Islamische Druckmanöver - Von Patrick Freudiger

Die Volksinitiative gegen den Bau von Minaretten gibt nicht nur in der Schweiz zu reden. Auch das Ausland mischt sich ein. Die Organisation der islamischen Konferenz (OIC), die aus 57 Staaten bestehende Dachorganisation islamischer Staaten, verlangte kürzlich in einer diplomatischen Note Auskunft über die Minarettinitiative. OIC-Generalsekretär Ekmeleddin Ihsanoglu zeigte sich an einem Treffen mit Bundesrätin Calmy-Rey in Madrid über das Volksbegehren beunruhigt.

Auch einzelne islamische Staaten forderten anlässlich der Botschafterkonferenz 2007 Informationen über die Initiative. Wie reagierte die offizielle Schweiz auf solche Druckmanöver? Calmy-Rey übte sich in beschwichtigenden Entschuldigungsmanövern und prophezeite ein Scheitern der Initiative: Man dürfe auf die Urteilskraft des Schweizervolkes vertrauen. Die diplomatische Note der OIC beantwortete Maurice Darier, der Schweizer Botschafter in Saudi-Arabien. Dieser wies darauf hin, dass sich mehrere Bundesräte sowie eine »bedeutende Anzahl« von Parteien, Verbänden und Rechtsexperten kritisch zur Initiative geäussert hatten. Zudem stellte er offenbar die Ungültigkeit der Initiative in Aussicht. Ein solches Verhalten zeugt von Respektlosigkeit gegenüber der direkten Demokratie. Die Stimmbürger hierzulande haben das Recht, sich aktiv mit Volksinitiativen am politischen Geschehen zu beteiligen. Sie müssen es sich insbesondere nicht gefallen lassen, von ihrer eigenen Aussenministerin als urteilsunfähig beschimpft zu werden. Ebenso wenig ist es Aufgabe eines Botschafters, die Gültigkeit von Volksbegehren zu beurteilen. Darüber
entscheidet ausschliesslich das Parlament.
 
Geradezu grotesk mutet dieser aussenpolitische Kniefall der offiziellen Schweiz an, wenn man sich die OIC etwas näher anschaut. Schon ein Blick auf die Mitgliedstaaten macht skeptisch: Gründungsmitglieder sind z.B. Saudi-Arabien, Pakistan und der Iran: alles Staaten mit vorzivilisatorischen Menschenrechtsstandards. 1990 haben die OIC-Mitglieder die »Kairoer Erklärung der Menschenrechte im Islam« verabschiedet. In der Präambel betonen die OIC-Mitglieder »die kulturelle und historische Rolle der islamischen Umma, die von
Gott als die beste Nation geschaffen wurde (…).« Weiter ist in Art. 22 lit.a zu lesen: »Jeder Mensch hat das Recht auf freie Meinungsäußerung, soweit er damit nicht die Grundsätze der Scharia verletzt.« Art. 24 macht klar: »Alle Rechte und Freiheiten, die in dieser Erklärung genannt wurden, unterstehen der islamischen Scharia.« Die Kairoer Erklärung der Menschenrechte ist also in zentralen Punkten eine islamgerechte Relativierung dieser Rechte. Die Einmischung der OIC in fremde innerstaatliche Angelegenheiten ist übrigens keine Seltenheit. Schon bei den in Dänemark publizierten Mohammed-Karikaturen protestierte die OIC. Ebenso kritisierte sie die Regensburger Rede von Papst Benedikt XVI. Dieser wagte es nämlich, in seiner Rede eine islamkritische Aussage des byzantinischen Kaisers Manuel II. Palaiologos zu erwähnen. Die OIC fordert ständig Respekt vor dem Islam. Selbst aber ist sie nicht bereit, westliche Grundwerte wie Redefreiheit zu respektieren. Wer - wie die OIC - den Menschenrechten nur eine islamkonforme Rumpfexistenz zugesteht, sollte sich mit dem moralisierenden Zeigefinger zurückhalten. Dies müssten sich auch Bundesrätin Calmy-Rey und Botschafter Darier vergegenwärtigen, bevor sie sich vor diesem Gremium zu rechtfertigen beginnen. Man darf sich kaum vorstellen, wie Calmy-Reys Reaktion ausgefallen wäre, wenn die Schweiz und nicht Dänemark Zielscheibe islamischer Proteste gewesen wäre. Passend zur Appeasement-Diplomatie des Departements des Äussern (EDA) wäre etwa folgende Antwort gewesen: Man dürfe in Zukunft auf die Urteilsfähigkeit der Schweizer Bevölkerung vertrauen, dass diese den Islam nicht mehr kritisieren werde. Verfassungsmässig garantierte Volksrechte soll der Schweizer Stimmbürger frei und ohne politische Druck- und Behinderungsmanöver wahrnehmen können. Das haben Islamorganisationen zu respektieren; und das EDA auch.
 
Patrick Freudiger, Stadtrat in Langenthal, ist Mitglied des Initiativkomitees gegen
den Bau von Minaretten