Seltsame «Vorkehren zur Klimarettung» Wenn Zehntausend nach Bali jetten - Von Ulrich Schlüer 08.12.2007 19:42
Wenn sich Funktionäre weltumspannend eines Themas annehmen, dann leisten sie meist gründliche Arbeit. Stehen - wie derzeit im Blick auf Klimaprobleme - unbegrenzte Budgetmittel aus Steuergeldern zur Verfügung, dann werden die Milliarden hemmungslos zum Fliessen gebracht. Nicht, dass Klimaprobleme nicht ernsthafte Diskussion und Behandlung verdienten. Nicht, dass sich nicht jeder Einzelne auf der Welt so aufführen sollte, dass auch der Nachwelt von der Schöpfung noch etwas übrig bleibt. Nein: Es geht uns nicht um oberflächliche Problemverachtung.
Engagement oder Aktivismus? Ob dem Klima allerdings geholfen wird, ob der Schöpfung
damit Respekt gezollt wird, dass sich zehntausend Funktionäre aus allen Winkeln
des Erdballs per Flugzeug nach Bali verfrachten lassen? Und sich diese
zehntausend Funktionäre von mindestens ebenso vielen Medienschaffenden
begleiten lassen, damit auch ja die ganze Welt vom «guten Tun» dieser
Funktionäre umfassendst ins Bild gesetzt werde. Zu solchem Aktivismus erlauben
wir uns ein Fragezeichen zu setzen - ohne dass uns dies als Verachtung
ernsthafter Umweltprobleme ausgelegt werden darf. Auf der schönen Insel Bali
haben also zehntausend Funktionäre konferiert. Und Ergebnisse präsentiert.
Ergebnisse in Form von Appellen. Appelle nach neuen Steuern, nach höheren
Abgaben, nach zusätzlichen Gebühren. Appelle, die Milliarden für den «Kampf
gegen den Klimawandel» zum Fliessen bringen sollen.
Neue Steuern - wofür denn? Neue Geldflüsse für neue Massnahmen? Oder zusätzliche
Milliarden, um Heerscharen von das Klimaproblem verwaltenden Funktionären zu
entlöhnen? Damit diese gelegentlich wieder in Zehntausender-Besetzung nach Bali
- oder an einen anderen schönen Ort auf diesem Erdball - reisen können?
Millionen Liter Flugbenzin verbrennend? Wer hat denn die neuen Steuern, Abgaben
und Gebühren zu leisten, zu erwirtschaften? Dumme Frage! Jene natürlich, die
auf dieser Erde produzieren, die Werte schaffen. Was wird diesen Produzenten,
diesen Wertschöpfern zugemutet, auf dass höhere Abgaben von ihnen einverlangt
werden können?
In der Tat: Die Funktionäre, die mehr Abgaben von
Leistungserbringern verlangen, zwingen die Wirtschaft zu Produktionssteigerungen.
Oder zu verbesserter Produktivität. Höhere Produktion verlangt höheren
Ressourceneinsatz. Verbesserte Produktivität verlangt höheren Energieeinsatz.
Ob diese beiden Erfordernisse das Klima tatsächlich entlasten? Eine Frage, die
offenbar «politically incorrect» ist - schliesslich streben all diese
Funktionäre doch nach «dem Guten», weshalb sie sich auch selbst als «gute
Menschen» etikettieren. Und guten Menschen darf man keine unbequemen Fragen
stellen.
Steuer-Forderungen auch in der Schweiz Die Schweizer Funktionäre des Klimaschutzes marschieren
bereits Arm in Arm mit ihren internationalen Kollegen: Eine Energiesteuer in
der Grössenordnung «von so um die fünf Prozent» präsentieren sie uns als
Ergebnis von Bali: 6 % neue Energiesteuer, beschwichtigen sie zum voraus, habe
keinerlei Auswirkungen auf Produktion und Arbeitsplätze - das Wachstum werde
nicht im geringsten beeinträchtigt. Ob die gleichen Funktionäre Gleiches
beteuern würden, wenn jemandem die Behauptung in den Sinn käme, auch von einem
fünfprozentigen Mietzinsaufschlag würde gewiss keine nennenswerte
Konsequenz ausgehen. . .? Doch
halt: Auch solcher Vergleich ist «politically incorrect», darf also, wo «gute
Menschen» handeln, nicht angestellt werden.
