Geheimdienstchef des Pentagons: Der Iran will keinen Krieg - Von Jason Ditz

Es wird die ganze Zeit über von einem US-Krieg mit dem Iran

gesprochen und es kommt zu ständigen Eskalationen in der Rhetorik. Indessen sieht Generalleutnant Robert Ashley, der Leiter der Defense Intelligence Agency DIA, dem Geheimdienst des Pentagons, Krieg als etwas, was niemand will und von dem er nicht glaubt, dass der Iran, China oder Rußland einen Krieg beginnen wollen. Ashley war im Hinblick auf einen möglichen Krieg unter Bezugnahme auf öffentliche Erklärungen, dass ein solcher nur eine Frage der Zeit sei, mehrmals bedrängt worden. Er sagte jedoch, dass das Ergebnis für alle sehr schrecklich wäre, und dass alle wissen, dass es am besten ist, ihn zu vermeiden, was sicherlich im Einklang mit der von Präsident Trump überwiegend eingenommenen offiziellen Haltung steht. Während der Präsident gelegentlich eine Zerstörung verspricht, wie sie in der Menschheitsgeschichte noch nie gesehen wurde, erklärt er im allgemeinen, dass die Vereinigten Staaten von Amerika keinen Krieg mit dem Iran anstreben und auch keinen solchen Krieg wollen. Wenn der DIA-Chef in der Frage, dass auch der Iran, China und Rußland keinen Krieg wollen, recht hat, wäre dies ein sehr ermutigendes Zeichen. Natürlich besteht immer die Gefahr, durch Fehler in einen Krieg zu stürzen, und angesichts einer Reihe von US-Kriegshetzern, die immer noch auf einen solchen Krieg hoffen, sind die Risiken höher als normal. Es bleibt die Hoffnung, dass sich kühlere Köpfe durchsetzen können.  [1]

Alliierte, so der US-Journalist ferner, widersetzen sich dem Ruf der USA nach einer Anti-Iran-Flotte: Niemand will sich auf diesem Konfrontationskurs befinden. Da die Spannungen zwischen den USA und dem Iran inzwischen weiter zugenommen haben, versuchen amerikanische Regierungsvertreter weiterhin, Alliierte zu umwerben, damit sie sich einer Seestreitmacht anschließen, um wichtige Schifffahrtswege vor der Küste des Irans zu sichern. Bislang haben sie jedoch keine Mitmacher gefunden. Zwar sind einige Länder damit einverstanden, ein paar Schiffe zur Eskorte ihrer eigenen Tanker zu schicken, aber Diplomaten sagen, dass es viel Widerstand gibt, wenn sie als Teil einer von den Vereinigten Staaten von Amerika gebildeten Flotte betrachtet würden, was die Spannungen noch weiter erhöhen würde.  [2]

Abzuwarten bleibt im Moment, wie sich die Lage in der Straße von Hormus entwickelt: Die erste Provokation gegen den Iran erfolgte durch britische Truppen, die am 4. 7. vor der Küste Gibraltars einen iranischen Tanker kaperten, angeblich weil dieser gegen die international verhängten Sanktionen gegen Syrien verstieß, da er auf dem Weg dortin war. Teheran forderte die sofortige Freigabe des Schiffes und der Besatzung und betonte, dass das Öl nicht nach Syrien geliefert werden sollte. In der Folge behauptete die britische Regierung am 11. 7., dass drei iranische Schiffe versucht hätten, einen britischen Öltanker im Persischen Golf zu kapern, was durch die Intervention eines britischen Kriegsschiffs verhindert worden sei. Diese Episode bestritt der iranische Außenminister und beschuldigte die britische Regierung, Spannungen gezielt zu schüren.

Am 18. 7. hat der Iran nach eigenen Angaben einen ausländischen Öltanker im Persischen Golf festgesetzt und die Besatzung festgenommen. Der Vorwurf lautete auf illegalen Ölschmuggel. Die iranischen Revolutionsgarden (IRGC) hätten den Tanker mit angeblich einer Million Liter geschmuggeltem Öl in der Nähe der Straße von Hormus gestoppt und die zwölf ausländischen Crew- Mitglieder verhaftet, wie auf dem Webportal der IRGCam 18. 7. berichtet wurde. Am 20. Juli stoppten die Revolutionsgarden nach eigenen Angaben einen unter britischer Flagge fahrenden Öltanker, während London bestätigte, dass auch noch ein zweiter Tanker vom Iran aufgebracht worden sei.

