FEINDBILD RUSSLAND

Während die Weltöffentlichkeit durch den britischen Propagandakrieg

gegen Rußland abgelenkt ist, schreibt Peter Orzechowski auf »kopp-report.de«, vollzieht sich eine weltpolitisch bedeutsame Veränderung: Die NATO hat der Ukraine und daneben auch Mazedonien, Georgien und Bosnien-Herzegowina   den Status des Beitrittskandidaten verliehen. Damit rückt die NATO an Rußlands Grenzen vor: Und das mit beispielloser Geschwindigkeit.   [1] 

Unterstützt wird dieser Schritt dadurch, daß, wie Karl Müller [2] schreibt, die NATO und die EU das Feindbild Rußland eskalieren. Rußland soll als bösartiger Aggressor dargestellt werden, dem die freie Welt machtvoll entgegenzutreten hat. Sekundiert werden sie von den meisten Leitmedien und von medienbeflissenen Experten. Die Dauerpropaganda gegen Rußland und vor allem gegen den soeben erst wiedergewählten Präsidenten Putin hat paranoide Züge angenommen. Aber diese Paranoia ist nicht ohne Zweck. 

Mit dem Ende des Kalten Krieges, der Auflösung von Warschauer Pakt und Sowjetunion war die Hoffnung auf ein künftiges Zusammenleben in Frieden, Freiheit und Gleichberechtigung aufgekeimt; die im November 1990 verabschiedete Pariser Erklärung der OSZE, damals noch unter Beteiligung der Sowjetunion, brachte dies sehr gut zum Ausdruck. Indessen streben die USA seit 1991 an, die einzige Weltmacht zu sein. Mit dem Zweiten Golf-Krieg 1991, legt Müller dar, zeigte die politische und militärische Führung der USA, wonach sie tatsächlich strebt: Nach einer neuen Weltordnung nach US-Vorstellungen und nach dem US-Zugriff auf die zentralen Rohstoffreserven dieser Welt.

Und es ist kein Zufall, da das 1999 in deutscher Sprache erschienene Buch des ehemaligen US-Sicherheitsberaters Zbigniew Brzezinski den Titel trägt: Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft. Daß sich dann auch noch das Projekt der US-Neokonservativen Ende der 90er Jahre Project for a New American Century nannte, paßt genau in diese Linie. Damit waren auch die Nachfolgestaaten der Sowjetunion betroffen, ebenso wie Rußland selbst. »Die USA beanspruchten die riesigen Mengen russischer Rohstoffe, das Land wurde einer marktradikalen Schock-Strategieausgesetzt, US- und andere westliche NGOs und Medien hoben an, die öffentliche Meinung des Landes bestimmen zu wollen; gewalttätige islamistische Separatisten wurden  unterstützt und es gab sogar US-Teilungspläne für das Land.« Eines sollte auf jeden Fall verhindert werden, und dies entsprach angelsächsischen geopolitischen Plänen aus dem Beginn des 20. Jahrhunderts: Daß auf dem eurasischen Kontinent, Europa und Asien, eine eigenständige Gegenmacht zu den USA und seinen angelsächsischen Mitstreitern entsteht, zum Beispiel in Form einer engen Zusammenarbeit anderer europäischer Staaten, allen voran Deutschlands und Frankreichs mit Rußland. Die russische Seite hatte schon unter dem sowjetischen Präsidenten Gorbatschow von einem gemeinsamen europäischen Haus gesprochen, was mit allen Mitteln verunmöglicht werden sollte.

Rußland selbst mußte einen sehr hohen Preis zahlen, die 90er Jahre zählen zu den schlimmsten in der Geschichte des Landes. Dies änderte sich erst mit der Politik von Putin zu Beginn des neuen Jahrtausends, was auch sehr schnell von Seiten der USA wahrgenommen wurde. Brzezinski wetterte in Artikeln und Interviews gegen den neuen russischen Präsidenten und dessen Politik, erinnerte Rußland an die ihm zugedachte Rolle und warnte vor dem russischen Anspruch, als gleichberechtigte Macht akzeptiert werden zu wollen. In den baltischen Staaten traten neokonservative Politiker der Regierung Bush Jr. auf und machten Stimmung gegen Rußland. Schon zuvor waren die baltischen neben den anderen ehemaligen Staaten des Warschauer Pakts für NATO und EU verplant worden und wurden nun Schritt für Schritt integriert. Die NATO-Grenze näherte sich Rußland, und selbst in ehemaligen europäischen und asiatischen Teilrepubliken der Sowjetunion sollten von den USA geförderte farbige Revolutionen antirussischen Regimen zur Macht verhelfen.  

