Was hat der Karfreitag mit Geld zu tun? - Werner Müller

Wer Opportunist genug ist, wende sich der neuen Religion zu, die überhand nimmt: der "Religion des Geldes". Der Karfreitag gäbe Anlass zur Klärung der Frage, wofür genaugenommen Jesus von Nazareth den Opfertod erlitten hat. Ich möchte vorausschicken, dass es nicht in meiner Absicht liegt, religiöse Gefühle zu verletzen. Ich bin mir bewusst, das Nachfolgende hätte noch vor wenigen Jahren nicht gesagt werden dürfen und vielleicht wird man es mir auch heute noch verübeln.

Einführung

Ja ist denn der Heiland nicht für die Sünden der Welt gestorben? höre ich fragen. Die Antwort lautet: Informationen, die heute zugänglich sind, liefern Fakten, die erkennen lassen, dass Er den Opfertod suchte, um seine Botschaft vermitteln zu können. Erst im 4. Jh. wurde das christliche Dogma konstruiert, welches von dieser Botschaft ablenken sollte. Gleichzeitig wurde eine Verteufelungsstrategie in die Welt gesetzt, der angebliche Verrat des Judas, unter der nicht nur Juden zu leiden hatten. Es wurden auch all jene verteufelt und verfolgt, die dem überlieferten Wort gefolgt sind und nicht der Staatsreligion, die zur Wiedererrichtung des Römischen Reiches konstruiert wurde. So konnte die Wahrheit bis heute verschleiert werden. Im Unterbewusstsein wurde den Gläubigen ein stetes Gefühl von Ungenügen und „schlechtem Gewissen“ suggeriert, das sich 2000 Jahre lang ausbeuten liess. Das Dogma der römischen Staatsreligion stimmt nicht mit der Botschaft Jesu überein, wie sie durch urchristliche Zeugnisse überliefert und in aufgefundenen Aufzeichnungen, z.B. in den berühmten Rollen von Qumran, bestätigt wurden. Die ursprüngliche Botschaft wurde entstellt und verschleiert, allein zur Ausübung von Macht.
 
Solange sich Menschen mit konstruierten Ängsten und unerfüllbaren Pflichten beladen lassen, sind sie abhängig und verführbar. Der Geist „macht euch die Erde untertan“ sitzt heute noch in den Köpfen der Mächtigen und bezieht sich nicht nur auf das Materielle. Heute, da ständig von Transparenz gesprochen wird, sollte nicht übersehen werden, dass die gleichen Gesetzmässigkeiten, die nichts mit Religion zu tun haben, eher mit okkulter Magie, wieder gezielt instrumentalisiert werden. So ist es allgemein nicht bekannt, wie ein die Welt umspannendes Logentum sich schon seit über 100 Jahren als Nachfolgerin der römischen Kirche empfindet, wie der Freimaurer Karl Heise in einem „Beitrag zur Geschichte des (Ersten) Weltkriegs und zum Verständnis der wahren Freimaurerei“ schreibt. [1] Sie bedient sich auch der gleichen okkulten Techniken, wie sie einst die römischen Herrscher  benutzten, die sich als Christen ausgaben. Auch die Freimaurer verfügen über Tempel in jeder grösseren Stadt und ihre Macht ist inzwischen grenzenlos, sie ist global.

Auch Geschichte sollte „globalisiert“ werden
 
Obwohl sich seit der Aufklärung die Erkenntnis durchsetzte, der Mensch brauche keine Absolution, scheinen viele, nicht nur Katholiken, heute wieder eine Disposition zur Manipulierbarkeit zu entwickeln, die nicht im religiösen Zusammenhang zu stehen braucht. Ich versuche dies wie folgt zu verdeutlichen: Sollte nicht allen Leidbeladenen dieser Welt gleichermassen „geholfen“ werden? In einer vermaterialisierten Welt sind aber jene im Vorteil, die sich denjenigen gegenüber besser zur Geltung bringen, die zwar auch unterdrückt, verfolgt und ermordet worden sind oder immer noch werden, aber über keine „Lobby“ verfügen. Ich denke in diesem Zusammenhang an die Indianer, die Aborigines, die letzten Urwaldbewohner oder die Tibeter, welche verfolgt und getötet wurden oder ihre Kulturen aufgeben mussten. Ich denke auch an die Leiden der zivilen Bevölkerungen, die mit Napalmbomben, Chemikalien und Raketentechnik in die Steinzeit zurückgebombt worden sind oder immer noch werden, weil ihre Politiker vom vorgegebenen globalen Kurs abweichen. Eine echte seelische Anteilnahme an der verfolgten und gequälten Kreatur - und ist das Unrecht noch so gross - kann nicht einseitig durch Entschädigungen an einem Beispiel unter vielen ausgerichtet sein, ohne in Heuchelei auszuarten.
 
