Grobe Irreführung der Stimmberechtigten durch den Bundesrat!

politonline: Dem nachfolgenden Artikel, eine Lesehilfe zum Bundesbüechli «Osthilfegesetz», der die vom Bundesrat falsch dargestellten Zusammenhänge zwischen dem Osthilfe-Gesetz und der Ostmilliarde zum Gegenstand hat, stellen wir bewusst die Anmerkungen von Werner G. Hänni in Thun voran, da es offensichtlich immer noch zahlreiche Bürger gibt, die die Kohäsionsmilliarde als einen angemessenen Betrag betrachten bzw. der Auffassung sind, dass ein Nein zur Osthilfe kein Gewinn sein wird. Die angeführten Zahlen sollten endlich zu denken geben, in erster Linie unseren Parlamentariern, da die Verschuldung des Landes ganz offensichtlich als eine quantité négligeable gehandhabt wird. Bundesrätin Calmy-Rey hat dieser Tage zum Ausdruck gebracht, dass der neue Menschenrechtsrat zwar kleine Fortschritte gemacht habe, aber noch sehr viel zu tun bliebe. Sie übersieht hier, dass die kontinuierlichen Versuche Berns, die direkte Demokratie zu unterminieren, im Prinzip bereits ein klarer Fall für den von ihr so hochgelobten Rat ist, dessen Erfolg auf dem Sektor Krieg von Anbeginn an gleich Null war und vermutlich auch so bleiben wird.

»Die Auslandhilfe der Schweiz an die Ostländer betrug seit 1990 rund 3,4 Milliarden  (3'400'000'000) Schweizerfranken. Das heisst, die Ostländer wurden von der Schweiz in den letzten 16 Jahren jährlich schon mit rund 220 Millionen SFr. unterstützt! Wie lange soll das eigentlich noch weitergehen?
 
Die, wie immer behauptet wird, so reiche Schweiz sitzt auf einem Schuldenberg. Dieser beträgt momentan rund 260 Milliarden SFr. (Bund = 130 Mia / Kantone und Gemeinden = 130 Mia). Das heisst, auf jeder Familie in der Schweiz (3,5 Pers.) liegt eine Schuldenlast von 130'000 SFr., oder pro Person 37'000 SFr.!!
 
Unsere öffentliche Hand muss also bei einem Zins von 4%, im Jahr 10 Mia SFr. / im Tag 27 Mio SFr. Zins bezahlen und hat dabei noch keinen einzigen Rappen Schulden abbezahlt!
Ich frage mich, wer ist eigentlich an diesem immensen Schuldenberg interessiert?
 
Im Zusammenhang mit den Bilateralen II, wurde dem Bürger versichert, die Verträge seien ausgewogen. Dass unsere Aussenministerin der EU grosszügig eine Milliarde SFr. an Osthilfe versprochen hatte, wusste das Volk damals noch nicht. Heute flösst man dem Stimmbürger Angst ein und macht ihm ein schlechtes Gewissen, wenn er / sie dem Vertrag nicht zustimmt. Auch der Bundesrat und das Parlament sind der Ansicht, diese Milliarde sei ein angemessener Betrag. Dennoch werde ich Nein stimmen,
-  weil ich nicht gewillt bin, voreilige Versprechen des Bundesrates einfach abzusegnen,
-  weil ich keinen uferlosen Blankoscheck unterzeichnen will,
-  weil ein Nein dem Bundesrat Gelegenheit gibt, eine bessere Vorlage auszuarbeiten, die das Stimmvolk nicht ausschliesst.« 
 
Grobe Irreführung der Stimmberechtigten durch den Bundesrat!
von Dr. iur. Marianne Wüthrich, Zürich 1
 
