Die »andere Gesellschaft« und die »neuen Deutschen« - Von Doris Auerbach 16.02.2015 01:38
Die Nachwehen, die Merkels Äusserung, der Islam gehöre zu Deutschland, verursachte,
sind bei weitem noch nicht abgeklungen. So hat Heinz Buschkowsky, der Bürgermeister
des Berliner Problembezirks Neukölln, der sein Amt 15 Jahre lang bekleidete und
dieses - leider, gilt es hier einzufügen - in Kürze niederlegen wird, dieser Tage scharfe
Kritik an der Islampolitik in Deutschland geübt: Dass dieser zu Deutschland
gehöre, sei »so etwas von falsch«. »Wenn der Satz einen Beitrag zur Entstehung der
Werteordnung in unserem Land testieren soll«, so
Buschkowsky, »dann ist er Blödsinn. Der Beitrag des Islams zu
Reformation, Aufklärung und zum Humanismus ist mir nicht präsent.« Er bedauert, dass die Bundeskanzlerin sich diese Äusserung
zu eigen gemacht habe. »Dieser Satz war so schön
beerdigt; Gras darüber gewachsen. Wie heißt es in dem
Sprichwort: Irgendwann kommt ein großes Höckertier und frißt
das Gras wieder ab. Diesmal kam kein großes Höckertier, es kam unser aller Mutti. Und meinte, sie müsse ihn als
Notärztin reanimieren.« Integration erschöpfe
sich nicht in Multikulti-Politik. »Wo wir
Menschen sind, da löst sich überhaupt kein Problem von selbst. Integration, das
Verschmelzen unterschiedlicher Lebensarten und Zivilisationsgrade, bedeutet harte
Arbeit, auch Tränen.«
Buschkowsky verdanken wir zwei Werke, deren Erstrangigkeit vor allem darauf beruht, dass sie mit ruhiger
Hand geschrieben sind, sich jeglicher Anklage oder Häme enthalten und die darin
geschilderte Situation auf der Basis von Fakten ruht, die allenfalls von seinen
eindrücklichen und klugen Empfehlungen hinsichtlich einer Korrektur der
Gegebenheiten begleitet sind. Dem ersten Buch gab er den Titel ›Neukölln ist überall‹, dem
zweiten ›Die andere Gesellschaft‹.
Buschowsky
spricht über die rapide voranschreitende Verwahrlosung in seinem Bezirk, die
Gewalt und den Verlust der Menschlichkeit, über Misserfolge der Integration und
über Menschen ohne jegliche Perspektive. Er beschreibt nicht nur Fall für Fall
die gescheiterte Integration, sondern vor allem auch geschlossene
Migrantengesellschaften, die alles Deutsche ablehnen und Eltern, die ihren
Kindern beibringen, dass Hartz-IV-Leistungen der einzige Sinn des Lebens seien.
Wie er darlegt, gibt es unsichtbare Mauern, hinter denen unser Transfersystem
des Wohlfahrtsstaates jeden Aufstiegswillen von Migranten erstickt. Das alles,
erklärt er, ist unumkehrbar, es sei denn, wir pumpen unvorstellbare weitere
Summen in unsere Migranten; geschieht das nicht, wird der Preis nicht nur eine
zerrissene Gesellschaft sein. Die Lebenslüge der gescheiterten
Integrationspolitik werde dann auch zum Erstarken des politischen Extremismus
in Deutschland führen.
Seine niedergelegten Erfahrungen zum Thema Einwanderung - letztere haben dazu geführt, dass er offen
erklärt hat, dass Multi-Kulti gescheitert sei - sind, wen sollte dies überraschen, vor allem
dem linken Flügel seiner Partei, der SPD, aufgestossen. So schreibt er in der ›anderen Gesellschaft‹ - im
Prinzip für uns alle nachvollziehbar: »Wer den Anspruch hegt, daß die Gemeinschaft seinen Lebensunterhalt finanziert und seinen
Wohlstand erwartungskonform sicherstellt, der steht aus meiner Sicht auch in
der Pflicht, die Gemeinschaft in ihren bestehenden Normen des Zusammenlebens zu
akzeptieren.« Das sei politischer Klartext, den er als Pflicht empfindet. Jeder
müsse zum Thema Einwanderung eine klare Position beziehen, sagt er. Allerdings habe
er den Eindruck, »daß es
gesellschaftliche Kräfte gibt, die das infrage stellen.«
Wie Buschkowsky darlegt, entwickelt sich in Deutschland effektiv eine
andere Gesellschaft. Die Zuwanderung hat auch in Deutschland
Parallelgesellschaften entstehen lassen, was er, wie er sagt, zwar als einen
natürlichen Vorgang betrachtet, der kritische Punkt für ihn jedoch darin liege,
»daß es zu Asymmetrien kommt, zur Absonderung
einzelner Bevölkerungsteile und dem Verlust von Bindegliedern.« Dass es in der
Folge zu einer Aufspaltung in ›die da‹ und ›wir
hier‹ kommt, führt Buschkowsky unter anderem darauf zurück, dass
»Religionsaspekte immer mehr in den öffentlichen Raum getreten sind.« Im
Klartext: Hier geht es um den Islam, dessen
fundamentalistischen Strömungen Buschkowsky eine ›allmähliche Landnahme‹ attestiert.
