G7 - Wie wir unentwegt verschuldet werden

d.a. Es hat nicht den Anschein, als fühlten sich die zu dem abschliessenden Gruppenfoto angetretenen,

freundlich in die Kamera blickenden Teilnehmer des Gipfels auf Schloss Elmau durch den Entscheid, uns 600 Milliarden Dollar an Finanzhilfe für «Investitionen in fremden Landen» aufzubürden, in irgendeiner Weise belastet. Die Regierungschefs der G7 dürfen sich, wie üblich, sicher sein, dass ihre bereits knietief verschuldeten Steuerzahler auch diese weitere Zinsknechtschaft ohne gross zu murren ertragen werden, ist es doch längst zur Norm geworden ist, dass die Vergabe des Ertrags unserer Arbeitskraft in alle Herren Länder auf keinen Widerstand in den Parlamenten stösst.

Und auch die viel gepriesenen «EU-Werte», geschweige denn die Ausrichtung unserer Demokratie, sehen nicht vor, dass wir gegen die Vergabe unserer Steuergelder aufmucken, selbst dann nicht, wenn es sich, wie in diesem Fall erneut, um exorbitant hohe Summen handelt.

Wie dem Artikel von Prof. Dr. Eberhard Hamer vom  Mittelstandsinstitut Niedersachsen in Hannover zu entnehmen ist [1], «war der für US-Präsident Biden wichtigste Beschluss, dass die G7 ein 600 Milliarden $-Paket für Investitionen in den Entwicklungsländern zur Verfügung stellen sollen, bereits vor der Konferenz verkündet worden». Man fragt sich hier unweigerlich, wieso die sogenannten Schwellenländer, obwohl sie über die Jahre hinweg Milliarden unserer Steuern geschluckt haben, ewig im Status «Entwicklung» verharren, ohne dass unsere Finanzhilfen eine Richtungsänderung bewirkten. Nun ist davon auszugehen, dass Aufbauhilfen dieser Art in der Regel unter einem rein humanitären Blickpunkt erfolgen sollten; indessen zeigt Prof. Hamer auf, dass diesen 600 Milliarden $ ein gänzlich anderer Hintergrund zugrunde liegt: «Sie sollen den Entwicklungsländern für Investitionen zur Verfügung gestellt werden, damit die Einflussnahme Chinas auf Entwicklungsländer im Zuge der Seidenstraße gebremst und überboten werden könne». «Die Finanzspritze», führt Hamer des weiteren aus, «wurde zwar auch mit dem Ukraine-Krieg begründet, hat aber damit überhaupt nichts zu tun, sondern lediglich damit, das in Finanznot geratene Dollarimperium international wieder in die Offensive zu bringen und mit Hilfe des Geldes unabhängige Staaten zu neuen Kolonien des Dollarimperiums zu machen».

Noch mehr dieser Projekte, man denke hier insbesondere an die von Selenskyj bereits lauthals reklamierte Wiederaufbauhilfe für die Ukraine, werden die sich in den europäischen Ländern abzeichnende Armutsquote unweigerlich steigern. Auf Regierungsebene scheint man sich auch keinerlei Gedanken darüber zu machen, dass von dieser «Dollarfülle» auch nicht ein Cent in den Kassen der Länder vorhanden ist, so dass es erneut um eine immense Kreditaufnahme am Kapitalmarkt geht, die die Budgets der G7 auch durch die damit verbundene Zinslast entsprechend schmälern.

Zu den «Nachwehen» der Tagung auf Schloss Elmau gehört daneben der von Joe Biden verlangte Beschluss, den Boykott russischer Goldverkäufe festzulegen, um Russland zu schaden. Wie Prof. Hamer vermerkt, ist auch dieses Übereinkommen von Biden bereits vor der Konferenz verkündet worden. »Russland soll dadurch die Verwertung seines Goldschatzes zur Liquiditätssicherung versperrt werden». Offenbar gab es Hamer zufolge hiergegen »zwar ein Murren der Teilnehmer, aber keinen offenen Widerstand; lediglich Bedenken, vor allem französische«. Fest steht, dass die zur Konkurrenzierung Chinas einzusetzenden Milliarden uns als zusätzliche Steuerlast verlässlich erhalten bleiben werden…..  

