Eurasisches Treffen

politonline: Das 6. trilaterale Treffen der Aussenminister der drei eurasischen Staaten Russland, China und Indien fand am 14.2. in Neu-Delhi statt. Diesem voraus ging die Rede Putins auf der Münchner Sicherheitskonferenz und der erfolgreiche Satellitenabschusstest Chinas am 11. 1. 07. In dem gemeinsamen Abschlusskommuniqué wurde betont, dass sich die Zusammenarbeit der drei Nationen »nicht gegen die Interessen irgendeines anderen Landes richte, sondern darauf abziele, international Harmonie und Verständnis zu fördern und bei divergierenden Interessen gemeinsamen Boden zu finden.« Zwei Tage nach dem Treffen machte der russische Aussenminister Sergej Lawrow den Zweck dieser Worte in Abu Dhabi deutlich, indem er im Zusammenhang mit der von US-Verteidigungsminister Gates in München ausgesprochenen Behauptung, Putins kritische Äusserungen über die USA erinnerten an den Kalten Krieg, erklärte, dass das, was Putin sagte, nichts mit einem Kaltem Krieg zu tun habe, sondern einfach Ausdruck der Verantwortung für das Schicksal der Welt sei, welches gemeinsam zu bestimmen ist, weil es keine andere Entscheidung geben kann, wenn wir eine stabile Welt in Übereinstimmung mit den Interessen aller schaffen wollen. Auch die Sprecherin des chinesischen Aussenministeriums Jiang Yu stellte sich hinter Putins Kritik an der Politik der USA und der NATO: »Alle Länder sollten Anstrengungen unternehmen, eine harmonische Welt zu schaffen, die dauerhaften Frieden und gemeinsamen Wohlstand umfasst. China und Russland setzten sich für einen Vertrag gegen einen Rüstungswettlauf im Weltraum ein - während die Regierung Bush strikt dagegen sei.« Laut Jiang Yu will Indien trotz des langen Grenzstreits zwischen China und Indien Vollmitglied der SCO werden. Der Shanghai Cooperation Organisation [Shanghaier Organisation für Zusammenarbeit] gehören neben China und Russland die Staaten Usbekistan, Kasachstan, Kirgisistan und Tadschikistan an.

Was Kasachstan, den fünftgrössten Erdöllieferanten der Bundesrepublik betrifft, so sind German Foreign Policy vom 5. 2. 07 wenig bekannte Informationen zu entnehmen: »Ab sofort steht Kasachstan dem deutschen Militär für die Durchleitung von Bundeswehrtruppen und Nachschub an die afghanische Kriegsfront zur Verfügung. Ein entsprechendes Abkommen unterzeichneten der deutsche Aussenminister Frank-Walter Steinmeier und sein kasachischer Amtskollege in der vergangenen Woche in Berlin. Die Vereinbarung folgt einem ähnlichen Vertrag, dem Russland bereits vor mehreren Jahren zugestimmt hat. Auch diese Übereinkunft sieht die Durchleitung deutscher Truppen nach Zentralasien vor.«  Wie dies dem uns kundgetanen Bestreben, eine harmonische Welt zu schaffen, förderlich sein soll, ist fraglich. Denn die Niederwerfung und das Ausbluten Afghanistans ist neben dem täglichen Grauen im Irak einer der derzeit brutalsten Vorgänge, auf die der vielgepriesene neue Menschenrechtsrat in Genf mit keinem Wort eingeht.
 
