Generalsekretär Jens Stoltenberg hatte dieser Tage die NATO dazu aufgefordert, stärker auf den Aufstieg Chinas zu reagieren.
. Das dortige Wirtschaftsumfeld gilt bei
weiterhin vergleichsweise niedrigem Lohnniveau als außerordentlich forschungs-
und innovationsfreundlich. In der Volksrepublik lief die Wirtschaft schon im
Mai zwar noch nicht gänzlich rund, aber doch deutlich besser als in Westeuropa und
den Vereinigten Staaten; Keine
multilaterale Welt ohne China
Wie
der Hohe Vertreter der EU für Aussen- und Sicherheitspolitik, Josep Borrell
erklärt, könne man »keine multilaterale Welt schaffen, ohne dass
China daran teilnimmt«. Um die Bedingungen für Unternehmen aus der
EU weiter zu verbessern und nach Möglichkeit vollständige Gleichstellung mit
einheimischen Firmen zu erreichen, strebt Brüssel den Abschluß des bereits
erwähnten neuen Investitionsabkommens
mit Beijing an. Ursprünglich war geplant, dieses auf einem EU-China-Gipfel, der
für den 12. September in Leipzig vorgesehen war, zu unterzeichnen; der ist
nun allerdings verschoben worden; offiziell wegen der Pandemie, doch heißt es, es
habe auch eine Rolle gespielt, dass das Abkommen noch längst nicht
unterschriftsreif sei. Am 9. 6. hatte Borrell versucht, den Druck zu erhöhen und
hatte Beijing nicht nur unzureichenden Willen zur Einigung vorgeworfen, sondern
auch einen Verstoß gegen Absprachen aus dem vergangenen Jahr.
Das
im Verlauf der Videokonferenz unterstrichene Interesse der BRD ›an einem regelbasierten und freien
multilateralen Handel‹ sowie ›an stabilen bilateralen
Austauschbeziehungen‹ stellt eine Absage
an den wirtschaftspolitischen Kurs der USA sowie an Überlegungen dar, die
US-Sanktionspolitik gegenüber China in der EU zu übernehmen, wie sie kürzlich der
Europaabgeordnete Reinhard Bütikofer geäußert hatte.
Freilich
hält der Druck vor allem transatlantischer Kreise, die Chinas Aufstieg stoppen wollen
und deshalb ökonomische Zwangsmaßnahmen gegen die Volksrepublik fordern, zumindest
aber einen Boykott des High-Tech-Konzerns Huawei, an.
Der
Versuch, beides zu verbinden - den Einsatz für Interessen vor allem deutscher
Unternehmen in China und den Kampf gegen den Aufstieg der Volksrepublik - führt dabei für die EU zu immer größeren
Schwierigkeiten. So hieß es nach dem mehrstündigen virtuellen Treffen zwischen
dem chinesischen Aussenminister Wang Yi und Borrell am 9. Juni von Seiten
Brüssels, man müsse die Gespräche forcieren, gleichzeitig aber auch, dass die
Gespräche ›sehr offen und freimütig‹ gewesen seien, was allerdings die diplomatische
Formulierung für schwere Differenzen darstellt. Befragt, was es bedeute, dass die
EU die Volksrepublik als ›strategischen
Rivalen‹ einstufe, sah sich der EU-Außenbeauftragte
zu einer Relativierung gezwungen und erklärte, Brüssel glaube nicht, »dass
China den Weltfrieden bedrohe«; vielmehr gelte, wie
bereits zitiert : »Man
kann keine multilaterale Welt schaffen, ohne dass China daran teilnimmt«. [5]
Der
grüne kalte Krieg
Was
nun den Druck vor allem transatlantischer Kreise angeht, ist festzuhalten, dass
am 5. Juni eine Transatlantische Parlamentarierallianz gegen China gegründet worden
ist; bei diesem neuen, gegen China gerichteten Zusammenschluß haben Politiker
vom ›Bündnis 90/Die Grünen‹ eine führende Rolle gespielt. Der ›Inter-Parliamentary Alliance on China‹ (›IPAC‹), gehören bislang Abgeordnete aus
zwölf Parlamenten an, aus 11 nationalen sowie vom EP, wobei die antichinesischen
US-Hardliner Marco Rubio und Bob Menendez als treibende Kräfte gelten.