Am 26. November wird das Schweizervolk über das «Bundesgesetz über die Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas» abstimmen. Einmal mehr werden den Stimmberechtigten mit dem Bundesbüechli Verharmlosungen, Halbwahrheiten und Unwahrheiten vorgesetzt. Den zentralen Punkt lässt der Bundesrat ganz einfach weg: In Wirklichkeit geht es bei dieser Vorlage nicht in erster Linie um «Osthilfe», sondern einmal mehr um die Ausschaltung des Souveräns und damit die nachhaltige Schwächung der direkten Demokratie. Erinnern Sie sich an die Referendumsabstimmung über die Armee 21 vor wenigen Jahren? Damals haben die Referendumskomitees davor gewarnt, dass die Vorlage dem Parlament einen Freibrief für künftige Armeereformen am Volk vorbei verschaffen werde. In der Herbstsession hatten wir das erste Anwendungsbeispiel: Der Bundesrat will die weitreichende Armeereform 2008/11 in einer nicht referendumspflichtigen Verordnung der Bundesversammlung erlassen. Zu deutsch: Er will das Stimmvolk ausschalten. Genau darum geht es der Exekutive auch beim «Osthilfegesetz».
 
1. Traditionelle Osthilfe der Schweiz wird mit uferlosen Zahlungen an die EU verquickt
Art. 1: Gegenstand
1. Der Bund trifft Massnahmen, die geeignet sind, die Staaten Osteuropas in ihren Bemühungen zum Aufbau und zur Festigung der Demokratie sowie beim Übergang zur Marktwirtschaft und in deren sozialer Ausgestaltung zu unterstützen.
2. Staaten Osteuropas im Sinne dieses Gesetzes sind die ehemals kommunistischen Länder Osteuropas sowie der Gemeinschaft unabhängiger Staaten (GUS).
3. Der Bund kann im Rahmen des Beitrags der Schweiz zur Verringerung der wirtschaftlichen und sozialen Disparitäten in der erweiterten Europäischen Union auch Malta und Zypern unterstützen.
 
a) Weiterführung der bewährten Osthilfe: Art. 1 Abs. 1 und 2
Der Bundesbeschluss für das Engagement der Schweiz in Osteuropa läuft im Februar 2008 aus. Die Rechtsgrundlage für die Unterstützung der demokratischen, wirtschaftlichen und sozialen Reformen in den osteuropäischen Ländern und den Ländern der früheren Sowjetunion muss deshalb erneuert werden. (siehe Bundesbüechli, S. 6)
b) Grundlage für den Erweiterungsbeitrag (Kohäsionsbeitrag): Art. 1 Abs. 2 und 3 zur Unterstützung der zehn Staaten, die am 1. Mai 2004 der EU beigetreten sind. (Bundesbüechli, S. 8). Die Formulierung des Abs. 3 definiert die Aufgabe der EU, innerhalb ihrer Mitgliedländer für einen Finanzausgleich zu sorgen (Kohäsionsfonds).
 