»Es geht hier«, wie er am 17. Dezember letzten Jahres erklärt hat, »nicht um Kleinigkeiten,
die Rede ist von der Existenz einer Parallelgesellschaft und vom Versuch einer
allmählichen Landnahme des Fundamentalismus, mit dem Ziel, eine andere Gesellschaftsordnung zu schaffen als die, die wir
westliche Demokratie nennen.«
Buschkowsky ›regiert‹, sagen wir es einmal so, in einem Teil von Berlin,
in dem 42 % der Menschen einen Migrationshintergrund haben; er hat, wie er im
Vorwort seines zweiten Buches schreibt, mehr als 1500 Seiten ›niedergeschriebene Lebensgeschichten und
Gefühlswelten‹ gesammelt, die
aufzeigen, wie fundamental sich die Sichtweisen vieler Einwanderer von der
unsrigen unterscheiden, so u.a. bezüglich der Stellung der Frau, der Gewalt in
der Familie und die Zwangsehe. Infolge dieser Erfahrungen kommt Buschkowsky zu
dem »zweifelsfreien Ergebnis: Ja, es gibt eine andere Gesellschaft. Sie
definiert sich aus der Religion des Islams.« Im Unterschied zur Bundeskanzlerin
warnt er eindringlich vor den Gefahren des extremistischen Islams. Nun liegt der
Umstand, dass es diesem auf seinem Vormarsch leichter gemacht wird, jedoch
nicht nur, wie er sagt, »an der weit verbreiteten politischen
Korrektheit, sondern an dem, was der Sozialdemokrat aus Neukölln eine »ausgebliebene
Integration« nennt«. Mangelhafte Integration sei der »Startpunkt von
Perspektivlosigkeit, Unzufriedenheit, Neid, Benachteiligung und dem Gefühl,
Opfer zu sein.« Daher fordert Buschkowsky, die von der ›anderen Gesellschaft‹
ausgehende latente Gefahr für die Werteordnung Deutschlands mit mehr Bildung zu bekämpfen.
Sein Albtraum ist die »mögliche Vereinigung der fundamentalistischen
Religionsprotagonisten mit den ungebildeten Bevölkerungsschichten der Muslime.«
»Das Buch«, so Markus Gärtner von der ›Jungen Welt‹, »ist voller Beispiele über die Realität der
Einwanderung in Deutschland, wie wir sie aus anderen Quellen leider nicht oft
bekommen.«
Die ›andere Gesellschaft‹, gewissermassen das Deutschland der Zukunft,
findet sich in Neukölln bereits vor: In diesem Berliner Stadtteil ist die Probe
einer bunten Republik bereits im Gange. Zu verzeichnen sind eine durch Transferleistungsexplosionen
verursachte unglaubliche Schuldenanhäufung und eine allgegenwärtige
Kriminalität. Dessen ungeachtet verzeichnet man noch immer konstante Wahlsiege
linker Parteien, die genau für diese Zustände mit verantwortlich sind. Man
könnte mutmassen, wohl aus dem Grund, weil sich keiner die Mühe macht, den
Zusammenhang zwischen Tatbestand und linker Politik herzustellen. Vor kurzem hat Buschkowsky die Ausweisung des
ägyptischen Gastpredigers Abdel Moez al-Eila gefordert; dieser hatte in der
Al-Nur-Moschee in Berlin eine Rede gehalten, in der er die Pflichten der Frau
im Islam beschrieb und die in der Hauptstadt für Aufsehen sorgte. In dieser
erklärte er unter anderem: »Wenn ein Mann eine Frau ins Bett ruft und sie sich
verweigert und einschläft, dann verfluchen sie die Engel.« Im übrigen,
predigte al-Eila, dürfe eine Frau nicht ohne Erlaubnis das Haus verlassen oder
einen Beruf ausüben. »Wieso finden es eigentlich alle intellektuellen Bruchpiloten bei uns
so kuschelig?«, empörte sich Buschkowsky über die Radikalen-Moschee in seinem
Bezirk. Man könne al-Eila einen Hassprediger nennen. »Ich würde ihn einfach als üble
Plage bezeichnen.« Man kann ruhig sagen, dass Buschkowsky zu den wenigen zählt, die den
Mut finden, offen zu erklären, was notwendig wäre. »Laßt uns
diesem Imam ein Flugticket kaufen – und Tschüß!« schrieb er am 5. Februar. Die
jüdische Organisation ›Memri-TV‹ hatte
die Rede - mit englischen Untertiteln
versehen - ins Internet gestellt. Wie ›Die Welt‹ festhielt, predigt al-Eila seit letztem Dezember in der
Al-Nur-Moschee. Davor trat der Ägypter bereits in der Ibrahim-al-Khalil-Moschee
im Berliner Stadtteil Tempelhof auf. Seine Predigten sind im Internet von der
Seite des Vereins abrufbar, allerdings nur auf arabisch, also ohne Untertitel. Die
Al-Nur-Moschee geriet in der Vergangenheit immer wieder in die Schlagzeilen,
zuletzt durch den Auftritt des Gastpredigers Abdul Adhim Kamouss vor einem
Millionenpublikum in der Fernsehsendung bei Günter Jauch. Unterdessen hat der
Türkische Bund in Berlin-Brandenburg wegen des Verdachts der Beleidigung, der
Volksverhetzung und der öffentlichen Aufforderung zur Gewalt Strafanzeige gegen
den Prediger gestellt.
Auch das
Thema Ehrenmorde hat Buschkowsky schon früh und unerschrocken aufgegriffen. Diese sind in Deutschland zwar seit 1996
erfasst, jedoch hält er die offizielle Zahl für verharmlosend. »Wir wissen nicht, wie viele Frauen zurück in ihre
Heimatländer geschickt oder verschleppt wurden und was ihnen dort passierte.
Wir wissen auch nicht, wie viele Ehrenmorde unentdeckt geblieben sind, weil sie
von unseren Ermittlungsbehörden nicht als solche erkannt wurden.« Am 7. 2. 2005 schoss der junge Deutschtürke seiner Schwester Hatun
Sürücü mitten in Berlin an einer Bushaltestelle dreimal
ins Gesicht. Hatun musste sterben, weil sie ›wie eine Deutsche‹ lebte und ihren Ehemann, mit dem sie zwangsverheiratet worden war,
verlassen hatte. Wie Buschkowsky
festhielt, war es damals zu Beifallsbekundungen
einiger Schüler an der Berliner Thomas-Morus-Schule gekommen: Das Opfer habe es
»doch verdient, die Hure lebte wie eine
Deutsche.« Der verurteilte Mörder Ayhan
wurde letzten Sommer nach Verbüssung seiner Haftstrafe in die Türkei abgeschoben,
wo er in Istanbul im Haus seines Bruders Mutlu, der sich
damals der Bestrafung durch Flucht entzog, untergekommen ist. Wie Ayhan sagt, kannte
er keine Deutschen und wollte auch keine kennen; sein Machtanspruch als
Familienvorstand sei mitten im weltoffenen Berlin von der Schwester bedroht
worden. Der Schulleiter seiner Berliner Schule, die schon damals kein deutsches
Kind mehr besuchte, erinnert sich an Ayhan als einen fanatischen Sittenwächter.
