Die «Tempelwaffen» - Israel rüstet mit ABC-Waffen auf - von Jürgen Rose, Deutschland, aus Zeit-Fragen Nr.31 vom 16.8.2004

Klammheimlich rüstete Israel zur fünfstärksten Nuklearmacht der Welt auf. Biologische und chemische Waffen komplettieren das Arsenal zur Massenvernichtung. Und deutsche U-Boote garantieren die Zweitschlagskapazität.

Zweifellos stellen Massenvernichtungswaffen eine existentielle Bedrohung dar. Folgerichtig räumen sowohl die Vereinigten Staaten von Amerika als auch die Europäische Union dem Kampf gegen diese Geissel der Menschheit in ihren jeweiligen Sicherheitsstrategien oberste Priorität ein   - auf gleicher Stufe mit dem sogenannten «Krieg gegen den Terror». Umso mehr muss der äusserst selektive Umgang mit dieser Bedrohung irritieren. So finden die jeweils etwa 10000 Atomsprengköpfe allein in den Arsenalen der USA und der Russischen Föderation kaum mehr Beachtung. Hohngelächter unter den Bush-Kriegern erntet, wer den Begriff «nukleare Rüstungskontrolle» auch nur erwähnt, ganz zu schweigen von nuklearer Abrüstung. Mit den Bemühungen um Rüstungskontrolle auf dem Gebiet der chemischen und biologischen Waffen verhält es sich nicht anders - selbstredend nur, soweit die USA und ihre Verbündeten betroffen sind. Das gilt insbesondere für den treuesten Alliierten in Nahost, nämlich Israel. Ungeachtet der Tatsache, dass aus den USA stammende Marschflugkörper so verändert wor­den seien, dass sie nunmehr mit Nuklearsprengköpfen versehen und von aus Deutschland bezogenen U-Booten verschossen werden könnten, betrachte die US-Administration Israel nicht als Bedrohung, berichtete Anfang des Jahres die renommierte Österreichische Militäri­sche Zeitschrift.

Verschiedene Massstäbe gegenüber Israel und arabischen Staaten

Ganz anders indes verhält es sich mit der Bedrohungseinschätzung im Hinblick auf Massen­vernichtungswaffen in den Händen sogenannter Schurkenstaaten, zumal solchen aus dem «islamischen Krisenbogen». In ihrem Fall genügt schon der blosse Verdacht, sie strebten nach nuklearen, chemischen oder biologischen Waffen, um Hysterie im Oval Office auszulösen. Wurde zur Zeit des kalten Krieges die Sicherheitspolitik noch von der Maxime bestimmt, die Henry Kissinger auf den Punkt brachte, was zählte, seien Sprengköpfe, nicht Absichten, so gilt für die Bushisten in Washington heute das Gegenteil: Von Bedeutung sind nicht vorhandene Kapazitäten, sondern Unterstellungen und Vermutungen über «das Böse» schlechthin. Die Quintessenz solch irrationaler und manichäischer Politik gipfelt darin, dass einerseits gegen virtuelle Massenvernichtungswaffen ein Präventivkrieg entfesselt, andererseits real existieren­den Massenvernichtungswaffen-Potentialen weiter keine Beachtung geschenkt wird, auch wenn sie sich in Händen von Regierungen befinden, die sich nicht gerade durch eine friedliche und völkerrechtskonforme Aussenpolitik hervortun. Gerade Israel gibt in dieser Hinsicht An­lass zu grösster Besorgnis, liegt dieser Staat doch im Brennpunkt des Nahostkonflikts und stellt zugleich eine Militärmacht dar, die zu den hochgerüstetsten der Welt zählt. Anlass genug, um nachfolgend das Arsenal israelischer Massenvernichtungswaffen sowie die damit ver­knüpfte Militärstrategie näher zu beleuchten.

Aus Gründen der Staatsraison hat Israel die Produktion und den Besitz von Massenvernich­tungswaffen zwar niemals offiziell bestätigt und verfolgt diesbezüglich seine sogenannte «Poli­tik der Ambiguität». Indessen sind in den vergangenen Jahrzehnten stetig geheimdienstliche Erkenntnisse in die Öffentlichkeit durchgesickert, gab es Indiskretionen von politischer Seite, umfangreiche Forschungen wissenschaftlicher Institute und nicht zuletzt erfolgreiche Bemü­hungen investigativen Journalismus.

