Barrosos Ziel: Souveränität der europäischen Staaten brechen

Laufende Untersuchungen über die Umtriebe zur Zerstörung der Nationalstaaten Europas werfen erneut ein Schlaglicht auf José-Manuel Barroso.

Schon bevor dieser seine Position bei der EU erhielt, arbeitete er systematisch auf ein oligarchisches nachindustrielles Europa der Regionen anstelle gewählter souveräner Regierungen hin. Dies überrascht nicht, wenn man feststellt, daß er ein Schüler von Denis de Rougemont ist, der auch als Vater des Europas der Regionen bezeichnet wird und den Barroso bei jeder sich bietenden Gelegenheit lobt.
 
Wer ist dieser de Rougemont, der in Europa über einen Großteil des letzten Jahrhunderts hinweg sein Unwesen trieb? Der Schweizer de Rougemont (1906-1985) wurde in den 20er Jahren in der sogenannten non-konformistischen und personalistischen Bewegung aktiv, besonders in der Fraktion L’Ordre Nouveau - L’ON, die im souveränen Nationalstaat eine Struktur des Bösen sah. Im November 1933 veröffentlichte ein sechsköpfiges Kollektiv, zu dem de Rougemont gehörte, in der Zeitschrift von L’ON einen 30 Seiten langen Brief an Hitler, worin sie den Nationalsozialismus loben, weil er den gemeinsamen industrialistischen Irrtum der Kapitalisten des Abendlandes und der Kommunisten der UdSSR vermeide, kritisieren aber dann, er sei noch zu sehr dem Produktivismus und dem Nationalstaat verpflichtet. De Rougemont nahm ein Angebot, 1935/36 Vorlesungen an der Frankfurter Universität zu halten,  an, verzichtete dann aber darauf wegen der ihm zu gering erscheinenden Bezahlung. Später schloß er sich der Résistance an und ging in die USA. Schon Churchill erkannte, daß die Idee des Föderalismus ideal ist, um die Oberhoheit eines souveränen Staats auf die Dauer auszuhöhlen. Gegenseitige Streitereien unter den Regionen machen einen Staat dann natürlich viel leichter kontrollierbar! 1947 betraute Churchill de Rougemont mit dem Vorsitz der Haager Konferenz, einem britischen Versuch, den Föderalismus in Europa dominant zu machen, um Deutschland zu zerstückeln und de Gaulle niederzuhalten. 1950 gründete de Rougemont, der die Politik durchaus richtig durch die Kultur bestimmt sah,  in Genf das European Centre for Culture (ECC), das dann das Dogma absoluter Souveränität der Nationalstaaten anprangerte. De Rougemont leitete 1950 auch die Gründung des Kongresses für kulturelle Freiheit (CCF), dessen Vorsitz er von 1952-66 innehatte, bis die New York Times 1966 enthüllte, daß hinter dem CCF im wesentlichen die CIA steckte. Nach diesem Skandal wendete sich de Rougemont weniger verfänglichen Partnern zu: den Ökologen. 1976 gründete er zusammen mit Teddy Goldsmith die Umweltgruppe ECOROPA. 1995 gab es eine Gedenkveranstaltung für de Rougemont unter dem Titel Regionalismus, Föderalismus und Ökologismus, in deren Ehrenbeirat Daniel Cohn-Bendit und der französische Ökologe Brice Lalonde saßen. Die Grüne Fraktion im Europaparlament gehört zur selben Gruppe wie die Regionalisten (EFA), denen zur Zeit Eric Defoort von der flämischen Separatistenpartei vorsteht.
 
Wie fügt sich nun Barroso in dieses Bild ein? Als junger Maoist studierte er Politikwissenschaft an der Genfer Universität und war dort von 1982-85 am Institut für Europäische Studien Assistent von Prof. Dusan Sidjanski, dem engsten Mitarbeiter de Rougemonts. In dieser Zeit hörten Barroso und seine Frau Margareta jeden Freitagnachmittag de Rougemonts Vorlesungen. Sobald Barroso EU-Kommissionspräsident geworden war, ernannte er Sidjanski, der Chef des von de Rougement gegründeten ECC blieb, zum Sonderberater der Kommission. Das Bild wird dadurch abgerundet, daß Sidjanski ein Mitglied der Spiro-Latsis-Stiftung ist, die das ECC finanziert. Spiro Latsis ist Sprößling einer der mächtigsten Reederei- und Bankenfamilien Griechenlands. Man erinnere sich, daß Barroso und seine Frau 2004 ihren Urlaub als Gäste auf der berühmten Jacht von Latsis verbrachten. Wenige Wochen später ermächtigte die EU-Kommission den griechischen Staat, Latsis’ Bankgeschäfte mit 10,3 Mio. € zu subventionieren. Und vom jüngsten 145 Milliarden-Euro-Rettungspaket der EU für Griechenland geht ein bedeutender Teil des Geldes an Banken, die Latsis gehören 1; siehe auch Der Weg der Steuergelderauf http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1534 
 
Dass Barroso mit seiner Auffassung nicht allein steht, zeigt sich auch an den Aussagen des früheren deutschen Aussenministers Joschka Fischer. Er verurteilte die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes zum Vertrag von Lissabon, die dem deutschen Bundestag und dem Bundesrat grösseren Einfluss sichert. Fischer behauptete, dies sei eine nationalistische Sichtweise, die darauf abziele, eine Supranationalisierung Europas zu verhindern. Der ECFR, der European Council on Foreign Relations, hatte am 2. 7. 09 auf seiner Internetseite einen Artikel veröffentlicht, in dem u.a. auf die Entscheidung des Gerichtes wie folgt hingewiesen wird: »Trotz Karlsruhes Lobeshymnen über den Wert und die Notwendigkeit der europäischen Integration ist das Urteil von einer offensichtlichen Neigung zur nationalen Souveränität durchzogen, die in dieser Zeit der internationalen Interdependenz und der Globalisierung realitätsfremd erscheint.« Auch Jürgen Rüttgers - bis zum 9. Juni 2010 Ministerpräsident des Landes Nordrhein-Westfalen - plädierte am 15. 7. 09  für die Errichtung der Vereinigten Staaten von Europa nach dem Vorbild der USA. Auch er kritisierte das Urteil des Bundesverfassungsgerichts zum Lissabon-Vertrag massiv. Das Urteil sei »Wasser auf die Mühlen all jener, die immer noch der Nationalstaatsidee des 19. Jahrhunderts anhängen.« »Klimawandel, Terrorismus, die großen Herausforderungen der Gegenwart, sind seiner Meinung nach nicht mehr auf nationaler Ebene zu lösen. Wir können sie nur noch in einer neuen Weltordnung bewältigen. Die EU müsse dabei vorangehen - und sie wird es nur können, wenn sie in der Lage ist, mit einer Stimme zu sprechen. Gelingt ihr das nicht, wird sie in Bedeutungslosigkeit versinken.«
 
Es ist immerhin beruhigend, dass es immer mehr Stimmen von Sachverständigen gibt, die diesen Auffassungen entgegentreten.
 
 
1 Quelle: Strategic Alert, Jahrgang 24, Nr. 27 vom 7. Juli 2010