Das gemahnt an die Studie, die vom damaligen BRD-Innenminister Hans-Peter
Friedrich Anfang März 2012 vorgestellt wurde; laut dieser lehnen es 22 % der Muslime mit
deutschem Pass ab, sich zu integrieren. 24 % aller nichtdeutschen
jungen Muslime gelten als streng religiös, empfinden starke Abneigungen
gegenüber dem Westen, akzeptieren tendenziell Gewalt und besitzen keine
Bereitschaft zur Integration. »Studien«, sagt Buschkowsky hierzu, »können ja eigentlich auch immer
nur das spiegeln, was im Alltag schon längst da ist, und gerade eine hohe
Religiosität ist für viele junge Männer ein Ansatz, sich abzuheben und auch zu
zeigen, wir sind doch besser als ihr, wir sind die Gläubigen und ihr seid
verdorben und unmoralisch.« »Wir müssen uns klarmachen«, so Buschkowsky im März 2005, »daß diese Ehrenmorde die Spitze eines Eisbergs mannigfacher Formen der
Unterdrückung von Frauen darstellen und daß diese wiederum die Spitze des Eisbergs der Probleme und Gefahren sind,
die die Existenz von Parallelgesellschaften in unserem Land birgt.« Diesen Januar
ist eine 19-Jährige schwangere Deutsche von einem Neuköllner Türken in Berlin
lebendig verbrannt worden. »Unsere Politiker und
Leitmedien«, schreibt hierzu Udo Ulfkotte, »schauen mal wieder einfach weg. Klar ist auch schon
jetzt: Natürlich werden die Täter einen Islam-Strafrabatt
bekommen. Weltweit betrachtet finden 90 % aller Ehrenmorde in
islamischen Familien statt. Indem wir vor Gericht Rabatte für orientalische
Ehrenmorde geben, ermuntern wir die Täter. Das ist eine Tatsache. Ja, es gibt
einen Islam-Rabatt vor deutschen Gerichten. Der Islam, behaupten unsere
Gerichte, vermindere jedenfalls bei islamischen Mördern die Schuldfähigkeit.
Ebenso ist es eine Tatsache, daß Ehrenmörder ihre Taten mit
dem Koran begründen.« Nach
Auffassung des ehemaligen Verfassungsrichters Winfried Hassemer sollen ›Ehrenmorde‹ nicht
so hart bestraft werden wie gewöhnliche Morde; ihm zufolge kommt hier der
Rechtsbegriff des ›Verbotsirrtums‹ zur Anwendung; dabei bekommt jemand, der nicht
ahnen kann, dass man so etwas nicht durchführen
darf, mildernde Umstände zugebilligt.
Hierzu das Zitat aus dem Spiegel-Interview: »Meine Meinung«, so Hassemer, »ist
da vielleicht ein bißchen anders als die der Mehrheit. Ich finde,
bei einer derartigen Tat müssen auch der soziale Kontext und die Sozialisation
des Täters bedacht werden. Er lebt vermutlich nach anderen sozialen Mustern.
Deshalb muß man auch einen
Verbotsirrtum in Erwägung ziehen.« Ich persönlich halte es für ausgeschlossen,
dass Muslime nicht genau wissen, dass sie mit einem Ehrenmord einen strafbaren
Mord begehen, allein schon deshalb, weil die Gerichtsprozesse letztlich Eingang
in sämtliche Medien finden, auch in die türkischen. Insofern könnten wir uns,
setzte sich Hassemers aus meiner Sicht in
keinster Weise nachvollziehbare Begründung durch, zurück im Mittelalter finden,
das Wiederaufleben der Blutrache eingeschlossen.
Wie Buschkowsky ausführt, haben wir es vor allem der sogenannten ›multikulturellen Gesellschaft‹ zu verdanken, dass in unseren Städten Gebiete der
sozialen und ethnischen Segregation entstanden sind. Über das Konzept ersterer
ist bei uns nie mit den Betroffenen diskutiert oder darüber demokratisch
abgestimmt worden, »also haben die Leute mit dem
Möbelwagen abgestimmt«: sie ziehen fort. »Gehen Sie doch einmal bei uns in Neukölln durch die
Sonnenallee, dann wissen Sie, was ich meine! Menschen, die seit Generationen
hier wohnen, können mittlerweile nicht einmal mehr die Schilder in den Auslagen
der Geschäfte lesen, weil sie des Arabischen oder Türkischen nicht mächtig
sind. Die Leute sagen sich: Das ist Beirut oder Bagdad, aber nicht mehr meine
Sonnenallee!« Dennoch hat sich Berlins Migrations- und
Integrationsbeauftragter nicht gescheut, Buschkowsky vorzuwerfen, mit seinen Äusserungen »den Haß
zu schüren«.
Die Entgegnung Buschkowskys: »Das ist Quatsch. Der Mann leidet an Wirklichkeitsverweigerung. Schönreden und
Wegschauen ist die gescheiterte Integrationspolitik der letzten 25 Jahre.
Bedauerlicherweise neigte man in den achtziger Jahren, als die Stellen der
Ausländerbeauftragten, so hießen die damals,
geschaffen wurden, dazu, sie bevorzugt mit Gutmenschen und sozialromantischen
Multikulti-Träumern zu besetzen. Und das hat sich bis in die jüngste Zeit
fortgesetzt.« In einem Gespräch mit der ›taz‹, der Berliner Tageszeitung, hat Buschkowsky einmal
gesagt: »Ich hätte nicht mehr Presse haben können, wenn ich meine Mutter
ermordet hätte, als mit dem Satz ›Multikulti ist
gescheitert‹.« Für die
Dinge, die ich heute ausspreche, wäre ich vor Jahren noch politisch ›gekreuzigt‹ worden.