Die direkte Demokratie stört Die anvisierte Energiesteuer, behaupten Berns Energie-,
Klima- und Umweltfunktionäre weiter, sei deshalb unbedenklich, weil die damit
generierten Einnahmen in Form von Prämien an vorbildliche Energienutzer
unverzüglich wieder in den Wirtschaftskreislauf zurückflössen, also gleichsam
«belastungsneutral» seien. Darf man aus dieser Beteuerung schliessen, dass all
die Heerscharen von Funktionären, die aufgrund komplizierter Berechnungsmodelle
festzustellen haben, wer Energieabgaben zu leisten hat und wer Energieprämien
entgegennehmen darf, allein für Gotteslohn arbeiten? Dass sie als Funktionäre
der Umverteilung gewillt sind, für ihr eigenes Tun keinerlei Steuergelder zu
beanspruchen? Oder sind sie, weil grundsätzlich «Gutes tuende Menschen», vor
solchen vielleicht etwas unbequemen Fragen grundsätzlich zu schützen? Den
Schutz haben sie nötig, diese Funktionäre, müssen sie die Schweiz und die
Schweizer doch mit der höchst unbequemen Wahrheit konfrontieren, dass unser
Land bei der Internationale der Klimafunktionäre ohnehin schlecht dastehe. Weil
die Energiebelastung in der Schweiz aus Sicht dieser internationalen
Funktionäre viel zu tief sei. Und weil der Mechanismus, der in der Schweiz bei
der Beschlussfassung über Abgaben eingehalten werden müsse,
«erhöhungsfeindlich» sei. Diese Botschaft wurde zu Bern verstanden: Das
Hindernis für exorbitante Energiebesteuerung heisst direkte Demokratie.
In der direkten Demokratie kann bekanntlich ohne Verfassungsänderung keine neue
Steuer erhoben werden. Dies räumt dem Souverän das letzte Wort über
Steuererhöhungen ein. Ein Umstand, der bremsende Wirkung hat. Funktionäre
anderer Länder kennen dieses Hindernis nicht. Sie können Steuererhöhungen
einfach dekretieren - dem Bürger dort bleibt nur die Faust im Sack. In der
Schweiz muss der Steuerzahler gefragt werden. Und er besitzt die Freiheit, auch
Nein sagen zu dürfen.
Leuenberger findet den Dreh Doch die Freiheit zum Nein ist gefährdet. Das Departement
Leuenberger hat den Wink der internationalen Funktionäre nur allzu bereitwillig
verstanden. Und präsentiert ein Besteuerungsmodell, das den lästigen Bürger,
der zu neuen Abgaben Nein sagen könnte, flugs ins Abseits manövriert.
Leuenberger will bekanntlich Strassenzölle einführen - etwas, das unser Land
seit dem Mittelalter nicht mehr kennt. Er nennt sie Road Pricing. Und will sie
von jenen erheben, die mit dem eigenen Fahrzeug die Städte aufsuchen wollen. Auch
die Einführung des Road Pricing wäre von Rechts wegen ohne Verfassungsänderung,
also ohne Zustimmung der Bürger, nicht möglich. Weil die Popularität dieser
Neuauflage mittelalterlicher Strassenzölle, wie vom Bund engagierte
Meinungsbefrager offenbar herausgefunden haben, alles andere als hoch ist, will
Leuenberger die Demokratie jetzt umgehen. Er gestattet den links-grünen
Stadtregierungen, die nach Millionen aus neuen Strassenzöllen dürsten,
«Versuchsbetriebe» einzurichten. Sie sollen die neuen Steuern«auf Probe» einführen
dürfen. Vorerst nur punktuell, nicht flächendeckend. Denn für punktuelle
Einführung, dekretiert Leuenberger, erübrige sich die Änderung der
Bundesverfassung. Für «Versuche» brauche die Verfassung doch nicht geändert zu
werden.
Dass die geldhungrigen Funktionäre das Ergebnis der Versuche
längst in ihrer Schublade haben, dass sie, um die neue Steuer zu begründen, gar
nicht auf Versuche angewiesen sein wollen, das pfeifen die Spatzen, welche die
Schröpftechniken der Funktionäre durchschaut haben, längst von allen Berner
Dächern. Es geht ja auch nur darum, eine klare Verletzung der Bundesverfassung
zu tarnen. Leuenberger will diese neue Steuer, auf dass die Umverteilung neuen
Schub erhalte und die Schweiz von internationalen Funktionären endlich gelobt
würde. Denn die internationalen Funktionäre interessieren das Departement
Leuenberger weit mehr als die schweizerischen Steuerzahler und Bürger.
Ulrich Schlüer ist Chefredaktor der «Schweizerzeit»
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