Kurzkommentar: Die erfolgreiche Arbeit der Deza und der Seco mit ihren dringend notwendigen und sinnvollen Projekten zur Förderung der demokratischen, wirtschaftlichen und sozialen Entwicklung in Osteuropa und den GUS-Staaten muss weitergeführt werden (Abs. 1).
In Abs. 3 geht es plötzlich um einen Beitrag der Schweiz zum Finanzausgleich innerhalb der EU: «im Rahmen des Beitrags der Schweiz […]». Die Formulierung legt nahe, dass die Schweiz zu einem derartigen Beitrag verpflichtet sei. Das stimmt nicht: In den Bilateralen Verträgen I und II hat sich die Schweiz nicht zu einem Kohäsionsbeitrag verpflichtet. Der Bundesrat hat den Herren in Brüssel wieder einmal in vorauseilendem Gehorsam etwas versprochen, was nun dem Volk als feststehend vorgesetzt wird.
Die Staaten werden übrigens auch gemixt: Ein Teil der Unterstützungsempfänger in Abs. 2 werden Osthilfe im Sinne von Abs. 1 erhalten, ein Teil ist inzwischen in der EU und würde Kohäsionsbeiträge im Sinne von Abs. 3 erhalten; Malta und Zypern (die wohl kaum zu Osteuropa gehören) werden gleich angehängt, damit die Kohäsionsbeiträge auch dorthin fliessen können. Die bewährte Entwicklungsarbeit in Osteuropa mit einem Kohäsionsbeitrag an die EU zu mixen, bringt die Stimmberechtigten in eine Zwangslage: Wer die Entwicklungsarbeit der Schweiz in Osteuropa und den GUS-Ländern weiterhin unterstützen will, muss gleichzeitig in Kauf nehmen, dass Bundesrat und Parlament in Zukunft (ohne Mitspracherecht des Volkes, siehe unten) nach oben offene Kohäsionsbeiträge für noch nicht definierte Projekte an die neuen EU-Staaten und alle künftigen EU-Mitglieder in Osteuropa spricht. Wer nicht bereit ist, immer mehr Steuergelder in die EU fliessen zu lassen, muss zwangsläufig auch gegen die bewährte Osthilfe der Schweiz stimmen. Die Verquickung dieser beiden Bereiche ist für die Stimmberechtigten verwirrend und deshalb undemokratisch. Der Bundesrat tut dies aus dem einzigen Grund, um die von der EU mit Nachdruck geforderten Kohäsionszahlungen durch die Abstimmung zu bringen.
 
2. Zahlungsversprechungen des Bundesrates am Volk vorbei
Lange vor dieser Abstimmung hat der Bundesrat der EU die Milliardenzahlung versprochen, ohne das Stimmvolk zu fragen. Statt die Stimmberechtigten vor der Abstimmung über die Bilateralen II (2005) über die versprochene Milliarde zu informieren, verheimlichte der Bundesrat vielmehr bewusst seine Versprechung gegenüber Brüssel. Wenn er nun das Volk unter Druck setzen will, bei einem «Nein» zur Kohäsionsmilliarde könnten die bilateralen Verträge in Frage gestellt werden, setzt dies dem undemokratischen Verhalten unserer Exekutive noch das Tüpfli aufs i. Warum hat der Bundesrat nicht offen und ehrlich die Kohäsionsbeiträge als dritte Vorlage neben Schengen/Dublin und der Erweiterung des Personenverkehrs zur Volksabstimmung vorgelegt? Indem der Bundesrat die von der EU geforderten Leistungen der Schweiz in verschiedene Erlasse aufteilt, verschleiert er den Stimmberechtigten gegenüber, was diese noch alles zu erwarten haben. Mit diesem Vorgehen wird die direkte Demokratie schwer verletzt.
 
3. Freipass für die Bundesbehörden: nachhaltige Ausschaltung des Volkes/ ­Abschaffung der direkten Demokratie
 
Art. 10 Rahmenkredite
Die Mittel zur Finanzierung der Massnahmen nach diesem Gesetz werden als Rahmenkredite für jeweils mehrere Jahre von der Bundesversammlung mit einfachem Bundesbeschluss bewilligt. Erläuterung: Ein «einfacher Bundesbeschluss» untersteht nicht dem fakultativen Referendum und kann deshalb vom Volk nicht zur Volksabstimmung gebracht werden. (Diese Erläuterung fehlt in den «Erläuterungen des Bundesrates».)
 
Kurzkommentar: Es geht also nicht um «eine Kohäsionsmilliarde», wie irrigerweise selbst von den Gegnern der Vorlage verbreitet wird, sondern um die vorsorgliche Ausschaltung des Souveräns für die heute anstehenden und für alle weiteren Zahlungen an die EU. Dass Brüssel angesichts der gewaltigen wirtschaftlichen und sozialen Unterschiede zwischen den westlichen und den östlichen Mitgliedländern immer mehr Geld von der Schweiz fordern wird, ist voraussehbar. Die nächste Zahlung wird denn auch im Abstimmungsbüechli erwähnt: «Im Fall eines Begehrens seitens der EU nach dem Beitritt von Bulgarien und Rumänien würde das Gesetz eine zusätzliche Unterstützung durch die Schweiz erlauben.» Der Fall ist bereits eingetreten: Es ist von mehreren 100 Millionen Franken die Rede. Über alle diese Zahlungen wird das Volk nicht entscheiden können. Hauptzweck des Osthilfegesetzes ist es, den Bundesbehörden freie Hand für die Bezahlung sämtlicher Geldbeträge zu geben, die heute und in Zukunft von der EU-Bürokratie in Brüssel gefordert werden.
 