Die ›neuen Deutschen‹ Für all diejenigen, die eventuell der Neigung stattgeben möchten, dass
dies alles nicht so betrachtenswert ist, sei hier angefügt, inwieweit sich
Buschkowskys ›andere Gesellschaft‹ bereits zu erweitern beginnt. Relativ unbeachtet fand am 6. und
7. Februar der 1. Bundeskongress der ›Neuen
Deutschen Organisationen‹ mit mehr
als 150 Teilnehmern statt; gesponsert - was nichts anderes als den Einsatz von Steuergeldern bedeutet - wurde dieser von der Beauftragten der
Bundesregierung für Migration, Flüchtlinge und Integration und von der Bundeszentrale
für politische Bildung; darüber hinaus wurde er von der Stiftung ›Mercator‹ unterstützt. Es handelt sich hierbei um mehr als 80 Vereine und
Initiativen aus ganz Deutschland, die daran arbeiten, dass Leute wie sie nicht
mehr ›als Bürger mit Defizit‹ wahrgenommen werden, sondern
als ›das deutsche Volk des 21. Jahrhunderts‹, wie Aydan Özoguz, die
Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, sie in ihrer Begrüssungsrede
nannte. Das alte Volk des 20. Jahrhunderts hat demnach wohl jenseits seiner
Verpflichtung, tagtäglich zu arbeiten, um die finanzielle Basis für Migranten
und Asylanten zu gewährleisten, keine Funktion mehr. Die auch als ›Plus-Deutsche ‹ bezeichneten sind Deutsche mit Migrationshintergrund, die, wie
gesagt, als die ›neuen Deutschen‹, angesehen werden wollen. Das Plus
soll für den kulturellen, sowie ethnisch fremden Hintergrund stehen. Wie
erklärt wird, bilden sie immerhin ein Fünftel der Bevölkerung und »ihrem Verständnis nach seien sie
diejenigen, die Deutschland bereichern. So wollen sie gegen jene ankämpfen, die diese
Bereicherung ablehnen.« Man darf annehmen, dass mit den ›Ablehnenden‹ auch hier die
›alten‹ Deutschen gemeint sind, die die Bereicherung, die sie durch die
Einwanderung erfahren, keineswegs als solche erleben, dies auch auf Grund des
seither stetig ansteigenden Kriminalitätspegels.
Laut einem im ›Spiegel‹ erschienenen Bericht »erheben
die ›neuen Deutschen‹, deren Eltern schon in Deutschland
geboren wurden, ihre Stimme und stellen klar: ›Auch wir sind das Volk!‹« Solches hat ihnen indessen bislang niemand abgesprochen, haben sie doch seit Anbeginn ungehinderten Zugang zu sämtlichen für die
Deutschen bestehenden Institutionen, die volle Eingliederung ins Sozialsystem
eingeschlossen. Wie im ›Spiegel‹ zu lesen ist, geht es unter anderem
auch um die Frage: »Wann hört ein Migrationshintergrund auf, ein solcher zu
sein?« Diese lässt sich durchaus ohne Schwierigkeiten
beantworten: Sie hört in dem Moment auf, in dem der Zugewanderte für sich entschieden
hat, sich vorbehaltlos in die Strukturen seines Gastlandes zu integrieren. Was
also den an der Tagung
ergangenen Vorwurf angeht, dass man sie noch immer als Migranten bezeichnet, so
ist dieser spätestens dann, wenn sie sich in das Ausbildungssystem und in
den Arbeitsprozess eingegliedert haben, hinfällig. Er findet in der Folge auch
im Berufsleben keine Verwendung mehr, zumal eine gewisse Anzahl von ihnen längst Teil der jungen Elite ist: gebildet, kritisch, politisch
und engagiert. Es wäre daher sicherlich nicht unerheblich, einmal festzustellen,
inwieweit die auf der Tagung Anwesenden letztere Voraussetzung erfüllt haben. So ist
auch der Vorwurf ergangen, dass sie in Deutschland oft nicht als ›richtige Deutsche‹ gesehen würden. Wenn sie auf die Frage, woher sie kommen, antworten:
aus Berlin oder aus dem Schwarzwald, hiesse es oft: ›Aber woher wirklich?‹
Dahinter mag manchmal echtes Interesse stecken, oft sei es jedoch trotzdem
verletzend. »Und«, wie
erklärt wurde, »sei dies auch ein gesellschaftliches Problem, denn viel zu
oft missachte die Gesellschaft die Erfahrung und Kompetenzen der
Einwanderer-Nachkommen.« Letzteres weise ich schlicht von der Hand, denn einmal
integriert, steht es ihnen genauso wie den Deutschen offen, ihre Kompetenzen fachlicher
Art, sofern
sie solche erworben haben, einzubringen. Und was wäre an der Frage,
woher sie wirklich kommen, so sonderbar? Dieselbe könnte sicherlich jeder
von uns in einem arabischen resp. asiatischen Land erwarten.
Der Forderungskatalog Dieser
setzt sich u.a. wie folgt zusammen: Die Unterscheidung zwischen ›richtigen Deutschen‹ und anderen müsse endlich aufhören.
Man wolle mitreden; denn auch wir sind das Volk, wir sind da und wir sind
deutsch und wir wollen mitentscheiden. Deshalb müsse auch über Quoten
nachgedacht werden: ›Wir wollen
keine Behörden, staatlichen Unternehmen, Parlamente, Gremien, Rundfunkräte,
Wohlfahrtsverbände, in denen immer noch (fast) nur Herkunftsdeutsche sichtbar
sind‹. ›Neue Deutsche‹ müssen
einen angemessenen Anteil an der Belegschaft in Behörden und in Parlamenten
haben. Initiativen der ›Neuen
Deutschen‹ sollen mehr Fördermittel,
also
noch mehr Steuergelder, bekommen.
Interessant
ist auch die folgende Argumentation: »Die Integrationspolitik in Deutschland
halten sie für verfehlt - denn sie ziele nur auf die ab, die selbst oder deren
Verwandte zugewandert sind. Eine bessere Integrationspolitik müsse aber alle
Teile der Gesellschaft ansprechen, auch die, die abdriften oder sich abschotten.« Erstens
ist nirgendwo
ersichtlich, dass bei den vom Staat erbrachten
Leistungen zur Förderung der Integration je nach den genannten Kriterien
verfahren wurde, zweitens bleibt hier gänzlich unerwähnt, dass die
Integrationsmöglichkeiten gerade für Muslime bereits mit Sonderverträgen unterstützt werden.
