EU-Haftbefehl!

Wenn es uns nicht gelingt, den Beitritt der Schweiz zum Schengen/Dublin-Abkommen und der Personenfreizügigkeit für die 10 neu hinzugekommenen zu verhindern, rückt ein Beitritt in greifbare Nähe der europhilen Bundesräte. Bundesrätin Calmy-Rey hat unverhohlen angekündigt: Mit den Verträgen «Den Boden» für einen raschen EU-Beitritt «zu bereiten». Natürlich bestreitet Frau Calmy-Rey heute dieses Ziel so vehement, wie Adolf Ogi im Vorfeld der (dannzumal noch verlorenenen!) EWR-Abstimmung in 1992.

Der Bundesrat ist sich der Bedeutung der Schicksalsfrage eines Beitritts zur EU bewusst, deshalb versucht er beharrlich sein diesbezügliches Ziel zu verschleiern. Anstatt in grossen Schritten, wird das Schweizervolk seit Jahren in kleinen Stücken auf den EU-Beitritt präpariert. Dazu gehören auch die beiden anstehenden Volksentscheide bevor dann im Jahre 2007 der Bundesrat - in seinem Bericht - einen EU-Beitritt zum erklärten Ziel machen wird. Wie der Beitritt zu «Schengen/Dublin» die Schweizer Rechtsordnung umstürzen könnte, wird nachfolgend anhand des EU-Haftbefehls aufgezeigt, dessen einschneidende Konsequenzen vom ganzen Spektrum der Meinungsmacher beharrlich verschwiegen und von den Bundesräten Calmy-Rey und Deiss sogar wider besseren Wissen bestritten werden: Damit haben diese zwei Bundesräte bei Mitbürgern, die noch klaren Verstandes sind, ihre Glaubwürdigkeit verspielt.

EU-Haftbefehl für die Schweiz

Der Schengen-Vertrag mit dem das Volk in die EU-Falle gelockt werden soll, kann von Brüssel jederzeit weiterentwickelt werden (dynamisches Vertragswerk). Sobald der EU-Haftbefehl diesem Vertrag einverleibt wird, wäre er auch für die Schweiz wirksam. Gemäss dem «Rahmenbeschluss 2002/584/JI des Rates über den EU-Haftbefehl und die Übergabeverfahren zwischen den Mitgliedsstaaten» ersetzt dieser ab 1. Januar 2004 die Regelungen

-   des europäischen Übereinkommens über die Auslieferung aus dem Jahre 1996 und alle früheren diesbezüglichen Vereinbarungen; und
-   der diesbezüglichen Bestimmungen des Übereinkommens von Schengen.

Für die Schweiz ist bisher die Auslieferung durch das IRSG und dem oben erwähnten (für EU-Mitgliedsstaaten ersetzten) Übereinkommen über die Auslieferung von 1957 geregelt (vgl. StGB Dr. Jörg Rehberg 1995, S. 10). Der EU-Haftbefehl dient der leichteren Fahndung und Auslieferung von Straftätern innerhalb der EU. Wird ein Tatverdächtigter mit diesem Haftbefehl zur Fahndung ausgeschrieben, müssen die Polizei- und Justizbehörden des jeweiligen Landes bei der Suche und Festnahme helfen. Der EU-Haftbefehl ist in allen EU-Mitgliedsstaaten spätestens am 16. Juni 2004 rechtskräftig geworden. Jedoch werden die 10 neuen EU-Mitgliedsstaaten den EU-Haftbefehl (da sie sich frühestens im Jahre 2007 am Schengener Informationssystem beteiligen) vorerst auf dem Weg von Interpol übermitteln. Das Hamburger Abendblatt berichtete am 27.12.2004 in seiner Weltnetz-Ausgabe, die Justizminister der EU hätten am Wochenende in Dublin über weitere Richtlinien für eine Rechtsvereinheitlichung in Europa beraten.