Wie
›German Foreign Policy‹ schreibt, ist es das offizielle
Vorhaben der Organisation, die Herausbildung einer gemeinsamen westlichen Chinapolitik
zu forcieren. Als konkretes Ziel zeichnet sich eine Durchsetzung
der US-Sanktionspolitik gegen Beijing auch in Europa ab. Dazu mobilisiert die ›IPAC‹ dort, wo die nationalen Regierungen sich Sanktionen noch
verweigern, Parlamentsabgeordnete. Die Gründung einer derartigen ›Parlamentarier Pressure Group‹ hatte der bereits erwähnte grüne EP-Abgeordnete
Bütikofer schon im Februar am Rande der Münchner Sicherheitskonferenz
vorgeschlagen; nun amtiert er als ›IPAC‹-Kovorsitzender. Die Organisation, die
auch die Entwicklung von ›Sicherheitsstrategien‹ gegen China fordert, hat einen
Ex-CIA-Spezialisten in ihrem Beirat.
Beteiligt
sind nicht zuletzt diejenigen Staaten, die in der jüngeren Vergangenheit durch
ein besonders aggressives Vorgehen gegen China aufgefallen sind: Die USA,
Australien und Japan. Eine führende Rolle in der ›IPAC‹ spielen die beiden
bereits genannten US-Abgeordneten, der Republikaner Marco Rubio und der
Demokrat Bob Menendez. Zu den Kovorsitzenden der ›IPAC‹ zählen mit
Margarete Bause und Reinhard Bütikofer zwei Politiker vom ›Bündnis 90/Die Grünen‹;
Bause ist als Bundestagsabgeordnete präsent, Bütikofer als Europaabgeordneter.
Aus dem Bundestag ist neben Bause noch Michael Brand beteiligt, der
menschenrechtspolitische Sprecher der CDU/CSU-Bundestagsfraktion.
Typisch
westliche Doppelstandards
Ausdrückliches
Ziel der ›IPAC‹, heißt es, ist die Förderung einer koordinierten Antwort auf den
Aufstieg Chinas. Dabei verlangt der neue Zusammenschluß von China die Wahrung
von Normen, die die westlichen Mächte ihrerseits immer wieder gebrochen
haben. So heißt es des Weiteren, man müsse dafür sorgen, dass die
Volksrepublik »die
Standards der internationalen Rechtsordnung«
einhalte. Keine Rede ist von den völkerrechtswidrigen Kriegen gegen Jugoslawien
(1999), den Irak (2003) oder Libyen (2011), die die westlichen Mächte in
unterschiedlichen Konstellationen führten; ›IPAC‹-Gründungsmitglied Bütikofer etwa unterstützte
den Krieg gegen Jugoslawien in seiner Funktion als politischer Geschäftsführer
der damaligen Regierungspartei, nämlich des ›Bündnisses 90/Die Grünen‹.
Die ›IPAC‹ erklärt zudem, man müsse dafür sorgen, dass China die WTO-Regeln
einhalte. Die WTO-widrigen Praktiken der Trump-Administration bleiben
unerwähnt. Zudem heißt es, man dürfe Beijing nicht erlauben, etwa durch Kredite
die Souveränität der Empfängerländer zu kompromittieren. Über die Praxis des
westlich dominierten Internationalen Währungsfonds, gegen den Willen seiner
Kreditempfänger drakonische Austeritätsprogramme zu erzwingen, schweigt sich das
Bündnis aus.
Konkret
zeichnet sich ab, dass die ›IPAC‹ ferner darauf abzielt, in Europa die
US-Sanktionspolitik gegen China durchzusetzen. Hierbei sind die Senatoren Rubio
und Menendez auch die maßgeblich treibenden Kräfte bei der Einführung einschlägiger
US-Gesetze, die unter dem Vorwand, gegen Beijings Vorgehen etwa in Hongkong und
in Xinjiang einschreiten zu wollen, Strafmaßnahmen gegen die Volksrepublik
ermöglichen.