Wir sind es gewohnt, die Geschichte aus staatspolitischer Raison heraus zu betrachten. In einer globalisierten Welt kann aber Geschichte intellektuell nicht ohne den dazugehörenden kulturellen Unterbau verarbeitet werden. Bei näherem Hinsehen zeigt sich nämlich, wie eng Fragen der Wirtschaft mit Fragen der Religion verknüpft sind! Wer das „Mysterium Geld“ verstehen will, muss sich auch mit dem „Mysterium Religion“ befassen. Dabei lege ich Wert auf die Unterscheidung zwischen „Religion“ und „religio“, was „Rückverbindung“ heisst und nichts mit Institutionen zu tun hat. Anstelle von Religion sollte m.E. von Spiritualität gesprochen werden, die den Nichtklerikalen schon im frühen Mittelalter abgesprochen wurde und heute noch von vielen als suspekt betrachtet wird. 

Um was ging es am Karfreitag?
 
Die Geldtechnik, welche die Welt beherrscht, wurde im Tempel von Jerusalem perfektioniert, bis die Römer im Jahre 70 der neuen Zeitrechnung den „heiligen“ Schatz der Juden raubten. Jesus von Nazareth wies auf die Gefahr hin, die in der Missachtung der mosaischen Gesetze bestand. Heinz Schröder hat die „Tempelreinigung durch Jesu“ in seinem Buch „Jesus und das Geld“ mit numismatischen Belegen und volkswirtschaftlichen Argumenten anhand von Belegen aus der Bibel dargestellt. [2] Im Johannes-Evangelium sind die Worte von Jesus überliefert: „Mein Haus soll heissen Bethaus aller Völker. Ihr habt eine Mördergrube daraus gemacht“. Die Anspielung bezog sich auf Jeremia, wodurch sich Jesus eine Legitimation für seine politisch-religiöse Tat verschaffte. [3] Nach Ihm war die Verwilderung des Heiligtums der Juden unvermeidlich, wenn das Herz sich nicht ungeteilt zu Gott erheben könne, weil es durch alltägliches Marktgetriebe gestört werde. Der Ausspruch: „Man kann nicht zwei Herren dienen, Gott und dem Mammon“ zugleich, muss unbedingt in diesem Zusammenhang gesehen werden. Schneider kommt zum Schluss: „Dafür, dass Er (Jesus) die Geldwechsler vertrieben und das Fundament des Tempels angetastet hatte, musste er sterben.“[4]
 
Die Gottessohnschaft des Gekreuzigten, seine Auferstehung mit Leib und Seele und andere Fragen waren sakrosankt und sind es wohl für viele heute noch. Muss einem nicht auffallen, dass die Wirkungsweise des Geldes heute beinahe ebenso unantastbar geworden ist? Wer sich dagegen wehrt, wird zwar nicht mehr gekreuzigt, aber von den Herrschenden und ihrer Gefolgschaft schlicht ignoriert, verbal ausgetrickst und diskreditiert. Gefährlich ist, dass sich die bestehenden seelischen Defizite der meisten Menschen mit neuen dogmatischen oder psychologisierenden Inhalten auffüllen lassen. Sollte man deshalb nicht fragen: Hat sich das religiöse Bedürfnis, bisher ausschliesslich durch Mauerkirchen (Bezeichnung von Paracelsus) oder Tempel vertreten, gewandelt? Ist die gängige Religion in neue Tempel eingekehrt, ohne dass wir es bemerkt hätten? [5] 

