Doris Auerbach - Blick auf Palästina

Das Resultat der palästinensischen Wahlen hat, ob im Land selbst oder in Israel resp. im Westen, widersprüchliche Reaktionen gezeitigt. Die Hamas hat die Wahlen zum Palästinensischen Legislativrat mit überwältigender Mehrheit gewonnen. Es ist daher nicht uninteressant, zum Ursprung dieser Bewegung zurückzukehren, wie sie Mathias Bröckers 1 darlegt, dessen Bericht hier auszugsweise wiedergegeben wird.

Die israelische Unterstützung beim Aufbau der islamischen Hamas seit Ende der 70er Jahre ist ein offenes Geheimnis, das keinem Kenner der Nahostpolitik verborgen geblieben ist. Die israelische Regierung erteilte der Hamas Hunderte von Genehmigungen zum Bau und Betrieb  ‚religiöser’ Einrichtungen, Schulen, usw., wohl wissend, welchen fundamentalistisch-terroristischen Hintergrund diese islamische Bruderschaft hat. Berichte darüber finden sich in der Regel aber nur in unabhängigen Medien oder bei unabhängigen Reportern wie Robert Fisk, Seniorkorrespondent des britischen Independent. In den 80er Jahren, als Arafat noch der ‚Oberterrorist’ und die Hamas eine harmlose kleine, in ihrem Widerstand gegen Israel allerdings unerbittliche muslimische Wohlfahrtsorganisation war, wurden deren Mitglieder von Israel darin ermutigt, im Gazastreifen Moscheen zu bauen. Irgendein kluger Kopf beim israelischen Militär war zu dem Schluss gekommen, dass es keine bessere Methode gäbe, um die nationalstaatlichen Bestrebungen der PLO in den besetzten Gebieten zu torpedieren, als die Förderung des Islams. Selbst nach dem Osloer Abkommen verkündeten hohe israelische Offiziere während eines Wortgefechts mit Arafat noch öffentlich, dass sie mit Hamas-Vertretern öfters ein Schwätzchen hielten. Und als Israel 1992 Hunderte von Hamas-Mitgliedern widerrechtlich in den Libanon deportierte, war es einer ihrer Führer, der mir, als er hörte, dass ich nach Israel reisen wollte, die Privatnummer von Schimon Peres aus seinem Telefonbuch heraussuchte. Jassir Arafat selber hat sich dazu am 19. 12. 2001 in einem Interview mit dem italienischen L’Espresso wie folgt geäussert: „Die Hamas wurde mit Unterstützung der Israelis aufgebaut. Ziel war es, eine Organisation zu schaffen, die in Opposition zur PLO stand. Die Hamas erhielt finanzielle Mittel und Hilfe zur Ausbildung ihrer Mitglieder. Sie profitiert immer noch von Sondergenehmigungen und Beglaubigungen, während wir nicht einmal die Genehmigung dafür bekommen, eine Tomatenfabrik zu bauen. Rabin selbst hat das als einen verhängnisvollen Fehler bezeichnet.“ Israel half [also] der Hamas ab Mitte der 80er Jahre, in Palästina Fuss zu fassen, um den diplomatisch erfolgreichen Erzfeind Arafat und seine PLO zu unterminieren. Der bekannte israelische Publizist Uri Averny 2 schreibt seinerseits: «Einige Leute glauben sogar, dass die Hamas von Anfang an eine israelische Erfindung gewesen ist. Das ist natürlich weit übertrieben. Aber es ist tatsächlich der Fall, dass in den Jahren vor der 1. Intifada die islamische Organisation die einzige palästinensische Organisation war, die sich  in den besetzten Gebieten praktisch frei betätigen konnte.« 
 
