»Die Mitnehmgesellschaft - Die Tabus des Sozialstaats« Das Buch von Jochen Kummer und Joachim Schäfer - Teil III

Der dritte Teil behandelt das Tabu Ausländerkriminalität bzw. die Angst vor der Wahrheit. Die Enthüllung erfolgte spät, ist aber umso glaubhafter: sie stammt nämlich von einem hochrangigen Insider. Der ehemalige Berliner Polizeipräsident Georg Schertz rang sich elf Jahre nach seinem Ausscheiden aus dem höchsten Polizeiamt zu einer bemerkenswerten Wahrheit durch: In seiner Amtszeit von 1987 bis 1992 hätten politische Anweisungen des Innensenators von Berlin bestanden, die hohe Ausländerkriminalität von Jugendlichen an der Gesamtkriminalität zu verschweigen.

Zu diesem Sektor verweisen wir auf den auf politonline erschienenen Artikel des Autors Jürgen Roth »Mafia in Deutschland »Geldwäsche ist hier einfacher« http://politonline.ch/?content=news&newsid=1020] resp. auf dessen Buch »Ermitteln verboten«, das sich wie folgt subsumieren läßt: Die Politiker belügen uns über das wahre Ausmaß der Kriminalität, die Kriminellen selbst triumphieren und dazwischen steht die Polizei und muß machtlos zuschauen *.
 
Für das überraschende Eingeständnis wählte der Expolizeipräsident im Oktober 2003 den vermeintlich eleganten Weg eines Interviews mit der polizeiinternen Zeitschrift Kompass, die von Mitarbeitern der Berliner Polizeischule herausgegeben wird. Die Polizeischüler sprachen den ehemaligen Polizeipräsidenten, der einst auch Richter gewesen war, auf die ausländischen Täter an: »Wie Sie sagen, ist die hohe Jugendkriminalität und der hohe Anteil nichtdeutscher Täter seit Jahren bekannt. Warum wird erst seit Monaten sehr viel über dieses Problem diskutiert und nicht schon zu Ihrer Amtszeit?« Die Antwort war verblüffend ehrlich und schockierend zugleich: »Das kann ich Ihnen sagen und ganz offen beantworten. Wir wurden schlicht dazu verpflichtet, das im Zuge unserer Polizeistatistik in der Öffentlichkeit nicht bekanntzugeben.« Auf die Nachfrage, wer das denn untersagt habe, antwortete die ehemalige Nummer eins der Polizei von Berlin: »Na, die Senatsverwaltung für Inneres. In meiner Amtszeit erhielt ich insoweit direkte Weisungen. Ich durfte den Prozentsatz, inwieweit ausländische Jugendliche an der Gesamtkriminalität beteiligt waren, öffentlich nicht nennen.« Denn damit hätte man leicht das Zahlenspiel herstellen können, wie hoch der Anteil jugendlicher Ausländer an der Kriminalität tatsächlich ist. »Das war ein Politikum«, erklärte Schertz.
 
Der Berliner Landesvorsitzende des Bundes Deutscher Kriminalbeamter (BDK), Lutz Hansen, mit der Stimmung an der Polizeibasis und somit in der Bevölkerung vertraut, forderte daraufhin: »Die Tabuisierung muß ein Ende haben.« Er griff zwei Zahlen aus der Berliner Polizeistatistik heraus: 80 % aller Handyräuber seien Ausländer, bei der Jugendgruppengewalt seien es 44 %. Das Problem hat sich gerade wegen der Tabuisierung noch aktueller und höchst akut entwickelt. Der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma mit ihrem Vorsitzenden Romani Rose an der Spitze fühlt sich in besonderem Maße diskriminiert, wenn bestimmte Gruppen als Tatverdächtige beschrieben werden. Er durchforstet die deutsche Presse nach Täterkennzeichnungen wie »Sinti«, »Roma«, »Zigeuner« oder »Landfahrer«. Seit 1995 hat er bereits in mehr als 400 Fällen Beschwerde beim Deutschen Presserat eingereicht, meldete das Nachrichtenmagazin Focus im August 2004. So habe die Bild-Zeitung in ihrer Frankfurter Ausgabe in einer 28-Zeilen-Meldung berichtet: »Trickdiebe nehmen 95-Jährige aus.« Die Zeitung berief sich auf die Polizeipressestelle in Darmstadt. »Mittags klingelt eine Landfahrerin (25 bis 27 Jahre, schwarzer Zopf) bei einer 95-Jährigen in der Heidelberger Straße. ...« »Hass und Vorurteile« würden durch solche Artikel geschürt, kritisiert der Zentralrat Deutscher Sinti und Roma. Auch wegen dieser Bild-Meldung beschwerte er sich beim Presserat - und bekam Recht. Der Beschwerdeausschuß erteilte der Zeitung einen »Hinweis«, die mildeste Form der Kritik. Für den Ausschuß sei kein »begründbarer Sachbezug« erkennbar, schrieb Ausschußvorsitzender Manfred Protze in einem Brief an Bild-Chefredakteur Kai Diekmann. Die Zugehörigkeit einer Trickdiebin zur Gruppe der »Landfahrer« zu erwähnen, sei »überflüssig und damit diskriminierend«. Der damalige nordrhein-westfälische SPD-Innenminister Herbert Schnoor hatte bereits 1986 einen Erlaß an seine Polizeibeamten herausgegeben, in dem er dem Zentralrat der Sinti und Roma zustimmte und sich fügte. Der Erlaß wurde unter Polizisten als »Zigeunererlaß« bekannt und enthält folgendes Verbot: »Da Angaben über die Volkszugehörigkeit von Personen, die einer Straftat verdächtigt sind, Diskriminierungen darstellen können, die Vorurteile verstärken oder wecken, bitte ich, die Bezeichnung von tatverdächtigen Sinti und Roma als Zigeuner, den Hinweis bei solchen Tatverdächtigen auf ihre Zugehörigkeit zu den Sinti und Roma sowie deren Kennzeichnung als Landfahrer zu unterlassen. Das gilt auch bei Mitteilungen gegenüber Dritten einschließlich der Presse.«
 
So läuft die Vertuschung der Ausländerkriminalität und das Verschweigen ethnischer und kriminalphänomenologischer Begriffe, die nach Einschätzung von Ermittlungsbeamten der Polizei für eine Fahndung erfolgversprechend sein könnten, analog dem Prinzip »Schonen und Schönen« auf eine Zensur hinaus. Feindselige Mentalitäten und Verhaltensweisen in dieser Gesellschaft wurden glatt totgeschwiegen. Hier stellt sich die Frage: Ist eine derartige Zensur berechtigt und sinnvoll? Übereinstimmung sollte in einem Punkt herrschen: Diskriminierungen haben in unserer Gesellschaft keinen Platz und müssen bekämpft werden. Aber selbst die als liberal geltende Süddeutsche Zeitung sieht inzwischen in dem Verschweigen der hohen Ausländerkriminalität eine Gefahr und schrieb im Februar 2001: »Dabei ist die Befürchtung nicht von der Hand zu weisen, daß gerade dadurch eine seriöse Diskussion über die Ausländerkriminalität unterbleibt.« Aber schon der Begriff »Ausländerkriminalität« stellt im Sinne der political Correctness eine Diskriminierung dar. Die Polizeiliche Kriminalstatistik, abgekürzt PKS, die jedes Jahr vom Bundeskriminalamt (BKA) in Wiesbaden herausgegeben und traditionell vom jeweiligen Bundesinnenminister vorgestellt wird, bedient sich deshalb gemeinhin nicht des Begriffs »Ausländer«, sondern bevorzugt den Begriff »nichtdeutsche Tatverdächtige«, kurz »nichtdeutsche TV«. Die renommierte Kriminologie Dr. Wiebke Steffen, die die kriminologische Forschungsgruppe des Bayerischen Landeskriminalamts in München leitet, und ihr Mitarbeiter Erich Elsner, sind der Meinung, »daß nicht die PKS als solche diskriminierend wirkt, sondern der sorglose und (absichtlich) falsche Umgang mit den in ihr enthaltenden Daten«. Bei den folgenden Daten und Analysen aus der Polizeilichen Kriminalstatistik 2003 des BKA handelt es sich um offizielle Angaben, die vom zuständigen Bundesinnenministerium abgesegnet wurden.
 
