Die ukrainische Führung prangert die Kriegshysterie an

Seit zwei Monaten berichten westliche Medien praktisch tagein tagaus

über die 100.000 Soldaten, die Rußland an der Grenze zur Ukraine zusammengezogen hat, denn diese seien jederzeit zum Einmarsch bereit. Gerade letztere Behauptung ist jedoch von der ukrainischen Regierung selbst energisch dementiert worden; Präsident Selenskyj berichtete persönlich, er habe Präsident Biden am 27. Januar gesagt: «Im Ausland existiert das Gefühl, dass hier ein Krieg herrscht. Das ist nicht der Fall, wir können diese Panik nicht gebrauchen». Er forderte den Westen auf, keine Verängstigung zu verbreiten. Das endlose Gerede über einen drohenden Krieg hat der ukrainischen Wirtschaft bereits einen hohen Tribut abverlangt und löst in der Bevölkerung eine Psychose aus.

Allerdings erklärte Selenskyj auch, eine Eskalation sei immer noch möglich; er hat deshalb mehr Geld sowie Waffen vom Westen und der NATO verlangt. Außerdem befürwortete er schärfste Sanktionen gegen Rußland.  

Entscheidend sind nach wie vor die Sicherheitsgarantien, die Rußland von der NATO und von Washington fordert, wie dies die russische Führung wiederholt betont hat. Wie Sergej Lawrow am 26. Januar bekannt gab, liegen die Antworten inzwischen vor. Zwar ist ihr Inhalt nicht veröffentlicht worden, jedoch erklärte Lawrow, dass sie keine positive Antwort auf die Kernforderungen des Kremls enthielten, die bekanntlich lauten, keine weitere NATO-Osterweiterung zu vollziehen und keine «hochzerstörerischen Waffen, die das Territorium der Russischen Föderation bedrohen können», zu stationieren. Indessen beschrieb Lawrow Washingtons Antwort immerhin als Muster an diplomatischem Anstand; ferner begrüßte er die Bereitschaft, auf Moskaus Bedenken einzugehen. Im Gegensatz dazu sei das Memo der NATO «ideologisiert; es atme die Exklusivität des Bündnisses, seine besondere Mission, seinen besonderen Zweck». Er schäme sich fast für diejenigen, die ein solches Dokument verfaßten.

Tatsächlich werfen NATO-Generalsekretär Stoltenberg und vor allem die britische Regierung mit wilden Drohungen um sich, während große Mengen an militärischem Gerät in die Ukraine geflogen werden, was die Uneinigkeit unter den NATO-Mitgliedsländern vergrößert. Zu erwähnen ist hier der Fall Spanien: Nachdem der sozialistische Ministerpräsident Sanchez Ende Januar angekündigt hatte, der NATO mehr militärische Ausrüstung zu liefern, verurteilte die Podemos-Partei, der Hauptpartner in der Regierungskoalition, die Entscheidung und rief zu einer Antikriegsmobilisierung auf. In Kroatien kündigte Präsident Milanovic an, das Land werde sich in keiner Weise in die Ukraine-Krise einmischen und keine Truppen entsenden. Auch Ungarn, Tschechien und Bulgarien wollen sich nicht an einer militärischen Aktion beteiligen. Was Washington betrifft, so wünscht Präsident Biden vielleicht eine Deeskalation, aber viele in seiner Regierung wünschen dies nicht, und der Kongreß bereitet gegen Rußland die Mutter  aller Sanktionen vor. Die berüchtigte Kriegspartei und der militärisch-finanzielle Komplex unterliegen offenbar weiter der Illusion, sie könnten Rußland, und auch China, noch zur Unterwerfung unter ihre unipolare Welt zwingen. Das Hauptmotiv für ihre Hysterie ist der unausweichliche Kollaps des transatlantischen Finanzsystems, des Herzstücks ihres Möchtegern-Imperiums.