Am 26. 1. liest man bei Averny in seinem Artikel ‘Déjà vu’ u.a. folgendes: Wenn Ariel Sharon  sich nicht in einem tiefen Koma befände, wäre er jetzt vor Freude aus dem Bett gesprungen. Der Sieg der Hamas erfüllt seine heissesten Wünsche und Hoffnungen. Ein ganzes Jahr lang hat er alles Mögliche getan, um Mahmood Abbas zu unterminieren. Seine Logik war offensichtlich. Die Amerikaner wollten, dass er mit Abbas verhandelt. Solche Verhandlungen hätten unvermeidlich zu einer Situation geführt, die ihn gezwungen hätte, fast die ganze Westbank aufzugeben. Sharon hatte nicht die Absicht, dies zu tun. Er wollte mehr als die Hälfte der besetzten Gebiete annektieren. Also musste er Abbas und sein moderates Image loswerden. Während des letzten Jahres wurde die Situation  der Palästinenser von Tag zu Tag schlimmer. Die Aktionen der Besatzung machten ein normales Leben und den Handel unmöglich. Die Siedlungen in der Westbank wurden ständig grösser. Die Mauer/ Zaunanlage, die 10%  der Westbank abschneidet, geht ihrer Vollendung entgegen. Keiner
der wichtigen (politischen) Gefangenen wurde entlassen. Es war Sharons Ziel, Abbas vor den Palästinensern schwach erscheinen zu lassen  - „wie ein Huhn ohne Federn“ wie Sharon sagte -  damit er nichts erreichen kann und Friedens- und Waffenstillstandsangebote zu nichts führen. Die Botschaft an die Palästinenser war klar: „Israel versteht nur die Sprache der Gewalt.“ Nun hat eine Partei diese Sprache gesprochen und so die palästinensischen Wahlen gewonnen. Viele der für Hamas abgegebenen Stimmen haben nichts mit Frieden, Religion und Fundamentalismus zu tun, sondern mit Protest. Die palästinensische Behörde, die  fast ausschliesslich von Fatah geführt wurde, ist von Korruption besudelt. „Der Mann auf der Strasse“ hatte das Gefühl, dass sich die Leute an der Spitze nicht um ihn kümmerten. Fatah wurde auch die Schuld für die schreckliche Situation durch die Besatzung gegeben. Der Ruhm der Märtyrer und der unbeugsame Kampf gegen die enorm überlegene israelische Armee liess die Popularität der Hamas wachsen. Die Hamas hat glaubwürdigere, nicht mit Korruption belastete Kandidaten. Ihre Parteimaschine war weit überlegen, ihre Mitglieder viel disziplinierter.
 
