Zur Frage eines Atomausstiegs

Wenn Atomkraftwerke vorzeitig abgestellt werden, bricht das Stromnetz

zusammen, sagt der Gewerbeverband. Zu dieser Aussage und zu den Folgen eines raschen Atomausstiegs hat der Forschungsleiter Offene Schweiz bei Avenir Suisse, Patrick Dümmler, wie folgt kurz Stellung genommen: 

Grundsätzlich haben wir in Europa genügend Kapazitäten, um Strom zu erzeugen, selbst wenn Beznau 1 und 2 und Mühleberg 2017 vom Netz genommen würden. Es gibt europaweit Stromerzeugungsanlagen, die zusätzlich in Betrieb genommen werden müssten, um den Bedarf mittelfristig zu decken.

Die Häufung von Stromausfällen in jüngster Vergangenheit beunruhigt Sie nicht?

Jene in Zürich hatten nichts mit Stromknappheit zu tun. Sie waren meist auf technische Ursachen zurückzuführen.

Laut Swissgrid bräuchte es eine zusätzliche Infrastruktur, wenn Beznau 1 und 2 und Mühleberg abgeschaltet werden.

Richtig. Eine Schwierigkeit ist, dass der Strom das Kraftwerk in einer anderen Spannung verlässt, als wir ihn aus der Steckdose benötigen. Hier braucht es unter anderem zusätzliche Transformatoren und Leitungen an technisch sensiblen Punkten des Stromnetzes.

Laut Initiativbefürwortern besteht die Gefahr von Zusammenbrüchen vor allem bei Schnellabschaltungen, welche die Initiative nicht nach sich ziehen würde. Trifft das zu?

Wir sehen heute, dass selbst Schnellabschaltungen durch Importe und Pumpspeicherkraftwerke kurzfristig gut aufgefangen werden können. Allerdings würde eine Annahme der Initiative die Häufung von Schwankungen im Stromnetz klar erhöhen. Während gewissen Zeiten können keine erneuerbare Energien produziert werden: Solarstrom bei Dunkelheit, Windenergie bei Windstille. Um das auszugleichen, braucht es Produktionsanlagen wie Pumpspeicherkraftwerke.

Was können wir von Deutschland lernen, das seit 2011 9 von 17 Meilern abgeschaltet hat?

In Deutschland entfällt ein grosser Teil der erneuerbaren Produktion auf den Norden, etwa Windparks in der Nordsee. Gleichzeitig wird ein grosser Teil der Energie im Süden verbraucht. Das Leitungsnetz ist dafür noch nicht genügend ausgerüstet. Auch in der Schweiz wären teure Investitionen ins Netz nötig.

Wenn man Ihnen zuhört, könnte man Sie für einen Befürworter der Initiative halten.

Ich bin dezidierter Gegner der Initiative. Für mich spielt das Risiko eines Blackout aber eine untergeordnete Rolle. Wir von Avenir Suisse argumentieren ökonomisch. Ich sehe immense finanzielle Folgekosten. Die AKW-Betreiber haben ihre Investitionen teilweise für eine Betriebszeit von 60 Jahren ausgelegt. Wenn wir die AKW nach 45 Jahren ausschalten, senken wir die Produktionskosten nur zum Teil, weil etwa die Brennstäbe noch lange weitergekühlt werden müssen.

 

Quelle: 
http://bazonline.ch/wetter/allgemeinelage/sperrfrist-7-uhr-das-risiko-des-blackout-spielt-eine-untergeordnete-rolle/story/29048049   4. 11. 16