Die Bürger werden hinters Licht geführt
In Zukunft können gesuchte Verdächtigte überall in der EU schnell zu einem Gerichtsverfahren «an den Staat übergeben werden, in dem die zugrunde liegende Straftat begangen wurde», schreibt die Generaldirektion Justiz, Freiheit und Sicherheit in Brüssel (GJFS). Die Straftat muss jedoch nicht, wie man dem naiven Bürger glauben machen möchte, tatsächlich in jenem Staat begangen worden sein. Es genügt, wenn die «Straftat» in jenem Staat vom Strafgesetz erfasst ist. «Von nun an wird die routinemässige Übergabe von mutmasslichen Straftätern an die Nachbarstaaten von Justizbehörden überwacht, wobei ihre Menschenrechte berücksichtigt werden» (GJFS). Was die Auslieferung eines bloss verdächtigten Bürgers an einen ihm völlig fremden Staat/Kulturkreis mit seinen Menschenrechten zu tun hat, wissen nur die hochbezahlten Funktionäre der GJFS in Brüssel. Dass diese in ihrem Namen das Wort «Freiheit» führt (analog «Freiheit für die ganze Welt» (George W. Bush)) muss in Anbetracht zunehmender Staatsrepressionen als purer Zynismus der Machthaber Europas gesehen werden.
 
Wie funktioniert der EU-Haftbefehl?
Die EU-Mitgliedsländer können die Überstellung ihrer Bürger zu einem Gerichtsverfahren in einem anderen EU-Mitgliedsstaat nicht mehr ablehnen und müssen Verdächtigte verhaften und an das EU-Land ausliefern, das den Haftbefehl ausgestellt hat. Eines der bisher grössten Hindernisse für eine erfolgreiche Auslieferung war das Prinzip, wonach die zur Last gelegte Straftat in jedem der beiden beteiligten Länder als Delikt behandelt wird («beiderseitige Strafbarkeit»). Der EU-Haftbefehl schafft die beiderseitige Strafbarkeit für 32 in einer «Positiv-Liste» geführten Straftaten ab, schreibt die GJFS.
 
Bei folgenden Straftaten kann eine Auslieferung ohne Überprüfung des Vorliegens der beiderseitigen Strafbarkeit erfolgen: Terrorismus, Menschenhandel, Korruption, Beteiligung an einer kriminellen Vereinigung, Geldfälschung, Tötung, Rassismus und Fremdenfeindlichkeit, Vergewaltigung, Handel mit gestohlenen Kraftfahrzeugen, Betrug, einschliesslich Betrug zum Nachteil der finanziellen Interessen der Europäischen Gemeinschaften [sic!]. Der genau prüfende Leser wird sicher bemerken, dass Bigamie (mehrfache Ehe) "in allen christlichen Ländern strafbar, in der Schweiz mit Gefängnisstrafe bis zu drei Jahren" nicht vom EU-Haftbefehl erfasst wird. Solches nicht nur festzustellen, sondern auch noch zu schreiben, könnte jedoch als rassistisch oder fremdenfeindlich ausgelegt werden, was ganz vom Entscheid des jeweiligen (ev. türkischen) Richters abhängig wäre.
 
Der europäische Haftbefehl zielt mit den insgesamt 32 Deliktgruppen keineswegs nur auf die besondere Schwerkriminalität und Terrorismus, sondern versucht offensichtlich «in einem Aufwasch» auch Alltagskriminalität und alle bei Fragen der Auslieferung anstehenden Probleme mit einem Federstrich zu lösen: Delikte, die in einem Mitgliedsland höchstens mit einer geringfügigen Geldbusse geahndet werden, könnten zur Verhaftung und Auslieferung eines Bürgers an einen dritten Staat (nach Aufnahme in die EU auch an die Türkei) führen, wenn der gleiche Tatbestand dort (nicht aber im Auslieferungsland) mit Gefängnis bestraft wird. Der Leser denke jetzt nicht, das kann ja mir nicht passieren. Vielleicht trifft es unverhofft den eigenen Sohn, die Tochter, Bruder oder Schwester.