US-Präsident
Donald Trump soll das Xinjiang betreffende Gesetz in Kürze unterzeichnen; das
Hongkong betreffende Gesetz ist bereits seit November vergangenen Jahres in
Kraft. Bütikofer hat sich unlängst sogar dafür ausgesprochen, »endlich
einen EU-weit vereinbarten globalen Sanktionsmechanismus« zu
installieren, »um
im Zweifelsfall Sanktionen wegen Menschenrechtsverstößen gegen chinesische
Funktionsträger verhängen zu können«. Dabei wählt die ›IPAC‹ für ihre Einflußbemühungen dort den Weg über die Parlamente, wo es der
US-Regierung bislang noch nicht gelungen ist, andere Regierungen mit
unmittelbarem Druck zu einer Übernahme ihrer Sanktionspolitik zu nötigen. Ein
Beispiel für dieses Vorgehen bietet seit einiger Zeit Großbritannien, wo
besonders US-nahe Tory-Hinterbänkler erbittert gegen die eigene Regierung
opponieren, um die Entscheidung zur begrenzten Beteiligung von Huawei am Aufbau
der britischen 5G-Netze zu revidieren. Die ›IPAC ‹ erlaubt es nun, derlei Praktiken
auszuweiten. [6]
Fakt
ist, dass führende Vertreter der extremen Rechten in den USA in
einer deutschen Tageszeitung schon am 2. Juni zum
gemeinsamen ›Krieg‹ gegen China aufgerufen hatten. Der Westen befinde sich längst in einem
heißen Krieg mit Beijing, dies in den Bereichen Kybernetik, Propaganda und Wirtschaft,
urteilte der Ex-Berater von Donald Trump, Steve Bannon, in der ›Welt‹. Es drohe sogar das Abgleiten in einen bewaffneten Konflikt. Wollten
die Staaten Europas nicht zu Vasallen Chinas werden, müßten sie an der Seite der USA den Kampf aufnehmen. Bannons Intervention
erfolgt zu einem Zeitpunkt, zu dem sich, wie dargelegt, eine insbesondere von der
Springer-Presse geförderte scharf antichinesische Fraktion abzeichnet, die - neben besagtem ›Bündnis 90/Die Grünen‹ - vor allem Funktionäre
der FDP sowie Teile der Unionsparteien einschließt und faktisch den Schulterschluß mit der Trump-Administration gegen Beijing propagiert. Hingegen hatte Außenminister Maas mit
Blick auf den US-Plan, eine derartige Spaltung zu
erzwingen, um die Volksrepublik von Geschäften mit dem Westen abzuschneiden, schon
am 1. Juni sein Bemühen um eine eigenständige Chinapolitik bekräftigt. Weder
die EU noch Berlin könnten ein Interesse daran haben, dass die Interessensgegensätze
zwischen China und den USA unüberbrückbar werden und der Globus in eine
chinesische und eine amerikanische Interessensphäre zerfalle, so dass es nun an
Europa sei, mit unseren Partnern den schwierigen Kampf für einen
zukunftsfähigen Multilateralismus anzuführen, urteilte Maas. [7]
Der Vorstandsvorsitzender
der Axel Springer Verlagsgruppe, Mathias Döpfner, erklärte beispielsweise, die Bündnisfrage - d.h. die Beteiligung an einer ›Abkopplung‹ des Westens von China - sei
›entscheidungsreif‹. Die Bundesrepublik müsse den ›Irrweg‹ der wirtschaftlichen Kooperation mit der Volksrepublik beenden
und sich endlich in aller Form gegen Beijing positionieren. Hintergrund sind
die globalen Machtverschiebungen, die sich in der Coronakrise abzeichnen. [8]
Am 12. Februar war zudem die Forderung aus dem
Berliner Büro des ›German Marshall Fund of the United States‹ ergangen, dass die EU und die BRD in Zukunft ihre militärischen Aktivitäten
im Indischen Ozean ausweiten und künftig nicht nur im Westen des Meeres - am Horn
von Afrika - sondern auch in dessen Osten eine Marinepräsenz entfalten sollten.
Als geeignetes Mittel, um den militärischen Einfluß der EU in Richtung Südostasien auszudehnen, gilt für die Denkfabrik eine
enge Kooperation mit Indien, nach Möglichkeit aber auch mit dem gegen China
gerichteten Pakt ›Quadrilateral Security Dialogue‹, ›Quad‹. Letzterer ist ein lockerer Zusammenschluß der
Vereinigten Staaten und Australiens mit zwei traditionellen Rivalen Chinas, Japan
und Indien. Seit seiner Neugründung im Herbst 2017 haben Experten schon mehrfach
einen Beitritt der EU oder einzelner EU-Mitgliedstaaten zum ›Quad‹ vorgeschlagen. Faktisch
würde sich die Union damit militärisch gegen Beijing in Stellung bringen. [9]
[1] https://www.br.de/nachrichten/meldungen/nachrichten-bayerischer-
rundfunk100.html#n3 13. 6. 20
[2] https://de.sputniknews.com/politik/20200613327373193-chinas-aufstieg-kann-zu-wandel-in-globaler-machtbalance-fuehren--stoltenberg/ 13. 6. 20
Chinas Aufstieg kann zu Wandel in globaler Machtbalance führen – Von Jens Stoltenberg
[3] https://de.sputniknews.com/politik/20200610327351063-china-will-gleichberechtigten-dialog-mit-nato/ 10. 6. 20
[4] https://de.sputniknews.com/politik/20200612327369931-gespraeche-chinas-premier-merkel/ 12. 6. 13
[5] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8304/
12.
6. 20 China bleibt Partner
[6] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8302/
10. 6. 20 Der grüne Kalte Krieg
[7] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8291/
2. 6. 20 Auf
breiter Front gegen Beijing
[8] https://www.german-foreign-policy.com/news/detail/8184/
12. 2. 20 Im Osten des Indischen Ozeans