Zum 60. Jahrestag der Staatsgründung Israels

Der Afrikanische Nationalkongreß (ANC), der Kongreß Südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU), der Südafrikanische Rat der Kirchen, die Südafrikanische Kommunistische Partei und die Sozialistische Partei Azania sowie zahlreiche Politiker - darunter mehrere Minister - Juristen, Wissenschaftler und Menschenrechtsaktivisten aus Südafrika erklären zum 60. Jahrestag der Staatsgründung Israels:

Wir haben gegen die Apartheid gekämpft, wir sehen keinen Grund, sie heute in Israel zu feiern! Wir Südafrikaner, die wir der Gewalt der ungerechten und brutalen Apartheid-Maschinerie in Südafrika entgegentraten und sie mit all unserer Kraft bekämpften, um in einer gerechten, demokratischen Gesellschaft zu leben, weigern uns heute, die Existenz eines Apartheidstaates im Nahen Osten zu feiern. Während Israel und seine Apologeten rund um die Welt in diesem Monat den 60. Jahrestag der Gründung des Staates Israel lautstark und prunkvoll feiern, denken wir, die wir unter Unterdrückung und Kolonialismus lebten und dagegen kämpften, an die sechs Jahrzehnte der Katastrophe für das palästinensische Volk. Vor 60 Jahren wurden 750’000 Palästinenser brutal aus ihrer Heimat vertrieben, verfolgt, massakriert und gefoltert. Sie und ihre Nachkommen sind auch heute noch Flüchtlinge. Es gibt keinen Grund zu feiern.
 
Wenn wir an das Sharpeville-Massaker von 1960 denken, denken wir an das Massaker von Deir Yassin im Jahr 1948. Wenn wir an die südafrikanische Bantustan-Politik denken, denken wir an die Bantustanisierung Palästinas durch die Israelis. Wenn wir an unsere Helden denken, die Gefangenschaft auf Robben Island und anderswo erleiden mußten, denken wir an die 11’000 palästinensischen politischen Häftlinge in den Gefängnissen Israels. Wenn wir an das viele Land denken, das dem südafrikanischen Volk geraubt wurde, denken wir daran, daß der Raub palästinensischen Landes mit dem Bau illegaler israelischer Siedlungen und der Apartheid-Mauer heute weitergeht. Wenn wir an das Group Areas Act und andere Apartheidgesetze denken, denken wir daran, daß 93 % des Landes in Israel ausschließlich jüdischer Nutzung vorbehalten sind. Wenn wir an die systematische Enteignung von Schwarzen in Südafrika denken, denken wir daran, daß Israel mit ethnischer und rassistischer Enteignung das Leben für die Palästinenser unerträglich machen will.
 
Wenn wir daran denken, wie die Truppen der Südafrikanischen Armee (SADF) unser Volk in den Townships verfolgten, denken wir an die Angriffe mit Panzern, Kampfflugzeugen und Kampfhubschraubern, denen die Palästinenser in den besetzten Gebieten täglich ausgeliefert sind. Wenn wir an die Aggressionen der SADF gegen unsere Nachbarstaaten denken, denken wir daran, daß Israel den Nahen Osten bewußt destabilisiert und den internationalen Frieden und die Sicherheit bedroht, insbesondere mit seinen Hunderten nuklearen Sprengköpfen. Wir haben gegen die Apartheid gekämpft und geschworen: Nie wieder Apartheid! Wir können nicht zulassen, daß Israel weiterhin die Verbrechen der Apartheid, des Kolonialismus und der Besatzung gegen die indigene Bevölkerung Palästinas verübt. Wir dürfen Israel nicht gestatten, ungestraft internationales Recht zu verletzen.
 
Wir werden nicht zusehen, während Israel das Volk in Gaza aushungert und bombardiert. Wir haben unser ganzes Leben dafür gekämpft, daß Südafrika ein Staat für all seine Bewohner wird. Wir fordern das Recht für Millionen palästinensische Flüchtlinge, in ihre Heimat zurückzukehren, aus der sie vertrieben wurden.
 
Die Apartheid war eine grobe Menschenrechtsverletzung. Sie war es in Südafrika, und sie ist es heute: die Unterdrückung der Palästinenser durch Israel!
 
Unterzeichnet haben den Aufruf u. a. folgende Organisationen:
Afrikanischer National Kongress (ANC)
Kongress Südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU)
Südafrikanischer Rat der Kirchen
Südafrikanische Kommunistische Partei
Sozialistische Partei Azania
 
Neben zahlreichen Politkern, Juristen, Wissenschaftlern und Menschrechtsaktivisten auch folgende Einzelpersonen: Ronnie Kasrils, Minister für die Nachrichtendienste
Mosioua Terror Lekota, Minister der Verteidigung
Essop Pahad, Minister im Präsidialamt
Alec Erwin, Minister für staatliche Unternehmen
Mosibudi Mangena, Minister für Wissenschaft und Technologie
Sydney Mufamadi, Minister für Provinzangelegenheiten und Kommunalverwaltung
Enver Surty, Stellv. Minister für Bildung
Roy Padayache, Stellv. Minister für das Kommunikationswesen
Derek Hanekom, Stellv. Minister für Wissenschaft und Technologie
Rob Davies, Stellv. Minister für Handel und Industrie
Lorretta Jacobus, Stellv. Minister für Strafvollzug
Frene Ginwala, Afrikanischer National Kongress (ANC)
Blade Nzimande, Generalsekretär, Südafrikanische Kommunistische Partei
Zwelinzima Vavi, Generalsekretär, Kongress Südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU)
Ahmed Kathrada, Nelson Mandela Stiftung
Eddie Makue, Generalsekretär, Südafrikanischer Rat der Kirchen
Jeremy Cronin, Südafrikanische Kommunistische Partei
Lybon Mabasa, Präsident der Sozialistischen Partei von Azania
Costa Gazi, Panafrikanischer Kongress von Azania
Sam Ramsamy, Internationales Olympisches Komitee
Yasmin Sooka, Geschäftsführer, Stiftung für Menschenrechte
Adam Habib, Stellv.Vizekanzler, Universität Johannesburg
Allan Horwitz, Jüdische Stimmen
 
Quelle: http://www.jungewelt.de/2008/05-24/043.php 24. 5. 08
Originaltext: palestinemonitor.org/spip/spip.php?article416