Offenes Schreiben an Fulvio Pelli, Präsident der FDP vom 23. 8. 06 - von Doris Auerbach

Sehr geehrter Herr Pelli, ich erlaube mir, Ihnen mein am 16. 8. 06 in der Angelegenheit des uns fast täglich gebotenen Terrors an Bundesrat Schmid gerichtetes Schreiben zur Einsichtnahme zu übermitteln. Ich denke, es wäre an der Zeit, dass wir aufhörten, uns praktisch zu Handlangern dieses weitgehend inszenierten Terrors zu machen. Aus diesem Grund wurde der Brief auf www.politonline.ch ins Internet gestellt. Diese website wird alles daran setzen, der Bevölkerung auch weiterhin sämtliche diesbezüglich relevanten und aufschlussreichen echten Fakten zu unterbreiten.

Da ich ohnedies an Sie schreibe, darf ich bei dieser Gelegenheit auf das klare Ja Ihrer Partei zur Kohäsionsmilliarde in Murten zu sprechen kommen. Diese dient, wie gesagt wurde, der Demokratisierung im Osten. Da ich bislang allein schon in der EU eine echte Demokratisierung - genauer: die Ausschaltung der massiven, keinesfalls legitimen Einflussnahme der Konzerne auf die EU-Gesetzgebung - vermisse, ist es für mich nicht ersichtlich, wie eine solche in den Ostländern, in denen die Korruption sozusagen noch immer galoppierend ist, durch einen zusätzlichen Geldsegen erzielt werden soll. Ferner scheinen Sie alle zu ignorieren, dass die Summe, die allein von Juni 2003 bis Juni 2004 auf Grund zunehmender drastischer Betrügereien mit EU-Geldern in der Korruption versickerte, rund 1,5 Milliarden Euro betrug, eine Zahl, die zuvor noch im Bereich von Millionen lag und die auch für 2005 in dieser Grössenordnung liegen dürfte. Ich darf Ihnen versichern, dass ich eine derartige Aussage als glatten Selbstbetrug werte. Jedenfalls wird das die Ostmafia, die uns Jürgen Roth in seinem Buch ‚Ermitteln verboten’ hautnah präsentiert hat, von Herzen freuen. Die EU ist im Prinzip ein phantastisches Gebilde, das dem Steuerzahler jeden beliebig hohen Betrag aus der Tasche zieht, jedoch offensichtlich nichts Wirksames gegen die Korruption unternimmt. Das ‚Finanzportrait’ der EU ist einzigartig. So schreibt The Times am 21. April 2006: <Endlich weiss man, weshalb die Europäische Union von der Schweiz Milliarden als «Kohäsionsgelder» zur Unterstützung des EU-Ostens eintreiben will. Der EU-Rechnungshof hat nämlich kürzlich aufgedeckt, welch epochaler Missbrauch des EU-Osthilfeprogramms Tatsache geworden ist. Insgesamt 7 Mrd. € schüttete die EU zwecks Überwindung der vom Kommunismus hinterlassenen Altlasten an die Ostblockländer aus. Hauptbegünstigter war Russland. Doch von diesen 7 Mrd. € sind sage und schreibe 5 Milliarden Euro praktisch spurlos verschwunden. Das stellte der EU-Rechnungshof fest. Von den insgesamt 29 mit den 7 Mrd. Euro finanzierten Projekten hätten lediglich 5 sichtbare Ergebnisse erbracht. Die Unverfrorenheit des Missbrauchs, der mit diesen Geldern getrieben wurde, liess selbst abgebrühte EU-Finanzermittler erbleichen. So wurde in den Osten gelieferte elektronische Ausrüstung offenbar in grossem Stil einfach weiterverkauft. Der Erlös ist unauffindbar. Teure medizinische Laboratorien wurden zwar geliefert, blieben aber völlig unbenutzt, weil die damit beglückten Staaten den Betrieb der Laboratorien nicht zu finanzieren vermochten. […..] Was die EU-Stellen besonders bewegt: Die massiven Betrügereien im Rahmen dieses unter dem Namen Tacis (Technical Assistance for the Commonwealth of Independent States) laufenden Osthilfe-Programms starteten bereits vor 15 Jahren. 15 lange Jahre wurde betrogen, gestohlen, unrechtmässig verkauft, veruntreut, verschwendet. Aber Brüssel merkt es erst jetzt!> Der EU-Rechnungshof verweigerte im übrigen der EU im November letzten Jahres -zum elften Mal in Folge - die Haushaltsentlastung. Nicht, dass dies irgendwelche Folgen zeitigen würde. Das sind doch derart groteske Verhältnisse, dass sich die an der Spitze des Apparats Stehenden nur noch als völlig verantwortungslos handelnde Amtsträger betrachten lassen. Die Zahl der Fälle, in denen EU-Steuergelder sinnentleerten Investitionen zum Opfer fielen, könnte hier beliebig erweitert werden.
 