Und letztlich scheinen die Teilnehmer noch nicht begriffen zu haben, dass das
Bemühen, sich voll einzugliedern, in erster Linie von ihnen ausgehen muss. Insofern
betrachte ich rein muslimische Kindergärten, wie sie heute bereits in der BRD
existieren, als absolut konträr zur Förderung der Integration. Und was diejenigen angeht, die ›abdriften oder sich abschotten‹, so haben wir für erstere staatliche
Einrichtungen, um sie aufzufangen, während wir bezüglich der Zuwanderer und
ihren Nachkommen, die sich selbst abschotten, was insbesondere bei arabischen
Clans der Fall ist, die ›neuen
Deutschen‹ wärmstens einladen
möchten, hier unmittelbare aktive Mithilfe zur Aufhebung dieses Zustands zu
leisten.
Bei der
Pressekonferenz in Berlin sass mit Leila Younes el-Amaire auch eine
kopftuchtragende Muslima auf dem Podium. Die Debatte darüber, ob der Islam zu
Deutschland gehöre, ist für sie absurd: Die Religionsfreiheit gehöre
zu Deutschland, also damit auch das Recht der Muslime und aller
Religionsgruppen, ihren Glauben zu leben. Sie beklagt, dass Frauen mit
Kopftuch, die arbeiten wollen, oft kaum Chancen auf einen Job hätten und bei
Bewerbungen abgelehnt würden. So würden diese Frauen unsichtbar gemacht. Was
kann man einer derartigen Sichtweise entgegenhalten? Erstens geht es nicht
darum, die Religion für andere sichtbar zu machen, denn
Religiosität ist letztlich eine rein innere Angelegenheit; da jedoch das Sichtbarmachen
letzterer durch das Tragen des Kopftuchs direkt erfolgt, scheint es, dass man weder
wahrhaben noch annehmen will, dass wir kein islamisches Land sind. Auch Karina Weber von der AfD in Hamburg, die auf
dem Kongress anwesend war, findet diese Debatte absurd, jedoch
aus anderen Gründen: »Der
Islam gehört eindeutig nicht zu Deutschland! Migranten, die sich unseren Sitten
und Gebräuchen, unserer Kultur, unserem Rechtssystem anpassen und die einen
Beitrag zum Wachstum Deutschlands leisten, gehören für mich herzlich gern zu
Deutschland. Aber der Islam mit seinen gewalttätigen Ausprägungen, mit seiner
Scharia, mit den teils unsäglichen Forderungen des Korans, dieser Islam kann
nicht zu Deutschland gehören. Und das will die Mehrheit der Deutschen auch
nicht.« Was das immer wieder zu Auseinandersetzungen führende
Kopftuchgebot betrifft, so ist das Tragen des Kopftuchs laut dem vormaligen obersten
Religionswächter und Chef der türkischen Religionsbehörde Diyanet, Ali
Bardakoglu, lediglich eine persönliche Entscheidung der Frau; er bezeichnet
dieses nicht als islamische Pflicht. So lehnt beispielsweise die ›Islamische Religionsgemeinschaft
Hessen‹ jeden Druck, auch familiärer
Art, zum Tragen oder Nicht-Tragen des Kopftuches ab, weil es hierbei gemäss den
islamischen Prinzipien um eine selbstbestimmte, freie Bekenntnisäusserung geht
und gehen muss. »Diskriminierung wegen des Nicht-Tragens eines Kopftuches lehnen
wir genauso ab, wie Diskriminierung
wegen des selbstgewählten Tragens eines Kopftuches.« Gemäss der algerischen Rechtsanwältin
Wassyla Tamzali, die von 1979 bis 2002 Leiterin des UNESCO-Programms zur
Verbesserung der Lage der maghrebinischen Frau war, stellt der Schleier resp.
das Kopftuch unabhängig von den Motiven, die die Frauen vorbringen, eine
Unterdrückung dar. Egal, ob die Trägerin damit ihre Andersartigkeit im
Vergleich zu den Europäerinnen oder ihre Art von Freiheit demonstrieren will:
Der Schleier bleibt ein antifeministisches Symbol. In ihrem Buch ›Burka?‹ definiert sie, kurz gefasst, Schleier und Burka als Symbol einer
sexuellen Moral und nicht etwa einer Religion. Für Karina Weber ist ein Kopftuchverbot
im öffentlichen Dienst ebenso wie das Verbot der Vollverschleierung in der
Öffentlichkeit eine Selbstverständlichkeit. Daran zu rütteln betrachtet sie als
dreiste Forderung, die es auf jeden Fall abzulehnen gilt.
Weber hätte
auf dem Kongress beispielsweise gerne die Frage beantwortet gesehen: ›Erkennen Sie das deutsche Grundgesetz
und das deutsche Recht bedingungslos an?‹
Eine solche wurde allerdings nicht zur Diskussion gestellt. Die Forderung nach
Quoten beurteilt sie wie folgt: »Es soll also nicht nach Kompetenz, Leistung,
Intelligenz und Arbeitswillen gehen, sondern eine tumbe sozialistische Quote
soll es wieder einmal richten. Das fängt nicht gut an. Wenigstens das Fordern
klappt aber schon prima.« Von den Veranstaltern beklagt wurde
ferner, »dass es eine Talkshow
gegeben hätte, in der Vertreter von Pegida, AfD und CSU gesessen hätten, aber
niemand von der ›Neuen Gesellschaft‹.« Nun ist das absolut als normal zu
betrachten, ist diese Organisation doch brandneu. Oder sollte man auch noch
Quoten für die Talkshows vorsehen, um der Reglementierung ein weiteres Feld zu
erschliessen?
