Hjalmar Schacht und die BIZ - von Elisabeth Hellenbroich

Synarchie. Einer der Drahtzieher bei der Machtergreifung der Nazis 1933 war der frühere Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht. Die von Schacht mitgegründete Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) diente dem Dritten Reich als Schnittstelle zur anglo-amerikanischen Finanzwelt und ermöglichte den Nazis wichtige Rüstungsimporte. Die BIZ wurde nach Kriegsende jedoch nicht, wie Roosevelt und seine Mitarbeiter planten, liquidiert. Ihre Leiter wurden nach dem Krieg auch nicht zur Verantwortung gezogen, sondern konnten zum Teil sogar noch Karriere machen.

Hitlers Aufstieg zur Macht ist eng mit dem Namen Hjalmar Horace Greeley Schacht verknüpft. Sowohl vor als auch während der Nazizeit war er der ranghöchste Repräsentant Deutschlands auf Konferenzen der internationalen Hochfinanz. Neben seiner engen Verbindung mit der Bankiersfamilie Morgan, die er bereits 1905 während seiner ersten Reise in die USA kennenlernte, unterhielt er ebenso enge Verbindung zu den Brüdern Dulles, insbesondere zu John Foster Dulles, der für die US-Regierung an den Versailler Verhandlungen als Berater teilnahm und den Schacht zu Beginn der 20er Jahre in Berlin kennengelernt hatte, als Dulles Angehöriger der US-Botschaft war.

1923 von Finanzminister Luther zum Reichswährungskommissar mit "diktatorischen" Vollmachten und am 22. November 1923 zum Reichsbankpräsidenten ernannt, führte Schacht ein "drakonisches" Sparprogramm durch - so drakonisch, daß es den Nationalsozialisten den Weg zur Macht ebnete. Das amerikanische Magazin Fortnightly News schrieb am 1. August 1924 in einem Artikel über Schacht anerkennend, dieser sei Deutschlands prominentester Mann, "nicht nur zu Hause, sondern auch bei den internationalen Verhandlungen. Er ist der einzige Deutsche, dem die britische und amerikanische Finanzwelt Glauben schenkt." Im Februar 1929 traf sich Schacht anläßlich einer internationalen Konferenz in Paris mit Owen Young, John Pierport Morgan sowie Vertretern aus Großbritannien, Italien, Frankreich und Japan. Im Mittelpunkt der Verhandlungen stand die Frage der deutschen Reparationen (113 Mrd. Reichsmark), die an die Gläubiger zu zahlen sich Deutschland 1919 im Rahmen des Versailler Vertrages verpflichtet hatte.

Am 7. Juni 1929 akzeptierte Schacht den Young-Plan. Er sah die Gründung einer neuen Institution, der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich (BIZ) vor. An diese Bank sollte Deutschland jedes Jahr bis 1988 Jahresraten entrichten. Schacht nannte sie, wie der Biograph John Weitz in seinem Buch Hitlers Bankier Hjalmar Schacht (Europa Verlag) anmerkt, "meine Bank für Internationalen Zahlungsausgleich". Im Oktober 1929 fand dann in Baden-Baden eine Konferenz des Verwaltungsrats der BIZ statt. Wenige Tage danach, am 29. Oktober 1929, kam es zum Börsenkrach in New York. Am 12. Januar 1930 erklärten die Gläubigerbanken in Den Haag, daß Zusätze zum Young-Plan nötig wären, u.a. Sanktionen, wenn Deutschland seine Zahlungen nicht erfüllen würde. Damals reichte Schacht seinen Rücktritt als Reichsbankpräsident ein. Er trat jedoch nicht von der Bühne ab, sondern faßte den Plan, den Nationalsozialisten an die Macht zu verhelfen.