Im Jahr 2003 wurden in Deutschland 6,57 Millionen Straftaten bekannt. Dabei wurden insgesamt nahezu zweieinhalb Millionen Tatverdächtige - genau 2 355 161 - von der Polizei ermittelt,. Darunter befanden sich insgesamt über eine halbe Million »nichtdeutsche TV«, also Ausländer: präzise 553 750. Das ist ein Anteil von 23,5 %. Fast jeder vierte Registrierte also war Ausländer. Um das Ausmaß dieses Kriminalitätsbereichs einschätzen zu können, ist es unerläßlich, zunächst einmal eine ganze Reihe nackter Zahlen zur Kenntnis zu nehmen und sie ein- und zuzuordnen. »Überdurchschnittlich« seien 2003 ausländische Tatverdächtige in den alten Bundesländern einschließlich Berlin bei »gravierenden Gewaltdelikten« mit mehr als einem Drittel vertreten gewesen, stellte das BKA fest: bei Raub mit 35,2 %, bei Mord und Totschlag mit 34,3 %  sowie bei Vergewaltigung und sexueller Nötigung mit 33,8 %. Das Kriminalistische Institut des BKA interpretiert den erschreckend hohen Anteil in der Statistik umgehend mit einer Anmerkung und erweckt den Anschein des Abwiegelns: »Nichtdeutsche stellten bei Mord und Totschlag 3 von 10 Tatverdächtigen.« Zu beachten sei dabei, daß sich die »nichtdeutsche Bevölkerung« immer noch zu einem größeren Teil aus jüngeren Männern unter 40 Jahren zusammensetzt als die deutsche Wohnbevölkerung. Hier schlügen sich unter anderem die Unterschiede in der Alters- und Sozialstruktur sowie in den Wohn- und Lebensverhältnissen zwischen Deutschen und den sich hier aufhaltenden »Nichtdeutschen« nieder. Das BKA kommt weiter zu der Feststellung, daß beim Taschendiebstahl weit über die Hälfte, nämlich 56,2 %, ausländische Tatverdächtige ermittelt wurden, von denen ein Fünftel (19,9 %) Asylbewerber gewesen seien. Taschendiebstahl, Raub, Vergewaltigung, Mord und Totschlag aber sind jene Delikte, die das Sicherheitsgefühl der Bürger in Deutschland auf den Straßen maßgeblich mit beeinflussen. Nur wird das »Sicherheitsgefühl der Bürger« gern als »subjektiv« abgetan. Ausländer scheinen, folgt man den amtlichen Erkenntnissen, kriminelle Spezialitäten zu haben. Bei etlichen Delikten beherrschen sie mit einem Anteil von rund der Hälfte das Milieu. Im verbotenen Glücksspiel sind sie mit 61,6 % dabei, bei der illegalen Einfuhr von Kokain »in nicht geringer Menge« zu 58,8 %, bei der Geldwäsche zu 47,9 %,  der Urkundenfälschung zu 47,4 %, bei Geld- und Wertzeichenfälschung zu 46,3 %, bei Raubüberfällen auf Spielhallen zu 45,5 % und bei Hehlerei von Kraftfahrzeugen zu 45,1 %.
 
Die Crux mit den Türken
Die andere, zukunftsweisende Folgerung am Schluß des Forschungsberichts lautet: »Nimmt man das Ausmaß der polizeilichen Auffälligkeit als einen der wichtigen Indikatoren für eine gelungene Integration, so bewältigen Migranten aus den westeuropäischen Staaten den auf die Dauer angelegten Zuzug nach Deutschland besser als die Zuwanderer aus muslimischen Staaten wie beispielsweise der Türkei. Möglicherweise fällt es ihnen (den Westeuropäern) leichter, mit den Werten und Normen der deutschen Gesellschaft zurechtzukommen, weil die kulturellen Unterschiede zu ihren Herkunftsländern vergleichsweise gering sind. Ein innerer Kulturkonflikt, das Leben in zwei Welten mit verschiedenen Werten und Normen im Alltag und im privaten Raum der Herkunftsfamilie, dürfte eine weitaus geringere Rolle spielen.« Die Wissenschaftler sorgen sich also nicht vordergründig nur um Kriminalitätsraten. Mangelnde Sprachkenntnis der Eltern, andere Norm- und Wertvorstellungen, niedriger Bildungsstand und fehlende Kenntnisse über das deutsche Schulsystem und die Wichtigkeit formaler schulischer Abschlüsse auf dem Arbeitsmarkt verschlechtern ihre Chancen in der deutschen Gesellschaft zusätzlich, halten sie in ihrer Studie fest. So vorsichtig die bayerischen Kriminologen auch formulieren, so eindeutig ist ihre Aussage. Neben den Experten der kriminologischen Forschungsgruppe in Bayern ist es vor allem Prof. Dr. Christian Pfeiffer mit seinem von ihm gegründeten Kriminologischen Forschungsinstitut Niedersachsen (KFN) in Hannover, der sich der Problematik der Ausländerkriminalität widmet. Pfeiffer ist Mitglied der SPD und war von 2000 bis 2003 Justizminister des Landes Niedersachsen. Er scheint eher dem Relativieren zuzuneigen, in den Augen mancher gar der Verharmlosung. In seinem Forschungsbericht Nummer 45 aus dem Jahr 1995 spricht er von der »sogenannten Ausländerkriminalität«. Im März 2004 vertrat er in der Frankfurter Allgemeinen Zeitung unter der bezeichnenden Überschrift »Dämonisierung des Bösen« die These: »Bis 1993 trug der sehr starke Import von Armut in Gestalt von Asylbewerbern, Flüchtlingen und Aussiedlern dazu bei, daß die Kriminalität stark zunahm. Dann jedoch sorgten Asylkompromiß, das Ende des Bürgerkriegs im früheren Jugoslawien und die schrittweise Begrenzung der Einwanderung von Rußland-Deutschen für eine zunehmende Stabilisierung. So ist der Anteil der Ausländer an den polizeilich ermittelten Ausländern zwischen 1993 und 2002 von 26,7 auf 19,2 % zurückgegangen.« Bei diesen Prozentangaben hat Pfeiffer gleich die Straftaten gegen das Ausländergesetz und das Asylverfahrensgesetz abgezogen. Sonst hätte er für 1993 beachtliche 33,6 % ausländische Tatverdächtige angeben müssen, für 2002 immerhin noch 24,4 %. Bemerkenswert an Pfeiffers Einschätzung ist, daß er für Verlauf und Höhe der Ausländerkriminalität den Begriff »zunehmende Stabilisierung« benutzt. Soll das bedeuten, daß wir uns in Deutschland auf eine »Stabilisierung« des Gesetzesbruchs durch Ausländer auf hohem Niveau einzurichten und folglich damit abzufinden haben?
 
Ein kurzer Blick auf die Entwicklung der Ausländerkriminalität seit 1984 gibt Anlaß zu dieser Sorge. 1984 betrug der Ausländeranteil an den Straftaten insgesamt 16,6 % (in der alten BRD), 1987 bereits 20 % und übersprang 1992 nach dem Zusammenbruch des Ostblocks und nach der Wiedervereinigung erstmals die 30-Prozent-Marke: 32,2 %. Pfeiffer räumt ein, zwischen 1988 und 1994 habe beispielsweise die absolute Zahl der polizeilich registrierten Tatverdächtigen, die keinen deutschen Ausweis vorweisen konnten, im Gebiet der alten Bundesländer (einschließlich Berlins) von zirka 287 000 auf zirka 531 000 zugenommen - um mehr als 80 %, wie er ausrechnete. Pfeiffer, schon seit 1969 Mitglied der SPD, ist ein engagierter und omnipräsenter Jurist, Kriminologe, Sozialwissenschaftler - und Politiker. Seinen Kritikern, die die Ausländerkriminalität beim Namen nennen und nicht seinen empirischen Befunden, Interpretationsangeboten und (kriminal-)politischen Folgerungen folgen, kann es passieren, daß er sie als »Rassisten« bezeichnet. Man mag die Fakten zwar totschweigen, negieren kann man sie nicht. Das so genannte »Bundeslagebild Organisierte Kriminalität« des Bundeskriminalamts (BKA) spiegelt die Wirklichkeit wider, zumindest die Spitze des Eisbergs. Organisierte Kriminalität, abgekürzt OK, ist laut BKA »die von Gewinn-und Machtstreben bestimmte planmäßige Begehung von Straftaten, die einzeln oder in ihrer Gesamtheit von erheblicher Bedeutung sind, wenn mehr als zwei Beteiligte auf längere oder unbestimmte Dauer arbeitsteilig a) unter Verwendung gewerblicher oder geschäftsähnlicher Strukturen, b) unter Anwendung von Gewalt oder anderer zur Einschüchterung geeigneter Mittel, oder c) unter Einflußnahme auf Politik, Medien, öffentliche Verwaltung, Justiz oder Wirtschaft zusammenwirken«. Der Begriff umfasse nicht die Straftaten des Terrorismus.
Im Mai 2004 kam der aktuelle OK-Lagebericht für das Jahr 2003 heraus. Er verdient höchste Beachtung, die er aber nicht fand. Der Anteil ausländischer Tatverdächtiger betrug sage und schreibe 61,2 %. Im Jahr zuvor waren es »nur« 55,6 %. Das BKA führt die Rangliste der stärksten ausländischen Gruppen auf: 1. Türken, 2. Polen, 3. Italiener, 4. Vietnamesen, 5. Litauer, 6. Staatsangehörige aus Serbien und Montenegro, 7. Russen. Ein Phänomen hat das BKA festgestellt: Unter den Tatverdächtigen mit deutscher Staatsbürgerschaft befanden sich 803 (14,8 %), die in Rußland, Polen, der Türkei, in Kasachstan und anderen Ländern geboren worden sind. Die OK-Tätergruppen richteten in dem einen Jahr einen ermittelten gewaltigen Schaden in Höhe von rund 522 Millionen Euro an. Ihren Gewinn schätzt das BKA auf rund 468 Millionen Euro. Aber nur Vermögenswerte in Höhe von 69 Millionen Euro konnten vorläufig gesichert werden. Die Arbeitsfelder der ausländischen Verbrecher: Rauschgifthandel/-schmuggel 33,3 % , Eigentumskriminalität 14,1 %, Kriminalität im Zusammenhang mit dem Wirtschaftsleben 13,5 %, Schleuserkriminalität 10 %, Gewaltkriminalität 4,1 %, Kriminalität im Zusammenhang mit dem Nachtleben 9,6 %, Steuer- und Zolldelikte 8,8 %, Fälschungskriminalität 3,3 %, Waffenhandel/-schmuggel 1,3 %. Offenbar tummeln sich die Gangster vorwiegend in Berlin und Bayern. Jedenfalls wurden dort die mit Abstand meisten OK-Verfahren eingeleitet.
 