Folgerungen Buschkoswsky hat gewissermassen seit Jahren - ich füge hinzu, so gut wie ungehört - erklärt, was sich dringend ändern muss. Was er ausspricht, ist
gleichzeitig ein europaweites Thema. Eine Parallelgesellschaft, sagt er, in
abgekapselter, von aussen unzugänglicher Form mit eigenen Verhaltensnormen und
Regeln, die nicht denen der Mehrheitsgesellschaft entsprechen, birgt die Gefahr
des rechtsfreien Raums und des Entstehens von Lebenswelten jenseits unserer
Verfassungsnorm in sich. Um dem entgegenzuwirken empfiehlt er in seinen Büchern,
den Menschen als allererstes zu sagen,
»daß sie herzlich willkommen sind und daß wir, wenn sie
bei uns bleiben wollen, von ihnen erwarten, daß sie sich in unsere Werte- und
Rechtsordnung integrieren und sie
auch aktiv leben. Die Parallelgesellschaften müssen ausgetrocknet, die
Menschen wieder in die Gemeinschaft aller ›hereingeholt‹ werden. Dazu müssen Schulen wieder Orte der
Integration statt Ursache der Vertreibung werden, denn die Leute ziehen
spätestens dann weg, wenn ihre Kinder in eine Schule gehen sollen, die über
einen Ausländeranteil von 60 % und mehr verfügt. 2011 wiesen 37 % der in
Neukölln eingeschulten Einwandererkinder katastrophale oder gar keine Deutschkenntnisse
auf, und das waren fast alles Kinder
von Eltern, die im Land geboren und aufgewachsen sind. Daran können Sie
erkennen, daß diese Familien in einer anderen Welt leben und daß wir schon eine
Parallelgesellschaft haben - bzw. mehrere Parallelgesellschaften. Wir brauchen ein
aktives Quartiersmanagement, das Nachbarschaften schafft, damit die Menschen
nicht nur beziehungslos nebeneinander leben. Wir müssen der Verwahrlosung des
öffentlichen Raums die Stirn bieten. …. Insbesondere bei der Jugendkriminalität
muß der Abschreckungscharakter der Sanktionen stärker beachtet werden. Rücksicht
auf die Herkunft von Straftätern können wir uns also nicht mehr länger leisten.« Die
Gesellschaft müsse endlich handeln, so der Autor, sonst drohe irgendwann die
Explosion. »Ich sage nur, was jeder schon weiß, was sich nur
lange niemand zu sagen traute. Traditionelle Kultur und tradierte Rollenmuster hin oder her, bei uns gilt das Grundgesetz. Und das muß mit Nachdruck durchgesetzt
werden!«
Sein am 21. Dezember auf dem TV-Sender Phoenix gesendetes Interview zeugt indessen nicht von
wachsendem Optimismus; im Gegenteil: In 10-15 Jahren werde sein Stadtteil
aufgrund der Geburtenentwicklung rein migrantisch sein. Die Einstellung der
Moslems entwickle sich immer mehr in Richtung Fundamentalismus und die Probleme
mit der Integration würden immer grösser. In der Sendung beklagte er die
politische Korrektheit, die bereits die Darstellung der Wirklichkeit verhindere
und damit eine zielführende Diskussion zur Problemlösung. »Wir
haben die größte Hartz IV-Dichte in ganz Deutschland.« Er
vertritt die Auffassung, »daß es für junge Leute ohne Schulabschluß und ohne Beruf
kein Hartz IV geben darf.« Seine Äusserungen im weiteren: »Ich
beobachte seit 5-7 Jahren eine galoppierende Zunahme von fundamentaler Religiosität.
Das Straßenbild ist von vorschriftsmäßiger religiöser Kleidung dominiert: verhüllte
Köpfe und bodenlange Kleidung. Der Glaube wird aggressiv in den Alltag hinein
getragen.« »Muslime«, so Buschkowsky, »sind in
ihrer Bereitschaft zu Bildung und Anpassung an die Lebensregeln ihrer neuen
Heimat sehr viel sperriger als andere. Das Elternzentrum einer Ganztagsschule
in der Nähe der Al-Nuhr-Moschee ist leer, die Moschee und die Koranschule aber
sind voll.« Durch Scharia-Richter, legt er ferner dar, wird unser Rechtssystem
völlig ausgeblendet, denn Recht und Gesetz werden dort ausgehandelt. Auch was
er in seinem ›Hauptstadtbrief‹ Nr. 126 vom 17. Dezember 2014 darlegt,
klingt nicht ermutigend, da wir, wir er schreibt, registrieren müssen,
dass der religiöse Fundamentalismus deutlichen Aufwind hat. »Jede Stimme«, schreibt er, »müsse beim Thema Migration gehört
werden, nicht nur jene der Einwanderer.« Während Bundeskanzlerin Angela Merkel
ständig mehr Toleranz von den Deutschen gegenüber dem Islam und Muslimen
fordert, verlangt Buschkowsky mehr Integrationsbereitschaft von Migranten
gegenüber den Deutschen. Wenn Ahmet C. im Jobcenter einfach so eine
deutsche Sachbearbeiterin ersticht, dann ist das für deutsche Politiker stets
ein ›Einzelfall‹, den die Deutschen möglichst nicht beachten sollen. Buschkowsky
sieht die vielen ›Einzelfälle‹ dieser Art im Zusammenhang und als
Warnzeichen für uns alle: »Solange wir eine Politik des Alles-Verstehens und des
Alles-Verzeihens betreiben und den Menschen signalisieren, daß wir gar nicht
daran denken, die Verhältnisse zu ändern, weil diese Verwahrlosung der Sitten
zur kulturellen Identität und zur Weltoffenheit gehören, so lange werden wir
für eine wirklich erfolgreiche Integrationspolitik nur verhalten Mitstreiter
finden.«
Befasst man sich mit dem Begriff ›neue
Deutsche‹ etwas näher, so wird ersichtlich, dass die
Anhänger offenbar nicht einmal erfassen, dass sie sich mit dieser Bezeichnung
geradezu als Nichtteil der
Deutschen kennzeichnen und ihrer Gruppierung so das Etikett ›zugewandert‹
zwangsweise angehängt bleiben muss. Ich hoffe, dass in der Folge hier nicht der
Befürchtung stattzugeben ist, dass ihre Forderung nach einer Quoten-Partizipation