Im Dezember 1930 lernte Schacht bei einem Abendessen im Hause seines alten Freundes Georg von Strauß - ein Vorstandsmitglied der Deutschen Bank - Hermann Göring kennen. Dieser Bekanntschaft folgte ein Abendessen bei den Görings am 5. Januar 1931 mit Hitler. Schacht war gebannt von Hitler, dessen Mein Kampf er im selben Jahr während einer Überfahrt auf dem Schiff in die USA begeistert gelesen hatte. Über den Eindruck, den Hitler auf ihn machte, schrieb er später in seinen Memoiren: "Was mir Eindruck machte, war die absolute Überzeugung des Mannes von der Richtigkeit seiner Auffassungen und die Entschlossenheit, diesen Auffassungen praktische Geltung zu verschaffen." Schacht betrachtete Hitler als einen "echten Fanatiker" und "geborenen Agitator" und verwies Hitler, so dokumentiert es der Schacht-Biograph Weitz, "an den Wirtschaftsjournalisten Funk, der Hitler später die Wirtschaftsprinzipien erklärte." In den darauffolgenden Wochen drängte Schacht Reichskanzler Brüning und andere Politiker immer wieder, die Nazis baldmöglichst in die Regierungskoalition hineinzunehmen. Er beharrte darauf, daß nur auf diesem Wege ein totaler Übergang der Macht in die Hände dieser radikalen Rechtsbewegung vermeidbar sei, und versuchte, die Regierungsvertreter davon zu überzeugen, daß eine Regierungsbeteiligung der Nationalsozialisten eine Chance sei, sie "in geordnete Bahnen zu lenken." Brüning regierte damals mit Art. 48 der Weimarer Verfassung. Danach kann der Reichspräsident, "wenn im Deutschen Reiche die öffentliche Sicherheit und Ordnung erheblich gestört oder gefährdet wird, die zur Wiederherstellung der öffentlichen Sicherheit und Ordnung nötigen Maßnahmen treffen, erforderlichenfalls mit Hilfe der bewaffneten Macht einschreiten. Zu diesem Zwecke darf er vorübergehend die in den Artikeln 114, 115, 117, 118, 123, 124 und 153 festgesetzten Grundrechte ganz oder zum Teil außer Kraft setzen." Im Frühjahr 1931 wurde Schacht gemäß einem Artikel der New York Times vom 5. März 1931 von der amerikanischen Journalistin Dorothy Thompson gefragt, "wer denn bei den Nazis Wirtschafts- und Finanzpolitik und Steuern kenne?" Schacht antwortete: "Ich!... Nein, die Nazis können nicht regieren, aber ich kann durch sie regieren."

Im Juni 1932 wurde von Papen mit dem "Kabinett der Barone" Reichskanzler. Eine Notverordnung nach der anderen folgte. Am 29. August 1932 versicherte Schacht Hitler brieflich "seiner unveränderlichen Sympathie". Er riet ihm dringend, sich in der Wirtschaftspolitik nicht festzulegen. Denn ein Arbeitsbeschaffungsprogramm, wie es Dr. Wilhelm Lautenbach vom Reichswirtschaftsministerium und vom Allgemeinen Deutschen Gewerkschaftsbund (Woytinsky-Tarnow-Baade-Plan) vorgeschlagen wurde, lehnte Schacht kategorisch ab - er wollte den Regimewechsel. Schachts Schlußsatz in dem Brief an Hitler: "Sie können auf mich zählen als Ihren zuverlässigen Helfer." Den Brief unterschrieb er mit "Heil Hitler". Am 4. Januar 1933 fand dann im Haus des Kölner Bankiers Kurt von Schroeder ein Treffen zwischen von Papen und Hitler statt, das den Weg Hitlers zur Macht endgültig ebnen sollte. Zu diesem Zeitpunkt waren von 65 Millionen Deutschen 6,5 Millionen arbeitslos.

