Zentralisiertes Bildungswesen: Maulkorb für das Volk? Abstimmung vom 21. Mai. - von P. Aebersold, Zürich

Soll das Volk wie bei der Armee nun auch im Bildungswesen nichts mehr zu sagen haben, damit radikale Veränderungen ungestört durchgeführt werden können? Gemäss der Homepage der Bundesversammlung (www.parlament.ch) geht der Bundesbeschluss zum ?Bildungsraum Schweiz? auf die Parlamentarische Initiative vom 30.4.1997 durch Hans Zbinden SP zurück; sie ist von Regine Aeppli und weiteren 33 Nationalräten aus dem rot-grünen Lager mitunterzeichnet. Diese Initiative fordert die Zentralisierung des Bildungswesens beim Bund, damit er einen ?europakompatibeln? und ?entwicklungsoffenen? ?Bildungsraum Schweiz? schaffen könne.

Die Strategiepapiere von Hans Zbinden geben eine Vorahnung davon, mit welchem Inhalt der «entwicklungsoffene Bildungsraum» gefüllt werden soll. 1990 erstellt Zbinden den Bericht „Grundlagen für eine ökologische Bildungsoffensive“ für den WWF und bezeichnet dort alle Einfallstore (u.a. Dachverband Schweizer Lehrer/-innen LCH)  für eine rasche revolutionäre Umkrempelung des Bildungswesens. Dabei steht die Zentralisierung an erster Stelle. Im gleichen Jahr stösst Zbinden im Nationalrat mit der Motion „Ökologische Bildungsoffensive“ den von ihm vorgezeichneten Veränderungsprozess an. Zbinden ist auch Verfasser des Berichts „Bildung in der Schweiz von morgen“ der EDK, der die Reformlawine im Bildungswesen ins Rollen brachte.
 
Im „Tagesanzeiger“ vom  25.10.1990 schreibt Zbinden in einem ganzseiten Artikel mit dem bezeichnenden Untertitel  „Wie es in der Schweizer Bildungspolitik zu einer Wende kommen könnte“ u.a.: „Die Schulhäuser sind so weit wie möglich in örtliche und regionale Gemeinschaftslernzentren für alle Altersklassen umzugestalten. Von ihnen aus werden die zahlreichen Bildungsangebote privater (!) und öffentlicher Art in der Umgebung koordiniert“. Es gäbe Leute, so Zbinden,  die „wollten eigentlich alles in unserem Lande so belassen, wie es war, weil eine neue Schule unweigerlich auch zu einer anderen Gesellschaft führen würde“. Kein Wunder also, dass der LCH-Zentralpräsident in seiner Neujahrsbotschaft 2006 die neue Bildungsverfassung als stille Revolution im Schweizer Bildungswesen würdigt.
 
Mit dem „Bildungsraum Schweiz“ würde die Hoheit des Bildungswesens von den Kantonen zum Bund verschoben und eine eigenständige Bildungspolitik einer Minderheit von Kantonen praktisch verunmöglicht. Kantonale Volksinitiativen wie die im Kanton Zürich laufenden Initiativen für nur eine Fremdsprache in der Primarschule, für Handarbeit/Werken, für den Religionsunterricht, könnten von Bundesbern torpediert werden, wenn sie den zentralistischen „Harmonisierungsbestrebungen“ entgegenlaufen würden.
 
Die Abstimmung vom 21. Mai ist für den Stimmbürger die letzte Möglichkeit zu entscheiden, ob er weiterhin im Bildungswesen auf kantonaler Ebene im Sinne der Direkten Demokratie mitbestimmen will  oder ob er sich zukünftig dem Diktat von Bundesbern fügen will