4. Freipass für die Exekutive: Parlament wird abgestuft
4. Abschnitt: Vollzug
Art. 12 Festlegung der Prioritäten
Der Bundesrat legt die Schwerpunkte und die vorrangigen Tätigkeitsbereiche der Massnahmen nach diesem Gesetz fest; er stützt sich dabei auf die Grundsätze dieses Gesetzes und berücksichtigt die in der Schweiz verfügbaren Erfahrungen und Fachkenntnisse.
 
Art. 13 Verträge
1. Der Bundesrat kann völkerrechtliche Verträge abschliessen, die allgemeine Grundsätze der Zusammenarbeit mit einem oder mehreren Staaten oder mit einer internationalen Organisation festlegen.
2. Die zuständigen Bundesämter können völkerrechtliche, privatrechtliche oder öffentlich-rechtliche Verträge abschliessen, die sich auf Programme oder Projekte beziehen.
 
Kurzkommentar:
Unter dem irreführenden Titel «Vollzug» werden dem Bundesrat Kompetenzen zugeteilt, die in der Schweiz eigentlich der Legislative zukommen. Während gemäss Artikel 10 die «Bundesversammlung» dazu degradiert wird, lediglich für mehrere Jahre einen Rahmenkredit zu bewilligen, kann der Bundesrat im übrigen frei schalten und walten. Der Bundesrat legt fest, für welche EU-Projekte die Schweizer Steuergelder verwendet werden (Art. 12); er schliesst die dafür notwendigen völkerrechtlichen Verträge in eigener Regie ab, ohne Mitspracherecht des Volkes und der Eidgenössischen Räte (Art. 13 Abs. 1). Ja, sogar «die zuständigen Bundesämter» können gemäss Art. 13 Abs. 2 auf allen rechtlichen Ebenen Verträge abschliessen, deren Reichweite im Dunkeln liegt. Diese Aufteilung der Kompetenzen erinnert stark an die Machtverteilung innerhalb der EU: Übermässige Macht der Regierungen, immer weniger Kompetenzen der nationalen Parlamente in den EU-Ländern: «Mitwirkung [gemeint ist die in der Europäischen Union] ist schwergewichtig Sache der Regierungen - und der Verwaltungen, die in weitem Masse ihre Entscheide vorbereiten und teils vorwegnehmen […]. Diese Verschiebung auf die Regierungen ist systembedingt und unvermeidbar.» (Thomas Pfisterer, NR FDP, in: «Die Kantone vor der Herausforderung eines EU-Beitritts», Zürich 2001, S.327). Die zunehmende Entmachtung der Legislative durch die Exekutive ist Teil des zentralistischen und undemokratischen EU-Systems; der direkten Demokratie Schweiz ist sie wesensfremd.
 
5. Wer bestimmt über die Verwendung des Schweizer Kohäsionsbeitrags?
«Diesen Erweiterungsbeitrag, auch als Kohäsionsbeitrag bezeichnet, wird die Schweiz eigenständig und in Form konkreter Projekte in den zehn neuen EU-Staaten leisten.» (Bundesbüechli, S. 5)
 
Demgegenüber steht im Gesetzesentwurf:
Art. 5 Vorgehen
Die Massnahmen können im Rahmen bilateraler oder multilateraler Bestrebungen oder autonom durchgeführt werden.
Art. 6 Koordination
Der Bund koordiniert seine Massnahmen mit den Anstrengungen der Staaten Osteuropas und mit den Leistungen anderer schweizerischer, ausländischer und internationaler Institutionen.
 
