Das Covid-Gesetz beendet die freie Schweiz 30.05.2021 19:37
Mit der Abstimmung vom 13. Juni haben die Schweizer die Möglichkeit,
zum »Bundesgesetz über die gesetzlichen Grundlagen für Verordnungen des Bundesrates zur Bewältigung der Covid-19-Epidemie« mit NEIN zu stimmen.
Wie Michael Bubendorf, der Mediensprecher der das Referendum proponierenden »Verfassungsfreunde« erklärt, ist »das Covid-Gesetz bis Ende 2031 in Kraft«; er räumt damit mit einer oft verbreiteten Unwahrheit auf, denn das Gesetz kann für die kommenden zehn Jahre genutzt werden, um die Grundrechte weiter einzuschränken, so, wie es die Politiker in den vergangenen Sessionen getan haben. [1] Auf
den ersten Blick scheint es um eine lupenreine gesetzliche Grundlage zu gehen,
mit deren Hilfe die Schweizer Regierung Massnahmen zum Schutz der Bevölkerung
gegen Covid-19 ergreifen kann: »Dieses Gesetz regelt besondere Befugnisse
des Bundesrates zur Bekämpfung der Covid-19-Epidemie und zur Bewältigung der
Auswirkungen der Bekämpfungsmassnahmen auf Gesellschaft, Wirtschaft und
Behörden«, heisst es dazu gleich in Artikel 1 an erster Stelle. Der Verfassungsrechtler
Prof. Dr. Andreas Kley, Inhaber des Lehrstuhls für öffentliches Recht,
Verfassungsgeschichte sowie Staats- und Rechtsphilosophie an der Universität
Zürich, hat hierzu im Magazin ›Zeitgeschehen
im Fokus‹ gleich eine ganze Reihe von schwerwiegenden
Bedenken geäussert. [2]
Denn
Kley zufolge ermögliche das Gesetz dem Bundesrat unter anderem, per Verordnung direkt
in andere Gesetze einzugreifen und diese zu verändern. Genau dies aber sei ein
eklatanter Verfassungsbruch: »Die Bundesverfassung erlaubt es nicht, dass
der Bundesrat Gesetzesmaterien, die dem Parlament zustehen, selber reguliert«.
Mit unserer Bundesverfassung scheinen es die Väter des Covid-19-Gesetzes jedoch
nicht so genau genommen zu haben. Denn früher seien die Gesetze, in die der
Bundesrat jetzt eingreifen könne, ›als
bundesgesetzwürdig‹ angesehen worden, erklärt Prof. Kley.
Betroffen seien Verfahrensgesetze in Zivil- und Verwaltungsangelegenheiten,
Schuldenbetreibungs- und Konkursgesetze ebenso wie Gesetze rund um die
Arbeitslosenversicherung oder die Zulassung von Medikamenten. Die Schweiz,
attestiert der Verfassungsrechtler, »mache einen grossen Schritt in Richtung
Exekutivstaat«. Will heissen: Überall dort, wo bislang das Parlament über die
Änderung von Gesetzen bestimmte, entscheiden jetzt die sieben Mitglieder des
Bundesrats allein und nach eigenem Ermessen. Das Gleichgewicht der Gewalten ist
seit Herbst 2020 erheblich gestört.
Ist
es sinnvoll, dem Bundesrat deutlich mehr Macht zu geben ?
»Verfassungswidrig,
unverhältnismässig und willkürlich«
Auf
die Frage, weshalb er im Nationalrat gegen das Gesetz gestimmt hat, antwortete Pirmin
Schwander, langjähriger Nationalrat und Mitglied der Finanzkommission: »Weder
in der Bundesverfassung noch im Epidemiengesetz von 2016 gibt es Kriterien,
welche festlegen, wann eine ›ausserordentliche
Lage‹ eintritt bzw. ausgerufen werden soll und
kann. Am 16. März 2020 schrieb der Bundesrat: »Er stuft die Situation in der
Schweiz neu als ›ausserordentliche
Lage‹ gemäss Epidemiengesetz ein«. Wie kann der Bundesrat etwas ›einstufen‹, wenn es keine Kriterien gibt? Folglich hat der Bundesrat die ›ausserordentliche Lage‹ einfach ›beschlossen‹ - ohne
Rechtsgrundlage. Dieses verfassungswidrige ›Notrecht‹ – vom Parlament nahezu 1:1 in ordentliches
Recht überführt - ist in seiner Folge
ebenso verfassungswidrig wie willkürlich und unverhältnismässig.
Das
Covid-19-Gesetz enthält Notrechtsvollmachten für den Bundesrat und Finanzhilfen
für Betroffene der Corona-Politik, beides in einem Gesetz. »Das ist«, erklärt Schwander
ferner, »ebenfalls verfassungs- und gesetzeswidrig. Einerseits müssen
Aufsichtskommissionen die Möglichkeit haben, vor Genehmigung eines Kredits die
Rechtsgrundlagen der Kredite zu prüfen; ist alles im gleichen Gesetz, wird das
praktisch verunmöglicht. Stimmbürger können nicht mehr frei und unabhängig
abstimmen und das eine ablehnen und dem anderen zustimmen; politische Rechte
werden so vereitelt.
»Ihre
Motion«, so eine weitere Frage an Nationalrat Schwander,
»verlangt die Überführung der
Finanzhilfen in ein eigenes Gesetz. Weshalb?« »Das Covid-19- Gesetz«, so Schwander, »regelte
zu Beginn hauptsächlich die sanitarischen Massnahmen zur Eindämmung des Virus.
Durch die Beschlüsse des Parlaments wandelte sich das Covid-19-Gesetz zusehends
zu einem wirtschaftspolitischen Erlass, der Unterstützungsleistungen für
betroffene Branchen vorsieht. Das Referendum richtet sich meines Erachtens primär
gegen die sanitarischen Massnahmen und das ›Notstandsregime‹ insgesamt. Die Finanzhilfen sind
hingegen wenig bzw. weniger umstritten. Der Bundesrat und die Kantonsregierungen haben das öffentliche Leben
und die halbe Wirtschaft stillgelegt. Damit wurde den Betroffenen Schaden zugefügt,
und zwar ohne faktenbasierte Grundlage. Bund und Kantone haften damit voll für
den Schaden, den sie angerichtet haben. Es geht also nicht um ›Finanzhilfen‹, sondern um den effektiven
Schaden!«
»Viele
Selbständige und Unternehmer«, so die abschliessende Frage, »machen sich
Sorgen, dass sie bei einem Nein zum Covid-19-Gesetz keine Hilfsgelder mehr
erhalten. Sind diese Sorgen berechtigt?«
»Nein,
gar nicht«, sagt der Nationalrat; »Bundesrat und Parlament haben es in der
Hand, in der kommenden Sommersession meine Motion umzusetzen. Das Parlament hat
es bereits bewiesen, dass gesetzliche Änderungen in ›nur‹ einer Session möglich
sind. Es braucht dazu lediglich den politischen Willen«.
[1] https://unser-mitteleuropa.com/schweiz-referendum-gegen-das-covid-gesetz/ 7. 5. 21
Schweiz:
Referendum gegen das Covid-Gesetz
[2] https://www.zeitgeschehen-im-fokus.ch/de/newspaper-ausgabe/nr-8-vom-26-mai-2021.html#article_1213 Abstimmung
vom 13. Juni: Covid-19-Gesetz: «Die Demokratie benötigt Parlamentsmitglieder,
die auf das grosse Ganze blicken»
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