dazu führen wird, die Bevölkerung regelrecht aufzuspalten, obwohl die ›neuen Deutschen‹, wie sie sagen, wollen, dass Wahrnehmung und
Wirklichkeit zueinander kommen. Ihre Wünsche
findet Kenan Kolat, der langjährige Vorsitzende der Türkischen Gemeinde, gar
nicht so anders als die der klassischen Migrantenvereinigungen. »Sie selbst dächten nicht mehr ethnisch, aber ihre
Diskriminierung bleibe, ebenso wie ihr Wunsch nach Teilhabe.« Langsam fragt man sich, was an Vorstellungen alles in den Raum
gestellt wird: Wo ist hier eine Diskriminierung tausender türkischstämmiger
Deutscher in Industrie und Wirtschaft nachweisbar? Und wo hätten sie keine
Teilnahme? Sie sind doch, wie bereits erwähnt, in die gesamte deutsche Bildungs-
und Sozialstruktur eingebunden. Seinen, wie Kolat sagt, ›Erfahrungen aus dreißig Jahren‹ zufolge »rät er, nicht nachzugeben. ›Nur so wird man ernst genommen‹ und gehört - schon deshalb, weil die deutsche
Gesellschaft ›konsenssüchtig‹ sei.« In was allem, erwartet Kolat,
sollen die Deutschen also aufgrund der aufgeführten Forderungen der vom eigenen Staat
unterstützten ›neuen Deutschen‹ in Zukunft noch
nachgeben? Man möchte ferner wissen, was er unter ›konsenssüchtig‹
versteht, etwa Aussagen wie die der Kanzlerin, »daß sich die Deutschen auf Veränderungen einstellen müßten, und daß
etwa Moscheen stärker als früher ein Teil unseres Stadtbildes sein werden.« Oder dass sie entgegen unserer abendländischen
Kultur erneut aussagen wird, dass der Islam zu Deutschland gehört? Merkel hat
erklärt, »daß sie eine verstärkte Zuwanderung weiterhin für notwendig hält«; zu dieser
gehöre, wie sie ebenfalls erklärt hat, »daß
sich nach ihrer Einschätzung vor allem die Deutschen ändern müssen, um den Erfolg der Zuwanderung
sicherzustellen, denn ihr Charakter entspricht nicht den Ewartungen der Zuwanderer.« Man mag mir widersprechen, für mich jedenfalls stellen die letzten
beiden Aussagen eine lupenreine Verhöhnung des eigenen Volkes dar. Dennoch: Nirgendwo
ein Aufschrei. Im Mai 2010 hatte die Kanzlerin ›um mehr Verständnis für
die Werte der islamischen Welt gebeten‹, obwohl die Verfolgung
der Christen dort in hellen Flammen stand. Der Grünen-Chef Cem Özdemir
hat die Frage, ob der Islam zu Deutschland gehören könne, einmal wie folgt beantwortet:
»Ja,
wenn er ›unter dem Grundgesetz
gelebt wird‹!« Thorsten Hinz hingegen schreibt hierzu: »Ob ein organisierter, von
demographischer Dynamik und Zuwanderungsschüben getragener Islam, wenn er eine
bestimmte Größe erreicht hat, die Verfassung tatsächlich noch respektieren
wird, ist dagegen zweifelhaft. Dem Islam pauschal seine Zugehörigkeit zu
bestätigen heißt also, die destruktiven Tendenzen zu legitimieren.«
Das etablierte Deutschland, so Aydan Özoguz, könnte
die ›Chance der Provokation‹ erkennen, um auf dem Weg
vom Einwanderungsland zur ›Einwanderungsgesellschaft‹
weiterzukommen. Ich denke, das sind wir hier in Europa doch schon längst:
Wohin sollen wir also noch gelangen? Zur Aufgabe unserer Wesensart? Wenn ich Özoguz’ Aussage richtig deute, so betrachtet sie
die ›neuen Deutschen‹ eventuell als willkommene Provokation, um
neben den ergangenen Forderungen womöglich auch noch Ansätze zur Verwässerung
der europäischen Indentität einbringen zu können, worin ich nicht den Hauch eines
Integrationswillen sähe. Man muss sich durchaus bewusst machen, dass nicht etwa
uns, sondern den selbsternannten ›neuen Deutschen‹ Chancen geboten werden,
mit ihren Zielen voranzukommen, wenn man die Worte von Bundeswirtschaftsminister
Sigmar Gabriel anlässlich des islamischen Fastenbrechens in Betracht zieht; bei dieser Feier hat er den angeblichen Vorurteilen gegen Moslems den Kampf angesagt.
Moslems seien in vielen wichtigen Funktionen in Deutschland noch stark
unterrepräsentiert, sagte er am 9. 7. 14 vor Zuhörern in einer Kölner Moschee. Das habe auch mit dem Vorurteil
zu tun, dass Moslems religiöse Fanatiker seien. Laut ihm fehlt es in Deutschland an islamischen Richtern,
Staatsanwälten, Polizisten und Schulleitern. Man müsse jetzt Moslems Mut zu
machen, »sich sozusagen auch diesen Teil
der deutschen Gesellschaft zu erobern«,
forderte der SPD-Vorsitzende. »Nur wenn die Muslime eine
größere Stellung einnehmen und mehr öffentliche Bereiche beherrschen, so haben
sie auch eine größere Chance, die Republik nach ihren Maßstäben zu gestalten.« Kein Abgeordneter hat es unternommen, von Gabriel eine
öffentliche Erklärung zu verlangen, ob mittels dieser ›größeren Chance‹ beabsichtigt ist, Deutschland muslimischen Masstäben entsprechend
neu
zu gestalten und zu beherrschen. Daneben versprach er, »auch anti-islamisches Gedankengut unter
Strafe zu stellen.« Für ihn sollte die Förderung der Muslime in der BRD oberste
Priorität haben. »Das Leben mit Muslimen bereichere nicht nur die deutsche
Kultur, sondern auch die Menschen in Deutschland und es sei auch das Bestreben
der Bundesregierung, dies weiter mit aller Kraft voranzutreiben.« Im
Klartext stellt dies für mich einen vom Staat erteilten Bonus für die ›neuen Deutschen‹ und ihre Belange dar. Es mag hier jeder selbst abschätzen,
inwieweit derartige Vorgaben einer Integration entgegenkommen.
Es
erstaunt mich immer wieder, mit welchem, man kann ruhig sagen Überschwang
Politiker Muslimen zum Ende des Ramadans Grussbotschaften zugehen lassen.