Am 26. Januar hatte ferner Verteidigungsminister Oleksii Reznikov vor dem Parlament erklärt: «Die Lage an der ukrainisch-russischen Grenze unterscheidet sich derzeit nicht von der im Frühjahr letzten Jahres. Zur Zeit gibt es keine nennenswerten Aktionen oder Phänomene»; zwei Tage zuvor hatte er dem Fernsehsender ICTV gesagt: «Es wurde keine einzige Kampfgruppe der russischen Streitkräfte aufgestellt, was beweist, dass sie morgen nicht einmarschieren werden. Deshalb bitte ich Sie, keine Panik zu verbreiten». Laut Radio Free Liberty betonte er, die Spannungen mit Rußland hätten nicht zugenommen und die größte Gefahr für sein Land sei eine Destabilisierung von innen. Laut Reuters nannte Reznikov in diesem Zusammenhang Großbritannien als eines der  Länder, die die Geldwäsche von Russen und Oligarchen, die Geld aus Ländern wie der Ukraine und Kasachstan abziehen, zulassen. Daraus kann man schließen, dass er ähnliche Massenproteste gegen sein Regime befürchtet wie die vor einem Monat in Kasachstan.

Der Sekretär des Nationalen Sicherheits- und Verteidigungsrats der Ukraine [NSDC], Alexey Danilow, sagte der BBC am 25. Januar, dass die Panik vor einer drohenden russischen Invasion möglicherweise darauf zurückzuführen sei, dass die Washington Post seine Äußerungen vom Oktober falsch interpretiert habe. Er bekräftigte, dass die Zahl der russischen Soldaten weder für eine Invasion ausreiche, noch in der Weise zunimmt, wie es heute von vielen dargestellt wird.    

Das wahre Ziel des Empire: Die russische Wirtschaft zerschlagen

Vertreter der Biden-Administration und der britischen Regierung haben Ende Januar unmißverständlich klargemacht, dass ihr oberstes Ziel darin besteht, die Industrialisierung Rußlands zu stoppen und den Staat damit irreparabel zu schwächen. Aus geopolitischer Sicht ist die Ukraine nur ein nützliches Spielzeug, das bei Bedarf entsorgt wird. Zwei hochrangige Regierungsbeamte führten am 25. Januar aus Washingtoner Sicht ein Hintergrundtelefonat mit Reportern, um die von den USA und ihren Verbündeten geplanten Maßnahmen, die Rußland hohe wirtschaftliche Kosten auferlegen sollen, zu erläutern. «Der Gradualismus der Vergangenheit ist vorbei, und dieses Mal werden wir an der Spitze der Eskalationsleiter beginnen und dort bleiben», versprachen sie. Sie hätten bereits den Ausverkauf an den russischen Märkten verstärkt; für Rußland stiegen die Kreditkosten, und der Wert der Währung sinke bereits, seit die Rede von Sanktionen mit massiven Folgen ist. Das Ziel ist nicht, die Ukraine zu schützen, sondern »Putins strategische Ambitionen zur Industrialisierung seiner Wirtschaft empfindlich zu treffen» und «Putins Bestrebungen, auf der Weltbühne Einfluß auszuüben, zu untergraben». Dazu sollen nicht nur finanzielle Sanktionen dienen, sondern auch Exportkontrollen, um Rußland den Zugang zu Technologien zu verwehren, die «für seine Ambitionen zur Entwicklung von Hightech-Fähigkeiten in den Bereichen Luft- und Raumfahrt und Verteidigung, Laser und Sensoren, Schiffahrt, KI, Robotik, Quantenphysik, usw., wesentlich sind. Wir sind bereit, mit jedem Land zusammenzuarbeiten, um Rußland einen Input zu verweigern, den es zur Diversifizierung seiner Wirtschaft braucht». Dies, so die Illusion, «würde mit der Zeit zu einer Verkümmerung von Rußlands Produktionskapazität führen». Ein erschütterndes Eingeständnis, das auf die Absicht eines Massenmordes am russischen Volk hinausläuft! Da Europa auf russisches Erdgas angewiesen ist, versprachen die beiden Beamten verstärkte Bemühungen um Lieferungen aus anderen Quellen, damit alles bereit sei, wenn «wir auf diesen Abzug drücken».  