Am 30. Januar 1933 wurde Hitler Reichskanzler. Am 17. März 1933 trat Schacht erneut das Amt des Reichsbankpräsidenten an - "einzig und allein aus brennendem Interesse für die Wohlfahrt der breiten Masse unseres Volkes" behauptete er. Im April 1933 berichtete die amerikanische Zeitschrift New Business Week: "In Geschäftskreisen wird allgemein angenommen, daß Dr. Schacht, der neue Präsident der Reichsbank, weitgehend für die Gestaltung dieses Programms (der Reichsregierung) verantwortlich ist, und daß er in Anbetracht seiner generellen Einigkeit mit Hitler bei der Formulierung der Wirtschafts- und Finanzpolitik der Reichsregierung eine führende Rolle spielen wird."

Schacht wollte, so berichtet es der Biograph Weitz, absolut freie Hand von Hitler haben. "Einige Maßnahmen würden so radikal, daß sie sich nur mit der Unterstützung eines Diktators durchführen ließen, der dafür sorgte, daß die Partei sich nicht einmischte, daß das Kabinett keine Schwierigkeiten machte und daß die Banken keine Einwände erhoben und die Presse keine Kritik übte", schreibt Weitz. Die BIZ
Fast zeitgleich mit dem Entschluß Hjalmar Schachts, sich für die Machtübernahme der Nationalsozialisten einzusetzen, fand die Gründung der BIZ statt   - der Bank für Internationalen Zahlungsausgleich. Es handelt sich um das Zentrum der Finanzoligarchie, die auf der Grundlage eines Netzwerks eng miteinander kooperierender Zentralbanken in den 30er Jahren und noch während des Krieges die "Geschäfte mit dem Feind" führte. In seinem Buch Die BIZ - Bankgeschäfte mit dem Feind (Rotbuch-Verlag) dokumentiert der Schweizer Autor Gian Trepp eindrucksvoll, wie eng verzahnt die synarchistischen Bankinteressen waren. Es handelt sich um Bankiers, die den Zweiten Weltkrieg unbeschadet überlebten und danach entweder weiterhin in einflußreicher Position innerhalb der BIZ blieben, oder im Apparat internationaler Organisationen wie des IWF arbeiteten. "Im Rahmen der Bank der Zentralbanken genannten 'Bank für internationalen Zahlungsausgleich' (BIZ) in Basel arbeiteten hochrangige Vertreter der Alliierten und der Achsenmächte von Anfang bis Ende des Zweiten Weltkrieges offiziell zusammen", heißt es bei Trepp. "Churchills Schatzkanzler Sir Kingsley Woods verteidigte im Oktober 1942 (!) [im Mai 1940 hatte Hitler Frankreich und Belgien überfallen, E.H.] im britischen Unterhaus die Zusammenarbeit der Bank of England mit der Deutschen Reichsbank. Und Hitler äußerte sich in der Wolfsschanze 1942 zufrieden über die Arbeit der Reichsbank in der BIZ. Einzig Franklin Delano Roosevelt hatte Schwierigkeiten." Nach ihrer Gründung 1930 entwickelte sich die BIZ somit zu einem Zentrum der Appeasement-Politik gegenüber Hitler; sie arbeitete eng mit den synarchistischen Strömungen in England  - vor allem um den Außenminister Lord Halifax und mit entsprechenden Kreisen im Vichy-Frankreich -   zusammen, also mit denen, die sich mit Hitler und Mussolini arrangieren wollten. Die Gründung der BIZ war eng mit den deutschen Reparationszahlungen verknüpft, die Deutschland nach der Niederlage des Ersten Weltkriegs an die Alliierten zahlen mußte. Die Reparationen (u.a. an Frankreich, England und Belgien) waren 1919 im Versailler Vertrag festgeschrieben worden. Die ursprüngliche Forderung von 226 Mrd. Reichsmark wurde auf 113 Mrd. halbiert. Aufgrund der Schwierigkeit, diesen Zahlungen nachzukommen und dem Scheitern des 1924 für Deutschland festgelegten Dawes-Zahlungsplans trat am 9. Januar 1929 in Paris eine internationale Konferenz von Finanzexperten unter dem Vorsitz von Owen D. Young - einem Partner von John P. Morgan jun., dem damals mächtigsten Bankier der USA - zusammen, um das Problem der deutschen Reparationen zu diskutieren. Teilnehmer waren neben dem Präsidenten der Deutschen Reichsbank und den Zentralbankgouverneuren der Gläubigerländer Frankreich, England, Belgien, Italien und Japan auch Vertreter der privaten Bankenwelt dieser Länder. Die USA wurden nicht durch den Gouverneur der New York Federal Reserve, sondern durch John P. Morgan jun. vertreten. Die von Morgan kontrollierte Bankengruppe war damals nach den Reparationsgläubigern die zweitgrößte Auslandsgläubigerin Deutschlands.

