Der Krieg gegen den Iran hat schon begonnen

In seiner Rede vom 10. 1. liess Präsident George W. Bush seine Absicht erkennen, den Krieg im Nahen Osten auf den Iran auszuweiten. US-Aussenministerin Rice deutete am 14.1.07 gegenüber der New York Times an, dass Bush die US-Truppen im Irak ermächtigt hat, gegen Syrer und Iraner, die im Verdacht stehen, den Aufstand zu unterstützen, vorzugehen. Aktionen des US-Militärs gegen Iraner im Irak liefern konkrete Beweise für diese Politik. Schon am 25.12.06 hatte die iranische Regierung dagegen protestiert, dass US-Truppen in Bagdad zwei Iraner unter dem Vorwand, sie planten Militäraktionen, verhaftet hatten. Der irakische Präsident Jalal Talabani gab eine Erklärung ab, er habe die beiden im Rahmen einer iranisch-irakischen Vereinbarung zur Verbesserung der Sicherheitslage selbst in den Irak eingeladen. Am 11.1. 07 durchsuchten dann amerikanische Soldaten das iranische Konsulat in Irbil, verhafteten 6 Mitarbeiter und beschlagnahmten Computer und Dokumente. Sie waren mit Hubschraubern auf dem Dach gelandet und traten danach die Türen ein. Die Amerikaner hatten diese Aktion weder mit den örtlichen Behörden, noch mit der irakischen Regierung abgesprochen. Der irakische Aussenminister Hoschjar Zebari protestierte gegen das Vorgehen der US-Besatzungstruppen und wies darauf hin, dass die iranische Vertretung in Erbil schon seit zehn Jahren besteht. Sie sollte demnächst in den Rang eines Konsulats hochgestuft werden, sagte er. Wie dem Wayne Madsen Report zu entnehmen war, wurde ein am gleichen Tag geplanter Überfall auf den Flughafen von Irbil dadurch gestoppt, dass die kurdischen Peshmerga-Kämpfer die US-Spezialtruppe umstellten und damit drohten, das Feuer auf sie zu eröffnen, und zwar mit den Waffen, die die USA selbst für sie geliefert hatten. Keine schlechte Ironie.

Nach der Festnahme der iranischen Diplomaten im Nordirak hat US-Präsident Bush am 14.1. seine Drohungen gegen Teheran verschärft. Im Fernsehsender CBC sagte Bush - an die Adresse des iranischen Präsidenten Mahmud Ahmadinedschad gerichtet: »Wenn wir eure Leute im Irak dabei erwischen, dass sie amerikanischen Bürgern schaden, werden wir uns mit ihnen befassen.« Die Äusserungen von Bush und Rice machten auch deutlich, dass die USA neben diesen Angriffen auf iranische Vertreter im Irak offensichtlich auch Vorstösse in den Iran planen. Am 12. 1. sagte Tony Snow, Sprecher des Weissen Hauses, es gebe keine Kriegsvorbereitungen gegen den Iran. Verteidigungsminister Robert Gates und General Peter Pace versicherten am 12.1. vor dem Streitkräfteausschuss im Senat, bei den geplanten Aktionen zur »Unterbrechung« angeblichen Materialflusses aus dem Iran und Syrien in den Irak könne man innerhalb der Grenzen des Iraks bleiben. Der Nationale Sicherheitsberater Stephen Hadley war ehrlicher. In einem Interview mit dem Fernsehsender ABC sagte er: »Es wurden Iraner wurden [in Irbil] verhaftet; man wird mehr dergleichen sehen.« Auf die Frage »Sie glauben also nicht, dass Sie befugt sind, in den Iran zu gehen?« antwortete Hadley: »Das habe ich nicht gesagt.» Wie Seymour Hersh im Magazin The New Yorker sowie andere Journalisten wie Abbas Bachtiar publik gemacht haben, sind bereits seit einiger Zeit amerikanische, britische und israelische Truppen verdeckt im Iran tätig, wo sie zusammen mit ethnischen Dissidentengruppen unter den Aseris, Balutschen, Kurden und Arabern kleine Terroranschläge durchführen. Die jüngsten Bombenanschläge in der iranischen Provinz Chuzestan sind ein Beispiel dieser Nadelstiche. Unterdessen spricht der Aufmarsch des US-Militärs in der Region Bände. Der frühere Beamte der CIA und des Nationalen Sicherheitsrates der Regierung Bush, Flynt Leverett, schrieb nach Bushs Rede in der Washington Note, die in die Region entsandten Flugzeugträgerverbände müssten dazu da sein,  »die notwendige Anzahl und Art taktischer Flugzeuge« für Angriffe auf den Iran bereitzustellen, da landgestützte aus politischen Gründen nicht einsetzbar seien. Und der einzige Grund, aus dem Bush Patriot-Batterien an den Persischen Golf entsandt habe, könne darin bestehen, die iranische Shahab-3-Rakete abzufangen, denn das sei die einzige Raketenbedrohung in der Region. Das gleiche Argument enthielt am 13.1. ein ganzseitiger Artikel in Le Figaro, in dem es hiess, der zweite an den Golf geschickte Trägerverband um die USS Stennis »wird nicht entsandt, um Stärke zu zeigen, sondern an Kampfhandlungen beteiligt sein«.  »   «
 