Zu einer dem obigen Verschuldungsmodus entgegenstehenden Sicht gelangt indessen Strategic Alert. Unter dem Titel Die G7 präsentiert ihre Wunderwaffe gegen Chinas Belt and Road Initiativeheisst es zwar, dass in Elmau der Start der Partnerschaft für globale Infrastruktur und Investitionen, die im Umfang von 600 Mrd. $ der chinesischen Seidenstrasse Konkurrenz machen soll, verkündet wurde, dass aber, nach den Erfahrungen der Vergangenheit zu urteilen, dieses Geld niemals fliessen wird; schliesslich warteten die Entwicklungsländer noch immer auf die 100 Mrd. $ pro Jahr als Ausgleich für die vor 13 Jahren in Kopenhagen versprochene klimaneutrale Politik. Aber selbst wenn die Mittel bereitgestellt würden, fährt Strategic Alert fort, gäbe es keine Konkurrenz mit China. Während Beijing Strassen, Eisenbahnen, Energie, Wasser und andere Infrastrukturen, die von den Partnerländern ohne politische Bedingungen ausgewählt werden können, anbietet, begünstigt der G7-Plan nur Investitionen in erneuerbare Energien, daneben noch in Gesundheit und Digitalisierung. Die Entwicklungsländer haben also die Wahl zwischen chinesischen Krediten zur Finanzierung dessen, was sie für gut und produktiv halten, und den westlichen Krediten zur Finanzierung dessen, was der Westen für gut und unproduktiv hält. Das Ganze ist aber offenbar nur ein Täuschungsmanöver. Die EU hat von den insgesamt 600 Mrd. Dollar 300 Milliarden zugesagt. Dieses Geld ist im EU-Haushalt nicht vorgesehen, und seine Aufstockung ist ein so langwieriges und  kompliziertes Verfahren, dass die einzige Möglichkeit, das Geld aufzutreiben, darin besteht, es auf dem Markt zu leihen. Aber auch dies ist ein kompliziertes und langwieriges Unterfangen, das einen einstimmigen Beschluss aller EU-Mitgliedstaaten erfordert.  [2]  

US-Präsident Biden hat seinerseits erklärt, dass sein Land für die Partnerschaft für Infrastruktur-Investitionen 200 Milliarden $ an öffentlichem wie privatem Kapital bereitstellen werde, während Japan sich mit 65 Milliarden $ beteiligen will. Was die den Kreditempfängern ermöglichte Wahl betrifft, so hat auch die Frankfurter Allgemeine Zeitung festgehalten [4], dass die Initiative helfen soll, Chinas Seidenstrassen-Projekt, mit dem die kommunistische Regierung durch Kreditvergaben und Infrastrukturprojekte Länder an sich binden will, zu kontern. «Es liegt an uns, der Welt einen positiven und starken Investitionsimpuls zu geben, um unseren Partnern in den Entwicklungsländern zu zeigen, dass sie eine Wahl haben, und dass wir uns solidarisch engagieren wollen, um ihren Entwicklungsbedarf zu decken», sagte von der Leyen in Anspielung auf China. Auch andere G-7-Regierungschefs betonten, dass der Westen bessere Angebote für eine Zusammenarbeit machen könne.    

Eine weitere Ankündigung des G7-Gipfels, so Strategic Alert, ist die Entscheidung, eine Preisobergrenze für Energie zu prüfen. Dies wurde insbesondere vom ehemaligen EZB-Vorsitzenden und jetzigen italienischen Ministerpräsidenten Mario Draghi, dessen Antrag zuvor im EU-Rat abgelehnt worden war, vorangetrieben. Draghi selbst erklärte in einer Pressekonferenz, die Einführung einer Preisobergrenze für Energie, insbesondere für Gas, sei eine geopolitische Entscheidung. »Wir müssen unsere Abhängigkeit von Russland für immer beenden. Die Begrenzung der Importe fossiler Brennstoffe aus Russland hat nicht nur ein wirtschaftliches und soziales, sondern auch ein geopolitisches Ziel. Wir müssen unsere Finanzierung Russlands reduzieren und eine der Hauptursachen für die Inflation beseitigen», sagte der Mann, der die Quantitative Easing, die Quantitative Lockerung, die eigentliche Ursache der Inflation, erfunden hat.

Aber eine Preisobergrenze würde Russland und andere Produzenten dazu bringen, ihr Öl und Gas nicht mehr an die EU-Länder zu verkaufen, was die Krise noch verschärfen würde. In Wirklichkeit tanzen die G7- Regierungen auf der Titanic: Ihr Finanzsystem bricht zusammen, während der Teil der Welt, den sie ausschliessen wollten, eine Alternative aufbaut, um zu überleben und sich zu entwickeln.  [2] 