400 bis 500 Sprengköpfe

Mittlerweile steht fest, dass Israel über ein umfangreiches Nuklearwaffenpotential verfügt. Die­ses umfasst klassische Kernspaltungs-, thermonukleare Fusions- sowie Neutronenwaffen   - insgesamt schätzungsweise 400 bis 500 Sprengsätze, deren Gesamtsprengkraft auf etwa 50 Megatonnen geschätzt wird. Mit diesen sind Atomminen, Artilleriegranaten, Torpedos, Marsch­flugkörper, Raketen und Flugzeugbomben bestückt. Hergestellt werden die israelischen Nukle­arwaffen seit 1962 in Dimona, wo sich das «Israelische Kernforschungszentrum» (Kirya Le'Mechkar Gariini - Kamag) befindet. Dort wird in dem mit französischer Hilfe errichteten          EL-3-Atomreaktor, der eine Leistung von mindestens 150 Megawatt aufweist, das zur Nuklear­waffenproduktion benötigte Plutonium erbrütet. Daneben befinden sich dort Anreicherungs­anlagen für waffenfähiges Uran sowie eine unterirdische Wiederaufbereitungsanlage zur Plu­toniumextraktion.

Die Konstruktion der Gefechtsköpfe erfolgt in zwei Forschungslaboren, nämlich beim Nuklear­forschungszentrum Nachal Schurek (Merkaz Le'mechkar Gari'ini - Mamag) und bei der «Abtei­lung 20» der Waffenentwicklungsbehörde (Rashut Le'pituach Emt-zaei Lechima - Rafael). Montiert werden die Atomsprengsätze in einer Nuklearfabrik in Jodfat. Getestet wurden die Kernwaffen mehrfach: Mitte der 60er Jahre mehrfach in der Negev-Wüste nahe der israelisch-ägyptischen Grenze sowie im Rahmen französischer Versuche in Algerien, ausserdem dreimal gemeinsam mit Südafrika in der Atmosphäre über dem Indischen Ozean, zuletzt am 22. Sep­tember 1979, als ein amerikanischer VELA-Satellit die Detonation zufällig registrierte.

Breites Spektrum von Trägersystemen

Um die Nuklearwaffen zum Einsatz bringen zu können, verfügt die «Israeli Defense Force» über ein breites Spektrum von Trägersystemen, das die gesamte Triade aus land-, luft- und seegestützten Waffenplattformen umfasst. So dienen amerikanische Artilleriegeschütze (175 mm M-107 und 203 mm M-110) für den Gefechtsfeldeinsatz. Im Kurzstreckenbereich verfügt Israel seit 1976 über US-Raketenartilleriesysteme      MGM-52 C Lance, die eine Reichweite von rund 130 Kilometern haben. Über grosse Distanzen hinweg können unterschiedliche Typen von Boden-Boden-Raketen eingesetzt werden. Die YA-1 Jericho I hat eine Reichweite von 500 Kilometern. Möglicherweise ist in den siebziger Jahren eine modernisierte Variante mit der Bezeichnung YA-2 entwickelt worden. Etwa 50 Raketen sind in Silos bei Kfar Zekharya, rund 45 Kilometer südöstlich von Tel Aviv disloziert. Die YA-3 Jericho II ist eine Mittelstreckenrakete mit einer Reichweite von bis zu 1800 Kilometern. Ihre Gefechtsköpfe sollen eine Sprengkraft von 20 Kilotonnen besitzen und mit einer radargesteuerten Endphasenlenkung nach dem Muster der US-amerikanischen Pershing II präzise ins Ziel gebracht werden können. Ebenfalls etwa 50 Raketen sind auf mobilen Werferfahrzeugen in den Kalkhöhlen bei Kfar Zekharya untergebracht. Darüber hinaus produziert Israel die auf der «Jericho» basierende dreistufige Trägerrakete Shavit, mit der seit 1988 mehrere Ofek-Aufklärungssatelliten auf eine Erdumlauf­bahn geschossen wurden. Die «Shavit» liesse sich mit geringem konstruktivem Aufwand zu einer Interkontinentalrakete von über 7000 Kilometern Reichweite modifizieren.