Aus Londoner Sicht: Um Moskau von einer Aggression abzuschrecken, sei die totale Zerstörung der russischen Wirtschaft notwendig, sagte Außenministerin Liz Truss am 30. Januar gegenüber Sky News. Der Weg dazu sei, jeden zu sanktionieren, der mit Rußland Geschäfte macht, was natürlich auch viele wichtige europäische Unternehmen betrifft. Laut der Daily Mail sagte die Möchtegern-Eiserne Lady: «Derzeit sind die Wirtschaftssanktionen ziemlich eng gefaßt, so dass wir nur Unternehmen treffen können, die direkt an der Destabilisierung der Ukraine beteiligt sind. Wir wollen die Sanktionen ausweiten, so dass jedes Unternehmen, das für den Kreml und das russische Regime von Interesse ist, ins Visier genommen werden kann, damit es für Putins Oligarchen und für russische Unternehmen, die an der Stützung des russischen Staates beteiligt sind, kein Versteck mehr gibt». Die Briten nehmen auch zögerliche Verbündete ins Visier. Truss   forderte die Abschaltung der fertigen Gaspipeline Nord Stream 2, denn die Verteidigung von Freiheit und Demokratie sei «wichtiger als unmittelbare finanzielle Fragen».  [Woraus bestand die Verteidigung von Freiheit und Demokratie bei der Zerstörung des Iraks, Libyens und Syriens? könnte man fragen...... ]  Premier Johnson beabsichtigte, in der Woche vom 2. Februar mit Präsident Putin zu sprechen und die Außenministerin und Verteidigungsminister Wallace nach Moskau zu schicken, angeblich, um «zur Deeskalation beizutragen». Gleichzeitig hat er jedoch seine Verteidigungs- und Sicherheitschefs angewiesen, weitere Truppenaufmärsche und eine Aufrüstung in Osteuropa zu planen, um «dem Kreml eine klare Botschaft zu senden». Offenbar angelehnt an Winston Churchill erklärte er, die britischen Streitkräfte würden «nächste Woche in ganz Europa stationiert, um sicherzustellen, dass wir in der Lage sind, unsere NATO-Verbündeten zu Lande, zu Wasser und in der Luft zu unterstützen». Zwar erwähnten US-Vertreter nicht, Rußland vom Zahlungssystem SWIFT abzuschneiden, aber Johnson zufolge laufen Gespräche mit Washington über diesesehr wirksame Waffe. Der stellvertretende Sprecher des russischen Föderationsrats, Nikolaj Schurawlew, antwortete darauf mit der Frage: Wie gut könnten die europäischen Länder ohne russische Waren - u.a. Öl, Gas und Metalle - auskommen, die sie nicht mehr kaufen können, wenn Rußland aus SWIFT ausgeschlossen wird?

Die Europäische Industrie will eine bessere Zusammenarbeit mit Rußland

Wichtige Teile der europäischen Industrie brechen mit der antirussischen Politik der EU. Am 26. Januar veranstaltete eine Delegation der größten italienischen Unternehmen eine Videokonferenz mit Putin. Die Konferenz wurde von der italienisch-russischen Handelskammer organisiert, deren Präsident Vincenzo Trani in einer Mitteilung erklärte, es sei noch nie so wichtig gewesen wie in der gegenwärtigen historischen Periode, «den wirtschaftlich-unternehmerischen Dialog zwischen Italien und Rußland zu intensivieren». Die Debatte müsse offen geführt werden, «ohne politische Rhetorik, um gemeinsam die Chancen zu ergreifen, die ein vielversprechender, aber immer noch unsicherer wirtschaftlicher Aufschwung bieten kann, unter Einbeziehung der größtmöglichen Anzahl nationaler Akteure und russischer Partner». Trani war in Begleitung von acht Ministern [u.a. für Landwirtschaft und wirtschaftliche Entwicklung], was die Bedeutung der über 500 in Rußland tätigen italienischen Unternehmen für die Regierung belegt. Putin unterstrich die Bedeutung der Wirtschaftsbeziehungen beider Länder in vielen Industriesektoren und erinnerte daran, dass Italien dank langfristiger Verträge russisches Erdgas zu einem Preis weit unter dem Marktpreis erhält. 41 % des italienischen Energiemixes besteht aus Erdgas, davon 45 % aus Rußland.

Deutsche Unternehmen planen, wie am 27. 1. mitgeteilt wurde, eine ähnliche Videokonferenz mit Putin. Organisiert wird das virtuelle Treffen vom Ost-Ausschuß der Deutschen Wirtschaft, dem Unternehmen angehören, die in Rußland 280.000 Menschen beschäftigen - darunter Allianz, SAP, Siemens, VW, BASF und mittelständische Unternehmen. Der Nachrichtenagentur ANSA, der italienischen Nachrichten- und Presseagentur Agenzia Nazionale Stampa Associata zufolge, hätte die EU-Kommission Druck auf die italienische Regierung ausgeübt, Unternehmen von der Teilnahme an dem Treffen vom 26. Januar abzubringen. Verzichtet hätten aber nur zwei, einer davon der Energiekonzern ENI, der teilweise im Besitz der Regierung ist.