Indessen habe ich noch kein einziges Mal Kenntnis davon erhalten, dass uns von
muslimischer Seite je ein gesegnetes Weihnachtsfest gewünscht worden wäre. An die Deutschen erging dagegen kurz vor Weihnachten von Bundestagspräsident Norbert
Lammert die Aufforderung, »auf die öffentlichen Diskussionen über Flüchtlinge
und die vermeintliche Islamisierung mit mehr und besserer Erklärung
ihres Vorgehens zu reagieren«: »Wir haben ein Interesse an der Zuwanderung von
Menschen, die mit ihren Qualifikationen und Erfahrungen zur Entwicklung unseres
Landes beitragen wollen und können«, erklärte er. Während die Volksvertreter also nicht müde
werden, die unendliche Bereicherung aufzeigen, der die Deutschen durch die
Einwanderung teilhaftig werden, beklagen die ›Minus-Deutschen‹ die
hohe Kriminalität, die das Projekt der multikulturellen Gesellschaft erwiesenermassen mit sich bringt,
ebenso die hohe Arbeitslosigkeitsrate derer, von denen immerzu behauptet wird,
sie würden einmal die Renten der Pensionierten zahlen, obwohl sie den Staat
mehr kosten, als sie ihm einbringen; beklagt werden ferner die Einschränkungen hinsichtlich
der eigenen traditionellen ›minus-deutschen‹ Lebensweise, die nur allzugern mit
dem Argument der Toleranz begründet werden. Was nun Lammerts vermeintliche
Islamisierung angeht, so hat es kein Geringerer als der israelische
Ministerpräsident Benjamin Netanjahu gewagt, diese ›Vermeintlichkeit‹ der
Wahrheit auszuliefern, indem er am 21. Januar von einer ›Welle der Islamisierung Europas‹ sprach, vor der er eindringlich warnte, den Antisemitismus eingeschlossen.
Wäre es möglich, dass diese ›neuen Deutschen‹ einmal darüber sinnierten, dass sie vielfach aus
Ländern kommen, in denen es Unfähigkeit, Diktatur und Korruption verhindert
haben oder noch verhindern, ihnen eine Lebensgrundlage zu bieten, für deren
Aufbau der Europäer von den Bauernkriegen angefangen nahezu 5 Jahrhunderte
brauchte? Was steht der Möglichkeit entgegen, dass Migranten nach ihrer
Ausbildung, für deren Finanzierung in der Regel die ›alten‹ Deutschen aufkommen, in ihre Heimatländer
zurückkehren, um dort den Kampf zur Schaffung gleicher Verhältnisse
aufzunehmen, anstatt sich als Provokation gegen diejenigen zu verstehen, denen
sie ihre jetzige Grundlage verdanken. Der Schriftsteller Akif Pirincci, der als Kind mit seinen
Eltern aus Istanbul nach Deutschland kam, hat es einmal wie folgt ausgedrückt: »Wenn ich
mich in einem fremden Land niederlasse, passe ich mich diesem an, ich
assimiliere mich. Denn ich bin ja in dieses Land gekommen, weil es offenkundig
besser ist als das Land, wo ich herkomme. Sonst würde ich ja wieder
zurückgehen. Logisch, oder? Okay, wenn es denn unbedingt sein muss, habe ich
noch meine rückständige Religion im Hinterkopf oder meine Sitten und Bräuche
aus der Heimat. Aber das wächst sich in der zweiten, spätestens in der dritten
Generation wieder raus. Man braucht auch keine teuren Sprachkurse, denn wenn
ein Kind die Sprache des Landes, in dem es aufwächst, nicht automatisch lernt,
ist es entweder behindert, oder man hofiert seine Ethnie mit so vielen
Zugeständnissen, dass es diese Sprache nicht zu lernen braucht.«
Abschliessend noch einmal Buschkowsky: »Ich bin
der Überzeugung, daß es eine multikulturelle Gesellschaft, wenn man darunter
versteht, daß alle Menschen ihre kulturelle Identität aufgeben und in einer neuen
multikulturellen Schöpfung leben, gar
nicht geben kann. Möglich ist dagegen natürlich eine multiethnische
Gesellschaft, die friedlich in einer gemeinsamen demokratischen Rechts- und
Werteordnung lebt. Dafür setze ich mich ein.«
Um einmal
erfassen zu können, was gerade in Deutschland seit Jahren ununterbrochen für
die Zuwanderer geleistet worden ist, ist die Lektüre folgender Aufsätze
durchaus geboten:
»Die
Mitnehmgesellschaft - Die Tabus des Sozialstaats« - Das Buch von Jochen Kummer und Joachim Schäfer www.politonline.ch http://www.politonline.ch/?content=news&newsid=1010
6. 9. 08 Teil I http://politonline.ch/?content=news&newsid=1021 19. 9. 2008 Teil II http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=1075 16. 11. 08 Teil III
Heinz Buschkowsky »Neukölln ist überal« Ullstein Verlag 2012 ISBN
978-3-550-08011-1 »Die andere Gesellschaft« Ullstein Verlag 2014 ISBN
9
Quellen: http://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/islam-debatte-buschkowsky-attackiert-merkel/ 11. 2. 15 http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/markus-gaertner/multi-kulti-aus-der-rathaus-perspektive-die-andere-gesellschaft.html 2. 2. 15
Markus Gärtner http://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2015/buschkowsky-fordert-ausweisung-von-islamischem-hassprediger/ 5. 2. 15
http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/deutschland/bernd-hoecker/perfide-gegen-pegida-da-kann-ich-nicht-still-sitzen-bleiben-.html;jsessionid=B7C86258AAD906E7582E0CEB980ACDFA 29. 12.
14 http://jungefreiheit.de/service/archiv/?jf-archiv.de/archiv05/200511031108.htm 11. 3.
2005 Moritz Schwarz - ›Multikulti ist gescheitert‹ http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2013/05/14/zuwanderer-nicht-abschrecken-merkel-will-hegel-und-nietzsche-verbieten/ 14. 3. 14
http://jungefreiheit.de/politik/deutschland/2014/sigmar-gabriel-fordert-mehr-moslems-im-oeffentlichen-dienst/ 3. 7. 14 http://www.tagesspiegel.de/politik/einwanderungsland-die-neuen-deutschen-organisieren-sich/11343328.html 8. 2. 15 Andrea Dernbach http://www.unzensuriert.at/content/0017123-Migranten-organisieren-sich-als-die-Neuen-Deutschen 10. 2. 15 http://www.spiegel.de/politik/deutschland/einwanderer-nachkommen-neue-deutsche-kritisieren-umgang-mit-pegida-a-1017484.html 9. 2. 15
Kongress von Einwanderer-Nachkommen: Wann ist man deutsch? – Von Anna
Reimann
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Hervorhebungen politonline
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