Studie: Die israelischen Juden werden gegenüber Arabern zunehmend rassistischer

Avirama Golan, Haaretz, 19.3.08. Israels jüdische Gemeinschaft unterstützt zunehmend die Entrechtung, die Diskriminierung und sogar die Vertreibung der Araber. Das stellt ein Bericht über Rassismus in Israel fest, der am 19. 3. 08 veröffentlich wurde [1]. Der Bericht, der bei einer Pressekonferenz in Nazareth von Mossawa, dem Anwaltszentrum für arabische Bürger Israels, vorgestellt wurde, bestätigt, dass der israelisch-palästinensische Konflikt eindeutig die öffentliche Meinung beeinflusst hat und davor warnt, dass Vorstellungen wie ein Bevölkerungsaustausch und rassische Trennung an Boden gewinnen. Er warnt auch davor, dass mehrere jüdische Politiker an Einfluss gewinnen, der sich auf rassistischen Hass gründet.

Mossawa wird vom Menschenrechtsprogramm der EU-Kommission und der UN-Demokratie-Stiftung unterstützt. Der Bericht, der von Mossawa-Direktor Jafar Farah und anderen geschrieben wurde, prüft vor allem Rassismus gegen Araber in Israel, indem er Kriterien aus Antisemitismus-Berichten in Europa übernimmt. Der Bericht befasst sich mit den durch Sicherheitskräfte und jüdische Bürger getöteten Arabern, anti-arabischer Hetze durch jüdische Schlüsselfiguren des öffentlichen Lebens, Arbeitsplatzdiskriminierung durch private jüdische Organisationen, das Fernhalten von Arabern von öffentlichen Plätzen, die Zerstörung von arabischem Besitz. Der Bericht wirft besonders darauf ein Licht, was er die Hilflosigkeit der Regierung gegenüber diesem Problem nennt.
 
Der Bericht listet auf: Arabische Bürger, die von der Polizei, den Soldaten, den Sicherheitskräften und jüdischen Zivilisten während der letzten sieben Jahre getötet wurden. Er stellt auch fest, dass während dieser Zeit nur ein jüdischer Bürger, äthiopischer Herkunft, unter ähnlichen Umständen ums Leben kam. Anklagen wurden nur in sieben Fällen erhoben, stellt der Bericht fest. In zwei Fällen wurden die Täter für nicht schuldig befunden und der Staatsanwalt hat in einem der Fälle Berufung erhoben. In einem andern Fall wurde die Anklage fallen gelassen, weil derjenige der geschossen habe als geistig behindert angesehen wurde. Die meisten Fälle, bei denen arabische Bürger von Juden verletzt wurden, wurden nicht voll recherchiert und die Täter - laut Bericht - in den meisten Fällen nicht beschuldigt. Der Bericht stellt jedoch fest, dass arabische Gewalt gegen Juden zu einer sofortigen Aktion durch die Polizei führt, einschließlich kollektiver Strafmaßnahmen in Dörfern wie Jisr al- Zarqa in diesem Monat. Der Bericht wirft auch ein Licht auf die Diskriminierung von Arabern, wenn es um Arbeitsplätze geht. Er klagt das Industrie-, Handels- und Arbeitsministerium an, dass es das Gesetz gegen Diskriminierung am Arbeitsplatz hinauszögert.
 
Indem es Zivilprozesse und Urteile der letzten Jahre zitiert, bestätigt der Bericht, dass Araber an israelischen Flughäfen rassistischer Profilierung ausgesetzt sind. »Problematische Passagiere«-Formulare, die von Sicherheitsbeamten ausgefüllt wurden und den Namen von arabischen Passagieren tragen, wurden in den Akten israelischer Behörden gefunden. Ähnliche Fälle fand man an Bahnhöfen und in Zügen, stellt der Bericht fest. Der Bericht nennt auch diskriminierende Gesetzgebung, wobei er nicht weniger als 10 Gesetzesentwürfe erwähnt, die gegen das Grundgesetz verstoßen und die vom Knessetpräsidium während der Periode, die der Bericht abdeckt, verabschiedet wurden. Das neue Element des 2008-Berichtes ist, dass er auch Flüchtlinge aus Afrika, ausländischen Arbeitern, Juden aus Äthiopien oder Juden russischen und orientalischen und ultra-orthodoxen Ursprungs mit berücksichtigt.
 