Türken und Polen sind in der OK unübertroffen
Die BKA-Erkenntnisse: Die Türken stellen die größte Gruppe aller ausländischen OK-Tatverdächtigen. Sie betätigen sich insbesondere im Bereich des Rauschgifthandels (überwiegend Heroin) und -schmuggels, aber auch des illegalen Glücksspiels im deutschen Nachtleben und der Anlagedelikte im deutschen Wirtschaftsleben. Türkische Straftäter treten, neben deutschen, litauischen und bulgarischen (teils türkischer Abstammung) Tätern, auch als Falschgeldhersteller und -verbreiter auf. Die Täterstrukturen, so das BKA, wiesen mitunter einen hohen Organisationsgrad auf und verfügten häufig über Verteilernetze, die aufgrund ihrer ethnischen und sozialen Herkunft stark abgeschottet seien. Erkannte und überführte Täter schwiegen in der Regel über Hinterleute und Bezugsquellen. Die qualitativ hochwertigen €-Fälschungen, von der Europäischen Zentralbank (EZB) als »gefährliche Fälschungen« eingestuft, kämen fast ausschließlich aus dem Ausland. Die organisierte Kriminalität unter den Kurden ist so schwerwiegend, daß sich das BKA im OK-Bundeslagebild in einem Schwerpunktthema speziell mit den kurdischen OK-Tatverdächtigen aus den Siedlungsgebieten Türkei, Syrien, Iran und Irak beschäftigt. In Deutschland agierende kurdische OK-Gruppierungen seien vor allem im Heroinschmuggel und -handel, also in Einfuhr und Zwischenhandel, aktiv. In den untersuchten Rauschgiftverfahren richteten sich die Ermittlungen ausschließlich gegen türkische und deutsche Staatsangehörige kurdischer Abstammung. Die Tätergruppen seien sehr unterschiedlich zusammengesetzt. Das Spektrum reiche von kleineren, bandenähnlichen Zusammenschlüssen bis zur hierarchisch aufgebauten, weit verzweigten Struktur. Sehr häufig bestimmten die Familienzugehörigkeit oder die Herkunft aus demselben Ort oder derselben Region die Zusammensetzung der Gruppen. Das Rauschgift sei entweder aus der Türkei (über die Balkanroute) oder aus den Niederlanden in die Bundesrepublik eingeschmuggelt worden. Als Lieferanten hätten sowohl in der Türkei als auch in den Niederlanden in erster Linie Kurden fungiert. Darüber hinaus hätten Tätergruppen in Deutschland bei Versorgungsengpässen Heroin über inländische kurdische Bezugsquellen besorgt. Die Steuerung der kriminellen Aktivitäten sei etwa in der Hälfte der Verfahren aus der Türkei heraus erfolgt. »Bei der Rauschgiftkriminalität stellt der Heroinhandel und -schmuggel nach wie vor ein bedeutendes polizeiliches Problem dar«, heißt es im BKA-Bericht. Kurdische Organisationen haben nach Erkenntnissen des BKA auch »seit Mitte der 90er Jahre eine herausgehobene Position für die Seewegschleusung im Mittelmeerraum«. Erst würden die Menschen nach Italien geschmuggelt, dort abgeholt und dann nach Deutschland weitergeschleust. Fast bewundernd merkt das BKA an: »In diesem Phänomenbereich sind aufgrund des erhöhten Logistikaufwands zum zeitgleichen Transport von fast 1000 Personen eine deutlich festere Organisationsstruktur, höhere Investitionen und eine längere Zusammenarbeitsdauer - in erster Linie in den Herkunftsstaaten - festzustellen.« Die Weiterschleusung nach Deutschland sei in den meisten Fällen von weitgehend unabhängig agierenden »Subunternehmern« aus Deutschland durchgeführt worden, die häufig von Familienmitgliedern der Geschleusten unterstützt worden seien. Auch künftig erscheine eine weitere Beobachtung der Entwicklung, insbesondere der Seewegschleusung von Kurden über Tunesien und Libyen, angezeigt.
 
Die Polen stellen nach Feststellungen des BKA die zweitstärkste Gruppe der ausländischen OK-Tatverdächtigen. Sie arbeiteten sehr häufig mit deutschen Staatsangehörigen, insbesondere polnischer Abstammung, zusammen. Ihre Hauptbetätigungsfelder seien insbesondere internationale Kfz-Verschiebung sowie Steuer- und Zolldelikte. Die Polen sind tatsächlich groß im Autoklauen. Insofern liegt Kanzler Schröder mit seiner flapsigen Bemerkung von 1997 gar nicht verkehrt. Der Großteil der Fahrzeuge werde, so das BKA, in Deutschland entwendet und nach Polen, Russland, Litauen, Weißrussland und in die Ukraine verschoben. Das BKA wörtlich: »Polnische und litauische OK-Gruppierungen waren bei der Eigentumskriminalität, insbesondere bei der internationalen Kfz-Verschiebung, überproportional vertreten.« Nahezu jedes zweite in Deutschland entwendete Fahrzeug bleibe »dauerhaft verschwunden«, teilte das BKA mit. Im Jahr 2003 wurde in Deutschland der Diebstahl von 63 240 Kraftfahrzeugen (einschließlich unbefugten Gebrauchs) registriert. Am 12. März 2004 sah sich das BKA dazu veranlaßt, eine Sondermeldung über die Polen herauszugeben: Seit Anfang 1999 sei in Deutschland ein auffälliger Anstieg von sogenannten Blitzeinbrüchen auf Juwelier- und Fotogeschäfte registriert worden. Bei der überwiegenden Anzahl seien nordpolnische Straftätergruppen ermittelt worden. Im Verlauf des Jahres 2001 habe die Polizei festgestellt, daß dieselben nordpolnischen Tätergruppen nun vermehrt Raubüberfälle auf Juweliere in Deutschland verübten, um hochwertige Uhren und Schmuck zu erbeuten. Die Räuber zertrümmerten die Vitrinen blitzartig mit Hämmern, was ihnen den Namen »Hammerbande« einbrachte. Seit Mitte 2001 wurden insgesamt 155 Raubtaten und 157 Blitzeinbrüche registriert, die nordpolnischen Straftätern zugerechnet werden. Der »Entwendungsschaden liege im zweistelligen Millionenbereich«. Deutsche und polnische Strafverfolgungsbehörden arbeiteten zusammen; die enge deutsch-polnische Kooperation habe zu einer »Vielzahl von Ermittlungsansätzen zu Täterstrukturen und Hinterleuten« geführt. Die Erkenntnis: Diese Hinterleute agierten ausschließlich von Polen aus, initiierten die Straftaten in Deutschland und organisierten den Beuteabsatz. Seit dem 9. März 2004 hätten die polnischen Behörden im Raum Koszalin mehrere Mitglieder und Organisatoren der polnischen Tätergruppierungen ermittelt und festgenommen.
 
Und auch über Russen aus dem Putin-Land weiß das BKA Bedrohliches zu berichten. Ihr OK-Potential sei 2003 gegenüber dem Vorjahr »stark gestiegen« und bilde »den höchsten Durchschnitt aller OK-Gruppierungen«. Daraus schließt das BKA: »Dies deutet darauf hin, daß sich die Strukturen russischer OK-Gruppierungen in Deutschland verfestigt haben und ihr Professionalisierungsgrad zugenommen hat.« 1993 waren die Russen mit ihrer Besatzungsarmee aus der ehemaligen DDR abgezogen. Nun kehren etliche als Kriminelle zurück und treffen in Berlin auf eine große russische Gemeinde, in der sich trefflich untertauchen läßt. »Ihre kriminellen Aktivitäten sind breit gefächert. [….] Im Berichtsjahr waren erneut Gewaltkriminalität sowie Steuer- und Zolldelikte Hauptaktivitäten. Der Anteil der Eigentumskriminalität nahm hingegen ab.« Der Fall des Eisernen Vorhangs 1989/90 hat die Schleusen zu den reichen gelobten westeuropäischen Ländern geöffnet. Der gleichzeitige Beitritt von zehn armen ost- und südeuropäischen Staaten im Mai 2004 zu der wohlhabenden  EU hat den Sog erwartungsgemäß noch verstärkt. Am 29. Oktober 2004 meldete die Berliner Morgenpost, was einige Besucher nach Deutschland führt und was sie hier so treiben. Die Meldung lautete: »Nach nur 3tägigen Ermittlungen hat die Polizei am Mittwoch vier Männer festgenommen, die zuvor gefälschte Geldscheine in Umlauf gebracht hatten. Die aus Litauen stammenden Verdächtigen im Alter zwischen 19 und 40 Jahren wurden gestern dem Haftrichter vorgeführt. Aufgefallen war die Bande erstmals am Montag, als ein 19-Jähriger in einer Drogerie an der Leipziger Straße mit einem gefälschten 100 €-Schein bezahlte. Die  Kassiererin wurde mißtrauisch und alarmierte die Polizei. Der 19-Jährige wurde daraufhin observiert. Am Mittwoch beobachteten die Beamten, wie sich der Verdächtige mit seinen drei Komplizen traf und das Quartett in mehreren Geschäften an der Warschauer Straße in Friedrichshain gemeinsam versuchte, mit 100 €-Noten zu bezahlen. Die Beamten verfolgten die Männer bis zu einer Wohnung in Lichtenberg, wo sie auf sieben weitere Litauer, auf Diebesgut und Einbruchswerkzeug stießen. Die Angetroffenen wurden ebenfalls festgenommen.« Erstaunlich, was sich aus dem winzigen baltischen Staat Litauen (3,48 Millionen Einwohner) - seit Mai 2004 EU-Mitglied - in Deutschland tummelt. Aber das ist kein Zufall. Das BKA hat schon 2003 einen »deutlichen Anstieg auf 36 litauisch dominierte OK-Gruppierungen« herausgefunden. Überaus aufschlußreich ist der BKA-Hinweis, daß die litauischen Straftäter innerhalb ihrer Gruppierungen »am häufigsten mit deutschen Tatverdächtigen (darunter ein Großteil Aussiedler aus der ehemaligen Sowjetunion)«, also sogenannten Rußlanddeutschen, zusammenarbeiten.
 