Der ehemalige SPD-Bürgermeister von Hamburg und einer der führenden Köpfe des deutsch-russischen Dialogs, Klaus von Dohnanyi, hat Europa aufgefordert, angesichts des leichtfertigen Geredes der NATO im Ukraine Konflikt eine eigene Politik der Deeskalation gegenüber Rußland zu betreiben. In einem Interview mit der Augsburger Allgemeinen vom 17. 1. sagte er: »Diplomatie hat nur Sinn, wenn man auch zu konstruktiven Kompromissen bereit ist. Diese Bereitschaft sehe ich leider auch auf Seite  der NATO gegenwärtig nicht».  [1]   

Die Website http://welttrends.de veröffentlichte eine von rund 50 Sicherheitsexperten, Militärs und pensionierten Diplomaten aus Deutschland unterzeichnete Erklärung, die eine Wiederbelebung der Entspannungspolitik in der Tradition der Ostpolitik der 70er Jahre und der Rüstungskontrollgespräche der 90er Jahre fordert. Während Amerika es für vorteilhaft halten mag, »Rußland nach innen und außen zu schwächen», sei für Deutschland und die EU «ein Rußland vorzuziehen, das sich konsolidiert». «Es ist eine leicht überprüfbare Tatsache», hält die Analyse Für eine deutsche Sicherheitspolitik im Dienste des Friedens u.a. fest, «dass die Zusicherung einer Nicht-Erweiterung der NATO nach Osten im Jahre 1990 Teil der Gesamtvereinbarungen zur Beendigung des Kalten Krieges war.  ......  Im Anschluß an die Charta von Paris [1990] ist eine  gesamteuropäische Friedens- und Sicherheitsordnung unter Einschluß Rußlands deswegen nicht entstanden, weil die USA bereits unter der Bush-Senior-Administration [1989-1993] und in der Folgezeit mit Gefolgschaft des Westens respektive der NATO einen anderen Weg einschlugen. Die Sicherheitslage nach dem Ende des Kalten Krieges hat sich verschlechtert. Das ergibt sich erstens aus den militärischen Ungleichgewichten, zweitens dem beständigen Vorrücken der NATO in Richtung russischer Grenze und drittens der Aufkündigung internationaler Sicherheitsabkommen. Westliche Konfrontationspolitik gegen Rußland liegt also eher im Interesse der USA und des Bestrebens, das westliche Europa unter Kontrolle der USA zu halten, als im deutschen und europäischen Interesse. Wir fordern daher von der neuen deutschen  Bundesregierung eine Rückbesinnung auf die Eckpfeiler der Friedenspolitik von Willy Brandt und Egon Bahr. Sicherheit für Deutschland und die EU ist nur gemeinsam mit Rußland möglich. Das erfordert Gleichheit und Gleichberechtigung, wie in der Charta der Vereinten Nationen, in der Schlußakte von Helsinki, in der Charta von Paris und in der NATO-Rußland-Grundakte völkerrechtlich festgeschrieben. Auf diesen Grundlagen gilt es tatsächlich mehr Verantwortung für Frieden und Sicherheit zu übernehmen».  [2]

Zu einem ähnlichen Schluß kommt auch der ehemalige Diplomat Frank Elbe, der an den Gesprächen mit Moskau teilnahm, die 1990 zur deutschen Wiedervereinigung führten. Bereits im November wies er in einer Rede vor Studenten in Bonn darauf hin, dass die heutige Politikergeneration im Gegensatz zu den Politikern, die in der Zeit des Kalten Krieges an der Macht waren, keine Ahnung habe, was ein Atomkrieg ist und welche Folgen es hat, wenn man keinen konstruktiven außenpolitischen Dialog mit Rußland führt. «Es wird Zeit, dass Europa aufwacht und die Illusionen aufgibt, dass die Amerikaner Europa lieben. Sie lieben das Geschäft mit Europa und sie lieben den europäischen Markt. Aber europäische und amerikanische Interessen fallen auseinander. Es wird keine Sicherheit gegen Rußland, sondern nur mit Rußland geben».  [3]

