Warum ist die UNO eine despotische Einrichtung? Von Diethelm Raff

Es gilt, sich von der Vorstellung zu verabschieden, dass die UNO irgendetwas mit Frieden zu tun hat. Sie ist von Anfang an ein Instrument der Grossmächte gewesen. Die Tendenz, dass die UNO dazu benutzt wird, den Bürgern und den Völkern ihre Selbstbestimmung zu nehmen und unter dem schönklingenden Titel der Friedenssicherung den Krieg erneut zu einem Mittel der Politik zu machen, zeigt sich immer offener.

Die Einrichtung der UNO beschlossen die Präsidenten von Amerika und England, Roosevelt und Churchill, am 14. 8. 1941 mit der sogenannten Atlantikcharta. »Die Atlantikcharta war ein Programm, das in wesentlichen Aspekten von Vorstellungen der USA über eine zukünftige Friedensordnung in der Welt ausging.« (Brockhaus Enzyklopädie, 19. Auflage, Band 2, S. 258) In einem von 8 Punkten forderten sie den freien Zugang zu den Rohstoffen auf der ganzen Erde. Durch den Beizug von Russland entstand die UNO als Organisation, deren Charta und deren Aufbau von den Gross­mächten entworfen wurde und - wie dies im folgenden zu sehen ist - deren Vorherrschaft sichern sollte.
1. Die UNO ist ein Zusammenschluss der meist autoritären diktatorischen 189 Staaten auf der Welt. Die rund 3500 Völker, die es auf der Erde gibt, sind in der UNO nicht vertreten. Die UNO tritt deren Selbstbestimmungsrecht mit Füssen, weil sie von ihren Mitgliedern nicht verlangt, dass sie das Selbst­bestimmungsrecht der eigenen Völker respektieren.
2. Die Entscheide in der UNO folgen nicht dem Konsensprinzip, mit dem allein die Souveränität der ein­zelnen Staaten und damit das Selbstbestimmungsrecht der Bürger in demokratischen Gesellschaften beibehalten werden könnte. Die Entscheide der UNO folgen nicht einmal dem Mehrheitsprinzip. Stattdessen bleiben nur 5 Mitglieder souverän, die 5 Grossmächte USA, Russland China, England, Frankreich, die jeden Entscheid zu Krieg und Frieden blockieren resp. bestimmen können.
3. Somit können die 5 Grossmächte durch ihr Veto jeden Entscheid zu Krieg und Frieden verhindern. (Art. 23, Art.27.3) Jeder weiss aber, dass bei fast allen kriegerischen Auseinandersetzungen mindestens einer dieser Staaten beteiligt ist. Mittels ihres Vetos können die Grossmächte daher auch verhindern, dass in der UNO etwas Sinnvolles beschlossen wird. Die UNO kann und will deshalb weder den Tsche­tschenen helfen noch den Tibetern, weder den Indianern noch den verschiedenen Völkern in Afghani­stan, wenn diese völkerrechtswidrig bombardiert werden. Die UNO hilft sogar, die Eroberungen durch die Grossmächte mit Protektoraten abzusichern.
4. Die Generalversammlung aus 189 Staaten muss sich dem Sicherheitsrat aus 15 Staaten, darunter die 5 Grossmächte, unterordnen. Die Generalversammlung darf nur dann eine Stellungnahme zu Krieg und Frieden abgeben, wenn dies der Sicherheitsrat erlaubt. »Solange der Sicherheitsrat in einer Streitigkeit oder einer Situa­tion die ihm in dieser Charta zugewiesenen Aufgaben wahrnimmt, darf die Generalversammlung zu dieser Streitigkeit oder Situation keine Empfehlung abgeben, es sei denn auf Ersuchen des Sicherheits­rats.« (Art. 12.1) Das bedeutet, dass jede Grossmacht mit ihrem Veto der Generalversammlung ver­bieten kann, einen Krieg dieser Grossmacht zu verurteilen.
5. Nur wenn es der Sicherheitsrat erlaubt, also wenn keine Grossmacht etwas dagegen hat, darf der Generalsekretär die Generalversammlung darüber unterrichten, was im Sicherheitsrat besprochen worden ist. (Art. 12.2) Es ist also eine Lüge zu behaupten, die Schweiz könne mit dem Beitritt zur Generalversammlung über Krieg und Frieden auf der Welt besser mitbestimmen.
6. Die Mitglieder der UNO vertrauen ausgerechnet den 5 Grossmächten die Wahrung des Weltfriedens an. »Um ein schnelles und wirksames Handeln der Vereinten Nationen zu gewährleisten, übertragen ihre Mitglieder dem Sicherheitsrat die Hauptverantwortung für die Wahrung des Weltfriedens und der internationalen Sicherheit.« (Art. 24)    
7. Die Mitgliedsländer erlauben es sogar den Grossmächten, dass sie in ihrem Namen handeln. »Die Mitglieder erkennen an, dass der Sicherheitsrat bei der Wahrnehmung der sich aus dieser Verantwortung ergebenden Pflichten in ihrem Namen handelt.« (Art. 24)  
8. Der Generalsekretär wird zwar von der Generalversammlung gewählt, aber nur auf Vorschlag des Sicherheitsrats (Art. 97). Das bedeutet, dass der Generalsekretär nur gewählt wird, wenn er allen Grossmächten genehm ist. Der vormalige Generalsekretär Kofi Annan wurde von den USA gegen die Mehrheit der Länder durchgesetzt. Diese wollten eine Wiederwahl des Vorgängers Boutros Boutros Ghali, der - nach eigenen Angaben - die Anordnungen der USA zu wenig befolgte.
9. Der Sicherheitsrat trifft sich fast täglich, die Generalversammlung einmal im Jahr im September für einige Wochen. Ausgerechnet nach den Terroranschlägen hat sich die Generalversammlung erst im November getroffen. So konnte die Generalversammlung auf diesem Forum nicht einmal gegen die völkerrechtswidrige Bombardierung von Afghanistan protestieren.
10. Die Grossmächte, allen voran die derzeit vorherrschende USA, können alle Mitglieder zwingen, ihren Anordnungen Folge zu leisten: »Alle Mitglieder leisten den Vereinten Nationen jeglichen Beistand bei jeder Massnahme, welche die Organisation im Einklang mit dieser Charta ergreift; sie leisten einem Staat, gegen den die Organisation Vorbeugungs- oder Zwangsmassnahmen ergreift, keinen Beistand.« (Art. 2.5).
 
