Boltons Aufstieg erweckt eine Gruppe iranischer Dissidenten zu neuem Leben - Von Rhys Dubin und Dan De Luce

»Nach der Berufung des Hardliners John Bolton zum Nationalen

Sicherheitsberater des Präsidenten Donald Trump glauben die iranischen Volksmudschahedin, die Regierung in Teheran mit US-Hilfe doch noch stürzen zu können. Mit einem Unterstützer im Weißen Haus könnte die MEK doch noch zu einer Stimme in der US-Außenpolitik werden. Bolton unterstützt die iranischen   Volksmudschahedin, die Mujahideen-e-Khalq oder MEK, schon lange und ist schon bei mehreren ihrer Veranstaltungen als Redner aufgetreten. 

Die MEK wurde in den 1960er Jahren als oppositionelle Gruppierung gegen Schah Mohammad Reza Pahlavi gegründet, und ihre Anhänger mußten sich nach der Islamischen Revolution im Jahr 1979 ins Exil in das von Saddam Hussein beherrschte Irak absetzen; nach dessen Sturz zerstreuten sie sich über ganz Europa und in der USA. Die auf den Sturz des iranischen Regimes fixierte MEK-Führung hat schon immer Beziehungen zu westlichen Parlamentariern gesucht, insbesondere in den USA, stieß jedoch bislang im Weißen Haus auf Ablehnung. Da jetzt Trumps Kabinett mit Falken, die schon immer Krieg gegen den Iran führen wollten, gespickt ist und Bolton eine führende Stellung im Nationalen Sicherheitsrat einnimmt, hat die MEK unverhofft die Chance bekommen, doch noch zum Mitspieler in der US-Außenpolitik zu werden. Bolton sieht die MEK sehr positiv, äußerte ein außenpolitisch versierter Kongreßmitarbeiter. Sie hat jetzt einen direkten Zugang zum Weißen Haus. Im Gegensatz zur geringen Wirkung anderer sich im Exil befindlichen iranischen Oppositionsgruppen ist es der MEK dank ihrer straffen Organisation und ihrer guten finanziellen Ausstattung gelungen, die Diskussion über einen Regimewechsel im Iran in Washington in Gang zu halten. Auch weil die iranische Regierung in Washington keine Lobby hat, fand die MEK mit ihrer Kampfansage an die Islamische Republik dort viele offene Ohren, heißt es ferner.« 

Bedenkt man, daß der Iran zu den 7 Kriegen zählt, die das Pentagon unter Bush  programmierte, so stellt sich die Frage,  w e r  die MEK finanziert. Diese ergibt sich auch zu der Feststellung, »daß sich die MEK mit lukrativen Angeboten auch an Abgeordnete des Repräsentantenhauses und an Senatoren herangemacht hat, so zum Beispiel mit einer Einladung zu einem aufwendigen Essen, das anläßlich des Nouruz, des iranischen Neujahrsfests, von einer der MEK nahestehenden Gruppierung im Russell Senate Office Building gegeben wurde. Die führende MEK-Vertreterin Maryam Rajavi hatte die Gäste mit einer Video-Botschaft von ihrem Haus in Frankreich aus begrüßt, worin sie offen zu einem Regimewechsel im Iran aufgefordert hat.  

Das US-Außenministerium und der Nationale Sicherheitsrat NSC, legen die Autoren des weiteren dar, haben es abgelehnt, sich zu der Frage, ob die US-Regierung die MEK für eine ernstzunehmende Oppositionsgruppe hält, zu äußern. Präsident Trump hat bereits klargemacht, daß er dem iranischen Volk für die   Zukunft Freiheit und Wohlstand wünscht, erklärte Robert Palladino, ein Sprecher des NSC. Wir meinen, daß es selbst über seine Zukunft entscheiden sollte. Auf einer MEK-Veranstaltung im Juli 2017 in Paris lobte Bolton die   potentielle Rolle der MEK bei einem Regimewechsel im Iran: Es gibt eine wichtige Opposition gegen das Ajatollah-Regime, und diese Opposition befindet sich heute in diesem Raum; ferner: Ziel der offiziellen Politik der US-Regierung sollte der Sturz des Mullah-Regimes in Teheran sein. US-Unterstützer der MEK werden gut für ihre Dienste bezahlt, sollen bis zu 50.000 Dollar pro Rede erhalten.« 

Wer diese Unterstützer sind, wird indessen nicht offengelegt.

»Die MEK zahle für Reden in ihrem Hauptquartier in Paris 20.000 bis 30.000 $. Auch Bolton soll bezahlt worden sein, hat sich bisher aber immer geweigert, Angaben zu Honoraren zu machen. Während die MEK bislang nur Unterstützer bei beiden Kongreßparteien hatte, verfügt sie nun zum ersten Mal über einen Verbündeten in der Nähe des US-Präsidenten. Der Nationale Widerstandsrat des Irans, der politische Flügel der MEK, hat die Ernennung Boltons erfreut zur Kenntnis genommen. 