Die Logik  der israelischen Regierung war folgende: Unser Feind ist die PLO. Die Islamisten hassen die säkulare PLO und Yasser Arafat. Also können wir sie gegen die PLO ausspielen. Während ausserdem alle politischen Institutionen verboten waren, und selbst die Palästinenser, die für den Frieden arbeiteten, verhaftet wurden, weil sie „illegale“ politische Tätigkeiten ausführten, konnte keiner kontrollieren, was in den Moscheen passierte. „Solange sie beten, schiessen sie nicht!“ war die unschuldige Meinung der israelischen Militärregierung. Als die 1. Intifada Ende 1987 ausbrach, hat sich dies als falsch erwiesen. Die Hamas wurde auch deshalb gebildet, um mit den islamischen Jihad-Kämpfern zu konkurrieren. Innerhalb kurzer Zeit wurde die Hamas zum Kern des bewaffneten Aufstands. Aber fast ein Jahr lang tat der israelische Sicherheitsdienst nichts gegen sie. Dann änderte sich die Politik, als Scheich Achmed Yassin, der geistliche Führer, verhaftet wurde. All dies wurde eher aus Dummheit denn aus Absicht getan. Nun sieht sich die israelische Regierung der Hamas-Führung gegenüber, die vom Volk demokratisch gewählt worden ist. In den 70er und 80er Jahren erklärte die israelischen Regierung, dass sie niemals mit der PLO verhandeln würde. Sie sind Terroristen. Sie haben eine Charta, die zur Zerstörung Israels aufruft. Arafat ist ein Monster, ein zweiter Hitler. Darum niemals, niemals,  niemals ...  Schliesslich, nach viel Blutvergiessen, erkannten Israel und die PLO sich gegenseitig an und das Oslo-Abkommen wurde unterzeichnet. Nun hören wir dieselben Töne wieder: Terroristen, Mörder. Die Hamas-Charta ruft zur Zerstörung von Israel auf. Wir werden niemals, niemals, niemals mit ihnen verhandeln. All dies kommt Sharons Kadima-Partei, die offen zur einseitigen Annexion von Gebieten aufruft („Die Grenzen Israels einseitig festlegen“), gerade recht. Dies hilft den Falken der Likud- und der Labor-Partei, deren Mantra „Wir haben keinen Partner für den Frieden“, also zur Hölle mit dem Frieden, heisst! Nach und nach wird sich der Ton ändern. Beide Seiten, auch  die Amerikaner, werden vom hohen Ross steigen. Die Hamas wird belegen, dass sie für Verhandlungen bereit ist und eine religiöse Basis dafür finden wird.
Die israelische Regierung (wahrscheinlich Ehud Olmert ) wird sich der Realität und dem amerikanischen Druck beugen. Europa wird seine lächerlichen Slogans vergessen. Am Ende wird jeder darin übereinstimmen, dass ein Friede, in dem die Hamas auch ein Partner ist, besser ist, als ein Frieden mit Fatah allein. Wollen wir darum beten, dass nicht zu viel Blut vergossen wird, bevor dieser Punkt erreicht ist.  
 
 
 
 
 
Was die Gebietsannexion betrifft, so legt Mustafa Barghouti 3 u.a. dar, dass der Gaza-Rückzug den Friedensprozess beleben sollte, die Fakten jedoch etwas anderes bezeugen:
Vor dem Abzug gab es 152 Siedlungen in den besetzten Gebieten, davon 101 in der Westbank, 30 in Ost-Jerusalem und 21 im Gazastreifen  - jene Camps der Israelis, die im Westjordanland ohne offizielle Anerkennung entstanden, nicht mitgerechnet. Man kann es auch anders ausdrücken: Vor dem Gaza-Abzug gab es 436.000 Siedler, von denen 246.000 in der Westbank, 190.000 in Ost-Jerusalem und knapp 8.500, oder 2%, im Gazastreifen lebten. Während diese Siedler gehen mussten, wuchs deren Zahl in der Westbank um 15.800. Warum von Abzug reden, wenn in Wirklichkeit eine Umsiedlung stattfand? Israel hat den Mythos, der Rückzug bedeute das Ende der Besatzung des Gazastreifens, erfolgreich kolportiert, doch ist dieses Gebiet heute noch genau so besetzt wie zuvor. Geändert hat sich allein die Struktur der Besatzung. Die Armee bleibt im Norden von Gaza stationiert, behält die Kontrolle über den Luftraum, die Küstenlinie und die lokalen Wasserressourcen. Sie entscheidet nach wie vor, wer wegen dringend benötigter medizinischer Hilfe den Gazastreifen verlassen darf und wer nicht, wer ausreisen darf und wer nicht. Gaza bleibt ein grosses Gefängnis und dem Risiko ausgesetzt, vollends von der Westbank abgetrennt zu werden; darunter leidet die Einheit der Palästinenser, dadurch wird ihr Recht auf einen eigenen Staat zerstört. Wer von Sharons heldenhaften Konzessionen spricht, übersieht in der Regel auch, dass der Ausbau der Schandmauer und der israelischen Siedlungen zur totalen Annexion von nicht weniger als 50% der Westbank führen wird (Ost-Jerusalem inklusive). Durch den Verlauf der Sperranlagen sind jetzt schon mehr als 9% der Westbank abgetrennt und nicht weniger als 250.000 Palästinenser in Jerusalem isoliert. Mindestens 50.000 Palästinenser mit einer Jerusalemer Identitätskarte bleiben ausserhalb der Mauer und können Jerusalem nicht mehr ungehindert betreten, geschweige denn dessen Schulen und Hospitäler in Anspruch nehmen. In manchen Gegenden durchschneidet die Mauer gar Orte und Häuser. Nahe Anata trennt sie den Sportplatz von der dazugehörenden Schule. In Qalqilia sind 46.000 Menschen förmlich eingesperrt und verfügen über ein einziges Tor zur Aussenwelt. Die Schlüssel dazu verwalten die Israelis, sie können Qalqilia verschliessen, wann immer sie wollen. Die Bewohner des Dorfes Yayous dürfen die Mauer zwischen 7.40 und 8.00 Uhr, zwischen 14.00 und 14.15 Uhr und zwischen 18.45 und 19.00 Uhr passieren. genau 50 Minuten am Tag. Manchmal vergisst die Armee, den Durchlass zu öffnen - Schulkinder, Lehrer, Bauern oder Kranke müssen dann eben warten. In der Westbank sind heute die Hauptstrassen für Siedler sowie für das israelisches Militär reserviert und deshalb für Palästinenser gesperrt. Derartiges wurde nicht einmal auf dem Höhepunkt der Apartheid in Südafrika praktiziert. Nach 58 Jahren Enteignung und 38 Jahren Besatzung, so Barghouti, haben es die Palästinenser verdient, erlöst zu werden. Was den Terror als solchen betrifft, so ist Fritz Edlinger von der Palästina Plattform Österreich in seinem Artikel ‘Zum Wahlerfolg der Hamas’ vom 27.1.06  der Auffassung, dass Angriffe der israelischen Luftwaffe auf palästinensische Flüchtlingslager und die gezielte „extra-legale“ Tötung von Verdächtigen ebenso Terror darstellt wie Selbstmordanschläge auf israelische Einkaufszentren und Diskotheken. 
 