Die laxe deutsche Justiz vermag ausländische Kriminelle offenbar nicht zu schrecken. Die Frage ist nur: Wie weit gehen die Schutzpflichten? Seit über einem Jahrzehnt liegen den politisch Verantwortlichen Erkenntnisse vor, die von Polizeibeamten tagtäglich am eigenen Leib gespürt werden: Ausländer sind oft von einer höheren Gewaltbereitschaft erfüllt als Deutsche. Wenn Muslime aus dem Nahen Osten, Männer vom Balkan, Kosovo-Albaner, Serben, Bosnier oder Russen, Weißrussen oder Ukrainer, in Deutschland ihre Auseinandersetzungen austragen, machen sich Polizisten zum eigenen Schutz auf Schußwaffen gefaßt. Kosovo-Albaner sind in Deutschland zeitweise für Polizisten zu einem Synonym für besonders brutale Gewalttäter geworden. »Wenn früher eine Festnahme erfolgte, genügten zwei Polizeibeamte«, sagte schon 1993 Volker Gehm, der langjährige Leitende Kriminaldirektor beim BKA. Bei einem Kriminellen vom Balkan brauche man jetzt 12 Mann. Die Kollegen von der Polizei in Frankfurt am Main, Hamburg, Berlin oder sonstwo in Deutschland rufen heutzutage sicherheitshalber gleich ein Sondereinsatzkommando (SEK). Für die Basis, also für Bürger und Polizisten, ist es heute mehr denn je erlebter Alltag in Deutschland, was das Polizeipräsidium in Frankfurt am Main ebenfalls schon 1993 konstatierte: Es sei auch eine »vehemente Zunahme der Gewaltbereitschaft« bei »türkischen Tätergruppen« zu verzeichnen. Polizisten kalkulieren bei Türken, Marokkanern usw., von vornherein ein, daß sie bei Streitigkeiten ein Messer bei sich tragen. Aber die Lage hat sich inzwischen sogar noch dramatisch zugespitzt. Schon manche zehnjährigen türkischen Jungen brüsten sich damit, unterwegs ein Klappmesser in der Tasche zu haben, auch wenn sie nur auf dem Weg ins Kino sind. Man braucht nur einmal in einer S-oder U-Bahn - in der Regel ohne Aufsichts- oder Sicherheitspersonal - Zeuge von Streitigkeiten mit türkischer Beteiligung zu sein, um zu erleben, wie schnell selbst von Jüngsten ein Messer gezogen und aufgeklappt wird. Daraus hat sich jene Angst im Alltag entwickelt, die unser Sicherheitsgefühl untergraben hat. Anfang 2004 wurde die von Bundesinnenminister Otto Schily in Auftrag gegebene Studie vorgestellt: Sie entlarvt das Trugbild einer multikulturellen Gesellschaft. Diese Erkenntnis wurde somit quasi regierungsamtlich. Gewaltbereitschaft entspringt demnach nicht einfach einer anderen Mentalität, sondern hat tiefere Wurzeln.
 
Hauptstadt Berlin: Innere Sicherheit in Gefahr
Nicht nur München, auch andere Großstädte wie Hamburg, Berlin, Frankfurt am Main oder Köln, haben ihre »Mehmets«. Die Momentaufnahme allein für Berlin war im Jahr 2004 so beunruhigend geworden, daß die Berliner Justizsenatorin Karin Schubert (SPD) im Mai 2004 bekanntgab: 158 jugendliche Intensivtäter seien in der Stadt von Polizei und Justiz registriert. Das sind Jugendliche, die mindestens zehn Straftaten in einem Jahr begangen haben. Manche haben bereits 60 oder 80 Straftaten angesammelt. 96 unter den 158 Intensivtätern in Berlin sind ausländischer Herkunft, vor allem türkische Jugendliche. Dadurch sahen sich selbst Medien, die zu einer verschämten Darstellung der Tatsache neigen, daß »Nichtdeutsche« überproportional Straftaten begehen, nun dazu veranlaßt, das Problem aufzugreifen. Bei der Berliner Staatsanwaltschaft wurde zum 1. Juni 2003 eine spezielle Abteilung gebildet, die sich um die über 14-Jährigen, also strafmündig gewordenen Täter kümmert. »Die sollen merken: Wir sind dran!«, sagt Oberstaatsanwalt Manfred Schweitzer, dem die sechsköpfige Abteilung Nummer 47 für die Intensivtäter untersteht. Berlins Generalstaatsanwalt Dieter Neumann schilderte Besinnung und Umkehr der Justiz: »Insbesondere bei den gewaltbereiten Jugendlichen muß es mit der ewigen Nachsicht vorbei sein.« Schweitzer ist sich bewusst, daß die Justiz es mit Leuten zu hat, um die sich die Politik zu lange nicht gekümmert hat - um die Kriminalität »junger Migranten«, also Ausländer. Ein Berliner Intensivtäter namens Mahmoud R. mit über 80 Straftaten habe das Fass zum Überlaufen gebracht, sagte er. Der 16-Jährige Sawi J, der Vater, 43 Jahre, ist Iraner, schlug Anfang April 2003 im  Berliner Stadtteil Marienfelde fünf Lehrer der Gustav-Heinemann-Schule zusammen und verletzte zwei von ihnen schwer. Sein Motiv: Er wollte seine Freundin Irene rächen, die von einer Mitschülerin »Schlampe« genannt worden war. Hunderte verängstigter Schüler sahen paralysiert dem Wüten des Schülers zu. Sawi, ein Taekwandokämpfer und Bodybuilder, ist seit seinem 9.  Lebensjahr 60mal bei der Polizei aktenkundig geworden, mal wegen Körperverletzung, mal wegen Raubes, mal wegen Drogendelikten - aber nie verurteilt worden. Nun trat ein, was von der Berliner Polizei kaum noch zu hoffen gewagt wurde: ein Richter erließ Haftbefehl. Sawis Vater war 1979 aus dem Iran nach Berlin gekommen und heiratete eine Deutsche. Der Computerfachmann nahm nach der Verhaftung seinen Sohn - trotz der Latte von Straftaten - in Schutz. »Er hat sich nur verteidigt«, schimpfte der Vater. »Die Lehrer haben ihn bedrängt und festgehalten. Ich bin stolz, daß er sich gewehrt hat.« Dann erhob der Vater einen Vorwurf, der häufig wie eine Keule gegen Polizisten, Lehrer und Behördenangestellte verwendet wird: »Die Lehrer wollen meinen Sohn fertigmachen, weil er Ausländer ist.« Also Ausländerfeindlichkeit. In der Gerichtsverhandlung sagte Jugendstaatsanwalt Sebastian Buschoff, der Prozeß habe gezeigt, daß der Sohn tue, was sein Vater ihm vorlebe. Das Gericht monierte den »problematischen Einfluß« der Eltern. Sawi wurde zu einer Jugendstrafe von 20 Monaten verurteilt - auf Bewährung. Wie Manfred Schweitzer darlegt, hätten es seine Staatsanwälte oft mit demselben Milieu zu tun: mit Zuwanderern aus dem arabischen Raum, Flüchtlinge, die geduldet werden, aber nicht arbeiten dürfen und Sozialhilfe beziehen - Leute zumeist, die sich laut Schweitzer »isoliert haben«, weil sie nie versuchten, Deutsch zu lernen.  
 
