Bulgarien vor dem EU-Beitritt - Mafia und Korruption

Vor dem EU-Beitritt gedeihen in Bulgarien Korruption und organisierte Kriminalität

Sogar EU-Erweiterungskommissar Olli Rehn sieht schwarz, wenn es um den EU-Beitritt Bulgariens geht. Der Kampf gegen die bis in höchste politische Kreise verankerte organisierte Kriminalität kommt nicht voran. 140 Mafia-Morde soll es 2005 gegeben haben. Die Behörden ermitteln nur in seltenen Fällen. «Der Spiegel» gab jüngst die Aussagen einer Kölner Richterin wieder, die Bulgarien im EU-Auftrag untersuchte. Danach ist das Rechtssystem konfus, die Justizreform chaotisch, das Vertrauen der Bürger in den Staat schwach und die Korruption weit verbreitet. Beamte der Justizbehörde Eurojust sind in Alarmbereitschaft. Sie befürchten, dass ihr Kampf gegen den Terrorismus, gegen Drogen-, Waffen- und Kinderhandel erschwert werde, «wenn Zuträger der kriminellen Banden» demnächst Zugang zu allen Akten haben. Leute, die einst im Dienste des Kommunismus Rauschgift dealten, besetzen heute Schlüsselpositionen in der Polizei, Justiz und Politik Bulgariens. Sie werden über die Verwendung von 2,3 Milliarden Euro mitbefinden, die Bulgarien in den nächsten drei Jahren aus der Brüsseler Subventionen-Schatulle bekommt. Solche Gelder könnten die korrupten Srukturen nur noch stärken. Mächtige «Freundeskreise» betreiben die Vefilzung in Wirtschaft und Politik. Kürzlich hat die bulgarische Regierung zugegeben, dass rund 9 Millionen Lewa (4,6 Millionen Euro) aus Hilfsfonds der Europäischen Union unterschlagen wurden.
 
Aktive «Freundeskreise»
Laut einem Report des Zentrums für Demokratieforschung in Sofia (CSD) monopolisierten diese Zirkel wichtige Märkte, und je näher der EU-Beitritt komme, desto stärker wachse die politische Korruption bei der Vergabe von Konzessionen und öffentlichen Aufträgen und dem Gebrauch von EU-Fonds. Diese Institutionalisierung der politischen Korruption mache es für kriminelle Interessen leichter, die staatlichen Institutionen zu vereinnahmen und dem organisierten Verbrechen ungestraft den Weg in die legale Wirtschaft Bulgariens und der EU zu öffnen, so der Report. Der EU-Beitritt von Bulgarien und Rumänien ist aber beschlossene Sache. Sämtliche EU-Regierungen haben den Betritt staatsrechtlich verbindlich unterschrieben, das Europäische Parlament stimmte bereits zu. Sogenannte Fortschrittsberichte der EU-Kommission über Bulgarien und Rumänien werden am 16. Mai veröffentlicht. Vor allem aus rumänischen Diplomatenkreisen verlautete in den letzten Wochen, dass die EU-Kommission die Aufnahme Bulgariens offenbar um ein Jahr verschieben wolle. Von den beiden derzeitigen Beitrittskandidaten soll demnach nur Rumänien im Jahr 2007 aufgenommen werden.
Quelle: Schweizerzeit vom 12. 5. 2006