Inzwischen haben UNO, EU, USA und Russland die Hamas zum Gewaltverzicht und zur Anerkennung Israels aufgefordert. Von der Erfüllung dieser Forderung wird die Zuwendung zukünftiger finanzieller Mittel abhängig gemacht. Doch die Hamas will sich durch die internationalen Geldgeber nicht unter Druck setzen lassen und am bewaffneten Kampf festhalten. Ismail Hanijeh, ein Hamas-Führer in Gaza, liess verlauten, „dass die Drohungen, die Hilfen zu kürzen, vergebens seien. Es existieren andere Geldgeber“, ohne jedoch Namen zu nennen. Hinsichtlich der Steuergelder, die seit Jahr und Tag in Millionenhöhe nach Palästina fliessen, gilt es festzuhalten, dass die EU der Hauptgeldgeber ist, obwohl jedes EU-Geberland über die Massen verschuldet ist. Die G-8-Gruppe hat im Juli 2005 die Zusicherung erteilt, ein Hilfspaket in Höhe von 3 Mrd. $ für die Palästinenserbehörde zu schnüren. Hier hätte es die EU in der Hand, als Gegenleistung für den Transfer unserer Gelder endlich feste Garantien zu fordern, dass die Christenverfolgung in den Palästinensergebieten aufhört.  
 
