Schreiben an Professor Thomas Bernauer ETH Zürich

Sehr geehrter Herr Professor Bernauer, ich habe Ihre Stellungnahme in der Basler Zeitung vom 30. April »Der EU beitreten - der Demokratie zuliebe!« gelesen und mich eigentlich nicht gewundert, dass ein Professor der »Politikwissenschaft« so etwas schreibt.

Wer aus der Politik eine Wissenschaft macht, muss an sich schon sehr überheblich und eingebildet sein. Für mich ist diese Frage ganz unwissenschaftlich zu beantworten, nämlich die Politik als auch die Wirtschaft hat den Menschen zu dienen und zwar als Gemeinschaft. Das ist keine wissenschaftliche Frage, sondern eine Sache des Charakters und der Einstellung gegenüber Mensch und Natur im allgemeinen. In Ihrer Abhandlung hat nur noch die Bemerkung gefehlt, dass die Mehrheit der Menschheit sowieso zu blöd ist, die Politik zu verstehen und deshalb die politischen Rechte, wie wir sie in der Schweiz kennen, völlig überflüssig, wenn nicht gar schädlich sind. Somit können Sie auch dem Schweizer Volk so hemdsärmlig empfehlen, alle politischen Entscheide ruhig Leuten wie Sie zu überlassen, die sowieso alles besser wissen. Eine Alternative wäre natürlich, wenn die Politik nicht so verlogen und dafür verständlicher präsentiert würde.
 
So wie Sie dachten auch Friedrich Nietzsche und später Carl Schmitt, der Vater der faschistischen Theorien. Beide vertraten die Meinung, dass nur eine kleine Elite Führungsansprüche hat und über den Rest der Menschen nach Belieben verfügen könne. Nach diesen Theorien hat auch Leo Strauss an der Universität in Chicago gelehrt und die heutige amerikanische »Elite«, zu der Rumsfeld, Cheney, Wolfowitz, Perle, Ashcroft, Schultz etc.  gehören, politisieren ebenso nach diesem Strickmuster. Auch Zbigniew Brzezinski schrieb ein Buch in diesem Sinne: »Die einzige Weltmacht - Amerikas Strategie der Vorherrschaft«. Das ist wahrscheinlich die gleiche »Politikwissenschaft«, der Sie anhängen. Danach heisst freie Marktwirtschaft politisches Faustrecht: wozu braucht es dann noch Staaten, wenn doch der freie Markt alles regelt.
 
Ich kann mir übrigens nicht vorstellen, dass Sie über fundierte Kenntnisse in der Physik und Biologie verfügen, aber das ist auch nicht wichtig, sondern wichtig ist selbstverständlich nur, dass man zur Elite gehört, die »Umweltentscheide« trifft. So kann z.B. Herr Al Gore seine CO2-Zertifikate möglichst gewinnbringend unter die Leute bringen und dem dummen Volk  Schreckenszenarien des Klimawandels, die unter die Haut gehen, vortragen. Es gäbe übrigens eine ganz einfache Methode, den Verbrauch des CO2 drastisch zu reduzieren. Man müsste Wüsten aufforsten, statt Wälder abholzen. Nur kostet das Geld und Arbeit und bringt keine Gewinne in den Spielcasinos mit der vornehmeren Bezeichnung ‚Börse’. Es sollen ja 10mal mehr Dollars im Umlauf sein,  als das gesamte amerikanische Vermögen der USA darstellt. Würde man mit diesem vielen, zur Zeit wertlosen Papier die Aufforstung von Wüsten finanzieren, könnte sich die USA doch zusätzliches reales Vermögen erwirtschaften.
 
Sie glauben dies wahrscheinlich nicht, aber Sie schreiben es: nämlich dass die NGOs, die in der EU viel zu sagen hätten, dafür sorgten, dass kein Filz entstünde. Wo leben Sie denn? Sie kommen mir vor wie mein Botanikprofessor, der vor den Vorlesungen immer die vergilbten Manuskripte aufrollen musste. In der Botanik ist das weniger schlimm als in der Politik, weil sich ja erstere höchstens sehr langsam verändert, während dies bei letzterer in viel kürzerer Zeit der Fall ist. Ich muss Ihnen sagen, dass der EU-Filz längst Tatsache ist und die NGOs wie die Fliegen in diesem Netz hängen und sich die Säcke füllen. Haben Sie nicht mitbekommen, dass die Finanzprüfer der EU deren Abrechnungen schon mehrmals  zurückgewiesen haben? Der Filz ist so gross, dass es niemand  wagt, diesen gordischen Knoten zu zerschlagen, wahrscheinlich weil es tödlich für die Karriere, wenn nicht lebensgefährlich wäre.
 
Mit freundlichen Grüssen
Johanna Haidvogl-Werder, Gelterkinden, den 1. 5. 2007