Was die von den G7 begünstigten Investitionen in erneuerbare Energien angeht, so las man bereits Mitte 2015 in den Deutschen Wirtschafts Nachrichten, dass die G7-Politiker ihren Anspruch angemeldet hätten, die Zukunft unseres Planeten zu gestalten. «Ihr Ziel ist die Plünderung der Welt durch Schulden, Freihandel und hemmungslose Ausbeutung. Sie verkünden Werte und meinen die skrupellose Durchsetzung von elitären Interessen. Sie wollen die Welt vom Gipfel aus regieren – und werden genau deshalb scheitern. Die 7 politischen Führer und ihre Entourage aus der globalen Schulden-Industrie wollen dem Rest der Welt vorschreiben, welche Werte sie zu vertreten haben: Sie sollen vollständig auf Kohle, Öl und Gas verzichten und möglichst erneuerbare Energien kaufen».  [3]  

Wissenswert ist überdies, dass die BRICS-Länder  [Brasilien, Russland, Indien, China, Südafrika]  während ihres jährlichen Gipfels der Staats- und Regierungschefs am 23. und 24. Juni in Peking über ein alternatives Währungssystem diskutierten. Dort wurde deutlich, dass sie die westliche Idee einer unipolaren Welt ablehnen. In ihrer verabschiedeten Erklärung von Beijing heisst es, man wolle dafür sorgen, dass alle Nationen, auch die am wenigsten entwickelten, ein grösseres Mitspracherecht bei globalen Entscheidungen erhalten.   

Die dringende Frage einer neuen internationalen Reservewährung wurde auf dem BRICS-Wirtschaftsforum von Präsident Putin öffentlich angesprochen. Dies verleiht der Debatte   hinsichtlich der Notwendigkeit, das derzeitige auf dem Dollar basierende System, das völlig unzuverlässig geworden ist und den willkürlichen Launen Washingtons unterliegt, zu ersetzen, eine neue Dimension. «Gemeinsam mit den BRICS-Partnern», so Putin, «entwickeln wir zuverlässige alternative Mechanismen für den internationalen Zahlungsverkehr. Das russische Finanztransaktionssystem ist offen für die Verbindung mit den Banken der BRICS-Länder  [d.h. ausserhalb des SWIFT-Systems].  Das russische MIR-Zahlungssystem baut seine Präsenz aus. Wir prüfen die Möglichkeit, eine internationale Reservewährung zu schaffen, die auf dem Korb der BRICS-Währungen basiert». Die aussergewöhnlich harten einseitigen Sanktionen, die die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten gegen Russland verhängt haben, haben bereits eine Reihe wichtiger Handelspartner Russlands - darunter Indien und China - dazu veranlasst, auf den Handel in nationalen Währungen umzustellen.  [2] 

Apropos Verschuldung  

Ungeachtet der steigenden Verarmung beabsichtigt die EU, noch mehr unproduktive Schulden zu produzieren, wild steigende Ausgaben für Waffen und militärische Expansion, Verschwendung von Steuergeldern für illusorische Green Reset-Projekte und die Bedienung früherer Schulden [bei privaten Banken] auf Kosten der Realwirtschaft. Sieht man einmal von den Massen an fiktiven Schulden ab, die von den Banken und Konzernen geschaffen wurden, was in Wirklichkeit ein viel ernsteres Problem ist, ist die Staatsverschuldung der Länder der Eurozone in den letzten 20 Jahren erheblich gestiegen, wie aus Daten des Internationalen Währungsfonds hervorgeht. Dies gilt insbesondere für Griechenland, Spanien, Italien und Frankreich. Der Schuldenberg in der Eurozone insgesamt stieg im dargestellten Zeitraum von 69,4 % auf 93,4 %, berechnet als Anteil am BIP. Die höchste absolute Staatsverschuldung innerhalb der Europäischen Union hatte im IV. Quartal 2021 Frankreich mit rund 2,81 Billionen €, dicht gefolgt von Italien mit rund 2,68 Billionen €, aber einer deutlich geringeren Wirtschaftsleistung. Deutschland, der drittgrösste Schuldner, kommt auf 2,475 Billionen Euro.   

Inzwischen nehmen die Waffenlieferungen für die Ukraine ungestört ihren Fortgang.   Angesichts wirtschaftlicher Not und galoppierender Inflation gehen immer mehr Menschen in Europa auf die Strasse. Am 20. Juni marschierten rund 80.000 Gewerkschafter der grössten belgischen Gewerkschaften durch Brüssel, um gegen die steigenden Lebenshaltungskosten zu protestieren und höhere Löhne zu fordern. In der Stadt, in der die NATO ihren Hauptsitz hat, skandierten einige Teilnehmer auch Gebt Geld für Gehälter aus, nicht für Waffen. In den Niederlanden demonstrierten 40.000 Landwirte und ihre Familien gegen die Entscheidung der Regierung, den Stickstoffeinsatz drastisch zu senken. Sie fuhren mit ihren Traktoren auf wichtigen Strecken im ganzen Land und trugen Schilder mit den Aufschriften Keine Landwirte, keine Zukunft und Den Haag will die Landwirte verbieten. Die Regierung hatte zuvor ihren Plan angekündigt, bis 2030 bis zu 70 % des in der Landwirtschaft verwendeten Stickstoffs einzusparen, was zu einer drastischen Verringerung der zulässigen Viehbestände und des Einsatzes von Düngemitteln führen würde.  [2]    