Es wurde diskutiert, daß die Reparationen künftig durch eine neue internationale Reparationsbank treuhänderisch einkassiert und an die Gläubigerzentralbanken transferiert werden sollten. Der Chef der britischen Zentralbank, Montagu Norman, schlug damals vor, eine Zentralbank aller Zentralbanken zu schaffen. Am 7. Juni 1929 verkündete Young den Plan zur Neuregelung der Reparationen und präsentierte die Schaffung der neuen BIZ. Artikel 10 des Abkommens legte fest, daß die neu zu schaffende BIZ und ihre Werte auch im Krieg von jeglichen Einschränkungen freizuhalten und auch die Ein- und Ausfuhr von Gold und Devisen nicht beschränkt werden dürfe. Am 3. Oktober 1929 versammelte sich dann in Baden-Baden die erwähnte Expertenrunde aus je zwei Deutschen, Briten, Franzosen, Belgiern, Italienern, Japanern und Amerikanern. Später traf man sich einmal pro Monat in Basel. "Die im Klubsystem abgehaltenen monatlichen Basler Gespräche in den dreißiger Jahren (boten) das ideale Umfeld für ungestörte Geheimgespräche der Zentralbankgouverneure aus den faschistischen und den demokratischen Staaten..... Auf deutscher Seite spielte der von Hitler im März 1933 als Reichsbankdirektor eingesetzte Hjalmar Schacht eine zentrale Rolle bei der Entwicklung der Appeasement-Politik." Schacht trat 1933 in den Verwaltungsrat der BIZ ein. "Die europäischen Zentralbankgouverneure, allen voran der englische Zentralbankgouverneur Montagu Norman, betrachteten Schacht als Garant, als Hoffnung für die Auslandsgläubiger, der Hitler davon abhalten könnte, die hohe deutsche Außenschuld aus der Weimarer Zeit für null und nichtig zu erklären. Montagu Norman   - und mit ihm fast alle Bankiers der City -   setzte sich daher vehement für einen Ausbau der wirtschaftlichen Zusammenarbeit mit dem nationalsozialistischen Deutschland ein.

Schacht ernannte Kurt Freiherr von Schroeder zum zweiten deutschen Verwaltungsratsmitglied der BIZ. Wie Schacht selbst war der Kölner Bankier Mitglied des Keppler-Kreises, einer Gruppe von Industriellen und Bankiers um Hitlers Wirtschaftsberater Wilhelm Keppler. Diese einflußreichen Leute hatten Hitler und den Nationalsozialisten seit Anfang der dreißiger Jahre die zum Wahlsieg nötige Unterstützung aus den deutschen Finanz- und Wirtschaftskreisen zukommen lassen. So war es Kurt von Schroeder gewesen, der am 4. Januar 1933 in seiner Kölner Villa das berüchtigte Treffen mit Hitler organisiert hatte, an dem auch von Papen teilnahm und wo die Voraussetzungen für den Machtantritt Hitlers am 30. Januar 1933 geschaffen wurden." Wie Trepp dokumentiert, legte der ehemalige belgische Premier Paul van Zeeland im Jahre 1937 ein Papier vor, in dem er sich für die Wiederherstellung des Vertrauens zwischen den parlamentarischen und privatkapitalistischen Demokratien Frankreichs, Englands und der USA und den faschistischen staatskapitalistischen Diktaturen Deutschlands und Italiens einsetzte. Eine wichtige Rolle bei der Wiederannäherung sollte der BIZ zukommen.