In seiner Rede vor der Münchner Sicherheitskonferenz im Februar 2007 machte Putin jedoch in aller Klarheit deutlich, da
ß Rußland eine Gleichberechtigung in der Staatenwelt anstrebt, die Einhaltung der UNO-Charta und des Völkerrechts fordert und nicht länger bereit ist, die sich um keinerlei Rechtsgrundsätze kümmernde Politik von USA und NATO zu akzeptieren. Pro memoria: Die NATO hatte nach einem Jugoslawien zersetzenden Jahrzehnt 1999 völkerrechtswidrig gegen die verbliebene und mit Rußland verbundene Bundesrepublik Jugoslawien Krieg geführt, und die USA bauten in der Folge im Kosovo den gegen Rußland gerichteten Militärstützpunkt Camp Bondsteel auf.

Nach Beginn des NATO-Krieges gegen Afghanistan im Jahr 2001, in dem Rußland zuerst sogar seine Unterstützung angeboten hatte, wurde Rußland mit afghanischem Rauschgift geflutet; im gleichen Jahr kündigten die USA den ABM-Vertrag, weil sie ihr Raketenabwehrsystem, das sich von Beginn an gegen russische Raketen richtete, im Osten Europas aufbauen wollten. Im selben Jahr verkündete die US-Regierung auch ihren Endloskrieg gegen den Terrorismus und gegen eine vermeintliche Achse des Bösen. 2003 hatte eine Koalition der Willigen unter der Führung der USA einen völkerrechtswidrigen Krieg gegen den Irak begonnen und schon 2004 gab es einen ersten Putschversuch in der Ukraine, die orangene Revolution, und so weiter und so fort.

USA, NATO und EU haben die Warnung des russischen Präsidenten aus dem Jahr 2007 nicht ernstgenommen; im Gegenteil: USA und NATO  - mit der EU im Schlepptau -  hielten an ihrem Ziel der Schwächung und Ausgrenzung Rußlands fest, trotz aller guten Geschäfte, die man selbstverständlich gerne machte. Es folgten weitere von NATO- und EU-Staaten maßgeblich verursachte Brandherde: Georgien, Libyen, Syrien, Jemen, Ukraine … Kaum etwas stimmt von dem, was unsere politischen Eliten öffentlich zu diesen Ländern sagen. Immer geht es um etwas ganz anderes, und noch zeichnet sich keine Umkehr ab; im Gegenteil. 

Wie Orzechowski im weiteren ausführt, erklärte der ukrainische Präsident Petro Poroschenko in einem Interview mit den Zeitungen der Funke-Mediengruppe, das am 19. 3. 18 veröffentlicht wurde: »Wir arbeiten extrem hart an einer NATO-Mitgliedschaft. Unser Ziel ist es, in den kommenden zehn Jahren Teil des Bündnisses zu sein.« Wie er hinzufügte, »wäre die NATO mit der Ukraine viel stärker und effizienter als heute.« Die NATO-Staaten könnten laut Poroschenko von der Ukraine die »Auseinandersetzung mit Rußland« lernen. Was er damit meint, ist allerdings unklar. Denn Kiew kämpft seit 2014 erfolglos im Osten des Landes gegen prorussische Rebellen. Die Propaganda, daß die Separatisten vom Kreml unterstützt würden, versucht, diese militärische Niederlage zu übertönen. Mehr als 10 000 Menschen sind in dem Konflikt bislang getötet worden. Mit Blick auf die Krim-Krise erklärte Poroschenko: »Rußland hat das internationale Ordnungssystem nach dem Zweiten Weltkrieg ruiniert. Es gibt für die globale Sicherheit keine Alternative zu einer starken NATO… Jetzt brauchen wir einen Plan zur NATO-Mitgliedschaft. Den streben wir bis zum Jahresende 2019 an.«