Sehr flexibel kann die israelische Luftwaffe Nuklearwaffen mit diversen Kampfflugzeugen, deren Reichweite sich mittels Luftbetankung nahezu beliebig vergrössern lässt, einsetzen. Diese wurden von den USA geliefert und von der hochentwickelten israelischen Rüstungsin­dustrie teilweise erheblich kampfwertgesteigert. Für nukleare Missionen in Frage kommen primär die F-16 Fighting Falcon, deren modernste Version F-16I seit letztem Jahr zuläuft, sowie die F-15I Ra'am, die ab 1998 in Dienst gestellt wurde. Letztere hat ohne Luftbetankung einen Einsatzradius von etwa 5500 Kilometern und ist mit modernsten Navigations- und Zielerfas­sungssystemen ausgerüstet. Nuklearwaffenfähige Jagdbomber mit entsprechend zertifizierten Besatzungen sind angeblich auf den Fliegerhorsten Tel Nof, Nevatim, Ramon, Ramat-David, Hatzor und Hatzerim stationiert; einige von ihnen sollen, mit Atombomben beladen, rund um die Uhr zum Alarmstart in Bereitschaft gehalten werden.

Deutschland lieferte U-Boote

Seit 2003 besitzt auch die israelische Kriegsmarine die Fähigkeit zum Nuklearwaffeneinsatz. Als Plattform dienen drei von Deutschland in den Jahren 1999 und 2000 gelieferte Dolphin-U-Boote im Gesamtwert von rund 655 Millionen Euro, nahezu komplett vom deutschen Steuer­zahler finanziert. Diese sind mit Marschflugkörpern (Bezeichnung Popeye Turbo II bzw. Deliah) bestückt, deren Reichweite nach Beobachtungen der US-Navy im Verlauf von Flugkörpertests vor Sri Lanka im Mai 2000 mindestens 1500 Kilometer beträgt. Entwickelt wurden diese Marschflugkörper entweder eigenständig von der israelischen Rüstungsindustrie oder mit diskreter ausländischer Hilfe. Mit welchem Nachdruck Israel seine Aufrüstung auf dem maritimen Sektor betreibt, liess sich dem Jerusalem-Besuch von Verteidigungsminister Struck entnehmen, als der Wunsch nach Lieferung zweier weiterer U-Boote der Klasse 212A    - aus­gestattet mit dem weltweit einmaligen Brennstoffzellenantrieb neuester Technologie, der es ermöglicht, ähnlich wie ein strategisches Atom-U-Boot lautlos und wochenlang getaucht zu operieren(!)     - laut wurde.

Arbeiten an einer «Ethno-Bombe»?

Neben atomaren komplettieren biologische und chemische Waffen das israelische Potential an Massenvernichtungswaffen. Auf Grund akribischer Geheimhaltung sind die Informationen hierüber indessen sehr spärlich. So heisst es in einem Bericht des «Office for Technology Assessment (OTA)»   - das Institut recherchierte bis 1995 im Auftrag des US-Kongresses -   aus dem Jahre 1993, dass «Israel nach allgemeiner Auffassung inoffizielle Potentiale zur chemischen Kriegführung besitzt» und «nach allgemeiner Auffassung ein inoffizielles Pro­gramm zur Herstellung von biologischen Waffen durchführt». Als gesichert gilt, dass sich in Nes Ziona südlich von Tel Aviv das israelische Insitut für biologische Forschung (IIBR) befin­det, dessen Aktivitäten ein hoher israelischer Geheimdienstmitarbeiter mit den Worten be­schreibt: «Es gibt wohl keine einzige bekannte oder unbekannte Form chemischer oder biolo­gischer Waffen [...] die im Biologischen Institut Nes Ziona nicht erzeugt würde.» Darüber hin­aus wird vermutet, dass israelische Wissenschafter dort seit den 90er Jahren unter Nutzung von Forschungsergebnissen aus Südafrika an einer sogenannten «Ethno-Bombe» arbeiten. Bei dieser Entwicklung wird versucht, Ergebnisse der Genforschung zur Identifizierung eines spe­zifischen Gens zu nutzen, das ausschliesslich Araber tragen. Ist dies gelungen, liessen sich mit Hilfe der Gentechnik tödliche Bakterien oder Viren herstellen, die nur Menschen mit diesen Genen attackieren.