Die kleinen Intensivtäter in Berlin haben inzwischen begonnen, sogar Mafiamethoden der alten Ganoven nachzumachen. Sie versuchen sich im eigenen Kiez auch an Schutzgelderpressungen, der klassischen Methode der organisierten Kriminalität (OK). Pro Jahr verzeichne er zehn bis 20 Anzeigen von Betroffenen, gab Markus Henniger bekannt, der im Berliner Landeskriminalamt das Dezernat OK und »qualifizierte Bandendelikte« leitet. Darüber hinaus gebe es eine »immens hohe Dunkelziffer an Schutzgelderpressungen«. Bei den Jugendlichen handle es sich um die »bekannten Mehrfach- und Intensivtäter, die in ihrem Wohnumfeld sowieso für Ärger sorgen«, sagte der OK-Experte im Sommer 2004. Wiederholt seien von ihnen Inhaber kleinerer Einkaufsgeschäfte und Kioske bedroht und belästigt, das Sortiment beschädigt oder Kunden vor der Tür vergrault worden. Das sei die Methode, wie gestandene Schutzgelderpresser in Restaurants und Diskotheken vorgingen. »Dann bieten sie dem Inhaber an, daß der Ärger bei regelmäßiger Zahlung einer Summe, eben des Schutzgelds, aufhöre«, sagte der Kripomann. Die jüngsten Vorfälle seien in den Kiezen der Berliner Bezirke Schöneberg, Moabit und Neukölln bekannt geworden. Dem Berliner Innensenator Ehrhart Körting (SPD) dämmert es inzwischen, was die Intensivtäter als die Spitze des Eisbergs und ihr kriminelles Umfeld als Symptome bedeuten. Als einer der wenigen Politiker thematisierte er eine neue Dimension der Gefährdung. »Seit Jahren entwickelt sich eine Grundhaltung gegen die Polizei, die sich ein Staat nicht leisten kann, sagte er Ende 2003 gegenüber der Welt am Sonntag. »Es ist eine Aggressivität nach der Devise: Die haben mir nichts zu sagen!« Im Jahr 2003 kalkulierte er rund 3300 Fälle von Gewalt gegen Polizisten und 1000 verletzte Polizisten ein. Mit Sorge beobachtet er einen hohen Anteil ausländischer Jugendlicher und Heranwachsender an dieser Entwicklung in der Stadt, in der unter anderem rund 140 000 Türken und Türkischstämmige wohnen.
 
An dieser Stelle soll der Polizist und Polizeikommissar Klaus Nachtigall zu Wort kommen;  Alter: 39; der 1,80 Meter große stämmige Polizist berichtete von zunehmender Gewalt gegen ihn und seine Kollegen. Er schilderte zwei Beispiele aus seinem Polizistenalltag. Der eine Fall: »Ich mußte mit einer Kollegin in einem Asylbewerberheim ein Foto abgleichen. Wir überraschten Asylbewerber, wie sie auf Tischen mit Teppichmessern Cannabis zurechtschnitten. Zwei Araber gingen mit Klappmessern auf uns zu. Wir zogen unsere Dienstwaffe und riefen: Stehen bleiben! Es gelang uns, uns im Nebenzimmer einzuschließen. Die Messertruppe trommelte gegen die Tür. Ich sagte zu meiner Kollegin: Wenn die jetzt die Tür aufdrücken, müssen wir schießen. Aber die Kerle hauten ab.« Der zweite Fall: »Ein Kollege und ich sahen nach Feierabend, wie grölende Jugendliche einen Stein gegen ein Schaufenster warfen. Wir riefen: Polizei, stehen bleiben! Unversehens prügelten zwei Jungen mit unglaublicher Brutalität auf meinen Kollegen ein. Er fiel zu Boden. Trotzdem traten die jungen Leute weiter auf ihn ein. Ein Dritter schlug sich mit mir. Ich hatte Angst, daß sie meinen Kollegen totschlagen. Ich rief 110, Funkwagen rasten heran - wir waren verletzt, aber gerettet.« Der Kommissar sprach freimütig über Orte, in die sich er und seine Kollegen in Berlin kaum noch hintrauen: »In Wedding um die Koloniestraße, wo etwa 70 % der Bewohner Ausländer sind, ist es besonders schlimm«,  »gefährlich ist es auch in Kreuzberg um das Kottbusser Tor.« Dort sind 56 % der Bewohner Ausländer. Rund um den U-Bahnhof hat sich ein Drogentreff festgesetzt. »Ganz extrem ist es im Bereich Sonnenallee mit den Arabern«, sagte der Kommissar. »Die sind besonders brutal.«
 
Das ist nicht nur ein Berlin spezifisches Problem. Der Bundesvorsitzende der Gewerkschaft der Polizei (GdP), Konrad Freiberg, gab 2003 bekannt: »Beim Widerstand gegen Polizisten als Vollstreckungsbeamte erleben wir eine horrende Steigerung. Jetzt sind es 23 000 Taten in ganz Deutschland im Jahr«, sagte er. »Die Gewalt in der Gesellschaft und speziell gegen Polizisten hat bundesweit drastisch zugenommen.« Jedes Jahr würden rund 700 Polizisten so schwer verletzt, daß sie für mindestens eine Woche krankgeschrieben werden müssen. Außerdem werden jedes Jahr 70 versuchte Tötungen an Polizisten verübt. In Berlin hat sich nach Freibergs Angaben allerdings »eine besondere Verrohung vollzogen«. »Die Hauptstadt ist zu einem deutschen Brennpunkt der Kriminalität in einem ganz besonderen Ausmaß geworden«, erklärte er. »Gewalt gegen Polizisten hat sich in dieser Stadt zu einem Hauptproblem der vergangenen zehn Jahre entwickelt. Die Ghettobildung in dieser Stadt sei besonders »ausgeprägt«. Der SPD-Senator Körting im SPD/PDS-regierten Berlin sagt folgendes: »Leider existieren bei uns Kieze, in denen nur noch eine bestimmte Ethnie akzeptiert wird, damit setzt eine Ghettobildung ein.« Das sei zum Beispiel im Norden des Berliner Bezirks Neukölln im sogenannten Rollbergviertel der Fall, in dem viele Bewohner keine Arbeit haben und auf Sozialhilfe angewiesen sind. Da konzentriere sich ein Teil der Bewohner, die entschlossen seien, »die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland nicht zu respektieren«. 37 % der rund 5700 Bewohner haben keinen deutschen Pass. 44 % der Täter von Jugendgruppengewalt seien ausländische Jugendliche oder Jugendliche mit ausländischem Familienhintergrund. Ausländische rivalisierende Jugendgangs haben ihre Reviere aufgeteilt. Im Berliner Bezirk Neukölln herrscht die türkische Bande »R44« im Raum Richardstraße/Karl-Marx-Straße, im angrenzenden Rollbergviertel eine arabische Bande. Mit Macheten, Messern und Keulen überfallen sie sich gegenseitig und liefern sich Massenschlägereien, die in Krankenhäusern enden. Sie terrorisieren aber auch Passanten, pöbeln und rempeln sie an. Ihre Reviere verschandeln sie mit Schmierereien. Berlins Jugendrichter erklären, daß Strafen junge Täter kalt ließen; Gewaltbereitschaft und Verrohung nähmen vor allem in den Einwanderermilieus in Wedding und Neukölln zu. Reue werde deutlich weniger gezeigt als früher. Bei immer mehr Delinquenten sei sie nicht mehr vorhanden. Die Jugendrichterin Andrea Bartl sprach von Tätern, »an die man nicht mehr herankommt« - »das schlechte Gewissen, das ist nicht mehr da«. Erschütternd ist für die Richter die Erkenntnis, daß die Eltern der Täter sich für das Schicksal ihrer Kinder kaum interessieren. 80 % der Eltern kämen nicht zu den Gerichtsverhandlungen, sagte Richter Georg Plür. Der Berliner GdP-Vorsitzende Eberhard Schönberg weiß um die fehlende Sicherheit der Bürger in Berlin auf der Straße. Im polizeilichen Außendienst rund um die Uhr würden auf Grund des Personalmangels Sicherheitsdefizite erkennbar. Die Polizei müsse sich auf Schwerpunkte konzentrieren, flächendeckend könne die Sicherheit der Bevölkerung nur noch bedingt gewährleistet werden. Schönbergs Urteil über den roten Berliner Senat und die Folgen für die Einwohner Berlins: »Wir werden sehr schnell mit amerikanischen Verhältnissen leben müssen, denn die Arbeitsfähigkeit der Polizei ist diesem Senat völlig egal.«  
 
Ende 2003 verlangte Schily von der Türkei, daß sie kriminelle Landsleute zurückzunehmen habe. Darauf bestehe die Bundesregierung, auch wenn die Türkei diese Kriminellen noch schnell ausbürgere. Schily drohte der Türkei gar: Wenn sie diese »Regeln« ignoriere, könne sie nicht der EU beitreten. Wörtlich sagte er: »Wenn die Türkei den Türken, die wir strafrechtlich verurteilt haben, den Pass aberkennt, damit wir sie nicht abschieben können, dann kann sie auch nicht der EU beitreten. Da bin ich eisenhart.« Schily wurde nicht müde, seine Eisenhärte vorzuführen. Der Minister reiste eigens in die Türkei, um dort den Politikern den Standpunkt der Bundesregierung deutlich zu machen. Das Bundesinnenministerium ließ, wie die Welt am Sonntag am 7. 12. 2003 schrieb,  Ende 2003 folgendes verlauten: »Deutschland besteht weiterhin auf einer Rücknahme der ausgebürgerten ehemaligen türkischen Staatsangehörigen durch die Türkei. Dies hat Minister Schily bei seinem Besuch in Ankara im Frühjahr dieses Jahres (2003) gegenüber seinem türkischen Amtskollegen deutlich gemacht. Diese Position hat er auch in Schreiben vom Mai und August dieses Jahres wiederholt. In konkreten Einzelfällen wird die Türkei per Verbalnote zur Rücknahme aufgefordert. Auch in Zukunft wird dieses Thema bei bilateralen Gesprächen und Konsultationen auf der Tagesordnung bleiben.« Schilys Ministerium kündigte zudem an, es werde gleichzeitig auf EU-Ebene versucht, mit der Türkei in Verhandlungen über ein Rücknahmeabkommen einzutreten. Deutschland werde sich darum bemühen, eine Klausel in das Abkommen aufnehmen zu lassen, die die Türkei verpflichtet, auch staatenlos gewordene ehemalige eigene Staatsangehörige zurückzunehmen. Prompt setzte das politische Ritual ein. Angesichts dieser verbalen Kraftmeierei des SPD-Ministers wollte sein bayerischer CSU-Kollege Günther Beckstein nicht zurückstehen. »Die Ausweisung von Mitgliedern ausländischer krimineller Gruppierungen ist selbstverständlich aus sicherheitsrechtlichen Gründen unabdingbar. Sie erfolgt gerade in Bayern mit aller Konsequenz.
 
