Kosovo und Afghanistan: Kosten ohne Ende

Die BRD schickt in den kommenden Tagen ein zusätzliches Bundeswehrbataillon in den Kosovo. Die rund 400 Mann starke Truppe soll in der nächsten Woche stationiert werden, wie ein Sprecher des Einsatzführungskommandos in Potsdam am 29.2.08 erklärte. Zusammen mit knapp 200 österreichischen Soldaten lösen die Deutschen im Zuge einer routinemässigen Rotation 600 italienische Soldaten der NATO-Truppe KFOR ab. Welt online zitierte am 29.2.08 deutsche »Militärkreise« mit dem Satz, nach den letzten Unruhen in der Region gehe es auch um eine »Demonstration der Stärke«.

Mit 2600 Einsatzkräften von insgesamt 16000 NATO-Soldaten vor Ort ist die Bundeswehr dann der grösste Truppensteller. [1] Schon Mitte Dezember 07 hatten sich die EU-Regierungschefs auf ein militärisches Besatzungsregime unter der Ägide Brüssel geeinigt. Und Nato-Generalsekretär Jaap de Hoop Scheffer teilte in Brüssel mit, bei gewalttätigen Ausschreitungen im Kosovo werde die Nato-Truppe KFOR sofort hart durchgreifen. Die EU-Staaten hatten noch vor der Unabhängigkeitserklärung der vom Westen ausgehaltenen albanischen Separatisten am 16. Februar im Kosovo einseitig den Startschuss für die Entsendung von 2200 Mann - vorwiegend Polizeikräfte - gegeben. Für die ersten 16 Monate werden im EU-Haushalt dafür 205 Millionen Euro bereitgestellt. Wie GFP am 21. Februar berichtete, schreiten inzwischen gegen Demonstranten, die die rechtswidrige Abtrennung des Kosovos von den übrigen serbischen Landesteilen nicht akzeptieren wollen, NATO-Truppen ein - im Auftrag des deutschen Protektoratsverwalters im Kosovo, Joachim Rücker. Rücker handelt offiziell im Namen der UNO, deren Charta die Sezession eigentlich verbietet, deren Generalsekretär jedoch trotz der tiefen Spaltung des Sicherheitsrates die Aggression gegen Belgrad toleriert. So trat Ban Ki Moon, den Jürgen Elsässer als eine Marionette der US-Amerikaner bezeichnet, am 28. 1. 08 für eine starke Rolle der EU im Kosovo ein, indem diese die vorrangige Verantwortung in dieser Angelegenheit übernehmen werde. Der russische UN-Botschafter Witali Tschurkin hingegen bezeichnete die geplante EU-Mission im Kosovo (EULEX) im UN-Sicherheitsrat als illegal. Tschurkin verwies auf eine Erklärung von UN-Generalsekretär Ban Ki Moon, in der dieser am 17. Februar darauf verwiesen hatte, dass der Kosovo bis zur Verabschiedung einer neuen Sicherheitsresolution unter UNO-Verwaltung stehe. Tschurkin bezeichnete es als »bittere Ironie«, dass die EU mit einer Mission, die den Rechtsstaat im Kosovo fördern soll, internationales Recht breche. [2] Das UN-Flüchtlingshilfswerk UNHCR bereitet sich nach eigenen Angaben auf ethnische Konflikte in der serbischen Provinz vor. Hans Nyberg, der Sprecher des UNHCR, geht von Übergriffen auf Serben und Angehörige anderer nicht-albanischer Volksgruppen in dem neu entstehenden Staat aus. Im serbisch dominierten Nordteil der Provinz seien zudem 4000 Albaner von Vertreibungen betroffen. Fazit: Den Europäern stehen weitere immense Kosten ins Haus. Trotz aller breitgeredeten Demokratie werden sie kaum die Möglichkeit haben, sich dagegen aufzulehnen.
 
Die Anerkennung des Kosovos hat insgesamt zu starken Reaktionen geführt. Als unbedingt lesenswert in diesem Zusammenhang erachten wir den auf http://www.geistige-landesverteidigung.ch/dateien/offene_briefe/kosovo_und_weltfriedensordnung.pdf erschienenen, an den National- und Ständerat sowie an die Kantonsräte gerichteten offenen Brief.
 