Was nun den von den Briten gestoppten iranischen Öltanker Grace 1angeht, so liegt dieser noch immer an der Kette und wird aus dem britischen Überseegebiet auch weiterhin nicht auslaufen können, da der Oberste Gerichtshof von Gibraltar beschlossen hat, das Schiff für weitere 30 Tage festzusetzen. Der Tanker hat rund 2 Millionen Liter Öl an Bord. Teheran wies die Beschuldigungen Gibraltars unmittelbar zurück und sprach von einem Akt der Piraterie.

Seit dem Ausstieg Washingtons aus dem internationalen Atomabkommen mit Teheran im Mai 2018 gibt es zunehmende internationale Spannungen. US-Präsident Donald Trump will sich nun eng mit Großbritannien abstimmen. »Wir werden mit dem Vereinigten Königreich sprechen«, sagte Trump am 19. Juli vor Journalisten und fügte hinzu, er werde mit der Regierung in London zusammenarbeiten.

Nicht, dass der Iran aus dem INF-Vertrag ausgestiegen wäre, nein, es war Washington. Dessen ungeachtet ist es erneut der Iran, der Trumps Worten zufolge »nichts als Ärger macht«.

Wie auf Réseau Voltaire berichtet, war der unter panamaischer Flagge fahrende Tanker Grace 1 von der Royal Navy am 4. 7. durchsucht worden, ein Vorgang, der gegen das Völkerrecht, das die freie Fahrt in der Meeresenge gewährleistet, verstößt. Die Begründung hierfür lieferte das British Empire eben mit dem Verdacht, dass dieser Öl nach Syrien transportierte. Der nationale Sicherheitsberater der USA, John Bolton, beliebte diese Operation als gute Nachricht zu qualifizieren. Indessen hat Spanien, das die britische Legitimität auf seine Kolonie von Gibraltar nicht anerkennt, das Vorgehen verurteilt und ist im Begriff, die Folgen zu untersuchen, die dies bezüglich seiner Souveränität haben könnte; Spanien bezeichnete das Vorgehen der Briten als eine von den Vereinigten Staaten gesponserte Operation, was London bestritten hat. Was sich offensichtlich nicht in den Tagesmedien fand, ist der Fakt, dass der ehemalige Kommandant der Revolutionsgarden, Mohsen Rezaei, sein Land dazu aufforderte, eine entsprechende Vergeltungsmaßnahme gegen ein britisches Schiff zu ergreifen, so dass die vier Boote der Revolutionsgarden das britisches Schiff von BP, die British Heritage, ein paar Stunden später in der Straße von Hormus anhielten. Der Tanker wurde nicht bestiegen, so dass nicht dem internationalen Recht entgegen gehandelt wurde, es wurde lediglich damit gedroht. Nachdem sich die britische Eskorte-Fregatte HMS Montrose zum Kampf bereit erklärt hatte, liess man den Tanker seinen Weg fortsetzen.   [3]

Die Zunahme der Spannungen in der Golfregion, schreibt Thierry Meyssan, ist ein gefährliches Spiel, das jeden Moment schiefgehen kann. Das US-iranische Duell hat sich seit der Ankunft von Donald Trump im Weißen Haus im Januar 2017 geändert, aber die iranische Antwort kann nur unter Berücksichtigung vorheriger Episoden und deren Umkehrungen verstanden werden. Präsident George Bush hatte alles getan, was in seiner Macht stand, um nach dem Krieg gegen den Irak einen Krieg gegen den Iran zu beginnen. Er wollte die systematische Zerstörung der staatlichen Strukturen des erweiterten Nahen Ostens im Einklang mit der Rumsfeld-Cebrowski-Strategie weiter vorantreiben, woran ihn die Baker-Hamilton-Kommission 2006 das erste Mal hinderte. Die US-Oberschicht fand die Investitionsrendite nicht schnell genug, um einen Krieg ohne Ende zu   unterstützen. Das zweites Mal war es der Kommandeur des CentCom, Admiral William Fallon, der begonnen hatte, mit Mahmoud Ahmadinedschad über die Stabilisierung des Iraks zu diskutieren, der sich Bush widersetzte (2007 / 08). Letztlich gab Vizepräsident Dick Cheney Israel die Anweisung, georgische Flughäfen zu mieten, um, ohne im Flug zwischentanken zu müssen, den Iran direkt mit Flugzeugen zu bombardieren. Aber es war Rußland, das in den frühen Morgenstunden des Kriegs in Südossetien im August 2008 die israelischen Bomber auf dem Boden festnagelte.

