Die USA treiben weitere Keile zwischen Rußland und Europa - Von Prof. Eberhard Hamer 03.12.2017 22:39
Vor einer Woche hat das amerikanische Außenministerium eine neue Sanktionsliste
gegen Rußland vorgelegt. Damit erfüllt es eine Vorgabe, die am 2. August unter dem Namen »CAATS« [Countering America's Adversaries Through Sanctions Act] von Präsident Trump unterzeichnet worden war. Diese Verordnung tritt nun am 29. Januar 2018 in Kraft und bringt einen neuen Angriff des Wirtschaftskrieges gegen Rußland, welcher nicht nur russische Firmen betrifft, sondern auch vor allem europäische, die mit sanktionierten russischen Betrieben Geschäfte machen. Dieser neue verschärfte Wirtschaftskrieg liegt ganz im Trend
von Trumps ›Amerika
zuerst‹. So geht es zum Beispiel bei
den Sanktionen gegen die russischen und deutschen Firmen, welche sich an der
North Stream-Pipeline beteiligen, erklärtermaßen darum, daß man Europa vom
russischen Gas abschneiden will, damit Europa das teurere amerikanische
Flüssiggas beziehen muß, welches zurzeit überreichlich vorhanden und
anderweitig nicht absetzbar ist. Entsprechend soll die North Stream-Leitung auf
halber Strecke abgebrochen werden, indem man die beteiligten deutschen Firmen
ebenfalls mit Sanktionen bedroht, um sie von der weiteren Beteiligung abzuhalten.
Alle
amerikanischen Sanktionen sind nämlich in den USA beliebig bestrafbar, weil die
amerikanische Justiz alle Geschäfte in der Welt, die in Dollar fakturiert oder
mit Hilfe des Dollars durchgeführt werden, unter amerikanisches Recht stellt.
Wo also der Dollar verwendet wird, ist
amerikanisches Rechts- und Herrschaftsgebiet und deshalb können die
europäischen Firmen beliebig nach amerikanischem Recht verurteilt und
ausgebeutet werden. Allein VW mußte für die speziell gegen den Dieselmotor
eingeführten US-Normvorschriften bereits 25 Milliarden Euro an die
amerikanische Justiz abführen, die deutsche Bank mehr als 10 Milliarden, die
anderen internationalen Konzerne Beträge in unterschiedlicher Höhe.
Der
amerikanische ›CAATS‹-Akt sieht vor, daß alle Sanktionen
mit den US- Partnern abgestimmt werden müssen. Offener kann man gar nicht zum
Ausdruck bringen, daß diese Sanktionen nur dann und in dem Maße verfolgt werden
sollen, wie sie amerikanischen Partnern im Wettbewerb schaden, und daß
amerikanische Firmen letztlich Betreiber dieser Sanktionen sein sollen und dürfen. Die USA wollen so Rußland nicht nur
systematisch von Europa isolieren, die russischen Firmen von allen Geschäften
mit Europa und der Welt abschneiden, sondern auch die übrige Welt, vor allem
Europa, mit Strafe bedrohen - und vollziehen -
wenn sie mit russischen Firmen Geschäfte machen. Dies hat erhebliche
Auswirkungen in Europa, wo sich der Handel mit dem hoffnungsvollsten
Zukunftsmarkt, Rußland, allein in den letzten zwei Jahren um 30 % reduziert
hat. In gleichem Maße wie sich der europäische Handel mit Rußland reduzierte,
hat sich der amerikanische Handel mit Rußland
vermehrt. Es geht also nicht nur um die Schädigung Rußlands, sondern auch um ›America first‹, das heißt den Ausschluß Europas von Geschäften mit Rußland,
welche amerikanische Firmen selbst machen wollen und können.
Brutaler
kann man den Wirtschaftsimperialismus Amerikas zu Lasten Europas gar nicht
durchführen. Nicht nur die Großfirmen trauen sich nicht mehr, mit Rußland Handel
zu treiben oder sich an russischen Investitionen zu beteiligen, auch Hunderte
von im Rußlandgeschäft bisher erfolgreichen mittelständischen Firmen trauen
sich nicht mehr, diese Geschäfte weiterzuführen, weil sie die brutalen
amerikanischen Sanktionszahlungen nicht überstehen würden. In den USA ist noch
eine weitere Verschärfung des Wirtschaftskrieges gegen Rußland in Vorbereitung:
Europäischen Banken und sogar Privatleuten soll verboten werden, noch russische
Anleihen zu handeln oder zu halten. So soll Rußland dafür bestraft werden, daß
es den Dollar nicht mehr als einzige Weltwährung akzeptiert, sondern auch den
Rubel als internationales Zahlungsmittel durchsetzen will. Und die europäischen
Finanzmärkte sollen daran gehindert werden, in Rubel zu rechnen statt in Dollar
oder sollen Rubel-Anleihen überhaupt nicht mehr handeln.
Solche
einseitig Europa schädigenden Maßnahmen müßten eigentlich mit den europäischen
Verbündeten besprochen werden, hätten mindestens den Protest der EU-Kommission
und der deutschen Bundesregierung erwarten lassen [«unter Freunden tut man das
nicht»]. Nichts ist passiert. Die EU
beugt sich stumm der Kolonialmacht, selbst da, wo es ihr weh tut.
Die
Isolierung Rußlands von Europa ist nicht nur kurzfristig für einen Teil unserer
Wirtschaft verhängnisvoll, sondern langfristig für unseren gesamten Wohlstand
in Europa: Die ›America first‹-Politik zugunsten der amerikanischen
Firmen läßt schon jetzt den Handel mit den USA immer schwieriger werden und
zurückfallen. Dies dürfte dramatisch werden, wenn das faule Dollar-System der
überschuldeten USA zusammenbricht.
Langfristig
ist Rußland nicht nur zahlungsfähiger, sondern braucht auch die europäische
Wirtschaft als Ergänzung in der Zukunft. Die deutsche Wirtschaft wird bis 2050
nur weiter wachsen, wenn sie nach Osten weiter wächst. Rußland hat alle
Rohstoffe, die wir brauchen, und wir haben alle Technologien, die Rußland
braucht. Für beide und für Europa ist diese Kooperation für ein Jahrhundert
wohlstandsentscheidend. [1] Lassen wir uns davon durch die USA absperren,
haben die amerikanischen Konkurrenzfirmen diesen Markt erobert, und wir bleiben
Verlierer.
Aber
wer traut sich in Deutschland oder Europa, gegen die amerikanische Willkür
Stellung zu nehmen?
Quelle: https://www.zeit-fragen.ch/de/ausgaben/2017/nr-2930-21-november-2017/die-usa-treiben-weitere-keile-zwischen-russland-und-europa.html Zeit-Fragen 2017 ßNr.
29/30, 21. November 2017 [1] Vgl. Eberhard Hamer ›Visionen 2050. Wohin steuern wir? Trends und Prognosen für
Deutschland und Europa‹ Kopp-Verlag
2016
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