Wie Interinfo Linz, Folge 319, bereits im Juni 2005 vermerkte,  ist die EU-Erweiterung finanziell nicht abgesichert. Die Bürger sind somit vor die Tatsache gestellt, noch mehr Geld an Brüssel zu zahlen. Auf Grund von Widerständen der Nettozahler erwägt Brüssel die Einführung einer eigenen Europasteuer. Können Sie mir erklären, wo Sie hier noch einen Hauch an Demokratie erkennen? Die Arbeitskraft des EU-Bürgers wird doch buchstäblich missbraucht. Die Steuergelder der EU rinnen millionenfach in die nachweislich gegen den Willen der Bürger gerichtete fortschreitende Militarisierung, darüber hinaus ohne Ende gerade auch in diejenigen afrikanischen Länder, wo die korrupte Oberschicht seit Jahrzehnten bestens mit der westlichen Wirtschaft zusammenarbeitet, um den Ertrag der Ressourcen weitgehend an der Bevölkerung vorbeizuschleusen. Wäre dies anders, hätten wir nicht die Flut an Asylanten aus diesem Kontinent. Es ist nicht das Geringste gegen eine Kooperation mit den afrikanischen Ländern einzuwenden, aber sie müsste endlich auf einer Stufe stehen, die die Gewinne aus den Ressourcen, von denen Afrika überquillt, vollumfänglich der eigenen Bevölkerung zugute kommen lässt. Krasse Beispiele der unter dem Ölreichtum ihres Landes total verarmten Bevölkerung sind Nigeria und Angola, vom Diamantenhandel gar nicht zu reden, der die kalte Enteignung der Bevölkerung schlechthin darstellt. Die katastrophalen, je nach Lage angeheizten Kämpfe im Kongo lassen das Land auch jetzt nicht aufatmen. Ein weiteres überaus tragisches Beispiel ist der Sudan, wo die Ölkonzerne trotz nicht endender mörderischer Metzeleien ganz ungestört ihr Förderprogramm verfolgen können. In dieses Land sind Unsummen geflossen; allein die Regierung der BRD unterstützte den Sudan in 2004 mit über 32,5 Millionen € für humanitäre Hilfsmassnahmen und ist damit weltweit einer der grössten Geber, was naturgemäss zu dem ansteigenden Haushaltsdefizit Deutschlands beiträgt. Wer glaubt noch, dass der Westen ein ernsthaftes Interesse daran hat, dass die Auseinandersetzungen im Sudan beendet werden, solange der Ölreichtum dieses Landes noch nicht endgültig aufgeteilt ist. Dafür sollen wir jetzt den neuesten Wünschen Washingtons gemäss die Kosten für eine sofortige Stationierung einer starken UNO-Truppe schultern, die die sudanesische Regierung jedoch ablehnt, denn mit der Ölförderung finanziert Khartum seinen Krieg. Haben Sie schon einmal vernommen, dass einer der dort ansässigen, vorwiegend asiatischen Konzerne - darunter die Petronas aus Malaysia und die China National Petroleum Corporation - oder die kanadische Firma Talisman Energy je mit einem Cent zur Kasse gebeten wurde? Haben Sie je gehört, dass sich unsere ‚Spitzen’ der Wirtschaft, die wir  regelmässig in Davos willkommen heissen, in klaren Worten zu den Gewalttätigkeiten in Afrika geäussert hätten? Gibt Ihnen das nicht zu denken? Die Lage der Dinge ist doch, um einen treffenden amerikanischen Ausdruck zu verwenden, hochgradig obszön, denn die Gewinne der Ölkonzerne gehen in die Milliarden. Allein BP - dessen Gewinn in 2005 durch eine Steigerung von 31% gegenüber dem Vorjahr 22,34 Milliarden US-$ betrug - will in 2006 und 2007 50 bis 65 Milliarden US-$ an seine Aktionäre ausschütten. Wo bleibt hier die Bevölkerung der Länder, in denen das Öl gefördert wurde? Diese Art von Einstellung hinsichtlich der Erzielung von Gewinnen laste ich persönlich allen Teilnehmern des Davoser WEF an, die jahrelang Zeit gehabt hätten, hier eine Änderung herbeizuführen, um vor allem in Afrika ein Gleichgewicht zu schaffen. Ich sehe auch nicht, dass diese Situation unsere Regierungen in irgendeiner Form bewegt, sonst hätte man längst versucht, die Verhältnisse, die sich uns in immer gleichbleibender Form präsentieren, zu ändern. Was also die Lage der Flüchtlinge aus Afrika betrifft, so hat es ganz den Anschein, als wäre niemand gewillt, sich die dortigen Zustände bewusst zu machen. Es ist doch weitaus bequemer, man hängt sich das humanitäre Mäntelchen um und bürdet dem Volk die hieraus entstehenden finanziellen Lasten auf, die selbstredend auch Ihre Kinder treffen werden.
Das Motto Ihrer Tagung war die «offene Schweiz». Ich denke, diese Offenheit war immer gegeben und betrachte daher die erst seit der endgültigen Zementierung der EU auftauchenden angeblichen Schwierigkeiten als auf dem Gebiet der reinen Erpressung angesiedelt. ‚Ein Nein zur Kohäsionsvorlage - hiess es auf Ihrer Delegiertenversammlung ferner - belaste die guten Beziehungen zu den Ländern der EU und damit verlöre die Schweiz.’ Eine derartige Betrachtungsweise würde jeder EU-Bürger als absolut unsinnig von sich weisen. Wenn meine guten Beziehungen im übrigen darauf beruhen, die von uns immer härter erarbeiteten Steuergelder in die Taschen der Ostländer zu leiten, dann bezweifle ich, dass diese auf einem ehrlichen Fundament ruhen. Zu erwähnen wäre auch die Aussage des Neuenburger Nationalrats Didier Burkhalter, dem zufolge das Referendum gegen das Osthilfegesetz ein Angriff auf die Interessen des Landes bedeute. ‚Es stelle sich die Frage, ob die systematische Infragestellung von demokratischen Entscheidungen über den Aufbau der bilateralen Beziehungen «nicht verfassungsrechtlich untersagt» werden müssten’. Das kann ja wohl nicht ernsthaft erwogen werden, solange wir es sind, die die Milliarde verdienen müssen und nicht etwa Herr Burkhalter oder die FDP. Wie wollen Sie eigentlich eine Demokratisierung des Ostens anstreben, wenn Sie hier - wie ich das sehe - mit einer solchen Sicht bereits ganz unverhohlen einen Angriff auf die direkte Demokratie der Schweiz starten?
 