Einer Studie des Anwalts für Menschenrechte, Justus Reid Weiner 4, zufolge, haben Tausende von arabischen Christen im vergangenen Jahrzehnt ihre Heimat in den palästinensischen Gebieten verlassen und leben im Ausland. Heute beträgt der Anteil dieser Glaubensrichtung weniger als 2 %. Während die Christen 1990 z.B. noch 60 % der Bevölkerung Bethlehems ausmachten, waren es in 2001 nur noch 20%.  Die Gründe hierfür liegen vor allem in der religiösen Verfolgung durch die Moslems in den von der palästinensischen Autonomiebehörde (PA) kontrollierten Gebieten. Diese
ist, so Weiner, zum Grossteil auf die Anwendung der Scharia zurückzuführen, die höher bewertet  werde als internationale Menschenrechtsnormen. Christen werden häufig als Verbündete der christlichen Imperialisten des Westens und der Zionisten angesehen, da sie die Gewalt nicht als Mittel auf dem Weg zu einem eigenen Staat sehen. Christen wurden z.B. durch gezielte politische Massnahmen der PA aus wichtigen politischen und bürokratischen Bereichen der Stadtverwaltung in Bethlehem entfernt; christliche Geschäfte werden boykottiert und bei Kreditvergaben benachteiligt. Schutzgelderpressungen sind keine Seltenheit und durch das Verbot von Landverkauf an Nichtmoslems ist es Christen nahezu unmöglich, Land zu erwerben oder an andere Christen zu veräussern. Schändungen christlicher Stätten sind ebenfalls keine Ausnahme. Für christliche Frauen besteht darüber hinaus der Zwang, sich wie moslemische Frauen zu kleiden. Weiner kritisiert auch die Leiter christlicher Kirchen und Gemeinschaften. Um ihre eigene Position nicht zu gefährden sowie Schutz und Unterstützung von der PA zu erhalten, würde die Verletzung von Menschenrechten meistens geleugnet. Auch die USA, die UNO und die EU würden dazu schweigen. Weiner fordert uns in Europa dazu auf, in dieser Frage Druck auf unsere Regierungen auszuüben. Er scheint nicht mit dem Fakt vertraut, dass diese in der Mehrheit der Fälle eher über uns hinwegsteigen, als dass sie uns Gehör zu schenken. Wirklicher Druck käme vermutlich nur dann zustande, wenn sich die EU-Bevölkerung dazu entschliessen könnte, sämtliche Wahlen zu boykottieren. Erst dann ergäbe sich eine Auseinandersetzung, die es den Bürgern ermöglichte, Änderungen in ihrem Sinn zu erzwingen.
 
Le Figaro vom 29.1. verzeichnet die Erklärung der Hamas, dass sie Israel nicht anerkennen wird; man könne jedoch zu  einem Waffenstillstand von langer Dauer gelangen. Hamas-Führer Ismail Hania liess in Gaza verlauten, UNO, USA, EU und Russland sollten direkte
und offene Gespräche mit seiner Bewegung beginnen. Die Hamas werde das Finanz- und Behördensystem besser als bisher reformieren. Achten sie die Wahl des palästinensischen Volkes, sagte Hania an die Adresse des ‚Quartetts’. Der niederländische Aussenminister Bernard Bot hingegen hofft, dass die Hamas in den kommenden Wochen ihre Position ändern wird. Wir können mit niemandem zusammenarbeiten, der sich am Terrorismus beteiligt, der ein anderes Land auslöschen will und Angriffe auf dieses Land befürwortet.
 