Chemische Waffen, unter anderem die Nervengase wie Tabun, Sarin und VX, werden in einer unterirdischen Produktionsstätte im Nuklearforschungszentrum Dimona hergestellt. Die indi­rekte Bestätigung für israelische C-Waffen-Programme lieferte der Absturz einer EL-AL-Frachtmaschine auf dem Amsterdamer Flughafen am 4. Oktober 1992, bei dem mindestens 47 Menschen ums Leben kamen und mehrere hundert Menschen sofort oder verzögert an myste­riösen Leiden erkrankten. Ein Untersuchungsbericht von 1998 erbrachte die Erkenntnis, dass die Maschine Chemikalien an Bord hatte, darunter 227,5 Liter Dimethylmethylphosphonat (DMMP). Diese Menge genügt, um 270 kg Sarin herzustellen. Das DMMP war im übrigen von der Firma Solkatronic Chemicals Inc. aus Morrisville in Pennsylvania geliefert worden         -  ein Indiz dafür, dass es US-Unternehmen gab, die es verstanden, am Geschäft mit den Massenver­nichtungswaffen im Nahen Osten mehrfach zu verdienen: Durch Lieferungen in den Irak wäh­rend des ersten Golfkriegs zwischen 1980 und 1988 und an die israelische Armee.

Ernsthafte Pläne zum Atomwaffeneinsatz

Im Gleichklang mit der Entwicklung des israelischen Arsenals an Massenvernichtungswaffen vollzog sich die Evolution der Strategie zu deren Gebrauch. Den Ausgangspunkt für die Ent­scheidung zur Entwicklung der Massenvernichtungswaffen bildete die Überlegung, dass nur diese das absolute und endgültige Abschreckungsmittel gegenüber der arabischen Bedrohung darstellten. Nur mit deren Hilfe konnten vorgeblich die Araber dazu gebracht werden, alle Pläne für eine militärische Eroberung Israels fallenzulassen und einem Friedensvertrag zu israeli­schen Konditionen zuzustimmen. Insbesondere die Nuklearwaffen sollten als Ultima ratio si­cherstellen, dass es nie wieder zu einem Massaker am jüdischen Volk kommen würde. Als symbolische Metapher hierfür diente die sogenannte «Samson-Option».

Diese rekurriert auf einen biblischen Mythos. Demzufolge war Samson nach blutigem Kampf von den Philistern gefangengenommen worden. Sie stachen ihm die Augen aus und stellten ihn in Dagons Tempel in Gaza öffentlich zur Schau. Samson bat Gott, ihm ein letztes Mal Kraft zu geben, und rief: «Ich will mit den Philistern sterben!» Er schob die Säulen des Tempels bei­seite, das Dach stürzte ein und begrub ihn und seine Feinde unter sich.
Treffenderweise trugen die israelischen Nuklearwaffen daher den Decknamen «Tempelwaffen». Mindestens viermal hat die israelische Regierung ernsthaft den Einsatz dieser Waffen erwo­gen:

1. Während des 6-Tage-Kriegs im Juni 1967 hatte Israel die beiden ersten Uran-Atombomben für den Fall zum Einsatz vorbereitet, dass der Erfolg des konventionell geführten Präventiv­krieges gegen seine arabischen Nachbarn ausgeblieben wäre.

2. Während des Yom-Kippur-Kriegs wurde von der israelischen Regierung ein Nuklearwaffen­angriff nicht nur erwogen, sondern am 8. Oktober 1973 wurde tatsächlich der Befehl erteilt, 13 Atomwaffen für den Einsatz gegen die militärischen Hauptquartiere der Angreifer in Kairo und Damaskus scharfzumachen, nachdem Verteidigungsminister Moshe Dayan den Zusammen­bruch der israelischen Defensivoperationen im Zweifrontenkrieg prognostiziert hatte. Mit die­ser nuklearen Mobilmachung gelang es der israelischen Regierung unter Golda Meir, zum ei­nen von den USA massive Nachschublieferungen an Munition und Rüstungsmaterial zu er­pressen. Zum anderen entfaltete die nukleare Abschreckung gegenüber Ägypten und Syrien ihre Wirkung, die in der Folge mit ihren Panzertruppen nicht weiter vormarschierten. Nachdem am 14. Oktober die nukleare Alarmbereitschaft zunächst aufgehoben worden war, machten die Israeli wenige Tage später erneut ihre Atomwaffen scharf, nachdem die US-Regierung ihr strategisches Bomberkommando in Alarmbereitschaft versetzt hatte, um die Sowjetunion von einer Intervention im Krieg abzuhalten. Die Krise endete erst, als die Kampfhandlungen mit Inkrafttreten eines Waffenstillstandes eingestellt wurden.

