der syrischen Opposition Stellung bezogen und das Regierungslager zum bewaffneten Sturz freigegeben hatte, wodurch es auf den Pfad zum Bürgerkrieg gedrängt worden wäre, stiess ja dann glücklicherweise auf den energischen Einspruch Russlands; dies brachte dann Westerwelle - so der russische Vizeaussenminister Gennadi Gatilow auf Twitter - in Rage. »Die Kriegstreiber – besonders vorlaut: Bundesaußenminister Guido Westerwelle – sind voll der Empörung darüber, daß sich Rußland und China diesmal nicht über den Tisch ziehen, das heißt zur Duldung einer Resolution nötigen lassen wollen, deren Auslegung allein der westlichen Militärmacht obliegt. So geschehen in Libyen, wo die angebliche Einrichtung einer Flugverbotszone den Betreibern des Regimewechsels die alleinige Lufthoheit gesichert hat.«  Westerwelle hatte im übrigen am 2. Februar bei seinem Besuch in Tel Aviv Assad indirekt zum Rücktritt aufgerufen. Um Gewalt und Repressionen zu beenden, müsse Assad den Weg für einen friedlichen Übergangsprozess in Syrien freimachen. Das Verfassungsreferendum in Syrien beliebte Westerwelle als Farce zu bezeichnen. Mitten im Bürgerkrieg könne es keine freie Abstimmung geben, gab er die westliche Einheitsmeinung wieder. Es ist freilich die bewaffnete Opposition, die sich auch während des Referendums nicht vom Bürgerkrieg abhalten liess, in der Absicht, eine freie Abstimmung weitgehend unmöglich zu machen. The civil war must go on - weil die Aufständischen keinen demokratischen Übergang, sondern einen Regimewechsel nach den Regeln ihrer westlichen Auftraggeber anstreben. Klar ist, dass auch das EP mitmischen muss: Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses im Europäischen Parlament, Elmar Brok, forderte am 13. April mehr Engagement der Türkei. Eine »Bedrohung für Assad muss natürlich auch von türkischem Boden ausgehen«, sagte er. Eine enge Kooperation zwischen der Türkei und den Weltmächten sei wichtig. Wolfgang Gehrcke, Obmann im Auswärtigen Ausschuss des Bundestages für die Fraktion Die Linke, gab am 2. 4. zur Eskalation des syrischen Konflikts folgende Erklärung ab: »Die Bundesregierung mischt bei den sogenannten Freunden Syriens munter mit, um sich wirtschaftliche Pfründe für eine Nach-Assad-Zeit zu sichern. Stillschweigend werden von ihr damit die Abermillionen Dollar toleriert, mit denen die lupenreinen Golf-Demokratien Saudi-Arabien, Katar und die Vereinigten Arabischen Emirate den bewaffneten Konflikt weiter anheizen. Annans Friedensplan wird auf diese Weise auch von Deutschland unterminiert, das offiziell immer wieder ein Stück weit Distanz zu den sogenannten Aufständischen in Syrien signalisiert. Offenkundig lautet die wichtigste Lehre für die Bundesregierung aus dem Libyen-Krieg, daß sie zumindest unter der Hand beim gewaltsamen »Regime change« nicht abseits stehen darf, wenn sie der deutschen Wirtschaft Einfluß und Geschäftschancen in Syrien sichern will. Deshalb beteiligt sie sich an der Arbeitsgruppe syrische Wirtschaftspolitik in der Nach-Assad-Zeitder selbsternannten Freunde des syrischen Volkes. Der syrischen Wirtschaft soll von außen ein neoliberales Konzept verordnet werden. Um den wirtschaftlichen Einfluß in Syrien, den Umbau von Staatsindustrie wetteifern die Türkei, die Golfstaaten, aber auch die alten Kolonialmächte Frankreich und Großbritannien. Wo soviel zu holen ist, will Deutschland nicht zurückstehen. Wer Annans Friedensplan eine Chance geben will, muß gegenüber beiden Konfliktparteien für einen umgehenden Waffenstillstand eintreten und Verhandlungsspielraum eröffnen. Die Bundesregierung redet zwar davon, paktiert aber insgeheim mit Kräften, die eine Verhandlungslösung ablehnen. Kofi Annan scheint der einzige wirkliche Freund Syriens zu sein. Daß ihn die Bundesregierung im Regen stehen läßt, sagt viel über das Demokratie- und Diplomatieverständnis der deutschen Außenpolitik.«  [17]  Was allerdings den Annan-Plan angeht, so gehen hier die Meinungen durchaus auseinander. Wie am 30. März gemeldet worden war, wollte die britische Regierung die Gegenregierung in Syrien offenbar mit weiteren 500.000 £ unterstützen; dies laut Aussenminister William Hague. London plane, »Oppositionellen in Syrien technische Anlagen und Satelliten-Ausrüstung liefern, damit sie mögliche Verbrechen der syrischen Regierung feststellen und sie dann zur Verantwortung ziehen könnten.« Dies sei jedoch keine Militärhilfe, so der Minister. Bisher haben die Rebellen in dem Nahost-Staaten aus Großbritannien 450.000 Pfund erhalten. Dagegen erhält die syrische Regierung von Präsident Assad weiterhin Hilfe aus dem Iran. Das kündigte der Geistige Führer Irans, Ajatollah Ali Chamenei, an. Chameni hatte sich in der nordostiranischen Stadt Maschhad mit dem türkischen Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan getroffen. Dieser sagte, sein Land sei gegen eine ausländische Einmischung in Syrien, sollten die Syrer mit den Reformen Assads, dem Verfassungsreferendum und dem neuen Wahlgesetz zufrieden sein.  [18]