Interinfo Linz 2 schreibt jetzt im Januar, dass neueste Informationen aus Kreisen der Militärgeheimdienste ergeben hätten, dass Israel unter strengster Geheimhaltung einen Angriff mit Atomwaffen auf die iranischen Atomanlagen vorbereitet. Laut israelischen Quellen trainierten bereits zwei Kampfgeschwader der israelischen Luftwaffe den Bombenangriff mit atomaren Bunkerknackern niedriger Sprengkraft. Dieser Angriff würde der erste Einsatz von Atomwaffen seit 1945 sein, als die USA Atombomben auf Hiroshima und Nagasaki abwarf. Jede der für diesen Angriff geplanten Atombomben hätte eine Sprengkraft von einem Fünfzehntel der Hiroshima-Bombe. Und so soll der Angriff ablaufen: Konventionelle lasergesteuerte Bunkerbomben würden vertikale Tunnels in Richtung der Angriffsziele sprengen. Unmittelbar danach würden die Mininukes-Atomwaffen zum Einsatz gebracht, welche in den bereits gesprengten vertikalen Bombentrichtern gezündet würden. Diese Art von Atomexplosion würde einerseits die iranischen Anlagen total zerstören, aber andererseits den radioaktiven Niederschlag verringern. Den Militärexperten ist völlig klar, dass ein solcher Atomschlag der Israelis gegen die iranischen Atomanlagen nur mit direkter logistischer Unterstützung der USA erfolgen kann. Israels Ziel, im Nahen Osten unter allen Umständen der einzige und alleinige Besitzer von Atomwaffen zu sein, wird von den Befürwortern eines solchen Einsatzes als Rechtfertigung jedweder Folgen einkalkuliert. Israel kann machen was es will, die USA schützt das Land durch ein Veto im Sicherheitsrat und unterstützt bedingungslos jede Regierung in Jerusalem militärisch, technisch und mit ununterbrochenen Geldzahlungen in Milliardenhöhe.
 
In diesem Zusammenhang ist auch der nachfolgende Brief, der als Stellungnahme zu einem im Fränkischen Tag unter dem Titel ’Israel vor dem Atomschlag?’ erschienenen Artikel an diese Zeitung gerichtet wurde, lesenswert:
 
Papst Benedikt XVI mahnt eindringlich, daß man nichts unversucht lasse, den Abbau von Nuklearwaffen auf dem Verhandlungsweg zu erreichen. Dazu gebe es keine Alternative: »Das Schicksal der gesamten Menschheitsfamilie steht auf dem Spiel!« Der Papst hat in diesem Zusammenhang in seiner Botschaft zum Weltfriedenstag die Mahnung des Zweiten Vatikanischen Konzils aufgegriffen: »Jede Kriegshandlung, die unterschiedslos auf die Vernichtung ganzer Städte oder weiterer Gebiete und ihrer Bevölkerung abstellt, ist ein Verbrechen gegen Gott und gegen den Menschen, das fest und entschieden zu verwerfen ist. « Der Internationale Gerichtshof (IGH) in Den Haag hat bereits 1996 auf Anforderung der UN-Generalversammlung gemäß Art. 96 UN-Charta ein völkerrechtliches Gutachten zur Frage der Atomwaffen erstattet. Die Androhung und der Einsatz von Atomwaffen verstoßen demnach »grundsätzlich (!) gegen diejenigen Regeln des Völkerrechts, die für bewaffnete Konflikte gelten«.
 