Kurzkommentar:
Hier lügt der Bundesrat: Er wird unsere Steuergelder nicht «eigenständig» für Projekte in den neuen EU-Staaten einsetzen. Zum Vergleich: In der bewährten Entwicklungshilfe der Schweiz werden die Empfängerländer durch die Bundesbehörden ausgewählt und die Projekte werden von Deza und Seco sorgfältig geplant und durchgeführt. Das wird bei den Zahlungen an die neuen EU-Länder völlig anders ablaufen: Der Kohäsionsbeitrag an die EU-Länder wird nämlich «im Rahmen bilateraler oder multilateraler Bestrebungen oder autonom durchgeführt» (Art. 5). Im Klartext heisst das, dass der Bundesrat sich mit der EU-Zentrale in Brüssel «absprechen» wird; beziehungsweise die Herren in Brüssel werden ihm mitteilen, wie und wo er unser Geld einsetzen soll. Dass Bundesrätin Doris Leuthard in einem Presseinterview erklärt hat, Polen und Ungarn bräuchten dringend Hilfe, kommt nicht von ungefähr: Es ist bereits durchgesickert, dass nach dem Willen Brüssels ein grosser Teil der Schweizer Beiträge an Polen gehen soll. Nicht, dass wir das Polens Bevölkerung weniger gönnen als den Menschen in anderen Ländern, aber es soll keiner behaupten, «die Schweiz» (sprich «der Bundesrat») werde die Empfänger und die Projekte «eigenständig» bestimmen. Polen und Ungarn sind übrigens zwei der eifrigsten Mitmarschierer in den von den USA angezettelten Kriegen. Deshalb kann man sich wohl die Frage stellen, in welche «Projekte» die Schweizer Gelder fliessen werden, wenn sie nicht mehr von Deza und Seco bestimmt werden. Es ist eine grobe Irreführung der Stimmbevölkerung, sie glauben zu machen, die Zahlungen an die neuen EU-Staaten erfolgten in Form frei gewählter Projekte an frei gewählte Länder, so wie es in der bewährten Schweizer Entwicklungshilfe bisher üblich war.
Tatsache ist: Der Kohäsionsfonds in Brüssel wird nach zentralistischer Manier verwaltet, und der Bundesrat wird zwangsläufig die Schweizer Gelder «im Rahmen multilateraler Bestrebungen» einsetzen, das heisst so, wie Brüssel es verlangt.
 
6. Verfassungswidrige Fichierung von Bürgerinnen und Bürgern
Art. 16 Datenbearbeitung
1. Die zuständige Verwaltungseinheit kann von natürlichen oder juristischen Personen, die mit der Durchführung von Massnahmen nach diesem Gesetz betraut oder davon betroffen sind, namentlich folgende Daten bearbeiten:
a. Name, Vorname und Geburtsdatum;
b. Heimatort, Staatsangehörigkeit und Passnummer;
c. Religion;
d. Zivilstand;
e. AHV-Nummer;
f. Angaben zur beruflichen und militärischen Laufbahn;
g. Persönlichkeitsprofile;
h. politische und gewerkschaftliche Tätigkeiten;
i. Angaben zur Gesundheit.
 
2. Daten über die Gesundheit dürfen dem ärztlichen Dienst des Bundes übermittelt werden, sofern diese Stelle sie zur Erfüllung ihrer gesetzlichen Aufgabe benötigt.
 