Was nun die Möglichkeit einer Militärintervention in Syrien betrifft, so hatte The Cable, ein Blog des Foreign Policy Magazine, am 28. 12. 2011 berichtet, dass ein Geheimausschuss der Regierung Obama Optionen zur Unterstützung der syrischen Opposition ausarbeite. Der Ausschuss stehe unter der Leitung von Steve Simon vom Nationalen Sicherheitsrat und bestehe aus wenigen Personen aus Regierungsstellen wie dem Aussen-, Verteidigungs- und Finanzministerium. Ein wichtiger Teilnehmer ist Fred Hof vom State Department, der die syrische Regierung auch schon einmal eine lebende Leiche genannt hatte. Zu den Optionen zählt die Unterstützung des Syrischen Nationalrates (SNC) in London. Ein Hauptberater des SNC, Ausema Monajed, veröffentlichte vor kurzem ein Papier mit dem Titel  Schutzzone für Syrien, das praktisch wörtlich einen Aufruf zur Militärintervention wiederholt, den die Londoner Henry Jackson Society (HJS) Anfang Dezember 2011 veröffentlicht hatte. Letztere ist eine Nachfolgeorganisation des britisch-imperialen Round Table und setzt sich wie dieser für das Ende souveräner Nationalstaaten ein. Der Titel der HJS-Schrift lautet ausdrücklich: Intervention in Syrien? Verfasser ist der Kommunikationsdirektor Michael Weiss. Die HJS dient der Steuerung amerikanischer Neocons, die im wesentlichen die Politik der Regierung George W. Bushs prägten, wie James Woolsey, Richard Perle, William Kristol, Josh Muravchik, und Obamas Botschafter in Moskau, Michael McFaul. Auf britischer Seite sind führende Mitglieder Michael Ancram, 13th Marquess of Lothian, Enkel des Round-Table-Führers Philip Kerr, und Sir Richard Dearlove, von 1999 bis 2004 Chef des britischen Geheimdienstes SIS unter Tony Blair. In dem Papier wird gleich eingangs wörtlich dazu aufgerufen, einen Vorwand für eine bewaffnete ausländische Intervention zu finden. Wenn der UNO-Sicherheitsrat keinen liefere, könne das irgendein Vorwurf gegen die Regierung Assad sein. Die Intervention könne mit präventiven Luftangriffen von Briten, Franzosen, Türken und Amerikanern beginnen, gefolgt von einem Angriff am Boden mit Sondereinheiten, um eine syrische Sicherheitszone einzurichten. Dieses syrische Bengasi könne dann als Basis für Aufständische dienen, u.a. mit einer Zentrale für verschlüsselte Kommunikation und Radio- und Fernsehsendungen eines Freien Syriens. Monajed hat somit Weiss’ Vorlage übernommen und überarbeitet.  [19]  Am 12. 3. hatte der syrische Nationalrat den Westen und arabische Länder zu einer militärischen Invasion aufgerufen. »Die ausländische Intervention ist erforderlich, um humanitäre Korridore und Sicherheitszonen in Syrien sowie eine Flugsperrzone über dem Land zu schaffen«, erklärte deren Vertreter George Sabra auf einer Pressekonferenz in Istanbul. »Dies solle helfen, der Gewalt der Regierungstruppen gegen die friedliche Zivilbevölkerung ein Ende zu setzen.« Es ist einmalig, wie man die Tatbestände zu verdrehen weiss.  

