Aus der Welt der Geheimdienste

Aus britischen Geheimdienstkreisen wurden der Nachrichtenagentur Executive Intelligence Review [EIR] gegenüber Berichte bestätigt, nach denen sich britische Geheimdienstvertreter in Afghanistan hinter dem Rücken der Karzai-Regierung mit Vertretern der Taliban getroffen haben sollen [1]. Karzai hatte bereits im Januar die Teilnehmer des Weltwirtschaftsforums in Davos mit ungewöhnlich harscher Kritik an der Regierung Grossbritanniens überrascht.

Er sagte, er habe den Briten vertraut, dass sie die Taliban aus der südlichen Provinz Helmand heraushalten würden. Aber das Gegenteil sei eingetreten. Mit den Briten seien die Taliban erst nach Helmand gekommen. Auch soll der afghanische Geheimdienst bei der Festnahme westlicher Diplomaten Dokumente in die Hand bekommen haben, die beweisen, dass nicht nur Gespräche mit den Taliban stattgefunden hätten, sondern auch ganz konkrete Pläne existierten, 2000 »ehemalige« Talibankämpfer mit Waffen, Kommunikations-Technologie wie Satellitentelephonen und GPS auszurüsten und zu trainieren. Zwei der Festgenommenen, der UNO-Diplomat Mervyn Patterson und Michael Semple, stellvertretender Leiter der EU-Mission in Afghanistan, sollen für den britischen Auslandsgeheimdienst MI6 gearbeitet haben. Sie sind inzwischen wegen Gefährdung der nationalen Sicherheit« des Landes verwiesen worden. Ziel der ganzen Operation sei die Bedrohung Kabuls und der Sturz der Karzai-Regierung gewesen. Dies wurde jetzt durch einen Sprecher der eingangs erwähnten Kreise bestätigt: Das Ganze sei eine typisch postkoloniale Aufstandsbekämpfungsmassnahme der Briten. Aber all diese Machenschaften würden zwangsweise scheitern, da die Situation in Afghanistan total verfahren sei. Deshalb hätte Deutschland auch guten Grund, sich nicht in diesen Sumpf hineinziehen zu lassen. Anfang Februar hatte Karzai dann seine westlichen Förderer überrascht, indem er den britischen Lord Paddy Ashdown als UN-Sondergesandten für Afghanistan ablehnte. Ashdown, ein britischer Liberaler, hat sich u.a. als UN-Hochkommissar für Bosnien-Herzegowina von 2002 bis 2006 den Ruf eines kolonialen Vizekönigs eingehandelt und hätte Karzais Autorität sicherlich in Frage gestellt, was dieser nicht hinnehmen will. Wie eine Mitteilung der Basler Zeitung vom 6. Februar 08 festhält, ist Afghanistan nach Ansicht britischer Experten durch zunehmende Angriffe der Taliban an den Rand des Abgrunds gebracht worden. Eine Verstärkung der internationalen militärischen und wirtschaftlichen Hilfe sei dringend erforderlich, erklärte der Aussenpolitik-Expertenrat The Senlis Council am 6.2.08 in London. Aus letzterem Ansinnen  geht wieder einmal klar hervor, dass wir finanziell unentwegt geradezustehen haben, wenn es gilt, ein durch unsere von uns nicht zu beeinflussenden Regierungen verursachtes Desaster - im Fall von Afghanistan ein wahres Inferno - zu schultern.
 