Das religiöse Unbehagen
 
Es ist, als ob die Institution Kirche auf den überwiegenden Teil der Gesellschaft keinen Einfluss mehr ausübte. Wo sie es noch tut, wird dieser Einfluss als repressiver Fundamentalismus empfunden. Das im Religiösen „versteckte“, überwiegend materielle Denken hat geistige Inhalte bis zur völligen Sinnentleerung entstellt, was viele Menschen der Kirche entfremdet hat. Sollte dieser Zusammenhang nicht erkennbar gemacht werden, um sich mit der Entmystifizierung des Geldes zu befassen, wie es u.a. Jesus von Nazareth getan hat? Dürfen wir uns mit der Erkenntnis von 2000 Jahren Geschichte und dem Wissen, was seither im Namen Jesu entstand, getan, verwirklicht, missachtet, verludert und ermordet wurde, begnügen? Werden wir bessere Menschen, wenn wir uns für die Schandtaten unserer Vorfahren in Sack und Asche kleiden, wie es gewisse Kreise von uns verlangen? Was wäre zu tun, müsste doch gefragt werden, um in der heutigen Zeit der latenten Verführbarkeit durch die Macht des Geldes widerstehen zu können? Die Menschheit befindet sich weit davon entfernt, des Himmelreichs teilhaftig zu sein, eine Verheissung, die den Materialisten bestenfalls ein müdes Lächeln abringt. Dabei wäre die Partizipation am Unbewussten die Triebfeder für die Kreativität, auf die wir so dringend angewiesen wären. Die Befreiung von Zwängen kann nur in der Überwindung der seelischen Defizite liegen, und daran hat jede und jeder selber zu arbeiten. 

Das jüdisch/christliche Dogma in Sachen Geld; ein heisses Eisen?
 
Dass Jesus wegen des Geldes gestorben ist - und zwar ausdrücklich nicht wegen der berühmt-berüchtigten Silberlinge - dürfte für viele immer noch blasphemisch klingen, obwohl es in der Bibel nachzulesen ist. Der Zusammenhang des Opfertodes mit der Frage nach dem Geld wurde weitgehend verfälscht und bagatellisiert. Es fragt sich, ob den christlichen Institutionen die Autorität auf Grund der geschilderten Tatsachen abhanden gekommen ist. Noch bis vor kurzem wünschte oder wagte man es nicht offen, diesen Sachverhalt zur Sprache zu bringen. Angesichts vieler Änderungen in der Bibel, drängt sich die Frage auf, warum die Kirche die harmlos wirkende Geschichte, „Jesus vertrieb die Geldwechsler“, bis auf den heutigen Tag überliefert hat? Sie steht ja im krassen Gegensatz zum Bild des Sanftmütigen.
 
Schon in der Antike konnten diejenigen die Welt beherrschen, die das „Mysterium Geld“ beherrschten. Wenn also in Jerusalem im Jahre 70 n.Chr. -wie von Jesus vorausgesagt [6] - der Tempel der Juden durch die Römer zerstört und der jüdische Staatsschatz gestohlen wurde, ist es nur folgerichtig, dass sich die Macht in Bezug auf Religion und Geld im römischen Reich fortsetzte, und zwar dort, wo es auf Anhieb nicht vermutet würde: in seinen weltlichen und kirchlichen Gesetzen. Das Privatrecht leitete sich aus privare ab, was zu ‚privatisieren‘ mutierte, ursprünglich aber ‚berauben‘ bedeutete. Um noch ein kirchliches Beispiel zu geben, kann das patrimonium petri, das ‚Erbe des hl. Petrus‘, der alte Grundbesitz der römischen Kirche erwähnt werden, auf welchen sich der römische Kirchenstaat stützte, was kaum aus der Botschaft Jesu abzuleiten war. Wir sehen aus diesen einfachen Beispielen, dass Besitz und Macht im römischen Staats- und Religionsverständnis begründet liegen.
 
Das geniale Geldsystem der Hebräer war, wie mehrmals in der jüdischen Geschichte (der Tanz um das goldene Kalb), von Anhängern des Baalskultes unterwandert, so auch zur Zeit Jesus. Der Baalskult wird zwar im Alten Testament oft erwähnt, aber nur verschleiert erläutert. Vereinfachend könnte man sagen, wer an Baal glaubte, neigte zur Ausbeutung und Unterdrückung der ethisch Handelnden. [7] Man könnte heute dazu vergleichend sagen: die Wissenschaft wird von „Geldgläubigen“ missbraucht, um z.B. Kernenergie und Gen-Technologie zu betreiben oder Tierversuche für allerlei Produkte. Wenn es heisst, Jesus habe den Geist des „Chrematismus“ bekämpft, so kann dies wiederum mit heute verglichen werden: Chrematistik, ein Begriff, der auf die Schule von Aristoteles zurückgeht, bedeutet gewerbsmässiges Betreiben einer Erwerbswirtschaft mit dem Ziel, sich durch Tauschen und Feilschen zu bereichern. [8] Chrematismus bewirkte schon damals den ewigen Gegensatz zwischen Stadt und Land, Arm und Reich. Man könnte dazu vergleichend sagen: der Gegensatz zwischen den Entwicklungsländern und den Industrienationen ist gerade heute sehr auffällig.
 