Inmitten des von der EU entfachten Sanktions-Tsunami gegen Russland ist das Land weit davon entfernt, hierdurch den erwünschten Schaden davonzutragen. Im Gegensatz zur hochverschuldeten USA und dem gleichermassen verschuldeten Europa zeichnet sich Russland durch einen relativ stabilen Staatshaushalt aus. Allein die deutschen Exporteure haben infolge der nach und nach weiter verstärkten Sanktionen Milliardenverluste erlitten. Die schon früh an die damalige Bundeskanzlerin gerichteten Appelle grosser Unternehmen wie BASF, SE, Siemens, Volkswagen, Adidas und Deutsche Bank, die bereits Anfang Mai 2014 öffentlich gegen eine Erweiterung von Wirtschaftssanktionen gegen Russland aufgetreten waren, blieben ignoriert, wie man das in unserer Demokratie so handhabt. 

In der Geopolitik, vermerkt der in St. Petersburg lebende Autor Thomas Röper, geht es um handfeste Interessen. Dass zum Beispiel Russland und China heute eng befreundet sind, liegt daran, dass sie in sehr vielen Bereichen die gleichen Interessen haben. Sie sind an Stabilität in Asien interessiert, weil kein Staat gerne Unruhe in der Nähe seinen Grenzen hat. Russland ist an Chinas Technologie und industrieller Macht interessiert, China braucht Russlands Rohstoffe und auch Unterstützung auf den Technologiefeldern, auf denen Russland führend ist. Die beiden Staaten sind von den USA regelrecht zur Zusammenarbeit gezwungen worden, weil die USA beide Staaten seit Jahren mittels Sanktionen und anderen Massnahmen offen bekämpft und offiziell zu Gegnern erklärt haben. Die USA wollen die Weltmacht Nummer eins bleiben, also die Weltherrschaft behalten. Das nennt sich unipolare Welt, in der es nur einen Machtpol gibt.  [5]      

«Die Sanktionen», hat Paul Craig Roberts, renommierter US-Publizist und stellvertretender Finanzminister unter Reagan, diesen März erklärt, dienen weit mehr den Interessen Washingtons, als dass sie die Interessen Russlands verletzten. Für Russland ist die Hauptbelastung durch die Sanktionen die Beleidigung. Und was die Ukraine angeht, so hängt ihre Zukunft davon ab, dass sich Russland zurückzieht, nachdem es seine Ziele erreicht hat. Seit Jahren schreibe ich, dass Russlands Geduld mit dem Westen nicht ewig währt und Russland zurückschlagen wird, wenn der Westen nicht aufhört zu drängen. Ich sagte, je länger Russland warte, desto stärker werde es zurückdrängen müssen. Ich sagte ferner, dass die Situation in Anbetracht der völligen Dummheit der gesamten westlichen Welt gefährlich werden würde. ….. Wenn die US-Marionetten in Europa, die ihre Länder im Interesse Washingtons regieren, Putins Warnung, sich nicht in die ukrainische Säuberungsaktion einzumischen, ignorieren, könnten sie selbst angegriffen werden, und dann müsste die ohnmächtige NATO die Klappe halten oder aufgeben».   [6]

Doris Auerbach 
d.auerbach@gmx.ch

 

[1]  https://www.pi-news.net/2022/06/zum-biden-rapport-nach-elmau/   27. 6. 22
Zum Biden-Rapport nach Elmau - Von Prof. Dr. Eberhard Hamer

[2]  Strategic Alert, Jahrgang 35, Nr. 26 vom 29. Juni 2022

[3]  http://deutsche-wirtschafts-nachrichten.de/2015/06/09/arroganz-des-westens-die-welt-vom-gipfel-aus-regieren/  9. 6. 2015  Arroganz des Westens: Die Welt vom Gipfel aus regieren

[4]  https://www.faz.net/aktuell/wirtschaft/g7-bieten-entwicklungslaendern-600-milliarden-dollar-18130984.html    26. 6. 22
Infrastruktur-Gelder der G7 : 600 Milliarden Dollar als Antwort auf Chinas Seidenstraßen-Projekt

[5] 
https://uncutnews.ch/wie-geopolitik-funktioniert-und-worum-es-in-der-ukraine-wirklich-geht/    10. 4. 22  Thomas Röper

[6]  http://antikrieg.com/aktuell/2022_03_01_ukraineupdate3.htm  1. 3. 22