Als Hitler 1938 die Tschechoslowakei besetzte, schickte die tschechische Nationalbank ein Telegramm an die BIZ mit der Aufforderung, daß die in der Bank of England deponierten Währungsreserven   - 23,1 Tonnen Gold -   umgehend an die deutsche Reichsbank auszuliefern seien. "Am 24. März verbuchte die BIZ-Bankabteilung in ihren Büchern dieses Geschäft und lieferte damit dem Aggressor Hitler auch noch die tschechoslowakischen Währungsreserven in London aus." Am 7. Januar 1939 trat Schacht als Reichsbankpräsident und auch vom BIZ-Verwaltungsrat zurück, blieb aber weiterhin ein wichtiger Verbindungsmann zu der internationalen Finanzwelt. Als neuer Reichsbankpräsident wurde Walther Funk eingesetzt. Zusammen mit Kurt von Schroeder und dem Präsidenten des deutschen Chemiekonzerns IG Farben, Hermann Schmitz, bildete er das Verwaltungstrio bei der BIZ. 1940 wurde der Amerikaner Thomas Harrison McKittrick neuer Präsident der BIZ. Er galt als Vertrauensmann der Wall Street-Hochfinanz. Im Krieg  - so belegen es Trepps Recherchen, und zwar zwischen 1939 bis Ende 1942 -  fungierte die BIZ unter Präsident McKittrick und dem von der Reichsbank delegierten Generaldirektor Paul Hechler faktisch als internationaler Arm der Reichsbank. Die BIZ-Finanzdiplomatie wirkte als Schnittstelle zwischen der Reichsbank und den Zentralbanken der Westalliierten. So sagte Montagu Norman unmittelbar nach Ausbruch des Krieges: "Wenn ich heute mit den deutschen Verwaltungsräten in Basel am gleichen Tisch säße, würde ich gegen den 'Trading with the Enemy Act' verstoßen" - jenes britische Kriegsgesetz, das wirtschaftliche Feindkontakte strikt untersagte.

Am 10. Mai 1940 begann Hitler den Angriff auf Belgien und Frankreich. Die Schweiz entschied sich zur Zusammenarbeit mit dem Dritten Reich. Über die Schweiz lief der Zahlungsverkehr des Reiches für strategische Rüstungsimporte und Nachschub von portugiesischem Wolfram, brasilianischen Industriediamanten sowie anderen unverzichtbaren Rohstoffen. Die BIZ wurde so, wie Trepp dokumentiert, in den Kriegsjahren zur Drehscheibe für Goldgeschäfte. Einer der Empfänger von Reichsbankgold über die BIZ war 1941-42 die Banco de Portugal, als Portugal und Spanien Rüstungsgüter aus Südamerika importierten, die weiter in die Schweiz und von dort nach Deutschland und Italien reexportiert wurden. (U.a. transportierte die BIZ 1942 innerhalb von zwei Monaten 20 t Gold im Wert von 1,5 Mrd. Franken nach Lissabon)  "Während sich die Soldaten der Länder gegenseitig abschlachteten, saßen Reichsbankpräsident Walther Funk, Gouverneur Vincenzo Azzolini von der Banca           d'Italia und Gouverneur Montagu Norman von der Bank of England friedlich im Verwaltungsrat der BIZ. Mit dabei waren die je zweimal ausgewechselten Gouverneure der Banque de France, der Banque Nationale de Belgique und der niederländischen Bank. Dazu gesellten sich ein in Berlin stationierter Direktor der Bank of Japan und die beiden neutralen Präsidenten der Schwedischen Reichsbank und der Schweizerischen Nationalbank."