Die Juden hatten sich im Laufe ihrer Geschichte von den Gesetzen ihres Religions- und Staatsgründers entfremdet, die mosaischen Gesetze missachtet. Das war der Anlass für die „Tempelreinigung“, die Jesus zusammen mit seinen Jüngern vornahm. Vergleichsweise wäre dies aus heutiger Sicht ein Ereignis von lediglich regionaler Bedeutung. Wer wollte im Zeitalter der Globalisierung das „grenzenlose Anwachsen von Geld“ an einem Ort dingfest machen? Die geistig-religiöse Trinität hat sich längst zu einer wirtschaftlich-materiellen Quaternität ausgewachsen, die sich auf vier durch Geld lenkbare Wirtschaftsblöcke verteilt (Amerika, Europa, Asien und China). Wo ist die Entwicklung der vier Eigenschaften menschlichen Denkens, Handelns, Fühlens und Empfindens geblieben? Sollte dem dominanten materiellen Übergewicht nicht inneres Wachstum, das Wachstum im Geistigen, gegenüberstehen? Heute müsste jedem Menschen bewusst sein, dass ohne Lösung der Problematik, die dem Gelde innewohnt, die Grundlagen des Lebens und mit ihr diejenigen der Menschen, zerstört werden. Die Lösung ist nicht in der Dualität Geld /Macht zu finden. 

Gab es im Christentum eine Alternative zur Römischen Kirche ?
 
Im Gegensatz zu Rom folgte in frühchristlicher Zeit ein Grossteil der Gläubigen dem Presbyter Arius von Alexandria (4. Jh.) und seiner Interpretation, die in Jesus keine Gottheit sah. Die „Arianer“ stimmten mit dem Kirchenvater Origines (185 - um 254) und seinem Schüler, dem Gotenbischof Wulfila (311 - 383) überein und lehnten den Beschluss des Konzils von Nizäa (325) ab, welches erklärt hatte, dass Jesus Christus  „wesensgleich mit Gott“ sei. Was weit wichtiger war und in den meisten Konzilsberichten unterschlagen oder nur schwer verständlich überliefert wurde, war das Festhalten der Arianer am mosaischen Gesetz, u.a. am Zinsverbot. Die meisten europäischen Völker glaubten nicht an die römische Staatsdoktrin im Namen Christi, die vorgab, eine zentralgesteuerte Staatsmacht und alleinige Vertreterin der christlichen Religion sowie Nachfolgerin des römischen Reiches zu sein, die mit ihrer Herrschaft alle Völker zu unterjochen versuchte. Diesem Anspruch stand eine grosse Opposition gegenüber, sowohl bei den Vandalen als bei den West- und Ostgoten, bei den Alemannen und Kelten nördlich der Alpen, wie auch bei den Bewohnern von Südfrankreich und Spanien und im irisch-keltischen Kulturkreis. Nicht einmal Karl der Grosse hatte die religiöse Opposition gebrochen, im Gegenteil; er liess den Stämmen des Reichs ihre Selbständigkeit. Am Konzil zu Basel um 1430, bei dem man u.a. in Fragen des Geldes - einer Reichssteuer für den Kaiser - uneins war, trat die Teilung im Christentum immer noch deutlich zu Tage, wenn auch der arianische Glaube inzwischen eliminiert worden war. [9]
 