»Wie das Aussenministerium Kasachstans bestätigt« so GFP weiter, »schliesst die Billigung deutscher Militärtransporte über kasachisches Territorium Kriegsgerät und Soldaten ein. Der Landweg in das zentralasiatische Kriegsgebiet ist für das Berliner Verteidigungsministerium billiger als der Lufttransport und entlastet die Flugkapazitäten der Bundeswehr, die derzeit auf russische Transportflugzeuge angewiesen ist.  Das jetzt unterzeichnete Abkommen entspricht den politischen Perspektiven der deutschen Aussenpolitik. Berlin hat sich auf eine langjährige Besatzung Afghanistans eingestellt und will stabile, dauerhaft nutzbare und kostengünstige Nachschublinien öffnen. Die Vereinbarung führt die langjährige militärische Zusammenarbeit fort, die kurz nach der Sezession Kasachstans von der UdSSR begann. Bereits 1994 kamen die Bundesrepublik und das zentralasiatische Land überein, kasachische Soldaten in Deutschland trainieren zu lassen. Seitdem werden kasachische Militärs an Bundeswehr-Schulen oder Bundeswehr-Universitäten ausgebildet. Für die expandierenden Kontakte zu den Streitkräften Kasachstans und für deren Ausrichtung an westlichen Standards zahlt Berlin, indem es die mit den Trainingsmassnahmen zusammenhängenden Kosten trägt.« Hiermit ist erneut klar, dass die für den militärischen Bereich erforderlichen Mittel jederzeit flüssig gemacht werden, auch wenn für den Bundesbürger selbst die Kürzung der Pendlerpauschale, die Halbierung des Sparer-Freibetrags, die Verringerung der Bezugsdauer des Kindergelds, eine grössere Beteiligung bei den Gesundheitskosten, eine höhere Versicherungssteuer sowie eine höhere Mehrwertsteuer usw. programmiert sind.
 
»Die zwischen Kasachstan und der BRD getroffene Militärvereinbarung«, schreibt GFP, »ergänzt die Ankündigung von Bundeskanzlerin Merkel und Staatspräsident Nasarbajew, die bilaterale Kooperation weiter zu vertiefen. Nasarbajew hielt sich Ende Januar zu Gesprächen in Berlin auf.« Thema waren auch Importsteigerungen; hierbei soll russisches Territorium baldmöglichst umgangen werden, um dadurch eine Verringerung des Moskauer Einflusses auf die deutsche Energieversorgung zu erzielen. Unmittelbar nach seinem Deutschland-Aufenthalt reiste der kasachische Staatspräsident nach Kiew, wo er mit dem ukrainischen Präsidenten Juschtschenko über den Aufbau eines Energie-Transportkorridors sprach. Beide kamen überein, noch in diesem Jahr mit dem Bau einer kurzen Pipelinetrasse zu beginnen, die kasachischen Ölexporteuren den Zugang zum ukrainischen Röhrensystem erlaubt. Zur Ausarbeitung weiterer Schritte setzten Nasarbajew und Juschtschenko eine bilaterale Arbeitsgruppe ein. Die geplante Trasse stellt einen weiteren Baustein zur Umgehung russischer Territorialhoheit dar
 
In dem GFP-Bericht heisst es weiter: »Als letztes Territorialgebiet, das es der Bundeswehr ermöglicht, auf dem Landweg an die gegenwärtigen Kriegsschauplätze und künftigen Frontgebiete zu gelangen, fehlt Usbekistan. Berliner Regierungsberater plädieren dafür, auch mit diesem Land, das bedeutende Erdgasvorräte besitzt, eine enge Kooperation zu unterhalten. Sie stellen sich damit gegen die USA und mehrere EU-Mitgliedstaaten, die einen scharfen Kurs gegenüber der Regierung in Taschkent befürworten.«  Letzterer dürfte zumindest von Seiten der USA darauf basieren, dass Usbekistan den Luftwaffenstützpunkt, den die USA 2001 dort errichtet hatte, in der Folge kündigte, so dass die letzten 90 US-Soldaten am 21. November 2005 das Land verliesssen. Damit waren Donald Rumsfelds Pläne für eine sogenannte ‚Seerosen-Strategie’, mittels der er ganz Zentralasien mit Militärbasen überziehen wollte, durchkreuzt. Die USA hatte den Stützpunkt vom Herbst 2001 an, also kurz nach den Anschlägen vom 11. September, als Ausgangspunkt für militärische und humanitäre Operationen in Afghanistan genutzt. Eine der Begründungen, die von Usbekistan  für die Kündigung vorgebracht worden waren, bestand darin, dass die schweren Flugzeuge die Umwelt belasteten und dass die Amerikaner nicht für die Infrastrukturkosten aufgekommen seien. Das Land ist fest im Griff des autoritären Regimes von Islam Karimow und die Lage der verarmten Bevölkerung ist recht aussichtslos, was die BRD offensichtlich keineswegs daran hindert, danach zu trachten, mit einem solchen Land ins Geschäft zu kommen.       
 