Bei seiner Ankunft im Weißen Haus versuchte Barack Obama die gleiche Strategie zu verfolgen, jedoch in einer weniger brutalen Art und Weise. Wie Bush  und Cheney war er überzeugt, schnell handeln zu müssen, um das iranische Öl zu beschlagnahmen, weil diese Naturschätze der Weltwirtschaft der Peak Oil- Theorie zufolge bald fehlen würden. Statt einen neuen Krieg zu starten, den die US-Öffentlichkeit nicht wünschte, befürwortete er 2009 Demonstrationen zum Sturz seines iranischen Amtskollegen. Nach dem Scheitern dieser farbigen Revolutiongegen Ahmadinedschad führte er im März 2013 in Oman Gespräche mit den seit der Revolution von Imam Ruhollah Khomeini als reguläre Partner Washingtons geltenden Politikern, d.h. mit dem Clan von Hashemi Rafsandschani und besonders mit Scheich Hassan Rohani, der der erste iranische Kontakt während der Iran-Contra-Affäre gewesen war. Als dieser 2013 Präsident wurde, begann er unter dem Deckmantel des Kampfes gegen die Verbreitung von Kernwaffen sofort Verhandlungen von Staat zu Staat, um den mittleren Osten zwischen den Saudis und den Iranern zu teilen. Im Beisein der Großmächte wurde in der Schweiz ein Vertrag ausgehandelt, der aber erst im Jahr 2015 unterzeichnet wurde. Der Iran erhielt das Recht, sein Öl erneut zu exportieren, um seine Wirtschaft wieder anzukurbeln.

Allmählich normalisierten sich die Beziehungen zwischen den beiden Staaten, bis Donald Trump 2017 US-Präsident wurde; sein Ziel war ganz anders: Das Weiße Haus glaubte nicht mehr, dass es an Öl mangeln würde, sondern war vielmehr davon überzeugt, dass es auf dem Markt zuviel davon gäbe; er verfolgte die imperiale Politik seiner Vorgänger nicht weiter, sondern kümmerte sich nur darum, Geld zu verdienen. Anstatt seine Vorherrschaft im Nahen Osten zu organisieren, wollte er das Angebot auf dem Weltmarkt einschränken, um die Preise für Rohöl auf dem Rentabilitätsniveau des US-Schieferöls zu halten. Die Vereinigten Staaten ermutigten 2017/2018 Demonstrationen gegen die religiös-politische Klasse und annullierten dann 2018 den Kernenergievertrag.

Seitdem scheint der Iran wie gelähmt. Im Gegensatz zu den Politikern sind die Kleriker starr und einer Selbstkritik unfähig. Gott, den sie auf Erden darstellen, kann sich nicht irren. Deshalb ist die iranische Theokratie im Gegensatz zu einer weitverbreiteten Meinung eine hervorragende Händlerin, aber eine schlechte Diplomatin. Der Iran  - so sieht es Meyssan -  verweigert jegliches Verhandlungsangebot der USA und wartet verzweifelt auf die Rückkehr der Demokraten in Washington; eine gefährliche Wette, insoweit Donald Trump für weitere vier Jahre gewählt werden könnte und die iranische Wirtschaft am Abgrund stünde. 

Diese Lähmung hindert den Iran daran, Provokationen zu planen, wie Washington und London sie ihm zuschreiben, zumal Angriffe gegen westliche Interessen seine künftigen Beziehungen mit den US-Demokraten gefährden würden. Allen Widrigkeiten zum Trotz wird Trumps Methode in diesem Fall nicht zum Ziel führen. Die persische Kultur ist die der Miniaturen. Das Einzigartige daran ist, dass die Iraner das Volk sind, das sehr lange Qualen ertragen kann, um zu triumphieren.   [4]   

 

[1]  http://antikrieg.com/aktuell/2019_07_21_geheimdienstchef.htm  21. 7. 19

[2]  http://antikrieg.com/aktuell/2019_07_20_alliierte.htm  19. 7. 19

[3]  https://www.voltairenet.org/article206980.html   11. 7. 19
Vereinigtes Königreich /Iran:
Grace 1 und British Heritage   

[4]  https://www.voltairenet.org/article206736.html  18. 7. 19
Der gelähmte Iran  -  Von Thierry Meyssan