Von Januar 1940 bis Juni 1946 war der amerikanische Bankier Thomas McKittrick als Bindeglied zur Federal Reserve Bank of New York Präsident der BIZ. Ebenfalls in der BIZ-Geschäftsleitung saßen der von der Reichsbank abgeordnete deutsche Generaldirektor Paul Hechler und der von der Banque de France entsandte französische Generaldirektor Roger Auboin. "Das amerikanisch-deutsch-französische Trio führte die BIZ noch acht Monate über den Zusammenbruch des Dritten Reiches hinaus bis zum Tode Hechlers am 29. Dezember 1945", schreibt Trepp.

Einige führende Vertreter der BIZ-Geschäftsleitung blieben nach dem Krieg ganz ungeschoren oder machten sogar Karriere:

  • Roger Auboin von der Banque de France, der ab 1938 Generaldirektor der BIZ war, ging nach 20 Jahren in Basel und einem problemlos überstandenen Regimewechsel in Frankreich  - dem Ende des Vichy-Regimes -  1958 in Pension.
  • Der italienische Generalsekretär Raffaele Piloti, seit 1930 bei der BIZ und Mitglied der Partito Nazionale Fascista, vertrat auch nach dem Abgang des Duce im Winter 1943/44 bis zu seiner Pensionierung im Jahre 1951 weiterhin die Banca d'Italia in der BIZ.
  • Der Belgier Baron Marcel van Zeeland spielte eine Rolle als Schnittstelle zwischen jenem kleineren Teil der belgischen Hochfinanz, der nach London emigrierte, und dem größeren Teil, der in Brüssel mit den Nazibesatzern kollaborierte. Nach 30jähriger Dienstzeit ging van Zeeland im Jahre 1962 als letztes BIZ-Direktionsmitglied aus der Kriegszeit in Pension.
  • BIZ-Chefökonom Per Jakobsson, der seit September 1931 in Basel war und dort die Währungs- und Wirtschaftsabteilung führte, war 25 Jahre lang Chefökonom der BIZ, bis er 1957 zum Direktor des Internationalen Währungsfonds in Washington befördert wurde.
  • Hjalmar Schacht wurde in den Nürnberger Prozessen freigesprochen, obwohl er von 1934 bis 1944 (seit 1937 als Minister ohne Geschäftsbereich) Mitglied der Reichsregierung gewesen war, und gründete 1953 das Privatbankhaus Schacht & Co. in Düsseldorf.

Bereits 1940 machten sich der damalige Reichsbankpräsident Walther Funk und andere konkrete Gedanken über die Nachkriegsordnung. So legte BIZ-Chefökonom Per Jacobsson am 17. Oktober 1940 in der BIZ die Studie "Aktuelle Währungsprobleme und die BIZ" vor, in der er seine Sicht über die Nachkriegsordnung zusammenfaßte:

"Die kommende internationale Währungsverfassung der Nachkriegszeit kann noch nicht mit genügender Sicherheit eingeschätzt werden..... Einiges kann freilich heute schon in Betracht gezogen werden. Nämlich die Tendenz zur Bildung von Großwirtschaftsräumen, eine Politik, die heutzutage von zahlreichen mächtigen Kreisen unterstützt wird. Es darf als sicher gelten, daß diese Tendenz die Basis der zukünftigen Entwicklungen sein wird. Neben dem Reichsmark-Block zeichnet sich ein Yen-Block in Asien ab, dazu der Sterling-Block und der Dollar-Block, und auch die UdSSR wird voraussichtlich einen Währungsblock bilden."