Die EU-Diktatur der «Demokratie»
Das Hamburger Abendblatt teilt weiter mit, dass der Haftbefehl im Vorfeld zu heftigen Diskussionen geführt habe. So hätten rund 120 deutsche Strafrechtler an den Bundestag appelliert, den EU-Rahmenbeschluss nicht zu übernehmen. Initiator Bernd Schünemann, Jura-Professor an der Universität München, hätte gegenüber dem Abendblatt seine Ablehnung bekräftigt: «Der Europäische Haftbefehl ist rechtsstaatlich inakzeptabel.» Das hat die Bundesregierung Deutschlands nicht gehindert, den EU-Haftbefehl in Rechtskraft zu setzen.
 
Der EU-Haftbefehl wird die gesamte EU zu einem wahrhaftigen Archipel Gulag machen. Er sieht u. a. vor: 
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32 extrem schwammig definierte und daher fast beliebig auslegbare Straftatbestände (ähnlich dem Antirassismusgesetz § 261bis StGB in der Schweiz);
·   unter ihnen tatsächlich schwere Verbrechen wie Terrorismus, Tötungsdelikte oder Menschenhandel. Aber auch unklare Begriffe wie Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Cyberkriminalität oder Betrug. Terrorismus ist aber nicht so eindeutig wie fast alle meinen. Im EU-Mitgliedsstaat Griechenland gilt bereits «Drohung» mit der Beschädigung öffentlicher Güter (etwa die in der Wut geäusserte Drohung: «ich haue alles kurz und klein») als Terrorismus (Agnoli1, S. 48f);
·   als Rassismus sollen alle nicht näher eingegrenzten Diskriminierungen gelten, die sich auf die Volkszugehörigkeit, Religion oder weltanschauliche Überzeugung anderer (!) Menschen gründen. Die jeweils eigenen Völker (etwa Schweizer oder Deutsche) dürfen offenbar (wie bisher) ohne strafrechtliche Folgen beliebig diskriminiert werden! Wer gegen die «Überfremdung» seines Landes kämpft, könnte schon bald nach Litauen ausgeliefert werden. Litauen hat pünktlich zum Inkrafttreten des EU-Haftbefehls das schärfste «Antirassismusgesetz» der EU eingeführt. Die Brüsseler EU-Kommission hat Litauen bereits 30 Millionen Euro als Soforthilfe bereitgestellt, um die völlig ungenügenden Haftkapazitäten des Landes kurzfristig zu verdreifachen (Agnoli1, S. 37f);

·   die Ausweitung der 32 Paragraphen auf sämtliche «Straftaten» überhaupt ist bereits ins Auge gefasst;
·   es genügt die blosse Beschuldigung seitens des die Auslieferung begehrenden Mitgliedsstaates, um dem Auslieferungsbegehren stattzugeben, so dass selbst jede von vornherein falsche, aus der Luft gegriffene Beschuldigung unweigerlich zur Deportation führen kann;
·   das Vermögen jedes Beschuldigten kann eingezogen werden (Rahmenentscheid 2003/577/GAI), so dass er keine finanziellen Mittel zu seiner Verteidigung mehr besitzt (Agnoli1, S. 11, Fn. 6). 
        
Rechtsgelehrter warnt vor EU-Haftbefehl
Zufolge einer Untersuchung des Juristen und ehemaligen Richters Dr. Carlo Alberto Agnoli zieht der EU-Haftbefehl ganz offenbar die nachstehenden beabsichtigten Folgen nach sich:
·   kein EU-Bürger, ja überhaupt kein Mensch, kann die (übrigens ständigen Änderungen unterworfenen) Strafgesetzbücher aller derzeit bereits 25 EU-Mitgliedsstaaten kennen;
·   also schwebt jeder EU-Bürger ständig in Gefahr, gegen ihm unbekannte ausländische Strafgesetze zu verstossen und zum «Verbrecher» zu werden;
·   selbst wenn er gegen nichts verstossen haben sollte, sind boshafte Auslegungen, aber auch erdichtete Anschuldigungen jederzeit möglich; 
.   nur wer sich ergeben duckt und gegen nichts mehr aufmuckt, kann zumindest hoffen, von der ständig drohenden Einkerkerung irgendwo im fernen EU-Ausland verschont zu bleiben;
·   sämtliche bürgerlichen Freiheiten sind de facto abgeschafft, die EU wird zur brutalen totalitären Diktatur!
 