In der Religions- und Wirtschaftsgeschichte wurde der Zusammenhang zwischen Geld und Religion stets verschleiert. Wäre der wahre Grund der Kreuzigung der Überlieferung der Bibel gemäss schon früher wahrgenommen worden, hätten verschiedene Fiktionen im moraltheologischen und kirchenrechtlichen Bereich nicht als religiöse Tabus errichtet werden können. Wie mächtig und nachhaltig sich diese Tabus durchsetzten, ist u.a. in der Ausrottung der Vandalen und der Goten zu erkennen. Als Christen der arianischen Richtung standen sie dem Urchristentum weit näher als die Römer und anerkannten die zur Staatsdevise erhobene „Religion“ nicht. Beide Völker waren ursprünglich nachbarschaftlich miteinander verbunden und hatten die unverfälschten Lehren des Christentums durch Origines kennengelernt. Letztere standen ihrer Denkweise näher als die römische, die sich mit Völkermord und mit Lug und Trug durchsetzte. Was heutzutage kaum in seiner Tragweite anerkannt und gelehrt wird: Nördlich der Alpen bestand lange Zeit ein Widerstand gegen das römische Recht, was auf den Einfluss der Bibelübersetzung ins Gotische durch Wulfila, den Gotenbischof, zurückzuführen ist. Urchristliches, auf mosaischen Gesetzen basierendes Verständnis, sowohl in gemeinschaftlichen Werken und Rechten als auch im Geldwesen, lässt sich während der Zeit der Gotik nachweisen und war die Ursache einer 250jährigen Blütezeit. Als es durch romtreue Fürsten und Kleriker unterwandert wurde, lehnte sich das Volk gegen das ausbeuterische römische Geld- und Staatswesen auf. Vereinfachend liesse sich sagen: Die Reformationswirren, die in dem 30jährigen Krieg gipfelten, waren die Folgen des sich vollends durchsetzenden römischen Rechts mit einem ausbeuterischen Besitzdenken, das in der römischen Kirche herrschte. 

Eine Fehlentwicklung im christlichen Abendland?
 
Die Säkularisierung in religiösen Fragen blendete das Mysterium Geld völlig aus. Soziale Fragen wurden zum Politikum herabgewürdigt, statt zum Bestandteil geistiger Erziehung und Verantwortung zu werden. Wo die Reformatoren Luther und Zwingli die Geldfrage und die damit verbundenen sozialen Auswirkungen noch diskutierten, gelang es Calvin, aber auch dem Katholiken Peutinger in Augsburg, den alten, zum Teil immer noch vorhandenen gotischen Geist vollends zu besiegen. Geldbesitz erreichte im Calvinismus und Puritanismus den Status gottgefälligen Tuns. Anfänglich verbreitete die französische Revolution Hoffnung auf Freiheit, Gleichheit und Brüderlichkeit. Schlussendlich änderte sich jedoch mit der Trennung von Kirche und Staat für den Grossteil der Bevölkerung nichts. Der Staat, durch die Kirche unterstützt und für die soziale Verantwortung zuständig, übertrug das Recht der Geldemission privat kontrollierten Notenbanken, die sich bestenfalls um die Stabilität der Währung bemühten, nicht aber um soziale Gerechtigkeit. Wie vor 2000 Jahren gelang es einer kleinen Gruppe, das Geldgeschäft nach eigenen Bedürfnissen zu gestalten. Heute stehen wir vor der Weltherrschaft dieser Oligarchen. Glaubensmässige Gesetze bestimmen die Ökonomie, die sich um Machtanhäufung und nicht um Ausgleich kümmert. Es sind bekanntlich nicht die Gesetze von Moses. [10] Das Ringen um ethische Verantwortung sucht vergeblich nach der dazugehörigen Autorität.
 
Es scheint, als enthalte die Botschaft von Jesus von Nazareth noch unentdeckte Inhalte, die uns erst heute bewusst werden. Die Suche nach neuen Wertvorstellungen setzt nicht zwangsläufig voraus, sich von den Quellen unserer Kultur abzuwenden. Die Notwendigkeit einer Neubesinnung im Christentum sollte uns nach den Ursachen fragen lassen. Um diese aber richtig zu verstehen, müsssen Staub, Schutt, Blut und Schmerzen von 2000 Jahren Religionsgeschichte, welche die Botschaft überlagern, abgetragen werden. Es kann nicht die Aufgabe des Historikers sein, Rezepte für Lösungen zu präsentieren, doch ohne ausreichende Kenntnis unserer Geschichte werden wir solche auch nicht finden.
 
Wie der berühmte Geldhistoriker, Alexander Del Mar, sagte: „Politische Ökonomen machen sich in der Regel nicht die Mühe, die Geschichte des Geldes zu erforschen, ist es doch viel einfacher, sie sich vorzustellen und dann aus diesem imaginären Wissen Prinzipien abzuleiten.“

Anmerkung zu den abgebildeten Münzen 
 
 
1. Münze von oben 
Die Münze aus dem Buch von Heinz Schröder „Jesus und das Geld“ stellt die  „unheilige Tetra-Drachme“ dar. Aber der „Schekel des Heiligtums“ musste aus ideologischen und religiösen Prinzipien gewechselt werden. Mit der gleichen Einstellung wird heute soziales Elend in die Welt gesetzt, weil angeblich Sachzwänge regieren. Der Fiktion, dass Geld sich automatisch zu vermehren habe, werden mehr und mehr ethische Werte geopfert, aber auch eine kulturelle Verwahrlosung und geistige Verelendung in Kauf genommen. 
 