Es ist ganz klar, dass auch die Stiftungen immer mit von der Partie sind. So hatte die Stiftung Wissenschaft und Politik (SWP) Anfang März verlauten lassen, »es zeichne sich inzwischen ein umfassender Bürgerkrieg in dem Land ab, der auch entlang konfessioneller Linien verlaufe. Bei diesem stünden in der Folge Sunniten gegen Alawiten und Christen.« Wie derselbe geschürt wird, davon keine Silbe. »Damit steige der Druck auf den Westen, militärisch zu intervenieren.« Während Nahost-Experten dringend dazu rieten, einen Streitkräfteeinsatz zu vermeiden und sämtliche Waffenlieferungen an die Aufständischen zu unterbinden, sprach sich ein Fachmann von SWP für Sicherheitspolitik für eine deutsche Beteiligung an einem Waffengang aus. In einem zweiten SWP-Papier wird erklärt, dass man grundsätzlich offen für militärische Interventionen der NATO sei. »In Verbindung mit diplomatischen Schritten sei ein militärisches Engagement nicht das Ende oder gar das Versagen von Politik, sondern ihr essentieller Bestandteil.« Im Prinzip gehörten Leute dieses Schlags unmittelbar an die vorderste Kriegsfront, da sie offenbar noch immer nicht begriffen haben, welch tödliche Vernichtung derartige, vom sicheren Schreibtisch aus erstellte Vorschläge im Gefolge haben.  [20]  Im Prinzip ist die vom Westen angewendete Strategie nicht neu. Man rüstet paramilitärische Einheiten aus und lässt sie auf Truppen der zu stürzenden Regierung los. Bei Ausbruch terroristischer Gewalt resp. Massenmord an der Bevölkerung wird  - sobald das betroffene Regime zurückschlägt-  nach Einschreiten gerufen. Dadurch schafft man eine Atmosphäre, in der eine ausländische Intervention als einzige Möglichkeit zur Abwendung einer humanitären Katastrophe erscheint  könnte. Für die Öffentlichkeit hatte Obama am 6. 3. erklären lassen, dass die USA keine einseitigen Militärschritte gegen Syrien unternehmen würde. »Es wäre ein Fehler zu denken, dass die USA im Alleingang eine bewaffnete Invasion in Syrien unternehmen könnten, oder zu glauben, dies würde die einfachste Lösung des Problems sein«, sagte der US-Präsident am 7. 3. auf einer Pressekonferenz im Weissen Haus. Neben John McCain, der die US-Behörden am 6. 3. dazu aufgerufen hatte, die syrischen Streitkräfte aus der Luft anzugreifen, »um Präsident Assad zum Rücktritt zu zwingen«, gab es die Gegenstimme des Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, John Boehner: laut ihm hielte es der Kongress für übereilt, selbst von einer Möglichkeit eines Militärschlags gegen Syrien zu sprechen und die Chefin des Auswärtigen Ausschusses des Repräsentantenhauses, Ileana Ros-Lethinen, hatte am gleichen Tag zu verstehen gegeben, dass die Kammer einer Invasion Syriens durch die USA nicht zustimmen werde.  [21]
 

Keine Annahme des Friedensangebots

 »Im Wissen um die Entschlossenheit des Westens, einen Regimewechsel in Damaskus zu erzwingen«, schrieb Werner Pirker, »haben sich die syrischen Aufständischen auf die Friedensangebote der Regimeseite nie eingelassen. Nicht der nationale Ausgleich auf der Basis demokratischer Reformen …….  ist das Ziel der Aufständischen, sondern die Vernichtung des Regierungslagers. Dieser auf die Zerschlagung des alten Staatsapparates gerichtete Standpunkt mag für Revolutionäre ein durchaus ehrenwerter sein. Doch was sind das für Revolutionäre, die ihre Willenskraft und Stärke aus der westlichen Interventionspolitik beziehen? Und was ist das für eine arabische Revolution, die die westliche Vorherrschaft über die Region nicht aufheben will, sondern die Fremdherrschaft ins Land bittet? Und was ist das für eine revolutionäre Linke im Westen, die andächtig den Revolutionsgeschichten aus Tausendundeiner Nacht lauscht?  [22]  Der Vorsitzende des Auswärtigen Ausschusses der Duma, Konstantin Kossatschow:  »Weder Russland, noch Deutschland oder die USA oder jemand anderer darf bestimmen, ob das Regime legitim ist und ob es existieren darf. Dieses Recht ist ausschliessliches Recht des syrischen Volkes«, so Kossatschow. Er erinnerte daran, dass sich der oppositionelle Syrische Nationalrat weigere, Unterhändler zu Gesprächen mit Vertretern der Regierung nach Moskau zu entsenden, nicht zuletzt deswegen, weil die USA und die EU-Staaten das Regime in Damaskus als illegitim bezeichneten. Auf jede diplomatische Rücksichtnahme verzichtend, konstatierte der Spitzenpolitiker, mit solchen Aktionen »fallen westliche Länder der Krisenregelung, die derzeit noch auf diplomatische Weise zu erreichen sei, in Syrien in den Rücken.«  [23]  In einem am 22. Oktober 2011 mit Catherine Ashton geführten Gespräch hatte diese noch erklärt: Aber ich denke, was wir zu tun haben, ist, jetzt zu versuchen, systematisch zu arbeiten, um zu versuchen, Druck auf Syrien auszuüben. Wir werden das dortige Chaos mit Zerstörung und Tod nicht akzeptieren. Niemals. Letzteres ist längs eingetreten.