11. Die UNO setzt die eigene Charta nur gegen Kleinstaaten durch. So verbietet Art. 2.4 jegliche Gewalt gegen andere Mitglieder: »Alle Mitglieder unterlassen in ihren internationalen Beziehungen jede gegen die territoriale Unversehrtheit oder die politische Unabhängigkeit eines Staates gerichtete oder sonst mit den Zielen der Vereinten Nationen unvereinbare Androhung oder Anwendung von Gewalt.«  Die USA hat jedoch ohne juristisch akzeptierte Beweise einen Krieg gegen Afghanistan vom Zaum gebro­chen. Auch für die behauptete Befreiung der Frau darf gegen diesen Artikel nicht verstossen werden. Die von den USA in Anspruch genommene Selbstverteidigung laut Art 51 gilt nur so lange, bis der Sicherheitsrat Massnahmen ergriffen hat. Das hat der Sicherheitsrat in zwei Resolutionen bereits im September getan. Er hat den USA darin aber keine Erlaubnis zum Bombardement gegeben. Die UNO protestiert aber trotzdem nicht gegen den Krieg, weil das mindestens die USA verhindern können. Die UNO ist also für den Frieden ein ungeeignetes Instrument.
12. Die 15 Richter des Internationalen Gerichtshofs in Den Haag werden von der Generalversammlung und vom Sicherheitsrat für 9 Jahre gewählt. Das heisst, jeder Richter muss den 5 Grossmächten pas­sen. Die Staaten verpflichten sich mit der Mitgliedschaft, sich an die Rechtsprechung der Richter von Gnaden der Grossmächte zu halten. (Art. 94) Die Gewaltenteilung ist also nicht gegeben.
13. Die UNO ist ein Teil des Systems der Vorherrschaft der USA,  wie dies einer der einflussreichsten US-ame­rikanischen Geostrategen, Zbigniew Brzezinski, in seinem Buch ‚Die einzige Weltmacht. Amerikas Strategie der Vorherrschaft’ [Seite 49] aus dem Jahr 1999 erklärte: »Als Teil dieses amerikanischen Systems muss ausserdem das weltweite Netz der Sonderorganisationen, allen voran die internationalen Finanz­institutionen, betrachtet werden. Offiziell vertreten der Internationale Währungsfonds (IWF) und die Weltbank globale Interessen und tragen weltweit Verantwortung. In Wirklichkeit werden sie jedoch von den USA dominiert, die sie mit der Konferenz von Bretton Woods im Jahre 1944 aus der Taufe gehoben haben.« In der UNO-Sonderorganisation IWF besitzen die USA als einziges Land mit 20,1 % der Stimmen ein Vetorecht. Die UNO-Sonderorganisation Weltbank muss laut Statuten von einem Bürger der USA präsidiert werden. Man kann dementsprechend feststellen, dass die UNO ein Anhängsel der US-Grossmachtansprüche ist.
 