3. Während des Angriffes auf den Libanon 1982 (Operation Oranim) schlug der damalige Verteidigungsminister Ariel Scharon vor, man solle Syrien mit Nuklearwaffen angreifen.

4. Als am 18. Januar 1991 die irakischen Streitkräfte im Golf-Krieg erstmals Al-Hussein-Raketen auf Israel abfeuerten, wurde das israelische Militär, inklusive der Nuklearstreitkräfte, in volle Gefechtsbereitschaft versetzt. Für den Fall eines irakischen Angriffs mit chemischen oder biologischen Gefechtsköpfen existierte eine unverhüllte nukleare Gegenschlagsdrohung Israels.

ABC-Waffen als politisches Druckmittel

Israel nutzt sein Atomwaffenarsenal indes nicht nur im Kontext der Abschreckung oder der direkten Kriegführung, sondern auch auf andere, subtilere, aber nicht weniger wirksame Weise. Heutzutage ist das israelische Kernwaffenpotential untrennbar in die allgemeine militärische und politische Strategie Israels integriert. Im israelischen Strategiejargon wird dieses Konzept «Nonconventional Compellence» (nicht konventioneller Druck) genannt. Shimon Peres   - übrigens einer der entscheidenden Drahtzieher des israelischen Massenvernichtungswaffenprogramms -   charakterisierte diese Strategie mit den Worten: «Ein überlegenes Waffensystem zu beschaffen, bedeutet die Möglichkeit, es für die Ausübung von Druck zu nutzen -   das heisst, die andere Seite zu zwingen, Israels Forderungen zu akzeptieren, was wahrscheinlich die Forderung einschliesst, dass der traditionelle Status quo akzeptiert und ein Friedensvertrag unterzeichnet wird.» Darüber hinaus garantiert das Nuklearwaffenpotential die uneingeschränkte Unterstützung des amerikanischen Verbündeten einerseits und verhindert eine unangemessene Parteinahme Europas zugunsten der arabisch-palästinensischen Position andererseits   - immer getreu der Maxime: «Wenn ihr uns in einer kritischen Situation nicht helfen wollt, werden wir euch dazu bringen, uns zu helfen, oder wir werden unsere Atombomben einsetzen.»

Sehr aufschlussreich diesbezüglich sind die Ausführungen des israelisch-niederländischen Militärhistorikers Martin van Creveld, international bekannter Professor der Militärgeschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem, Anfang letzten Jahres. Dieser merkt in einem Interview mit dem niederländischen Magazin Elsevier zu der hinter dem aktuellen Teilrückzugsplan des israelischen Premierministers Ariel Scharon steckenden Strategie an, dass diese darauf abzielt, eine unüberwindliche Mauer um Israel zu errichten und die Palästinenser ausserhalb der israelischen Grenzen zu halten. Scharons Plan bedeute in letzter Konsequenz, dass alle Palästinenser aus der dann errichteten «Festung Israel» deportiert würden.

Auf die Frage, ob die Welt eine derartige ethnische Säuberung zulassen würde, antwortet van Creveld: «Das liegt daran, wer es macht und wie schnell es geht. Wir haben einige hundert Atomsprengkörper und Raketen und können sie auf Ziele überall werfen, vielleicht selbst auf Rom. Mit Flugzeugen sind die meisten europäischen Hauptstädte ein Ziel.»

*Dipl.-Päd. Jürgen Rose ist Oberstleutnant der Bundeswehr. Er vertritt in diesem Beitrag seine persönlichen Auffassungen.



«Die Araber mögen das Öl haben - wir haben die Zündhölzer.» (Ariel Scharon, 1989)
«Wir haben die Möglichkeit, die Welt mit uns zusammen untergehen zu lassen. Und ich kann Ihnen versprechen, dass dies auch geschieht, bevor Israel untergeht.»
(Martin van Creveld, Professor der Militärgeschichte an der Hebräischen Universität in Jerusalem, 2003) 

Artikel aus Zeit-Fragen Nr.31 vom 16.8.2004