 
 
Siehe auch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1883   12. 2. 12    »Bundesausschuss Friedensratschlag« - Hände weg vom Iran und von Syrien

http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1771   3. 7. 11  Syrien: Hintergründe und Fakten - Von Doris Auerbach

http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1926    1. 4. 12
Russland und die Welt im Wandel

[1]  http://www.neues-deutschland.de/artikel/204005.saudischer-tadel.html   9. 8. 11  Saudischer Tadel  -  Kommentar von Roland Etzel

[2]  http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=42700&title=Syrien+%96+ein+weiterer+Dominostein%3F&storyid=1001327755705   28. 1. 12  Von Charly Kneffel

[3]  http://www.jungewelt.de/2012/01-30/043.php  Saudische Henker - Von Werner Pirker  

[4]  http://www.bueso.de/node/5395  2. 2. 12  Syrien: Russland bezieht entschieden Position gegen britische Kriegsmobilisierung

[5]  http://www.jungewelt.de/2011/11-14/040.php  Zornige Proteste - Von Karin Leukefeld

[6]  http://bazonline.ch/ausland/naher-osten-und-afrika/Saudis-bewaffnen-offiziell-die-syrische-Opposition/story/25708572   17. 3. 12   

[7]  http://www.jungewelt.de/2012/03-09/053.php  Spezialcamp in Libyen  -  Von Rüdiger Göbel

[8]  http://www.jungewelt.de/2012/04-03/062.php  Lawrow kritisiert Frist für Syrien-Plan

[9]  http://www.jungewelt.de/2012/02-28/055.php  Clinton fordert Aufstand - Von Karin Leukefeld  

[10]  http://www.jungewelt.de/2012/04-03/050.php Waffen statt Worte - Von Karin Leukefeld

[11]  http://www.bueso.de/node/5467   28. 2. 11   Syrien: China bezeichnet Attacke der US-Außenministerin auf Russland und China als »völlig unakzeptabel«

[12]  http://www.jungewelt.de/2012/03-14/011.php  Streit im Sicherheitsrat - Von Karin Leukefeld

[13]  http://www.jungewelt.de/2012/02-06/060.php  Kriegstreiber gestoppt  -  Von André Scheer

[14]  http://www.jungewelt.de/2012/02-06/044.php   Die Selbstgerechten – Von Werner Pirker


[15]  http://www.faz.net/aktuell/politik/ausland/russisches-veto-lawrows-lektionen-11638689.html    5. 2. 12  Lawrows Lektionen

[16]  http://www.jungewelt.de/2012/04-20/026.php  Speichellecker des Tages: Ban Ki Moon

[17]  http://www.jungewelt.de/2012/04-03/052.php  Bundesregierung unterminiert Annans Friedensplan

[18]   http://www.berlinerumschau.com/news.php?id=48157&title=Gro%DFbritannien+verspricht+Geld+f%FCr+Syriens+Opposition+%2F+Iran+weiter+Hilfe+f%FCr+Assad&storyid=1001333096395      30. 3. 12  Großbritannien verspricht Geld für Syriens Opposition

[19]  Strategic Alert  Jahrgang  25, Nr. 1 vom 4. Januar 2012

[20]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58284   6. 3. 12  Kriegsszenarien für Syrien

[21]  http://de.rian.ru/security_and_military/20120306/262876187.html   6. 3. 12

[22]  http://www.jungewelt.de/2012/02-01/025.php  Tausendundeine Nacht - Rußland gegen Syrien-Resolution - Werner Pirker

[23]  http://www.jungewelt.de/2012/02-02/053.php  2. 2. 12  Lehren aus Libyen - »Für Regimewechsel nicht zuständig«  Von Rüdiger Göbel