14. Obwohl es überhaupt keine Vertretung von Bürgern gibt, werden in der UNO - nicht einmal in der Generalversammlung, sondern auf internationalen Konferenzen - insbesondere seit Anfang der 90er Jahre - internationale Standards und Normen entwickelt, an die sich die Staaten zu halten haben wie die UNO in ihrer Homepage selbst erklärt 1. Dazu gehört das Kyoto-Protokoll als Einstieg in die Beherrschung der Welt auch in allen anderen Gebieten, wie die deutsche Entwicklungshilfeministerin Wieczorek-Zeul am 27.1.1999 erklärte: »Die Umweltkonventionen sind Vorreiter für die ‚global governance’ (Globale Steuerung) und eilen dem ökonomischen Bereich weit voraus.« (Bulletin 9.2.1999). Die Entscheidungen auf UNO-Ebene werden aber mit den Bürgern nicht einmal diskutiert, sondern nur aufgezwungen. Mit den grossen Konferenzen in den 90er Jahren hat die UNO die Bürger als Träger der Staaten entmündigt. Statt der Bürger entscheiden in der UNO die UNO-Organisationen,  Grosskonzerne, Nicht-Regierungsorganisationen, die Europäische Union und andere undemokratische Regionalgebilde, die als neue Akteure bezeichnet werden.
15. Die neue UNO hilft den multinationalen Konzernen, sich der Globalisierungsgegner zu entledigen und ihre rein börsenorientierten Geschäfte ohne Anbindung an die Bürger durchführen zu können. Dazu hatte Kofi Annan in Davos 1999 den Globalen Pakt ausgerufen. Die Grosskonzerne verpflichten sich darin zu minimalen Standards und die UNO verspricht ihnen, sie nicht mehr zu kritisieren. Die Schweizer Grosskonzerne - insbesondere Marcel Ospel von der sich längst aus der Schweiz abgemeldeten UBS - erklärten in ihrem damaligen Propagandaheft zur UNO-Abstimmung ‚Facts der Wirtschaft’ (Seite 10) hingegen: »Wegen der wachsenden Opposition gegen die Globalisierung hat der Generalsekretär der UNO, Kofi Annan, den Globalen Pakt’ (Global Compact) zwischen den Vereinten Nationen, der globalen Privatwirtschaft und den Nichtregierungsorganisationen (NGO) angeregt.«
16. Mit dem Brahimi-Bericht vom Juni 2000 verabschiedete sich die UNO endgültig von ihrer Absicht, Frieden zu stiften, mit der Begründung, dass sie sowieso immer nur versagt hat. Stattdessen erklärt sie sich zu einer Weltmilitärmacht, die so stark zu sein hat, dass sie oder die von ihnen beauftragten star­ken Militärmächte jeden besiegen können muss und das in 5 Kriegen auf der Welt gleichzeitig 2. Die neue UNO gibt sich das Recht, in den ehemals souveränen Staaten militärisch einzugreifen, selbst wenn es gar keine militärischen Auseinanderset­zungen gegeben hat, dies mit der Begründung, so den Frieden zu schützen, ganz gemäss den Schutztruppen Deutschlands in Deutsch-Südwestafrika, mit denen der imperialistische Zugriff auf die Welt verschlei­ert wurde. Die UNO ermuntert sogar einzelne Länder ausdrücklich dazu, ganze Länder in eigener Regie zu verwalten, wie es bereits in Afghanistan umgesetzt wird. Die UNO will Konflikte somit nicht mehr prin­zipiell politisch lösen helfen, sondern erhebt - ganz im Gegensatz zu ihrer eigenen Charta - Gewalt zum Mittel der Politik.
 
1 United Nations Conferences www.un.org/News/facts/conferencs.htm
2 www.un.org.peace-operations-report.htm
Der Autor, Dipl. Ing. Agr. et Dipl. Psych. Diethelm Raff,  Zürich  ist Präsident des Vereins Direkte Demokratie und Selbstversorgung: www.direkte-demokratie.ch; www.diethelm-raff.ch
Siehe auch ‚Die EU - 50 Jahre Verhinderung von Demokratie und Freiheit in Europa’ von Diethelm Raff und Carroll Quigley - Tragedy and Hope, New York 1966, auf politonline