Eine der wenigen rühmlichen Ausnahmen, die eine Verbindung zwischen Ausländerkriminalität, Ausländerpolitik und dem Zustand der Bundesrepublik Deutschland nicht nur durchschauen, sondern auch realistisch und schonungslos darstellen, bildet Prof. Dr. Ingo von Münch, ein emeritierter Professor für Öffentliches Recht in Hamburg. Die Frankfurter Allgemeine Zeitung bot dem Juristen und Politiker mit dem liberalen Image am 22. Oktober 2004 die Plattform dafür und überschrieb seinen Beitrag mit den Zeilen: »Wie die Akte eines Mörders verschwand: Ein exemplarischer Fall aus Hamburg. Es handelt sich um ein Lehrstück über den Zustand der Bundesrepublik Deutschland, über Handlungen und Unterlassungen von Justiz und Verwaltung. Der Schlaf der Verantwortung gebiert Ungeheuer.« Das »Ungeheuer« ist in diesem Fall der Sinti Niko H. mit griechischer Staatsbürgerschaft. Er wurde im Jahr 1965 als Sohn griechischer Eltern in Hamburg geboren. Niko H. verübte im Winter 2002/03 zwei Morde, die als »Schrotflintenmorde« in die Hamburger Kriminalgeschichte eingingen. Das erste der beiden Mordopfer war die 38jährige Friseuse Natascha K. Der Mann versuchte sie immer wieder »anzubaggern«. Sie wies ihn zurück. Das verletzte den Sinti in seinem männlichen Stolz. »Irgendwann kriege ich dich, du Fotze, irgendwann knall ich dich ab!«, drohte er ihr in Gegenwart einer Zeugin. Er sann auf Rache. Zwei Jahre später, am 6. Dezember 2002 gegen 18.30 Uhr, lauerte er ihr im Schutze der Dunkelheit auf. Innerhalb weniger Sekunden schoß er zweimal mit einer abgesägten großkalibrigen Schrotflinte mit Doppellauf auf die Frau. Es war, wie das Gericht später urteilte, ein »hinrichtungsähnlicher« Mord. Zwei Monate später löschte Niko H. das Leben eines 37jährigen Leiters eines Supermarkts aus, in dem er als Kunde einzukaufen pflegte. Auf einem abgelegenen Parkplatz paßte er nach Geschäftsschluß den Filialleiter Karsten P. ab, vermutlich um die Tageseinnahmen zu rauben. Er fesselte ihn, fuhr mit ihm in seinem Wagen in den nahe gelegenen Volkspark und feuerte wie im Mordfall Natascha K. wieder aus nächster Nähe mit der Schrotflinte zwei Schüsse auf ihn. »Auch hier nach Art einer Hinrichtung«, befand später das Gericht. Vier Wochen danach war Niko H. als Täter ermittelt. Sein Werdegang zum zweifachen Mörder wirft ein bezeichnendes Licht auf die politische Landschaft in Deutschland und ihre Auswirkungen auf die multikulturelle Gesellschaft. Sein Vater zog bald nach der Geburt wieder nach Griechenland. Zu seiner Mutter hatte er kaum Kontakt. Er wuchs in Hamburg bei seiner Großmutter auf. Er brach die Schule ab und beging schon als Jugendlicher reihenweise Straftaten. Niko H. hatte regulär noch einige Jahre Strafhaft zu verbüßen. Nach deutschem Strafrecht, so dozierte Professor von Münch, sei eine vorzeitige Entlassung möglich, wenn die Vollstreckung des Rests der Strafe zur Bewährung ausgesetzt werde. Voraussetzung dafür sei, daß zwei Drittel der verhängten Strafe verbüßt seien und daß die Aussetzung des Strafrechts »unter Berücksichtigung der Sicherheitsinteressen der Allgemeinheit verantwortet werden kann«.Ob das verantwortet werden konnte, hatte ein Richter zu entscheiden. Professor von Münch betrachtet den Fortgang mit einer gehörigen Portion Zynismus. Niko H. habe Glück gehabt. »Seine Akte geriet in die Hände eines ihm wohlwollenden, offensichtlich an das Gute im Menschen glaubenden Richters - mit dem Ergebnis, daß die Reststrafe aus dem Lüneburger Urteil zur Bewährung ausgesetzt wurde«, schreibt von Münch. In dem Beschluss der Strafvollstreckungskammer sei zu lesen gewesen, die durch den Strafvollzug erhofften Ziele seien bei Niko H. »erreicht«. Ein weiterer Vollzug der Strafe habe unter diesem Aspekt »keinen Sinn«. Zusätzlich wurde zugunsten des Niko H. aufgeführt, er sei »bewußter Sportler«. Das Positive mit dem »bewußten Sportler« hatte folgende Bewandtnis: Der Grieche hatte nach seinen eigenen Angaben vor Haftantritt an einem Boxtraining im Etablissement »Ritze« in St. Pauli teilgenommen, mithin im einschlägigen Milieu. Der Richter zog aus allem die Quintessenz: »Konkreten Anlaß für eine negative Prognose gibt es nicht.« Was Professor von Münch besonders erzürnte, ist die »maßlose Schelte«, die in dem richterlichen Bewährungsbeschluß an der Ausweisungsverfügung der Ausländerbehörde geübt werde. In dem Beschluß heißt es: »Neben den üblichen Problemen einer Entlassung aus dem Gefängnis nach vielen Jahren der Verwahrung« komme bei Niko H. »eine besondere Konstellation hinzu. Formal, dem Pass nach, gilt er als Grieche. Dieses Land hat er allerdings nie gesehen. Davon unberührt, will die Ausländerbehörde ihn alsbald abschieben ... Die Absurdität dieses für Person und Logik >blinden< Vorgehens ist so groß, daß die Kammer nur hoffen kann, daß die im Rahmen des Strafvollzugs immerhin auch erzielten positiven Fortschritte nicht durch bloßes Verwaltungsvorgehen wieder zerstört werden«. Das Gericht wurde grundsätzlich: »Ein Mensch, der seinen Lebensmittelpunkt seit Geburt hier hatte, kann nicht einfach ins Abseits geschoben werden. Er hat sich in diesem Land zu bewähren.«
 