Zerstörung rechtsstaatlicher Prinzipien
Auch Wolfgang Kaleck, Generalsekretär der Europäischen Demokratischen Anwälte, lässt am EU-Haftbefehl keinen guten Faden:
 
«Europa konstituiert sich mehr und mehr als einheitlicher kriminalgeographischer Raum. Dies bedeutet im Moment eine ständig zunehmende grenzüberschreitende Strafverfolgung und Ausweitung der Kompetenzen für die Strafverfolger ohne Ausgleich auf der Ebene des Rechtsschutzes und der Verfahrensrechte. [?] Dadurch drohen die Architektur des Strafverfahrens als fairer Prozess und die rechtsstaatliche Gesamtbalance zerstört zu werden. Nur innerhalb des einzelnen Mitgliedsstaates der EU gibt es eine Öffentlichkeit. [Die Öffentlichkeit besteht aus Menschen die mit dem Beschuldigten in einer persönlichen/kulturellen Beziehung stehen; z.B. Familienangehörige, Freunde, Arbeitskollegen, Bekannte, Journalisten.] In diesen garantieren eine organisierte Strafverteidigerschaft und jahrzehntelange Auseinandersetzungen in Strafverfahren zwischen Verteidigung, Richtern und Staatsanwälten dafür, dass ein Angeklagter im Verfahren wenigstens eine Chance hat.
 
Auf EU-Ebene fehlen jedoch die Akteure, die sich für die Grundprinzipien des Strafprozesses und die Rechte der Beschuldigten und dessen Verteidigung einsetzen: Eine europäische demokratische Öffentlichkeit gibt es nicht, wenige Anwalts- oder Bürgerrechtsorganisationen agieren auf europäischer Ebene, noch weniger verfügen sie über eine Vertretung in Brüssel, die Strafverteidigung taucht weder als Verfassungs-, noch als Verfahrensprinzip in den Entwürfen der EU-Verfassung auf, noch spielt sie eine Rolle bei der Europäischen Kommission und dem Europäischen Rat; im übrigen werden Strafverteidiger von den europäischen Institutionen an den anstehenden grundlegenden Änderungen in keiner Weise gebührend beteiligt.»
 
Fremde Richter wie einst vor 1291
Der EU-Haftbefehl würde unsere verfassungsmässigen Rechte aushebeln: Gerichtsverhandlungen müssen (ausser in klar bestimmten Fällen) der Öffentlichkeit zugänglich sein. Einem Deportierten würde die freie Wahl des Verteidigers genommen, da Unvermögende wohl kaum die Reisekosten eines Anwalts z.B. nach Prag bezahlen könnten (vgl. auch oben «Einzug des Vermögens»). Laut Bundesverfassung darf niemand ohne sein Einverständnis einem fremden Richter überstellt werden (§ 25 BV). 

 Wer den EU-Haftbefehl nicht will, sage Nein zu «Schengen».


1) Carlo Alberto Agnoli, «Der europäische Haftbefehl ? der kürzeste Weg in die Tyrannei». Broschüre Format A5, 62 Seiten. Bestelladresse: Verlag Anton A. Schmid, Postf. 22, D?87467 Durach. Telefax (Nummer für die Schweiz): 0049 831/21895. Staffelpreise: für 1 Expl. 3 Euro, für 5 Expl. 13,50 Euro usw., zuzüglich Versandkosten für 1 bis 5 Expl. 2 Euro.