Artikel 16 verstösst klar gegen Artikel 13 Abs. 2 der Bundesverfassung: «Jede Person hat Anspruch auf Schutz vor Missbrauch ihrer persönlichen Daten.» Eine derart umfassende Durchleuchtung der Persönlichkeit und ihres ganzen Lebensumfeldes mag vielleicht in der EU üblich sein, in der Schweiz ist sie klar verfassungswidrig. Wollen wir wieder zur Fichierung einer unklaren Kategorie und Anzahl von Menschen durch die «zuständige Verwaltungseinheit» zurückkehren? Nein - hinter den nach diversen Fichenskandalen erkämpften Datenschutz der Bürgerinnen und Bürger gemäss BV Artikel 13 gehen wir nicht mehr zurück.
 
Fazit:
Das Gesetz mit dem wohltönenden Titel «Zusammenarbeit mit den Staaten Osteuropas» ist ein weiterer Riesenschritt Richtung EU: Unterordnung der Schweiz unter die Forderungen aus Brüssel, Ausschaltung des Souveräns, Herabstufung der eidgenössischen Räte auf die Bewilligung mehrjähriger Rahmenkredite, demgegenüber starke Machterweiterung der Exekutive. Gleichzeitig wird die Weiterführung der bewährten Osteuropahilfe mit den von Brüssel verlangten und gesteuerten Kohäsionszahlungen an die neuen EU-Staaten vermengt.
Zudem würde Artikel 16 des Gesetzes gegen den verfassungsmässigen Anspruch der Bürger auf Datenschutz verstossen.
 
Osthilfe ja, Korruptionsmilliarde nein
Das strategische Ziel des EU-Beitritts veranlasst den Bundesrat, das Volk zu manipulieren. Der Bundesrat will in Zukunft selber in die Schweizer Kasse greifen und Zahlungen im Auftrag der EU auslösen können - das soll er auch offen und ehrlich zugeben! Wir wollen keine Psychomanipulation! - Schluss mit Schlagworten wie «Geiz», «Rosinenpicker» oder gar «Fremdenhass». Wir geben gerne, wenn wir direkt helfen können!    
 
Welche Projekte mit Schweizer «Osthilfe»-Milliarden?
«Die Schweiz fördert konkrete Projekte. […] Unterstützt werden beispielsweise Abwasserreinigung, Ausbildungsprogramme, Sicherheitsprojekte (sic!) und die Handelsförderung.» (Erläuterungen des Bundesrates zur Abstimmung vom 26.11.2006, S.8)
Wie in Zeit-Fragen Nr. 39 vom 25. September zu lesen ist, werden die wirtschaftlich schwachen neuen EU- und Nato-Mitgliedländer in Osteuropa vor allem riesige Summen für den Aufbau ihrer global einsatzfähigen Nato-Armeen benötigen. («Nato wird US-ATO: Geht die Nato als militärischer Arm der amerikanischen Weltherrschaft in Führung?» von Sarah Meyer, England). «Das amerikanische Finanzministerium sagt eine Gesamtsumme von 125 Milliarden Dollar über 13 Jahre für die Nato-Erweiterung voraus, wovon Washington nur 19 Milliarden zahlt. Das heisst, dass Ost- und Westeuropa etwa 85% dieser Kosten zu zahlen haben werden, das sind 106 Milliarden. […] Die neuen Nato-Mitglieder in Osteuropa werden ihre Militärausgaben so weit erhöhen müssen, dass sie mit ihren westlichen Partnern mithalten können. Amerikanische Waffenproduzenten sind die grössten Befürworter einer Nato-Erweiterung und werden auch die grössten Profiteure davon sein.» «Neue Mitglieder werden etwa vier Milliarden Dollar pro Jahr ausgeben, um den Nato-Standards zu entsprechen und die Verkaufszahlen der Firmen nach oben zu treiben - darunter die Lockheed Martin Corporation, die Nummer 1 der Verteidigungswaffenlieferanten, und die European Aeronautic, Defence & Space Company (EADS), laut Bloomberg «Europas grösstes Luft- und Raumfahrtunternehmen» (29.3.2004).»
 