Der Petitionsausschuss im damals rot-grünen Hamburg wies die Eingabe des Verbrechers gegen die Vollziehung seiner Abschiebung zurück und votierte für die Ausweisung - ausgenommen allein die Abgeordneten der Grün-Alternativen Liste (GAL). Im Landesparlament trat Ende 1996 die gleiche Konstellation zutage. Bei der Lektüre des Sitzungsprotokolls konnte sich Professor von Münch nach eigenem Bekunden nicht des Eindrucks erwehren, daß Abgeordnete der GAL für den Straftäter größere Sympathien hatten als für dessen Opfer. Die GAL stützte ihr Plädoyer gegen die Ausweisung von Niko H. auf dessen Zugehörigkeit zu den Sinti und darauf, daß er sich seit seiner Geburt in Deutschland aufgehalten habe. Nun wurde es für Professor von Münch hochpolitisch. Mit der Forderung, daß in Deutschland geborene und hier ansässige Ausländer nicht ausgewiesen werden sollten, habe die Hamburger GAL nämlich nicht allein gestanden. Denn auch aus den Reihen der FDP sei zu hören gewesen, solche »sogenannten Ausländer« seien »Inländer«: »Die kann man nicht, selbst wenn sie noch so Ausweisungswürdiges getan haben, einfach nach draußen schicken, denn sie haben da nichts.« So zitierte Münch den damaligen Bundesjustizminister Edzard Schmidt-Jortzig. Dieser Hinweis auf die Rolle der FDP entbehrt nicht der Pikanterie. Ingo von Münch selbst war als FDP-Mitglied in der Politik höchst aktiv und bekleidete unter einem Hamburger Ersten Bürgermeister von der SPD zeitweilig das Amt des Stellvertreters und zweiten Bürgermeisters. Der brisanten Analyse des Hamburger Rechtsprofessors ist eine aktuelle politische Information hinzuzufügen, die auf die rot-grüne Bundesregierung von Kanzler Schröder und seinen Außenminister Joschka Fischer (Bündnis 90/Die Grünen) zielt. Maßgebliche GAL-Politikerin in den entscheidenden Jahren des Hamburger Skandals um Niko H. war Krista Sager. Als Vorsitzende der Hamburger GAL und mit Unterbrechungen als Abgeordnete des Hamburger Parlaments (»Bürgerschaft«) bestimmte sie den Kurs in der Ausländerpolitik. 1997 stieg sie in Hamburg sogar zur Senatorin und zur zweiten Bürgermeisterin auf, jenes Amt, das auch Professor von Münch einmal bekleidete. Das blieb Krista Sager bis 2001. Heute kann sie ihre grünen Vorstellungen von Ausländerpolitik auf Bundesebene umsetzen. Seit Oktober 2002 wirkt sie in Berlin als Vorsitzende der Bundestagsfraktion der Regierungspartei Bündnis 90/Die Grünen. Ihr Einfluß ist sichtbar.
Rechtsprofessor Münch stellt allerdings klar: Rechtspolitische Forderungen seien Wünsche, geltendes Recht sei das Gesetz - in diesem Fall das Ausländergesetz. Im Fall Niko H. hätte die Ausländerbehörde nach seiner Haftentlassung zur Bewährung mit der Ausweisung tätig werden müssen. Es habe sich aber nichts getan. Niko H. dagegen sei rückfällig geworden: Bedrohung, Hausfriedensbruch, Urkundenfälschung, mehrfache Beleidigung von Polizeibeamten (»Nazis«, »blöde Faschisten«, »Rassistensau«). Das mit der Bewährung war also ein Flop. Ende 2002 widerrief das Landgericht Hamburg die Strafaussetzung zur Bewährung. Dem fälligen Antritt der Reststrafe entzog sich Niko H. - er tauchte unter. Damit war auch die Ausweisungsverfügung nur noch ein Stück Papier. Münch fragt: Wieso war zwischen der Entscheidung des Parlaments Ende 1996 und dem Untertauchen des Niko H. Ende 2002 die Ausweisung nicht erfolgt? Seine Antwort: Die Akte Niko H. war in der Verwaltung verschwunden. Der nunmehr von Bürgermeister Ole von Beust (CDU) geführte Senat schilderte in einer Antwort auf eine parlamentarische Anfrage im Jahr 2004 die skandalösen Zustände und Schlampereien in der rot-grünen Hamburger Regierungszeit: »Am 10. Dezember 1996 gab das Eingabenreferat des Einwohnerzentralamts die Ausländerakte an das damalige Sachgebiet der Ausländerbehörde ab. Dort wurde die Akte jedoch nicht erkennbar bearbeitet, obwohl die Einleitung von Fahndungsmaßnahmen und die anschließende Abschiebung des Betroffenen notwendig gewesen wäre; nach Ende der Ausreisefrist (30. November 1996) hielt sich der Betroffene illegal in der Bundesrepublik auf. Eine Ausschreibung zur Fahndung erfolgte nicht. Seit Oktober 1997 war die Akte vermutlich versehentlich im ausländerbehördlichen Archiv abgelegt und damit der laufenden Bearbeitung entzogen.« Und: Strafanzeigen gegen den wieder kriminell gewordenen Niko H. teilte die Polizei der Ausländerbehörde nicht mit. Professor von Münch moniert: Obwohl Niko H. sich nach dem Inkrafttreten der Ausweisungsverfügung illegal in Deutschland aufgehalten habe, habe er auf Grund einer von seinem Bewährungshelfer ausgestellten »Legitimationsbescheinigung« Leistungen nach dem Bundessozialhilfegesetz bezogen, die er nach dem Gesetz nicht empfangen dürfen hätte - »Deutschland: eine Weihnachtsgans«, sagt Münch bissig dazu. 2002/03 brachte Niko H. dann die Friseuse Natascha K. und den Supermarktleiter Karsten P. auf bestialische Weise um. Hätte ihre Ermordung durch eine rechtzeitige Ausweisung verhindert werden können?, fragt Münch und erörtert mögliche Antworten: Skeptiker (oder Realisten?) würden kommentieren, daß es für Niko H. als griechischem Staatsangehörigen und damit als EU-Bürger, noch dazu aus einem der Staaten, die dem »Übereinkommen betreffend den schrittweisen Abbau der Kontrollen an den gemeinsamen Grenzen« (dem sogenannten Schengen-Abkommen) beigetreten sind, kein Problem gewesen wäre, ohne Kontrolle der Papiere an der Grenze wieder nach Deutschland einzureisen. Der Rechtsprofessor kommt auf die veränderte Rechtslage zu sprechen. Für die heute geltende Rechtslage sei zu beachten, daß nach neuesten europäischen und deutschen Gerichtsurteilen eine Regelausweisung nicht mehr erfolgen dürfe. Eine Ausweisung sei nur noch auf Grund einer individuellen Ermessensentscheidung, also unter Berücksichtigung aller Umstände des Einzelfalls, zulässig. Wie hätte die Ausländerbehörde den Fall Niko H. heute entschieden, falls die Akte wieder verschwunden wäre?, fragt ein nachdenklicher Professor von Münch.
 
Mord aus »anatolischen Werten«
In der Diskussion um einen EU-Beitritt der Türkei nehmen die Moral- und Wertvorstellungen der Türken einen breiten Raum ein. Die sich über Jahrhunderte im christlichen Europa entwickelte Rolle der Frau, die gelungene Überwindung des Althergebrachten und ihre zuletzt in vielen Jahrzehnten gewachsene Emanzipation bis zur Gleichberechtigung auf der einen Seite und die im Islamischen seit Jahrhunderten begründete Unterordnung der Frauen unter die Männer wie in der Türkei auf der anderen Seite stehen sich gegenüber. Der Koran schreibt vor: »Und wenn ihr fürchtet, daß Frauen sich auflehnen, dann ermahnt sie, meidet ihr Ehebett und schlagt sie.« Und: »Die Männer aber stehen über den Frauen, weil Gott sie vor diesen ausgezeichnet hat.« Diese unvereinbaren Gegensätze werden ganz alltäglich in Deutschland sichtbar und enden nicht selten in Gewalt und Blut. Ein solcher typischer tief verwurzelter Kontrast brach in der Familientragödie der türkischen Eheleute T. hervor. Der Türke T. wurde in einem kleinen Dorf in Anatolien geboren und wuchs dort auf. Seine türkische Cousine  dagegen kam in Deutschland zur Welt und lebte hier. Die Mutter der jungen Frau und der Vater des Mannes sind Geschwister. Auf Betreiben der Eltern kam zwischen dem Türken aus Anatolien und der Türkin in Deutschland die Ehe zustande. Der Bräutigam reiste im Februar 2002 in die Bundesrepublik ein. Die Ehe war nur anfangs harmonisch. Bereits nach sechs Wochen gerieten die Frischvermählten immer häufiger in Streit. Der Ehemann war eifersüchtig. Er erwartete von ihr Gehorsam: daß sie ihn ständig um Erlaubnis fragte, selbst wenn sie nur zum Einkaufen ging. Er war den Moral- und Wertvorstellungen seiner Heimat völlig verhaftet. Der Haustyrann untersagte seiner Frau, sich allein mit einer Freundin oder ihren Schwestern zu treffen, schrieb ihr vor, wie sie sich zu kleiden hatte, kontrollierte und beaufsichtigte sie bei jeder Gelegenheit. Später wird der Bundesgerichtshof (BGH) in Karlsruhe festhalten, daß er sie »wie einen Besitz« behandelte, »mit dem er umgehen könne, wie er es für richtig halte«. Die Auseinandersetzungen nahmen im Laufe der Monate zu. Versuche der Familienmitglieder, auf den Ehemann einzuwirken, sein Verhalten zu ändern, blieben erfolglos. Der Mann schlug seine Frau immer wieder. Er fesselte sie, drückte ihr ein Kissen auf den Mund und stellte die Musikanlage lauter, damit man die Schreie bei den Misshandlungen nicht hörte. B. T. war deshalb fest entschlossen, sich von ihrem Mann zu trennen und sich scheiden zu lassen. Ihr Mann, dessen Aufenthaltserlaubnis am 14. November 2002 ablief, sollte in die Türkei zurückkehren. Das empfand er als demütigend und drohte mehrfach, wenn er in die Türkei zurück müsse, werde er »eine Leiche mitnehmen«. Am Abend des 16. Oktobers 2002 gerieten sich die Eheleute erneut in die Haare. Die Frau weigerte sich, zwecks Aufenthaltsverlängerung mit ihm zum Konsulat zu fahren. Er solle in die Türkei zurückkehren. Aus Wut und Verärgerung begann der Mann auf seine Frau einzuschlagen. Er zog ein Klappmesser mit einer Klinge von acht Zentimetern aus der Hosentasche, klappte es auf und stach mit großer Wucht gezielt vielfach auf den Oberkörper seiner Ehefrau ein. Sie stürzte zu Boden. Dort stach er weiter auf sie, bis sie sich nicht mehr rührte. Insgesamt versetzte er ihr 48 Messerstiche, davon zwölf in die Brust und 34 in den Rücken. Die Frau starb innerhalb kürzester Zeit, nach maximal ein bis drei Minuten. Anschließend nahm der Mann 250 Euro aus dem Portemonnaie seiner Ehefrau und versuchte zu fliehen. Er wurde gegen 23.25 Uhr vor einer Gaststätte festgenommen, wo er auf ein Taxi wartete. Im Mai 2003 verurteilte das Landgericht Frankfurt am Main den Türken zu 13 Jahren und sechs Monaten Haft - aber nicht wegen Mordes, sondern nur wegen Totschlags. Auf Mord steht lebenslange Haft. Warum war das Schwurgericht gegenüber dem Türken nachsichtig? Es waren die »anatolischen Wertvorstellungen« des Angeklagten, welche die Frankfurter Richter zu dem Beschluß kommen ließen, auf eine Verurteilung wegen Mordes zu verzichten. Denn zu einem Mord gehören so genannte »niedrige Beweggründe«. Das deutsche Gericht sah sie aber bei dem Türken als nicht gegeben an. Stattdessen billigten ihm die Richter strafmildernd zu, der Mann habe »seine Familien- und Mannesehre verletzt« gesehen und einen »Ansehensverlust in der Heimat« mit seiner ruhmlosen Rückkehr in die Türkei« befürchtet. Anatolische Wertvorstellungen haben also in Deutschland rechtliches Gewicht? Den Bundesgerichtshof (BGH) überzeugte das Argument nicht. Das Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe sei dadurch nicht auszuschließen. Der Zweite Strafsenat des BGH hob deshalb im Jahr 2004 das Frankfurter Urteil in einem Revisonsprozeß teilweise auf. In einem richtungweisenden Urteil äußerte sich der BGH »zum Mordmerkmal der niedrigen Beweggründe bei ausländischen Tätern« (Aktenzeichen 2 StR 452/03). »Im Namen des Volkes« stellte der BGH-Senat am 28. Januar 2004 klar: Der Hinweis auf »anatolische Wertvorstellungen« reiche nicht aus, um in Deutschland die Verurteilung eines Türken wegen Mordes zu verhindern. Trotzdem können Türken vor deutschem Gericht noch immer auf ein gewisses Verständnis bauen. Der Bundesgerichtshof wies nämlich auch darauf hin, daß er »in seiner früheren Rechtsprechung die besonderen Anschauungen und Wertvorstellungen, denen ein Täter wegen seiner Bindung an eine fremde Kultur verhaftet ist, bereits bei der Gesamtwürdigung, ob ein Beweggrund objektiv niedrig ist, berücksichtigt«. Der BGH wies den Fall des Türken T. zu neuer Verhandlung und Entscheidung an das Frankfurter Landgericht zurück. Das nächste Mal werden dort aber andere Richter über ihn urteilen. Das BGH bestimmte, daß sich eine andere als Schwurgericht zuständige Strafkammer des Landgerichts Frankfurt am Main mit dem Fall befassen müsse.
 