Wie das Schiller-Institut seit Monaten betont, gehören Europa und besonders Deutschland zu den großen Verlierern der Eskalation der Spannungen zwischen der NATO und Rußland. Nicht nur wirtschaftlich aufgrund der Verschlechterung der Handelsbeziehungen und der lebenswichtigen Energiefrage, da Nord Stream 2 weiter blockiert wird, sondern auch deswegen, weil Deutschland im Falle eines echten militärischen Konflikts, selbst einem begrenzten, eines der ersten Länder wäre, das vernichtet wird.    

«Festzuhalten ist, vermerkt Norbert van Handel, dass Rußland auf eigenem Gebiet  Manöver macht; wie nahe oder ferne von der Grenze, ist eine zweite Frage. Die von von den USA dominierten NATO Bewegungen sind jedoch solche, die auf fremdem Gebiet, wenn auch in Bündnisverpflichtung gegenüber Mitgliedsstaaten der NATO, zu sehen sind. Der westlichen Politik wäre es ein Leichtes gewesen, Luft aus der Aggressionsblase zu nehmen, wenn zum Ausdruck gekommen wäre, dass es zwar den einzelnen Ländern überlassen bleiben muß, eine Mitgliedschaft bei der NATO anzustreben, dass aber seitens der NATO eine Aufnahme der Ukraine nicht angedacht ist. Eine Diplomatie dieser Art wäre wichtig gewesen, um langfristig die vor allem wirtschaftliche Partnerschaft mit Rußland wieder auf normale Geleise zu bringen.

Wenn nun Präsident Putin mit Präsident Jinping spricht, so fragt man sich, was der Inhalt dieser Gespräche sein wird? Eine Überlegung wäre die, dass Putin Jinping die Frage stellt, ob dieser bereit wäre, das russische Gas zu westlichen Preisen anzunehmen. Würde China dies tun, könnte Putin mit einem Schlag das vom Westen bitter benötigte Gas abziehen. Ein zweiter Teil des Gesprächs könnte sein, dass eine wesentlich engere Verschränkung zwischen Rußland und China stattfindet. China hat in etwa zehnmal soviel an Bevölkerung als Rußland, während Rußland eine zweimal so große Fläche hat. Das Bruttonationalprodukt Chinas andererseits ist etwa zehnmal so hoch wie dasjenige Rußlands. China ist reicher und moderner, Rußland stärker. Stärker deshalb, weil die Truppenstärke als solche zwar in China etwa doppelt so groß ist wie die in Rußland, andererseits aber Rußland mehr als doppelt so viele Panzer und gepanzerte Kampffahrzeuge hat, des  weiteren eine Artillerie, die mehr als doppelt so groß ist, und schließlich über 20 % mehr an Flugzeugen und Helikoptern verfügt. Hinsichtlich der Schiffe verhält sich die Relation zwar so, dass China 742 und Rußland 664 hat, wobei die Modernität und die Ausrüstung hier nicht beurteilt werden kann. Ganz wichtig ist jedoch, dass China nur 280 Atomsprengköpfe, Rußland aber 6.490 besitzt.  

Alles in allem könnte die aggressive amerikanische Politik dazu führen, dass östlich von Europa ein riesiger sozialistischer Block entsteht, Partnerschaften mit Rußland fast nicht mehr möglich sind, was Europa, vor allem am Rohstoff- und Energie Sektor, mehr als hart treffen würde. Das Ergebnis der sogenannten westlichen Diplomatie wäre also ein Totalschaden, hauptsächlich für Europa».  [4]