Bei einem Treffen von Bush und Blair Anfang November  2004 erklärte sich Bush zwar dazu bereit, den Palästinensern dabei behilflich zu sein, die Strukturen für einen ‘demokratischen unabhängigen und lebensfähigen’ Staat aufzubauen, weigerte sich jedoch, sich dahingehend festzulegen, dass dieser Staat existiere, wenn er das Weisse Haus Anfang des Jahres 2009 verlasse [Le Monde 14.11.04]. Das sagt eigentlich alles über den Willen aus, einen eigenen Palästinenserstaat zu schaffen und zur Entschärfung der Situation beizutragen. Einem Bericht der Tageszeitung Haaretz zufolge sind die Zahlungen, die den Palästinensern aus Steuer- und Zolleinnahmen zustehen, vorerst eingestellt worden. "Wir haben nicht vor, Gelder zu überweisen, die für Terrorismus ausgegeben werden", sagte der amtierende Ministerpräsident Ehud Olmert mit Blick auf den Sieg der radikal-islamischen Hamas. Ansonsten gewinnt man den Eindruck, dass die Gerüchteküche erneut kräftig am Brodeln ist. Die Welt am Sonntag vermeldet am 29.1 5, dass der Iran die Hamas finanziert und Teherans Geheimdienst die Terroristen schult. Seit Jahren, so die Zeitung, alimentieren die radikalen Hardliner in Teheran die Hamas mit Millionen Dollars. Das weit gefasste soziale Netzwerk der Hamas könnte ohne die Millionenzahlungen aus dem Iran schon längst nicht mehr existieren. Hunderte junger Hamasanhänger durchlaufen Jahr für Jahr die Terrorcamps des Geheimdienstes der Revolutionären Garden. Teherans militärische Unterstützung beschränkt sich allerdings nicht nur auf die Ausbildung und Aufrüstung der Hamasterroristen. Die Mullahs gehen sogar so weit, einzelne Selbstmordattentate in Auftrag zu geben. Bis zu einer  Beweisführung dringt der Autor nicht vor. Inzwischen dürfte jeder gelernt haben, mit solchen Nachrichten sorgfältig umzugehen, bevor man sie als bare Münze nimmt, ist doch die Systempresse immer wieder dabei, der jeweiligen Situation angepasste Informationen zu verbreiten, und im Augenblick ist nichts dienlicher, als bezüglich des Irans ein negatives Klischee herzustellen. Wir kennen das Muster vom Irakkrieg her.
 
Nach den Wahlen erschien am 27.1. folgende Anzeige von Gush Shalom, der Gruppierung israelischer Friedensaktivisten, in Haaretz: Und jetzt - auch mit der Hamas! Mit der ins palästinensische Parlament und vielleicht auch in die Regierung einziehenden Hamas gibt es eine historische Gelegenheit, diese Bewegung, ihre Führer, Mitglieder, Sympathisanten und Wähler in den Friedensprozess einzubinden. Jedes so erreichte Friedensabkommen wird so stärker und dauerhafter. Jede palästinensische Gruppe, die mit der Regierung von Israel redet, erkennt auf diese Weise den Staat Israel praktisch an. Abschliessend seien hier noch einige Worte von Uri Averny angefügt: Es muss ganz klar gesagt werden: diese Wahlen sind eine grosse Errungenschaft für die palästinensische Gesellschaft, ein Ehrentitel für ein Volk, das unter der Besatzung leidet, dessen unabhängiger Staat  noch ein Traum ist. Jeder sollte vor ihr den Hut ziehen! Je umfassender die Führung ist, umso besser. Wenn ein Abkommen erreicht wird, ist es entscheidend wichtig, dass alle Sektionen der palästinensischen Bevölkerung daran gebunden sind. Und wesentlich ist, gerade die extremsten Faktionen mit einzuschliessen. Hätte sich die Hamas nicht dafür entschieden, an den Wahlen teilzunehmen, dann hätte sie dazu gezwungen werden müssen.
 
 
1 Mathias Bröckers, Verschwörungen, Verschwörungstheorien und die Geheimnisse des
  11.9. Verlag Zweitausendeins, ISBN 3-86150-456-1; äusserst empfehlenswert 
2 http://www.averny-news.co.il/
3 Der vollständige Text ist auf http://www.freitag.de/cgi-bin/search abrufbar
Mustafa Barghouti, Schlüssel für Qalqilia
4  Dr. Justus Reid Weiner, ‘Human Rights of Christians in Palestinian Society’, bei
amazon com. erhältlich. Weinert lehrt Internationales Recht an der Hebräischen Universität
in Jerusalem
5 http://www.wams.de/data/2006/01/29/838232.html  29.1.06
Hervorhebungen durch politonline