Neues »Sykes-Picot« oder Nahostfrieden - und wie unsere Steuergelder verschleudert werden
Der israelische Historiker Meir Zamir hat kürzlich freigegebene Berichte des französischen Geheimdienstes studiert, die aufdecken, wie Grossbritannien in der unmittelbaren Nachkriegszeit im Nahen Osten alle Seiten manipulierte, um die Franzosen auszuschalten und die Vorherrschaft in der gesamten Region zu gewinnen 2. In seinem diesbezüglich in Ha’aretz vom 1. 2. 08 erschienenen Artikel zitiert er zum Schluss den früheren französischen Generalkonsul in Jerusalem, René Neuville, der auf dem Höhepunkt des ersten arabisch-israelischen Krieges im Juni 1948 folgendes erklärte: »Die einen ziehen in den Krieg, die anderen ziehen die Fäden.« Heute geht es um eine Neuauflage des berüchtigten Sykes-Picot-Abkommens aus dem Ersten Weltkrieg, mit dem England und Frankreich das besiegte Osmanische Reich unter sich aufteilten. Ein »Hochkommissar« für die Region existiert bereits in der Person des britischen Ex-Premiers Tony Blair. Als Sondergesandter des Nahostquartetts (UN, EU, USA, Russland) hat er massiven Einfluss auf die israelisch-palästinensischen Verhandlungen und damit über die Frage von Krieg oder Frieden in der Region. Als treibende Kraft des verheerenden Irakkriegs ist Blair natürlich ein mehr als zweifelhafter Unterhändler für »Frieden«. Die Position an sich ist ehrenamtlich, aber Blair bedient sich reichlich aus Geldern, die als Wirtschaftshilfe für die Palästinenserverwaltung gedacht sind. Seine »Mission« belegt für mehr als 1,3 Mio. $ im Jahr zehn Zimmer im American Colony Hotel in Ostjerusalem, zusätzlich zu einem Büro im protzigen Londoner Stadtteil Mayfair. Wenn Blair vor Ort nichts tut, ist das nur im Sinne der britischen Hintermänner der weltweiten Chaos-Strategie. Als Wirtschaftszar für die Palästinenser hat er nichts erreicht, obwohl sich alle Beobachter einig sind, dass die Verbesserung der täglichen Lebensbedingungen der Palästinenser ein Schlüsselfaktor für den Friedensprozess ist. Weder Blair noch irgendeiner seiner hauptamtlichen Mitarbeiter hat bisher Gaza auch nur einmal besucht! Der palästinensische Chefunterhändler Jasser Abed Rabbo gibt laut einem Bericht der Londoner Times vom 23.1.08 Blair nur »5% Erfolgschance«, weil er gegenüber Israel zu nachgiebig sei. Wie ein palästinensischer Unternehmer der Zeitung sagte, hat Blair gar nicht versucht, Israel dazu zu bewegen, die Strassensperren aufzuheben oder Häfen und Flughäfen zu öffnen. Für wen arbeitet Tony Blair? Für das »Quartett«, das von vornherein eine Totgeburt war? Oder eher für zwei grosse Finanzinstitute, die ihn gerade als Berater anheuerten, JP Morgan Chase und die Schweizer Zürich Versicherung, die ihm Berichten zufolge 7 Mio. $ zahlt?
 
Immer wieder: der Einfluss des Westens
An der nach der umstrittenen Präsidentschaftswahl ausgebrochenen verheerenden Gewaltwelle war, wie Werner Pirker von der Jungen Welt darlegte 3, die USA nicht ganz unbeteiligt. Strategic Alert Nr. 2 vom 10. 1. 08 vermeldet ferner, dass sowohl der Präsident Mwai Kibaki als auch der noch Oppositionsführer Raila Odinga mittels einer Operation aus dem Londoner Oberhaus gezielt manipuliert werden. Der Fadenzieher hierbei ist Lord Steel of Aikwood, liberaldemokratisches Oberhausmitglied, der Kibaki seit 25 Jahren kennt und der  Odinga geholfen hat, Vorsitzender der Liberaldemokratischen Partei in Kenia zu werden. Steel ist ein ehemaliger Geschäftspartner von Tony Buckingham, dem Gründer der berüchtigten Söldnerfirma Executive Outcomes, eine private Sicherheits- und Militärfirma. Steel ist auch Vorstandsmitglied der Royal African Society, deren Schirmherrin Königin Elizabeth II. ist. Zu den Geldgebern der Gesellschaft zählen britische Eliteunternehmen wie Rio Tinto, Anglo American und De Beers, British American Tobacco und die Standard Chartered Bank. Deren Vorsitzender ist Lord Holme of Cheltenham, ebenso wie Steel Mitglied der Liberaldemokraten und des Kronrats. Was Executive Outcomes betrifft, so war diese Teil eines globalen Netzwerkes aus Militärdienstleistern, Bergbau- und Ölunternehmen, das in Pretoria, London und in diversen Steueroasen seine Stammsitze hatte. Anfang 1999 löste sich das Unternehmen offiziell auf. Das Netzwerk existierte aber anscheinend in Firmen wie Sandline International und Aegis Defence Services fort. Executive Outcomes war durch spektakuläre und weit publizierte Einsätze in Angola und Sierra Leone zum bekanntesten Beispiel für moderne globale Militärfirmen geworden. Die Blutbäder, an denen der Westen durch seine Eingriffe gerade in Afrika mitschuldig ist, scheinen kein Ende nehmen zu wollen, zumindest nicht, bevor alle Ressourcen in die »richtigen Hände« verteilt sind.
 
1 http://www.bueso.de/news/britischer-geheimdienst-schmutzigen-geschaften-mit-taliban-erwischt 8.2.08 sowie http://www.larouchepub.com/
2 Quelle: Strategic Alert Jahrg. 22, Nr. 6 vom 7. Februar 2008
3 Kenia auf politonline