«Im Februar 2006 drängten die Vereinigten Staaten die Nato-Bündnispartner dazu, ihre Verteidigungsausgaben zu erhöhen und ihre Truppen zu modernisieren, damit sie sich «dem US-Militär in mehr Sicherheits- und Terrorbekämpfungseinsätzen über die Nato-Grenzen hinaus anschliessen› könnten.» «Das Geld war limitiert. Das gemeinsame Verteidigungsbudget (2004) der neuen Mitglieder von ungefähr 4 Milliarden Dollar im Jahr, einschliesslich 1,4 Milliarden für Rumänien, entspricht in etwa dem Umfang von demjenigen von Polen allein und stellt weniger als 1 Prozent der gesamten Verteidigungsausgaben der gegenwärtigen Nato-Mitglieder dar. Rumänien, das grösste der neuen Nato-Länder, hat bereits 90 in der Sowjetunion hergestellte Zerstörer gemäss Nato-Standard unter einem 500-Millionen-Vertrag mit der israelischen Elbit Industries modernisiert. Rumänien modernisiert Dutzende von Helikoptern und kauft gebrauchte Flugzeugträger von der US-Marine und Kriegsschiffe von der britischen Marine.»
Wer soll das bezahlen? Werden wir mit Schweizer Steuergeldern den riesigen Finanzbedarf der neuen Nato-Mitgliedstaaten für die Erreichung der «Nato-Standards» in Osteuropa füllen helfen?
 
Wir lassen hier die Worte von Peter Aebersold aus Zürich das Schlusswort bilden:
 
Blankoscheck als Osthilfe? - Zur Abstimmung vom 26. November 2006
 
Einmal mehr stimmen die Verlautbarungen des Bundesrates in den Medien und im Bundesbüchlein nicht mit dem schlussendlich massgebenden Gesetzestext überein. Baut der Bundesrat darauf, dass der Stimmbürger den Gesetzestext ebenso wenig liest, wie das Kleingedruckte in den Verträgen? Im Gegensatz zum bisherigen Bundesbeschluss für die Osteuropahilfe, der bis Februar 2008 befristet ist, gleicht das neue Osthilfegesetz einem Blankoscheck. Es ist weder zeitlich, noch finanziell, noch auf Osteuropa oder humanitäre Projekte begrenzt. Gemäss Art. 10 sollen die zukünftigen Milliardenbeträge vom Bundesrat mit einfachem Bundesbeschluss, ohne Mitsprache des Volkes (!) mittels fakultativem Referendum, bewilligt werden können, was die Abschaffung der direkten Demokratie in diesem wichtigen und teuren Bereich bedeuten würde. Selbst das Parlament könnte nur noch den Rahmenkredit bewilligen und nicht für welche EU-Projekte das Geld verwendet würde. Auch der Bundesrat könnte die Projekte kaum mehr ‚eigenständig’ bestimmen, sondern müsste sich gemäss Art. 5 mit Brüssel absprechen: ‚Die Massnahmen können im Rahmen bilateraler oder multilateraler Bestrebungen oder autonom durchgeführt werden.’ Unter Sicherheitsprojekten, die gemäss dem Bundesbüchlein (S. 8) unterstützt werden sollen, können auch Militärausgaben verstanden werden. In Osteuropa sollen für die Nato-Nachrüstung über 125 Milliarden Dollar benötigt werden. Ob davon etwas für die Schweizer Industrie abfällt, ist allerdings ebenso fraglich, wie ob von der Kohäsionsmilliarde für die Verbesserung des tiefen Lebensstandards der Bevölkerung in Osteuropa noch etwas übrig bleibt. Die einzige Garantie, dass unsere Steuergelder auch zukünftig in  humanitäre Projekte fliessen, ist nur dann gegeben, wenn das Volk weiterhin demokratisch darüber bestimmen kann. Dazu braucht es ein Nein zum vorliegenden „Osthilfegesetz“.                                                                                                                                                                        
 
1 Quelle: Zeit-Fragen vom 14. 11. 2006 www.zeit-fragen.ch