«Die Eskalation des Ukraine-Konflikts, erklärt die bekannte, dieScheinheiligkeit der USA, die Dummheit der Europäer und das mangelnde  Rückgrat der deutschen Regierung in der Rußland-Politik anprangernde Politikerin der Linken, Sarah Wagenknecht, ist brandgefährlich. Die Folgen eines Krieges mitten in Europa, an dem die Atommacht Rußland direkt und die NATO mindestens indirekt beteiligt wären, kann man sich kaum vorstellen. Sie  betreffen und bedrohen uns alle. Schuld an der aktuellen Situation seien u.a. die  Medien; Wagenknecht hält der Presse vor, bewußt ein Bild eines unzurechnungsfähigen, größenwahnsinnigen, russischen Präsidenten, der aus purem Irrsinn jetzt Tausende von Soldaten an der ukrainischen Grenze zusammengezogen hat und sich möglicherweise, wenn man ihm keine Grenzen setzt, größere Teile des ukrainischen Territoriums, oder vielleicht sogar das ganze Land militärisch einverleibt, zu malen. Rhetorisch fragt sie, wer für die Lage nun eigentlich verantwortlich sei: Der russische Präsident, der angeblich skrupellos auf Krieg setzt? Oder nicht doch die Vereinigten Staaten und die NATO, die russische Sicherheitsinteressen seit Jahren konsequent ignorieren und auf Ausdehnung der eigenen Einflußsphäre, Konfrontation und Aufrüstung setzen? Und wer ist eigentlich der lachende Dritte, wenn die EU weitere Sanktionen gegen Rußland beschließt und die Gaspipeline Nord Stream 2 beerdigt wird?

Keinesfalls dürfe man sich für eine Aufrüstung der Ukraine und weitere Sanktionen gegen Rußland aussprechen. Das wäre nichts anderes, als würde man noch mehr Benzin ins Feuer gießen. Wagenknecht geht sogar so weit zu sagen, die Europäer wären bescheuert, dass sie sich immer wieder mit Sanktionen ins eigene Knie schießen. Denn die USA interveniere wieder einmal nur aufgrund geopolitischer Interessen und droht Unternehmen mit Handelsverboten. Damit scheine Washington auch dieses Mal Erfolg zu haben: Denn plötzlich ist der Grünen-Chef Robert Habeck für den Ausbau des Flüssiggas-Terminals, damit die USA ihr teures und umweltschädliches Flüssiggas an uns verkaufen können, wenn der Gashahn von Nord Stream 2 endgültig abgedreht wird, so Wagenknecht abschließend».  [5]

Anmerkung politonline:

Am 4. Februar hat nun Russland zusammen mit China eine Erklärung veröffentlicht, in welcher die beiden Länder ein Ende der Osterweiterung und damit einen Verzicht auf Aufnahme der Ukraine ins Militärbündnis fordern. Darüber hinaus hat Sergej Lawrow einen Brief an Bundespräsident Ignazio Cassis gerichtet, in dem Lawrow die russischen Vorstellungen einer europäischen Sicherheitsordnung erklärt. Moskau will von den OSZE-Ländern wissen, wie sie dazu stehen, und zu diesen gehört auch die Schweiz. Zudem will Russland wissen, wie die Schweiz zur Sicherheit in Europa und zur NATO-Osterweiterung steht. Gemäss dem Eidgenössischen Departement für auswärtige Angelegenheiten [EDA]   beabsichtigt der polnische OSZE-Vorsitz einen Dialogprozess beginnen, den die Schweiz unterstützt.  [6]

 

Quelle:
Strategic Alert - Jahrgang 35, Nr. 5 vom 2. Februar 2022


[1]  https://www.augsburger-allgemeine.de/politik/interview-klaus-von-dohnanyi-mehr-mut-ihr-europaeer-id61498076.html   17. 1. 22
[2]  http://welttrends.de/res/uploads/WeltTrends-Erklaerung-Frieden-220124-2.pdf
Für eine deutsche Sicherheitspolitik im Dienste des Friedens
[3]  https://www.blog-der-republik.de/zum-umgang-mit-russland-rueckkehr-zu-bewaehrten-strategien-ein-gastbeitrag-von-frank-elbe-botschafter-a-d/  19. 1. 22
Zum Umgang mit Russland – Rückkehr zu bewährten Strategien. Ein Gastbeitrag von Frank Elbe, Botschafter a.D.
[4]  https://unser-mitteleuropa.com/dr-norbert-van-handel-russland-und-der-westen/
5. 2. 22 Russland und der Westen - Dr. Norbert van Handel   Steinerkirchen a.d. Traun
[5]  https://unser-mitteleuropa.com/sarah-wagenknecht-zum-russland-ukraine-konflikt-der-profiteur-ist-washington/   5. 2. 22
[6]  https://www.srf.ch/news/schweiz/ukraine-krise-und-europa-bundespraesident-cassis-erhaelt-post-aus-russland  5. 2. 22