Während also der englische Premierminister Winston Churchill von der englischen Bevölkerung Blut, Schweiß und Tränen im Überlebenskampf gegen die Nazis gefordert hatte, redete der BIZ-Chefökonom über die gemeinsamen Interessen des angelsächsischen und des deutschen Großwirtschaftsraumes an geordneten Währungsbeziehungen. "Die innenpolitischen Unterschiede zwischen faschistischer Diktatur und liberaler Demokratie waren für den BIZ-Chefökonomen seit Hitlers Machtübernahme zweitrangig gewesen", heißt es bei Trepp. Mehr noch, die " 'technischen Aspekte der nationalsozialistischen Wirtschaftspolitik' vermochten ihm noch im Herbst 1940 Bewunderung zu entlocken." In einem Vortrag vor dem Basler Rotary-Club lobte Jacobsson am 4. November 1940 die Technik, mit der Hitlers Reichsbankpräsident Hjalmar Schacht zwischen 1933 und 1939 das "Nazi-Wirtschaftswunder" finanziert hatte, das die deutsche Aufrüstung ermöglichte. Nämlich durch unbeschränkte Rüstungskredite der Reichsbank an den Staat, bei gleichzeitiger, mit faschistischer Terrormethode erzwungener Beschränkung des privaten Konsums durch Tiefhaltung der Löhne und hohe Steuern. Scharf kritisierte er dagegen die angeblich gescheiterte Wirtschaftspolitik der Regierung Roosevelt in den USA und der Volksfront-Regierung Leon Blums in Frankreich. Dort sei man von der falschen Kaufkrafttheorie ausgegangen, wonach es für das Wirtschaftswachstum vorteilhaft sein soll, die Arbeitslöhne anzuheben, um rasch mehr Kaufkraft zu schaffen. Nachdem er in diesem Vortrag noch die Demission des englischen Premierministers Chamberlain zugunsten Winston Churchills am 10. Mai 1940 beklagt hatte, schloß Jacobsson seine Ausführungen vor den Basler Rotariern mit dem erstaunlichen Satz: "Das deutsche Wirtschaftsleben unter Hjalmar Schacht ist mehr im Einklang mit orthodoxen Prinzipien geführt worden als die Recovery-Methoden von Roosevelt und Blum."

Wie schon erwähnt, hatte Präsident Roosevelt "Schwierigkeiten" mit dem Verhalten der BIZ gegenüber den Nazis. Am 18. Juli 1944 forderten Staatssekretär Harry Dexter White und Finanzminister Henry Morgenthau, die beide in enger Abstimmung mit Roosevelt vorgingen, während der Weltwährungskonferenz der Alliierten in Bretton Woods die Auflösung der BIZ: "Die Weltwährungskonferenz der Vereinten Nationen empfiehlt die raschestmögliche Liquidation der BIZ", hieß es in ihrem Antrag. "Sollte die Zukunft der BIZ ohne klare Stellung der USA im Konferenzplenum zur Sprache kommen, werden die Deutschen daraus schließen, in Basel könne nach dem Krieg alles bleiben, wie es war. Und genau auf diese Kontinuität setzen Reichsbankleute wie Hjalmar Schacht und Walther Funk alle ihre Hoffnungen", begründete Morgenthau die Initiative. Auch der französische Delegationschef, der Gaullist Pierre Mendès-France, trat für eine Liquidation der BIZ ein, obwohl die Banque de France seit 1930 eine tragende Säule der europäischen Zentralbanken gewesen war und in Basel traditionell einen Generaldirektor stellte.