Ob Regierungsvertreter wie Bolton die MEK für ihre Zwecke benutzen können, ist eine noch offene Frage. Ehemalige US-Offizielle, westliche Diplomaten und iranische Experten sind der Meinung, die MEK habe nicht genügend Rückhalt im Iran selbst und sei ob ihrer ungewöhnliche Ideologie eher als politische Sekte anzusehen. Da sie sich 1979 im Ersten Golfkrieg, dem Krieg des Iraks gegen den Iran, mit Bagdad verbündet hatte, in der Hoffnung, die iranische Regierung nach einem Sieg des Iraks stürzen zu können, hatte sie sich in der für den Iran schwierigsten Zeit seiner neueren Geschichte auf die Seite des Feindes geschlagen, was ihr die Iraner aller politischen Couleur nie verziehen haben. 

Seither hat die MEK kaum noch Verbindungen in den Iran. Da sie nach dem Krieg nicht in den Iran zurückkehren konnte, wurden ihre Mitglieder in ein Lager in der irakischen Provinz Diyal eingewiesen, wo sie bis 2012 blieben. Danach mußten sie in das Camp Liberty in der Nähe von Bagdad umziehen. 2016 verließen die MEK Mitglieder dieses Camp und verteilten sich, wie bereits dargelegt, über mehrere europäische Staaten.

Daniel Benjamin, der zu jener Zeit die Terrorbekämpfung im Außenministerium koordinierte und am Dartmouth College lehrt, erklärt hierzu: Wir siedelten viele der MEK-Leute vom Irak nach Albanien um. Nur Albanien war bereit, sie aufzunehmen. Vor der Umsiedlung mußte Washington die MEK erst von seiner Liste der Terrororganisationen, auf die sie gesetzt worden war, weil sie in den 1970er Jahren während der Schah-Herrschaft im Iran US-Amerikaner umgebracht hatte, entfernen. Dies wurde nur deswegen durchgeführt, weil die US-Regierung wollte, daß sie den Irak verließ. Nachdem die MEK aus der Region entfernt war und alle Verbindungen zur iranischen Innenpolitik gekappt waren, kam die Frage auf, ob sie überhaupt noch von Nutzen wäre, falls die US-Regierung einen Regimewechsel im Iran anstreben sollte. Ein konservativer Aktivist mit guten Beziehungen in Washington, der für einen Krieg gegen den Iran eintritt, sieht die MEK sehr skeptisch. Sie sei allenfalls als eine Art Ersatzgeheimdienst zu gebrauchen, sollte aber niemals als Organisation angesehen werden, die in der Lage sei, die Macht in Teheran zu übernehmen: Bei der Entwicklung einer erfolgreichen Strategie für einen Regimewechsel im Iran kann die MEK keine Rolle spielen.

Trotzdem könnten Bolton und andere Mitglieder des NSC die MEK als eines von mehreren Werkzeugen nutzen, um die iranische Regierung unter Druck zu setzen. MEK-Leute könnten als Provokateure eingesetzt werden, äußerte der Kongreß-Mitarbeiter, der die MEK gut kennt. Damit könnte der iranischen Regierung signalisiert werden, daß wir sie ablösen wollen. Die vielen MEK-Unterstützer im US-Kongreß könnten mithelfen, die Zustimmung des US-Kongresses zu einer schärferen Gangart der US-Regierung gegen die iranische Regierung zu erreichen. Indessen haben sich das US-Außen- und Verteidigungsministerium bisher gegen die Einbeziehung der MEK gesträubt.  Das Außenministerium macht sich keine Illusionen über die MEK; es sieht in ihr weder einen ernstzunehmenden Partner noch eine geheimdienstliche Quelle, heißt es. Hierzu Karim Sadjadpour von der Carnegie Endowment: Die US-Geheimdienste sähen das ähnlich: Nach dem Debakel mit den irakischen Massenvernichtungswaffen betrachten US-Geheimdienstler Informationen oppositioneller Gruppierungen sehr skeptisch, weil sie meistens mit dubiosen Methoden gesammelt werden und aus zweifelhaften Quellen stammen.

Mit Bolton als bewährtem Trickser und einem kriegstreiberischen (CIA)-Außenminister, der sich nicht von erfahrenen Praktikern bremsen läßt, dürfte die MEK jetzt einen viel besseren Draht zum Weißen Haus haben«, heißt es in dem Bericht abschliessend.

Inzwischen hat John Bolton am 11. 5. 18 offen ausgesprochen, was die USA im Iran wollen: Einen Sturz des Regimes.

 

Quelle: 
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP06018_120518.pdf
30. 4. 18; auszugsweise; Original auf

https://foreignpolicy.com/2018/04/30/bolton-iran-mek-terrorism-trump/
Bolton’s Ascent Gives Iranian Group a New Lease on Life - By Rhys Dubin, Dan De Luce - April 30, 2018