Dem Bericht von GFP ist ferner zu entnehmen, dass sich die Bundesregierung im Herbst 2006 vergeblich darum bemüht hatte, die EU-Sanktionen gegen Usbekistan zu Fall zu bringen. Die Sanktionen waren verhängt worden, nachdem Taschkent im Mai 2005 Unruhen resp. eine Umsturzbewegung niederschlagen liess, was mehrere hundert Todesopfer forderte. Washington befürwortet nicht nur ein schärferes Vorgehen gegen Usbekistan, sondern auch gegen die übrigen zentralasiatischen Staaten und hat es bislang abgelehnt, Kasachstan den Vorsitz in der OSZE zu überlassen. Berliner Regierungsberater plädieren dafür, den kooperativen Kurs auch gegenüber Usbekistan aufrechtzuerhalten und zum Bestandteil der Zentralasien-Strategie der EU zu machen. Usbekistan sei das ‚Kernland der Region’ und könne nicht übergangen werden, wenn man die deutsch-europäische Position an den russischen Grenzen ausbauen wolle, heisst es in einer Studie der Stiftung Wissenschaft und Politik [SWP]. Zudem ist die Bundeswehr für ihre Operationen in Afghanistan auf die Nutzung ihres Militärstützpunktes im usbekischen Termez angewiesen. Wie im Falle Kasachstans gingen der Einräumung von Sonderrechten für die deutsche Armee Vorleistungen in der sogenannten Ausbildungshilfe voraus: Seit 1994 wurden 120 Offiziere der usbekischen Streitkräfte in Deutschland trainiert, Taschkent bezog jahrelang Waffen aus Deutschland. Mit einemWiderstand der usbekischen Regierung gegen Landtransporte der Bundeswehr über kasachisches Territorium nach Afghanistan wird nicht gerechnet. Der usbekischen Bevölkerung wird »das Weiterbestehen einer westlichen Militärbasis weitgehend verschwiegen«, vermerkt die SWP. Deutsche Militärtransporte über usbekisches Territorium hingegen dürften auf Dauer kaum unbemerkt bleiben.
 
Quelle: http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/56729  vom 5.02.2007
 
Angebliche iranische Sprengkörper im Irak
Die Behauptung, sogenannte explosiv geformte Penetratoren (EFP), mit denen Aufständische im Irak Besatzungssoldaten töten, seien aus dem Iran eingeschmuggelt wurden, ist »Made in Britain«. Präsident Bush hatte die Behauptung mehrfach wiederholt, zuletzt in seiner Pressekonferenz letzte Woche. Er erklärte kategorisch: »Wir wissen«, dass sie von der Al-Quds-Streitmacht kommen, usw. Die Frage, ob die Informationen ebenso verlässlich seien wie die über die angeblichen Massenvernichtungswaffen des Iraks, löste bei Bush einen Wutausbruch aus. Tatsache ist: die Informationen sind ebenso fragwürdig wie die über die irakischen Massenvernichtungswaffen, weil sie aus der gleichen Quelle stammen. Radio Freies Europa berichtete am 12.2. über die folgende Einschätzung von David Claridge, einem Waffenexperten der Janusian Society Risk Management. »Meine erste Erinnerung an ihren Gebrauch [der EFP] ist, dass sie gegen eine private Sicherheitsfirma im Gebiet [Basra] eingesetzt wurden, und ziemlich bald darauf gegen britische Militärpatrouillen. Und meiner Erinnerung nach war es das britische Verteidigungsministerium, das zuerst auf den Einsatz dieser Waffen, aber auch über ihre potentielle Verbindung zu iranischer Technik hingewiesen hat.« Eine iranische Quelle erinnerte am 15.2. in einem Gespräch mit der Nachrichtenagentur EIR [Executive Intelligence Review] daran, dass Tony Blair dem Iran bereits 2005 vorgeworfen hatte, Waffen für den Einsatz gegen britische Truppen in der Provinz Basra im Südirak zu schicken. Die Regierung Blair konnte die Behauptungen jedoch nicht beweisen, musste sie zurückziehen und zugeben, dass man sich diese Waffen überall im Nahen Osten problemlos auf dem Schwarzmarkt beschaffen kann.