Am 7. Juli 1944 sprach Reichsbankpräsident Funk in einer Rede zum 400. Jubiläum der Albertus-Universität in Königsberg über die Weltwährungskonferenz der Alliierten. Dabei stellte der Reichsbankpräsident der anglo-amerikanischen Fixkursidee des Bretton Woods-Systems das Konzept des europäischen multilateralen Clearings diametral gegenüber. Bretton Woods mit dem Dollar als Elite- und Reservewährung titulierte Funk als "anglo-amerikanischen Finanzimperialismus oder Plutokratie mit dem Zweck der Ausbeutung und Machterhaltung durch Kontrolle des internationalen Geldkreislaufs". Im europäischen multilateralen Clearing der Nazis hingegen sah der Reichsbankdirektor bei allen kriegsbedingten Erschwernissen "die neue Ordnung, welche allen Staaten Vorteile bringt und ihre Souveränität unangetastet läßt."  Der New Deal-Journalist Irving F. Stone schrieb, wie Trepp dokumentiert, am 16. Juli 1944 in der Zeitschrift PM New York einen Artikel unter der Überschrift: "Großbankiers konspirieren gegen die internationale Währungskonferenz", indem er unter anderem auf das Kräfteverhältnis zwischen dem US-Finanzministerium und den Wall Street-Banken in Bretton Woods einging und deutlich machte, daß die BIZ als Instrument des Wall Street-Finanzestablishments gegen den demokratischen Präsidenten Franklin D. Roosevelt eingesetzt werden solle:  "Die Wall Street will die Nazi-dominierte BIZ als zukünftige Weltbank am Leben erhalten und ergänzend dazu einen bilateralen anglo-amerikanischen Finanzpakt abschließen,  damit das vereinigte Finanzestablishment in New York und London die internationale Geldpolitik der Nachkriegszeit in seinem Sinne lenken und unerwünschte soziale und wirtschaftliche Reformen durch Kontrolle der internationalen Kreditmaschine verhindern kann...... Die Hauptrolle in diesem Versuch spielt Leon Fraser, Präsident der First National Bank of New York und Ex-Präsident der BIZ. Eine von der First National  kontrollierte US-Bankengruppe ist nach wie vor an der feindkontrollierten BIZ beteiligt. Als Inspirator und graue Eminenz einer solchen anglo-amerikanischen Bankenallianz gilt John Foster Dulles (!), Partner im größten Wall Street-Rechtsanwaltsbüro Sullivan and Cromwell, das vor dem Krieg zahlreiche Nazifirmen beraten hat. Die Wall Street lehnt die geplanten Bretton Woods-Institutionen praktisch einstimmig ab und folgerichtig versuchen diese Leute die Gründung des Internationalen Währungsfonds (IWF) und der Weltbank im US-Kongreß zu torpedieren. In London ist die Opposition zu Bretton Woods auf einen kleinen Kreis konservativer Bankiers beschränkt, die dem Goldstandard nachtrauern und verhindern wollen, daß die Regierung nach dem Krieg mit kalkulierten Staatsdefiziten für Vollbeschäftigung sorgt. Die britischen Konservativen mußten mitansehen, wie ihr ärgster Feind, der notorische Gegner des Goldstandards, John Maynard Keynes, zum Chefökonomen der Bank of England und zum britischen Delegationschef in Bretton Woods aufrückte. Die Keynes-Antikrisenpolitik der Vollbeschäftigung dank erhöhter Staatsausgaben ist mit dem Goldstandard nicht vereinbar. Sollte es den genannten Bankierskreisen gelingen, die geplanten IWF und Weltbank zu verhindern und gleichzeitig den Goldstandard mit privater anglo-amerikanischer Bankenkontrolle über die Geldpolitik zu etablieren, müßte daraus in beiden Ländern eine konservative Sparpolitik resultieren. Für die konservativen anglo-amerikanischen Finanzkreise bestünde der Vorteil der BIZ als Weltbank darin, daß sie diese Institution kontrollieren könnten, während die Bretton Woods-Institutionen von den Regierungen der Vereinten Nationen kontrolliert werden sollen."

Nach dem Tode Roosevelts, zwischen Kriegsende und Herbst 1946, gelang es der BIZ, die seit Bretton Woods drohende Liquidation abzuwenden. Dies verdankte die Bank zum einen der Abkehr Trumans von der Politik Roosevelts und dem heraufziehenden Kalten Krieg, zum anderen Roger Auboin und Maurice Frère von der Banque de France. BIZ-Generaldirektor Auboin spielte die Hauptrolle bei der Verteidigung des deutschen BIZ-Personals gegen die Schweizer Behörden und bei der Rückgabe des deutschen Raubgoldes aus Belgien.

Am 16. Juni 1947 fand die erste reguläre Generalversammlung der BIZ nach dem Kriege statt. Zu irgendwelchen Abrechnungen mit Nazis, Faschisten und Kollaborateuren kam es nicht.


Veröffentlichung mit freundlicher Genehmigung der dtsch. Zeitung 'Neue Solidarität'