Interview zur KOSA-Initiative mit Nationalrat Markus Hutter (FDP / ZH)

Die Volksinitiative «Nationalbankgewinne für die AHV» des Komitees sichere AHV (KOSA) verlangt, dass der jährliche Reingewinn der Schweizerischen Nationalbank - abzüglich einer Milliarde Franken für die Kantone - künftig an die AHV geht. Heute gehen die Gewinne, welche die Nationalbank auszahlt, zu einem Drittel an den Bund und zu zwei Dritteln an die Kantone. Wird die Initiative abgelehnt, so kommt ein Beschluss des Parlaments von 2005 zum Tragen, der ein indirekter Gegenvorschlag zur Initiative ist: Der Bundesanteil am Golderlös der Nationalbank - rund 7 Milliarden Franken - wird dem AHV-Fonds zugewiesen.

Die KOSA-Initiative will die Nationalbankgewinne bis auf eine Milliarde Franken den Kantonen für die AHV zugute kommen lassen. Die Menschen werden immer älter, immer weniger Erwerbstätige zahlen für immer mehr Rentenberechtigte. Was spricht dagegen, einen Beitrag zur Sicherung der AHV zu leisten?
 
Dagegen spricht vor allem die weltweit wohl einzigartige Vermischung von Geld- und Sozialpolitik. Um die Unabhängigkeit der Nationalbank zu wahren, müssen unsere Sozialwerke mit Reformen saniert werden. Die kurzsichtige KOSA-Initiative ist zudem eine Scheinlösung: Sie gibt vor, die AHV zu sanieren, setzt sie aber in Wirklichkeit schwankenden Erträgen aus.
 
Die Nationalbank soll als unabhängige Instanz die Stabilität des Schweizer Frankens garantieren. Mit der KOSA-Initiative würde bis auf eine Milliarde Franken die AHV alleinige Nutzniesserin der Nationalbankgewinne. Gefährdet dieser Verteilschlüssel der KOSA-Initiative den Hauptauftrag der Nationalbank?
 
Die KOSA-Initiative untergräbt die Unabhängigkeit und die Glaubwürdigkeit der Nationalbank und gefährdet damit die Stabilität des Schweizer Frankens, einem wichtigen Garant für unseren Wohlstand.
 
Trauen Sie dem Nationalbankdirektorium keine Standfestigkeit gegenüber politischen Begehrlichkeiten zu?
 
Da letztlich die Politik mit ihren Vorgaben und Rahmenbedingungen bestimmt, wird nicht die Standfestigkeit des Nationalbankdirektoriums ausschlaggebend sein.
 
Im ersten Halbjahr 2006 hat die Nationalbank 1,9 Milliarden Franken Gewinn erwirtschaftet, mehr als erwartet. Befürworter argumentieren, auch in Zukunft könne die Nationalbank die von der KOSA-Initiative vorgesehenen Beiträge an die AHV und Kantone problemlos leisten, ohne dabei die Steuern zu erhöhen oder die Ausschüttungsreserven anzutasten. Wo liegt dann noch die Gefahr?
 
Nach Abbau der Ausschüttungsreserven werden die ertragbringenden Aktiven der Nationalbank auf rund 85 Mrd. Franken sinken. Die Erträge werden somit deutlich niedriger ausfallen, als sich die Initianten erhoffen. Dass die Nationalbank kein Goldesel ist, zeigt der Gewinneinbruch im ersten Halbjahr 2006 (gemäss NZZ vom 29./30. Juli 2006 schrumpfte der ausschüttbare Gewinn von 6,7 Mrd. Franken im Jahre 2005 auf 1,51 Mrd. Franken).
 
Der Initiative steht ein indirekter Gegenvorschlag gegenüber. Dieser will den bisherigen Verteilschlüssel beibehalten, den Bundesanteil von 7 Milliarden Franken aber der AHV zuführen. Auch mit diesem Vorschlag gibt es Nutzniesser: Die Kantone und die AHV. Gerät die Nationalbank nicht auch so unter politischen Druck?
 
Bei Ablehnung der Initiative soll gemäss dem indirekten Gegenvorschlag mit dem Bundesanteil der überschüssigen Goldreserven der AHV tatsächlich unter die Arme gegriffen werden, ohne dass dabei Bund und Kantone zusätzlich belastet würden. Dieser Beitrag ist einmalig, aber sicher. Einen zusätzlichen Druck auf die Nationalbank für die Zukunft gibt es dabei nicht.
Mit der KOSA-Initiative würden die Kantone gegenüber heute massiv weniger Geld aus den Nationalbankgewinnen erhalten. Was wären die Folgen?
 
Die Einnahmenausfälle müssten anderswo kompensiert werden, vor allem beim Bund, der ja künftig leer ausginge. Wenn Bund und Kantone künftig weniger Mittel zur Verfügung haben, müssen sie entweder bei anderen Aufgaben wie Bildung oder Verkehr sparen oder die Steuern erhöhen.
 
Wie soll die AHV Ihrer Ansicht nach mittel- und langfristig gesichert werden?
 
Die Sanierung der AHV braucht mutige, intelligente Reformen – nicht Scheinlösungen!
 
 
Markus Hutter, Winterthur, sitzt seit 2003 für die FDP des Kantons Zürich im Nationalrat. Beruflich ist Hutter als Unternehmer und Mitinhaber der „Hutter Auto Winterthur“ tätig. Der studierte Volkswirtschafter (lic.oec. HSG) ist zudem Präsident des Automobilclubs (ACS), Sektion Zürich, Ortsgruppe Winterthur sowie der Stiftung „Schweizerische Technische Fahrschule Winterthur“. Hutter engagiert sich im Co-Präsidium des Komitees gegen die KOSA-Initiative. Gemäss „Parlarating“, das die politische Ausrichtung der Nationalräte misst, politisiert Hutter innerhalb der FDP klar „rechts“. (Homepage: www.markushutter.ch)