2. Münze in der Mitte
Drei Jahrzehnte lang war der Ostgote Theoderich nach dem Untergang des weströmischen Reiches König von Italien.  Obwohl er die Herrschaft auf äusserst zweifelhafte Weise an sich gerissen hatte, erblühte das Land unter ihm in Frieden, sagt Urs Guggenbühl im Bericht „Das Reich der Ostgoten in Italien“ in der Kulturzeitschrift Museion, Heft 3/98, aber Ostrom rüstete zum Vernichtungskrieg gegen das Volk, „das dem arianischen Glauben angehangen ist“.  

3. Münze ganz unten
Dass bei den Goten eine Frau - Amalsuntha - an der Spitze des Germanenreiches herrschen konnte, wirft heute ein besonderes Licht auf das frühchristliche Herrscherhaus, das dem arianischen Glaubensbekenntnis anhing. Als Italien am Anfang des 6. Jh. nach 20jährigen Kriegs-, Raub- und Mordzügen beinahe entvölkert war - Rom zählte gerade noch 50'000 Einwohner - war es für die Byzantiner ein Leichtes, Rom nach seinem Zusammenbruch sowie alle übrigen Staaten des weströmischen Reiches bis in die Zeit der Kreuzzüge im monetären Würgegriff zu halten, wie es Stephan Zarlenga in seinem Buch „Mythos vom Geld - die Geschichte der Macht“ mit ganz neuen Erkenntnissen darlegt.

Literatur: Altes und neues Testament, Zürcher-Bibel. Heise Karl, Entente-Freimaurerei und Weltkrieg, Ernst Finckh Verlag, Basel, 1920 Lexikon Weltbild-Verlag, Augsburg 1987 Museion 2000, Kulturmagazin, ABZ-Verlag, Zürich, Heft 2/96, 6/98, 4/99, 5/99. Schröder Heinz, Jesus und das Geld, Wirtschaftskommentar zum Neuen Testament, Badenia-Verlag, Karlsruhe; Schweizerische Freiwirtschaftliche Bibliothek, Legat des Wirtschaftswissenschaftlichen Institutes, Universitäts-bibliothek Basel. Sträuli Robert Salomo, die Königsquelle, ABZ Verlag, Zürich, 1989 Weltgeschichte; Veit Valentin, Droemersche Verlagsanstalt, München-Zürich, 1959. Zarlenga Stephan; Der Mythos vom Geld – die Geschichte der Macht; Conzett Verlag 1999




[1] Karl Heise, Entente-Freimaurerei und Weltkrieg, Ernst Finckh Verlag, Basel , 1920
[2] Hein Schröder, Jesus und das Geld, Badenia-Verlag, Karlsruhe; auch erhältlich im Wirtschaftswissenschaftlichen Institut der Universitätsbibliothek Basel
[3] Jeremia 7,11
[4] Markus-Evangelium 11,18
[5] Die Noten- und Geschäftsbanken des 19. Jh. wurden unverkennbar im neoklassischen Stil errichtet.
[6] Mathäus 24,2
[7] Religiös orientierte vergleichen dazu mit Ezechiel 28, 1-19; der anfänglichen Partnerschaft der Könige Salomon und Tyros in den Jahren 969 bis 936 v.Chr. folgte historisch gesehen ein Abfall von Tyrus, was zur Teilung des hebräischen Staates führte und unter dem Assyrerkönig Asarhaddo (680-669 v.Ch.) den Untergang zur Folge hatte.
[8] Aristoteles, Schüler von Platon, sagte über den Chrematismus: „Alle, die auf Erwerb bedacht sind, versuchen ihr Geld ins Grenzenlose zu vermehren“.
[9] Kaiser Justitian I. liess in Feldzügen von 527-565 durch seinen Feldherr Belisar die Wandalen, West- und Ostgoten erbarmungslos verfolgen und vernichten, wie der byzantinische Geschichtsschreiber Prokop überliefert hat, allein, weil sie dem arianischen Glaubensbekenntnis anhingen. .
[10] Uns interessieren in diesem Zusammenhang: 2. Mose 20,1-17; 3. Mose 25, 8-28, 35-37; 5. Mose, 23, 19-20