Ein weiterer Bericht [2] spricht dasselbe Thema an. Würde ein hochrangiger muslimischer Geistlicher eine Fatwa - ein religiöses Rechtsgutachten - veröffentlichen, das besagt, daß es Muslimen verboten sei, Juden Arbeit zu geben oder ihnen eine Unterkunft zu vermieten, der weltweite Aufschrei wäre nur allzu vorhersehbar. Wie die israelische Haaretz am 20. 3. 08 berichtete, ist genau dies geschehen: nur, daß es sich um einen jüdischen Oberrabbiner handelte, der Juden derartigen Umgang mit Arabern - also Muslimen - verboten hat. Dov Lior, Oberrabbiner von Hebron und Kiryat Arba in der West Bank und Vorsitzender des Yesha-Rabbiner-Rats (Yesha ist im Hebräischen ein Kurzwort für »Judäa, Samaria und Gaza«), veröffentlichte demnach am 19. 3. 08 ein entsprechendes jüdisches Rechtsgutachten. In einem Interview gegenüber Eretz Israel Shelanu (Unser Land Israel), die am 22. 3. 08 in zahlreichen Synagogen verteilt wurde, sagte Lior, daß »da es eine Angelegenheit der Gefährdung der Seelen ist, es offensichtlich ist, daß es vollständig verboten ist, sie anzustellen und ihnen in Israel Häuser zu vermieten. Ihre Anstellung ist nicht nur in Yeshivas [Talmud-Schulen], sondern auch in Fabriken, Hotels und überall verboten.« Zweifellos kann diese Haltung Liors nicht überraschen, wenn man vorangegangene Äußerungen des Oberrabbiners betrachtet, die ihm, handelte es sich um einen Muslim, im »Westen« sicherlich bereits Bezeichnungen zwischen »religiöser Fanatiker« und »Extremist« eingebracht hätten.
 
So sagte er im Jahr 2004 Aljazeera zufolge, daß »während der Kriegsführung die Tötung von nicht-jüdischen Zivilisten gestattet ist, wenn dies jüdische Leben rettet.« Im gleichen Jahr sprach er sich zumindest indirekt für die Ermordung des damaligen israelischen Premierministers Ariel Sharons aus, weil jeder, der Teile des »israelischen Landes« an Nichtjuden abtreten würde, ein »din rodef« - eine religiöse Erlaubnis, von einem anderen Juden getötet zu werden - verdiene. Bereits 1994 wurde einem Bericht der New York Times zufolge bekannt, daß er folgendes gesagt hatte: »Da uns die Nichtjuden angegriffen haben, haben wir das Recht zur Rache und es gibt keine Beschränkung hinsichtlich unschuldiger Menschen«. Und weiter: »Es gibt keinen Zweifel, daß die Ausübung von Racheakten gegen die Nichtjuden eine Mitzvah [rühmliche Tat] ist.« Auf der Bar Mitzvah von Ya'akov Goldstein, dem Sohn von Baruch Goldstein, der 1994 in Hebron in der Abraham-Moschee, der »Grotte der Patriarchen«, 29 Muslime getötet und etwa 150 weitere verletzt hatte, bevor er selbst getötet wurde, sagte er an Ya'akov gewandt: »Folge dem Pfad deines Vaters, er war ein rechtschaffener Mann und ein großer Held«, wie der britische Independent berichtete. Das Bemerkenswerte hieran sind nicht die Ansichten Liors. In jedem Land und in jeder Religion gibt es Menschen, die andere Menschen aufgrund unterschiedlichster Merkmale zutiefst verachten und entmenschlichen. Das Bemerkenswerte ist, daß Lior einerseits zumindest in Teilen der israelischen Bevölkerung immer noch als angesehener Geistlicher gilt - wobei er in anderen Teilen sehr wohl scharf kritisiert wird - andererseits aber im »Westen«, der sonst bei ähnlichen Aussagen mit schärfsten Verurteilungen lautstark zu vernehmen ist, keinerlei Kritik laut wird. Es ist zweifellos genau dieses Messen mit zweierlei Maß, das seit Jahrzehnten nicht unerheblich zur Verbitterung der Muslime und ihrem Mißtrauen gegenüber dem »Westen« beigetragen hat.
 
1 http://www.profi-reporte.de/php/pr/include.php?path=content/articles.php&contentid=2996
2 http://www.freace.de/artikel/200803/220308a.html 22.03.2008  Rassismus: Weder Arbeit noch Unterkunft wegen falscher Religion