Das Weisse Haus hat soeben erneut die Bedeutung zusätzlicher NATO-Truppen in Afghanistan betont. Bush suche weiter das Gespräch mit den NATO-Partnern über zusätzliche NATO-Streitkräfte für Afghanistan, sagte der Sprecher des Nationalen Sicherheitsrates, Gordon Johndroe, am 29. 2. 08 in Washington. Ein von Daniel Korski verfasster Bericht des in London ansässigen European Council on Foreign Relations (ECFR) vom Januar 2008 - Afghanistan, Europas vergessener Krieg‹ - »ist ein Anzeichen dafür, wie Frankreich und Deutschland immer tiefer in Blairs imperiale Geopolitik hineingezogen werden. Das ECFR wird von Tony Blairs 25 Jahre altem Wunderknaben, Mark Leonard geleitet. Leonard schrieb gemeinsam mit Blairs Berater Robert Cooper an der imperialistischen Doktrin Ein neues Europäisches Jahrhundert.« Es ist nichts zu vernehmen, was darauf hindeuten würde, dass bei einer eventuellen Umsetzung dieser neuen Visionein Mitspracherecht der Bürger eingeplant wäre. »Jedenfalls lässt der Kern der Strategie aufhorchen: Er besteht in der Notwendigkeit eines grosszügigen Angebots: Die EU sollte mehr Truppen nach Afghanistan schicken, Beschränkungen (die sogenannten Vorbehalte) abschaffen, und das Zurückfahren der Entwicklungshilfe rückgängig machen. Im  Gegenzug solle die USA eine Verlagerung der militärisch orientierten Strategie zugunsten einer Strategie der allgemeinen politischen Einwirkung und des Schutzes der Zivilbevölkerung im Land akzeptieren. Die EU solle ihre gescheiterte Anti-Drogen-Politik aufgeben, und die Drogenbarone verfolgen, anstatt die Opiumfelder zu besprühen. Die internationale Koalition solle mit den Taliban verhandeln, moderate Aufständische in den Prozess einbinden und Präsident Karzai dabei helfen, ein politisches Einvernehmen zu erreichen. Auf dieses grosszügige Angebot solle man sich beim NATO-Gipfeltreffen in Bukarest einigen.« [3]
 
Dies wären nicht die einzigen Stimmen, die uns diktieren, was Sache zu sein hätte. Wie die Medien berichten, verlangt auch der Favorit im US-Vorwahlkampf, Barack Obama, mehr Einsatz in Afghanistan. Die Europäer sollten Beschränkungen für ihre Truppen aufheben und sich ebenfalls in Feuergefechte mit den Taliban einschalten. Es könne schliesslich nicht sein, dass ausschliesslich die USA und Grossbritannien die Drecksarbeit machten, wird der Präsidentschaftsbewerber zitiert. Namen einzelner Staaten nannte er jedoch nicht. [4] Es scheint, als habe Obama nicht begriffen, dass er das Inferno in Afghanistan seiner eigenen Nation verdankt: Wer sonst als Zbigniew Brzezinski, der Sicherheitsberater unter US-Präsident James Carter, liess 1979 die Mudschaheddin ausbilden und ausstatten. Der Aufbau der Taliban erfolgte danach unter der Regie Washingtons und der CIA, mit Saudiarabien und Pakistan im Schlepptau! Und einen grossen Teil der Koordinationsarbeit in Islamabad leisteten Beamte des britischen Geheimdienstes MI6. Im übrigen lassen sich die im Wahlkampf um die Präsidentschaft gesammelten Spendengelder nur noch mit dem von den Amerikanern für derartige Verhältnisse selbst gebrauchten Ausdruck obszön bezeichnen. Im Februar hat die frühere First Lady Hillary Clinton 35 Millionen $ an Spendengeldern gesammelt, 32 Millionen $ konnte ihr Kontrahent Obama im Januar für seine Kampagne verbuchen. 
 
Der französische Präsident Nicholas Sarkozy beabsichtigt, den Vertrag von Lissabon für die Einführung einer neuen, supranationalen Elite-Armee zu nutzen. Im Falle der Ratifizierung des Vertrags seitens der 27 EU-Mitgliedsstaaten würde Sarkozy, zusammen mit den 5 anderen grössten EU-Staaten, eine 60.000 Mann starke, technisch hochaufgerüstete Militärstreitkraft aufbauen. Laut Sarkozys Plan müssten Frankreich, Deutschland, Italien, Polen, Spanien und Grossbritannien ihren jeweiligen Verteidigungsetat bei mindestens 2 Prozent des Bruttoinlandsprodukts halten. Sarkozy befürwortet auch, dass die einzelnen Länder ihre ausländischen Militärbasen gemeinsam nutzen. Er hat vor, die neue Streitkraft als  ›europäischen Stützpfeiler der NATO auszubauen und wird diese Idee mit dem britischen Premierminister Gordon Brown auf einem Gipfeltreffen Ende März diskutieren. Mit anderen Worten: der EU-Steuerzahler hat sich auch hier für weitere finanzielle Bürden zu rüsten. [5]
 
1 http://www.jungewelt.de/2007/12-07/056.php  7.12.07  Noch drei Tage Ruhe - Von Jürgen Elsässer
2 http://www.jungewelt.de/2008/03-01/052.php Konfrontation am Balkan Von Arnold Schölzel
3 http://www.bueso.de/news/bericht-des-european-council-on-foreign-relations-mehr-europaer-nach-afghanistan   
4 http://www.tagesspiegel.de/politik/international/Afghanistan-Obama-US-Wahlkampf;art123,2485865 29.2.08
5 http://www.bueso.de/news/sarkozy-will-europaische-interventionsarmee 28.2.08