Wie Ständerat Peter Briner u.a. darlegte, dient der Beitrag den ureigensten Interessen der Schweiz, was ich leider etwas differenzierter sehe. Die zu wahrenden Interessen dürften in allererster Linie den Konzernen und ihren Aktionären selbst zugute kommen, denn die in den Ostländern in der Regel ausgehandelten Standortvorteile nebst Steuerbegünstigungen sind kaum dazu angetan, die Kassen unseres Landes zu füllen. Daneben ist es nicht von der Hand zu weisen, dass die aus Gründen der Niedriglöhne damit verbundene Arbeitsplatzauslagerung erneut zahlreiche Stellen in der Schweiz kosten wird. Dennoch sollen wir es sein, die die finanzielle Substanz für derartige Transaktionen erarbeiten. Es hat nicht den Anschein, als hätte einer der Anwesenden auch nur einen Gedanken hieran verschwendet. Wie sagte doch einmal Bundesrat Blocher im Hinblick auf die Milliardenverschuldung unseres Landes: ‚Wir brauchen jedes Zehnernötli.’ Auch das scheint nicht ins Gewicht zu fallen, genauso wenig wie die Tatsache, dass in Tat und Wahrheit nur schuldenfreie Länder eigenständig und unabhängig handeln können.
 
Das Bedauerlichste an der ganzen Angelegenheit ist, dass die Tagespresse für meine Begriffe ihrer Pflicht, die Bevölkerung einmal rückhaltlos über die hinsichtlich der EU-Korruption gegebenen Fakten resp. über den eigentlichen Stand der Dinge in Afrika aufzuklären, nicht  nachkommt, obwohl beide Faktoren uns mit immer grösser werdenden Problemen konfron-tieren werden.
 
Ich darf Sie um eine Bestätigung des Eingangs dieses Schreibens bitten.
Mit freundlichen Grüssen Doris Auerbach