Es ist offensichtlich, daß die Mehrheit der Deutschen eine gerechte, friedliche Lösung im Nahostkonflikt möchte. Ich bin mir bewußt, daß heutzutage leicht zum Gegner Israels erklärt wird, wer für einen friedlichen Interessenausgleich im Nahen Osten eintritt. Allerdings weiß ich mich mit vielen jüdischen Mitbürgern weltweit - wie beispielsweise mit der deutschen Initiative ‚Schalom 5767’ einig, daß es in Nahost darum geht, »die Spirale der Gewalt zu durchbrechen«. Tatsache ist, daß der ‚Atomstreit" anscheinend nicht vom Iran ausgeht, denn das iranische Atomprogramm, das an das des Schahs anknüpft, wurde von offizieller Seite der Internationalen Atombehörde IAEA nicht kritisiert. Vielmehr stellt die Behörde in einem Schreiben an den Präsidenten des US-Repräsentantenhauses klar, daß »der Staff-Report (Bericht für die Mitglieder) des Unterausschusses für Geheimdienstpolitik ... einige fehlerhafte, irreführende und unbelegte Informationen enthält.» So wird beispielsweise die Beschreibung des Anreicherungsgrades als waffenfähig als ‚falsch’ bezeichnet. Man muß also kein Parteigänger des iranischen Präsidenten sein, um bei der Wahrheit zu bleiben. »  «
 
Die Professorin Virginia Tilley * hat zudem in einer interessanten Publikation nachgewiesen, daß beispielsweise das berüchtigte Zitat - Israel muß von der Landkarte gelöscht werden - ganz einfach falsch ist. Begriffe wie Landkarte oder auslöschen kommen in der Rede des iranischen Präsidenten gar nicht vor; es ist schlichtweg falsch übersetzt - ob absichtlich oder nicht, lasse ich offen.
 
Der Iran hatte übrigens unter Einschaltung der neutralen Schweiz Israel bereits 2003 einen Friedensvertrag angeboten. Stimmt es nicht, daß diese Initiative auf Druck der USA im Papierkorb verschwand? Worum es bei offensichtlich wirklich geht: Mit einem Regimewechsel soll der Iran wohl daran gehindert werden, seine Ölbörse - wie es seinerzeit auch Saddam Hussein plante - nicht mehr primär in Dollar abzuwickeln. China überlegt, Dollaranleihen in Milliardenhöhe auf den Markt werfen. Aber: Wieviele Leichenberge sollen weltweit noch aufgehäuft werden, wieviele Landstriche auf ewige Zeiten durch Uranwaffen und Streubomben wie in Serbien, Irak, Afghanistan, Libanon unbewohnbar gemacht werden? Am Krieg verdienen nur wenige - leiden werden wir alle.
W Schramm, Höchstadt (BRD)
Hier eine kurze Anmerkung zu den angeblichen Zitaten von Irans Staatspräsident Ahmadinedschad: Auslöser war am 2 .6. 2006 der Journalist des englischen Guardian, Jonathan Steele, mit der Klarstellung bezüglich der angeblich von Ahmadinedschad geäusserten Worte, er wolle Israel dem Erdboden gleichmachen (wipe off the map - wörtlich übersetzt: von der Landkarte tilgen): »They are wrong, pure and simple. Ahmadinejad never said them.« (Ganz simpel und einfach: sie sind falsch. Ahmadinedschad hat sie nie gesagt.) Daraufhin konterte die New York Times, die die falsche Übersetzung selbst in Umlauf gebracht hatte, am 11. 6. 2006 selbstrechtfertigend: »So did Iran's president call for Israel to be wiped off the map? It certainly seems so. « (Hat also Irans Präsident dazu aufgerufen, Israel von der Landkarte zu tilgen? Gewiss, es scheint so.)  Jonathan Steele legte daraufhin am 14. 6. in einer fundierten Argumentation folgendes dar: »He is talking about regime change, not the end of Israel.« (Er spricht von einem Regimewechsel, nicht vom Ende Israels.) Juan Cole bestätigt am 15. 6. 2006 die Sicht von Jonathan Steele mit einer Betrachtung über transitive bzw. intransitive Verben. Beide machen deutlich, dass die Behauptung, Ahmadinedschad habe gefordert, Israel müsse dem Erdboden gleichgemacht werden, eindeutig falsch ist. Vielmehr habe Ahmadinedschad seiner Zuversicht Ausdruck gegeben, dass das Besatzungsregime bald verschwunden sein werde.
j.steele@guardian.co.uk Jonathan Steele Friday June 2, 2006 The Guardian
* Virginia Tilley, Associate Professor of Political Science an den Hobart and William Smith Colleges in Geneva, NY. Sie ist unter tilley@hws.edu zu erreichen
http://www.counterpunch.org/tilley08282006.html
 
1 Quelle: Strategic Alert, Jahrg. 21,  Nr. 3, 18. Januar 2007
2 Quelle: Interinfo Linz Folge 338, Januar 2007