Die NATO kurz vor ihrem Ziel  
Die Zusammenarbeit zwischen der NATO und der Ukraine hatte nach dem Ende des Kalten Krieges begonnen. 1991 war die Ukraine dem Nordatlantischen Kooperationsrat und drei Jahre später der Partnerschaft für den Friedenbeigetreten. Die Beziehungen waren 1997 durch die Unterzeichnung der Charta für eine besondere Partnerschaft gestärkt worden. Es wurde die NATO Ukraine-Kommission (NUC) gegründet. Die Deklaration zur Ergänzung der Charta im Jahr 2009 beauftragte die NUC, Reformen zur Umsetzung euro-atlantischer Standards voranzutreiben. Als Reaktion auf den Rußland-Ukraine-Konflikt baut die NATO seit 2014 kontinuierlich Stützpunkte in der Ukraine auf und rüstete die ukrainischen Streitkräfte mit westlichen Waffen aus. Mittlerweile betreibt die US Navy einen Stützpunkt im Schwarzmeerhafen von Otschakiw, gut 100 km nördlich der Krim. Nach Angaben der NATO sind im Westen der Ukraine derzeit 300 US-Soldaten als Ausbilder tätig. Sie trainieren alle 55 Tage ein neues Bataillon der ukrainischen Streitkräfte. Am Ende der 55 Trainingstage finden Feldübungen statt. Die Aufgabe der Ausbilder sei es, eine Ausbildungsstruktur aufzubauen, damit sich die ukrainischen Soldaten selbstständig trainieren können, so die NATO.

US-und NATO-Truppen haben seit 2014 dazu beigetragen, die ukrainische Armee von mehr als 100 000 auf 250 000 Soldaten zu vergrößern. Aber die Aufrüstung hat gerade erst begonnen: Ende 2017 gab das US-Außenministerium bekannt, daß die Bereitstellung »verstärkter Verteidigungsfähigkeiten« für die Ukraine genehmigt worden sei. Diese Verteidigungswaffen sind zum Beispiel das Barrett M107A1-Scharfschützengewehr für große Distanzen oder die FGM-148 Javelin-Panzerabwehrrakete von Lockheed Martin.

Moskau hatte daraufhin mit Blick auf die Kämpfe im Osten der Ukraine erklärt, das geplante Rüstungsgeschäft werde zu neuem Blutvergießen führen.   

Die NATO holt noch weiter aus 
Aber es geht der NATO um weitaus mehr als nur um die Ukraine. Am 2. März schlossen die Ukraine, Moldawien und Georgien ein Verteidigungsbündnis gegen Rußland. Der Bund erneuert die am 10. Oktober 1997 geschlossene Sicherheitsallianz, die ihren Namen aus den Anfangsbuchstaben der 4 Staaten ableitet: GUAM - Georgien, Ukraine, Aserbaidschan und Moldawien. Jeder der 4 GUAM Staaten bietet Konfliktmöglichkeiten, denn jeder grenzt an Rußland bzw. an dessen Verbündete. Gerade der südwestliche Nachbar der Ukraine,  Moldawien, will mit aller Macht in die NATO. Das Land kündigte größere Waffenkäufe beim Bündnis an und räumte den US-Marines bereits den Stützpunkt Bulboaca ein. Von dort sind es nur etwa 10 km bis zur Grenze zu Transnistrien, jener kleinen abgespaltenen Teilrepublik, die unter dem Schutz Moskaus steht. Sollte es von anderen NATO-Mitgliedstaaten Bedenken gegen den Beitritt dieses von Korruption gebeutelten Landes geben, könnte Moldawien dennoch  - sozusagen durch die Hintertür -  beitreten, indem es sein Militär in das Rumäniens integriert. Georgien hat seit dem Fünf-Tage-Krieg im August 2008 gegen Rußland nicht aufgehört, an die NATO-Tür zu klopfen.

Auch die Bald-NATO-Mitglieder Mazedonien und Bosnien-Herzegowina nehmen eine wichtige geopolitische Rolle ein: Mit ihrem Beitritt ist der Ring um das mit Rußland befreundete Serbien geschlossen. Umgeben von Ungarn im Norden, Rumänien im Osten, Bosnien-Herzegowina im Westen und Montenegro, Kosovo und Mazedonien im Süden bleibt Belgrad auf die Dauer keine andere Wahl, als selbst dem Militärbund beizutreten.  

Was heißen nun diese Entwicklungen für einen möglichen Krieg des Westens gegen Rußland? Die Möglichkeiten, einen NATO-Bündnisfall auslösen zu können, erhöhen sich mit einer Mitgliedschaft der Ukraine, Bosnien-Herzegowina, Moldawiens und Georgiens.


Quelle:  http://www.kopp-exklusiv.de/

[1]  https://kopp-report.de/die-nato-rueckt-nach-osten-vor/    7. 4. 18
Die NATO rückt nach Osten vor  -  Von Peter Orzechowski  -  auszugsweise -

[2]  https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2018/nr-7-27-maerz-2018/nato-und-eu-eskalieren-feindbild-russland.html   27. 2. 18
Die Nato und die EU eskalieren das
»Feindbild Russland« - Von Karl Müller
- auszugsweise -