Das Mädchen Nuran: Vom Vater hingerichtet
Die Frauenrechtsorganisation Terre des Femmes registriert neuerdings aus Zuwanderergruppen in Westeuropa vermehrt sogenannte Ehrenmorde, wie sie sonst aus Pakistan, Bangladesch, dem Mittleren und Nahen Osten einschließlich der Türkei gemeldet werden. Morde um der Ehre willen, so berichteten die Vereinten Nationen, sind in mindestens 14 Ländern der Erde verbreitet. In der Türkei herrschen noch immer Sitten aus einer dunklen Epoche, die mit der Zuwanderung nach Deutschland mitgebracht werden. Folgendes ereignete sich nach dem landestypischen Sittenkodex in der Türkei: Im April 2004 wurde die 14jährige Türkin Nuran H. in ihrem türkischen Heimatdorf auf dem Weg zum Markt von einem 21-Jährigen aus der Dorfgegend entführt und in ein Haus verschleppt. Dort verging sich der Mann mehrmals an dem Mädchen. So verlor die 14-Jährige vor der Ehe ihre Jungfräulichkeit. Nach mehreren Tagen wurde sie von Polizisten befreit. Der Vater Mehmet H. berief den Familienrat ein. Die 30 Mitglieder entschieden bei einem Abendessen: Nuran müsse sterben. Sie habe mit dem Verlust ihrer Unschuld vor der Ehe Schande über die Familie gebracht. Der Vater vollzog das Urteil. Eigenhändig würgte er seine Tochter mit einem Kabel, bis sie nicht mehr atmete. Die Leiche wurde in einem Wald am Bosporus verscharrt. Dann erstattete der Vater Vermißtenanzeige. Im Polizeiverhör gestand er am Ende: »Ich habe sie getötet, weil sie unsere Familienehre befleckt hat.«
 
Das Verbrechen sei »heimtückisch und aus niederen Beweggründen« begangen worden, stand in der Anklageschrift der Staatsanwaltschaft für den Prozess im Dezember 2003. Die Familie war 1989 aus dem Kosovo nach Deutschland gekommen und hatte Asyl erhalten. Der Familienvater tyrannisierte seine auffallend hübsche Ehefrau Hanife und seine vier Töchter. Mit Fausthieben zwang er seine Frau, ihren Deutschkurs abzubrechen. Seine Familie sollte so undeutsch wie möglich bleiben. Der Vorsitzende Richter Herbert Escher versuchte mit Fragen, den ethnischen und kulturellen Hintergrund des Verbrechens auszuleuchten. Dadurch wurde sichtbar, daß ein innerfamiliärer Kulturkampf Orient und Okzident eskalierte. Der Ehemann hatte das häusliche Muster der Männergesellschaft aus dem muslimischen Kosovo mit nach Deutschland gebracht. Ob er seine Frau geschlagen habe, wollte der Richter wissen. »Natürlich, wenn sie es verdient hatte«, antwortete der Familienvater. Das sei doch schließlich normal. »So ist es bei uns im Kosovo«, beharrte er und räumte ein: »In Deutschland gibt es ein anderes Gesetz.« Es setzte auch Schläge, wenn seine Frau schlecht kochte. Die Ehefrau vertuschte ihr Martyrium. Sie schminkte sich morgens vor dem Spiegel die Blutergüsse weg und ging lächelnd aus dem Haus. Niemand sollte erfahren, daß der Schein vom Familienidyll trog. Im Gerichtssaal brauste Latif Z. auf, als er erzählte, daß sich seine Frau geschminkt habe und ohne ihn ausgegangen sei. Gegen seinen Willen habe sie eine Ausbildung zur Altenpflegerin gemacht. Als er auf den Lebensstil seiner Tochter Ulrika zu sprechen kam, schimpfte er, seine Frau habe das Mädchen ohne sein Einverständnis in die Disco gefahren. Die Frauen also wagten den Widerstand gegen den Haushaltsvorstand, den muslimischen Tyrannen. Ulrika, die Älteste, wollte die Freiheit. Sie sprach besser Deutsch als Albanisch. Sie rauchte, schminkte sich, trug knappe Tops, wie viele Teenies in Deutschland es tun, und ließ sich den Bauchnabel piercen. Der Vater tobte, wenn er seine Tochter nur sah. Ulrika aber war von starkem Charakter und dickköpfig. In der Schule wurde sie zur Sprecherin gewählt, in der Theater-AG bejubelt. Riß ihr Vater das Christina-Aguilera-Poster von der Wand, kaufte sie postwendend ein neues. Verbot er ihr das Ausgehen, lief sie weg. Einmal hielt der Vater einen Kratzer an ihrem Hals für einen Knutschfleck. »Hure eines Deutschen!«, schrie er und begann sie zu würgen. Ihr Tod war besiegelt, als sie ihren ersten Freund hatte. Ein Liebesbrief verriet sie. Es entwickelte sich ein Handgemenge zwischen Vater und Tochter. »In diesem Augenblick«, sagte Latif Z., »habe ich die Kontrolle verloren.« Er habe der am Boden liegenden Ulrika Isolierband um Mund und Hals gewickelt. »Ich habe zugezogen.« Das Schwurgericht unter dem Vorsitzenden Richter Herbert Escher erkannte auf »Heimtücke und niedere Beweggründe« und verurteilte den Kosovo-Albaner wegen Mordes zu lebenslanger Haft. Die danach eingelegte Revision wurde verworfen. Dem Täter wurde sein Sittenkodex aus dem Kosovo nicht strafmildernd zugute gehalten Das Urteil ist damit rechtskräftig. Ehefrau Hanife Z. hat sich von ihrem Mann scheiden lassen. Sie lebt zum ersten Mal wieder ohne Angst und seit 18 Jahren zum ersten Mal ohne Bevormundung. Sie atmete die neue Freiheit, um ihren Deutschkurs wieder aufzunehmen, und beschloß, die deutsche Staatsangehörigkeit zu erwerben. Sie bekommt heutzutage zu spüren, »daß Männer auch respektvoll sein können«. Noch immer ist die Trauer zu groß, um die Freif="/index.cfm/module/webshop_article/function/articlelist/theme/66/CFID/38560256/CFTOKEN/59498120">PIMP YOUR.... (11)

Poker (13)
Politik (1)
Popart (9)
Rauchen und Nichtrauchen (6)
Retrostyle (35)
Romantik (41)
Schn?ppchen (26)