Der grosse Asylschwindel - Von Roger Köppel 24.04.2016 19:48
Hunderttausende warten in Nordafrika. Der Migrationsdruck übers Mittelmeer
auf die Schweiz nimmt wieder zu. Bern
liefert untaugliche Rezepte. Wir müssen unsere Grenzen gegen die illegale
Migration abriegeln und die Flüchtlingshilfe vor Ort verstärken.
Der grosse Asylschwindel ist nicht mehr zu
ertragen. Politik und Medien betrügen die Leute. Letzte Woche habe ich gelesen,
die Flüchtlingszahlen an der Schweizer Grenze seien »deutlich rückläufig«.
Gegenüber dem letzten Quartal des Vorjahres gebe es weniger Grenzübertritte,
jubelte ein anderes Blatt. Merken es die Journalisten eigentlich noch, wenn sie
solchen Unsinn verbreiten? Tatsächlich steigen die Zahlen massiv. Wenn wir das
erste Quartal 2015 mit dem ersten Quartal 2016 vergleichen, haben wir über 80 %
mehr Asylgesuche, 8315 statt 4489. Die wirklich intensiven Monate kommen erst.
Behördlich organisierter Betrug Der Betrug beginnt schon bei den
Begriffen. Was ist ein ›Flüchtling‹? Ein Flüchtling ist
ein Mensch, der in seiner Heimat aufgrund unentrinnbarer persönlicher
Eigenschaften wie Hautfarbe, Religion oder politischer Gesinnung an Leib und
Leben bedroht ist. Echte Flüchtlinge waren die von den Deutschen verfolgten
Juden im letzten Weltkrieg. Heute sind es zum Beispiel die christlichen
Minderheiten in den von den Killermuslimen des IS besetzten Gebieten im Nahen
Osten. Echte Flüchtlinge waren auch die christlichen Armenier, die am Ende des
Ersten Weltkriegs von Türken und Kurden in Vernichtungsmärschen abgeschlachtet
wurden. Echte Flüchtlinge haben Anspruch auf Asyl.
›Flüchtling‹ ist ein genau
definierter rechtlicher Begriff. Nicht jeder Mensch, der in Schwierigkeiten ist
und sein Land verlässt, ist ein Flüchtling. Wenn Leute einfach auswandern,
reden wir von Migranten. Wenn sie keine ordentlichen Papiere haben, um in ein
anderes Land zu gehen, und trotzdem dorthin gehen, reden wir von illegalen
Migranten. Kriegsvertriebene sind, rechtlich gesprochen, ebenfalls keine echten
Flüchtlinge im oben geschilderten Sinn. Man bezeichnet sie als Schutzbedürftige.
Sie bekommen kein Asyl, aber Schutz auf Zeit. Die allerwenigsten, die heute von
Journalisten oder Politikern pauschal als ›Flüchtlinge‹ bezeichnet werden, sind Flüchtlinge im
rechtlichen Sinn. Aber auch bei den Kriegsvertriebenen muss man genau hinschauen.
Im letzten Weltkrieg nahm die Schweiz vorübergehend über Hunderttausend
schutzbedürftiger Polen auf. Diese Deserteure und Kriegsemigranten konnten sich
ins letzte Land Mitteleuropas retten, das nicht von deutschen Truppen besetzt
war. Die heutigen Kriegsvertriebenen wandern über Tausende von Kilometern und
durch sichere Staaten. Gerettet sind sie längst. Es geht um den
wirtschaftlichen Vorteil. Kriegsvertriebene, die aus Staaten kommen, in denen
keine Fluchtgründe mehr vorliegen, sind rechtlich gesehen keine
Kriegsvertriebenen mehr. Asyl ist keine Lizenz für weltweite
Niederlassungsfreiheit.
Echte und falsche Syrer Letztes Jahr kamen rund 1,3 Millionen
illegale Einwanderer nach Europa. Darunter sollen rund 600 000 Syrer gewesen sein; sollen, weil die
meisten dieser Syrer keine oder gefälschte Papiere bei sich hatten, wie die europäische
Grenzbewachungsagentur Frontex in ihrem neusten Bericht schreibt. Fast alle
dieser mutmasslichen Syrer kamen aus der Türkei, wo sie zum Teil während Jahren
in Sicherheit gelebt hatten. Diese tatsächlichen und angeblichen Syrer kamen
nicht nach Europa, weil sie Schutz vor Krieg anstreben, sondern weil sie den
persönlichen Vorteil in den üppig dotierten Wohlfahrtsstaaten der EU suchen. So
verständlich ihre Motive auch sein mögen, sie berechtigen die illegalen
Migranten nicht dazu, unsere Asylgesetze aus wirtschaftlichen Gründen zu
missbrauchen. Nähmen die EU-Staaten ihr Asylrecht ernst, müssten sie die
illegalen Migranten zurückweisen.
Autonomer Nachvollzug des Unsinns Die Schweiz betreibt den autonomen
Nachvollzug der europäischen Asylmisere. Niemand ist ein echter Flüchtling oder
ein schutzbedürftiger Kriegsvertriebener, der aus einem sicheren Drittstaat
kommt. Die Schweiz ist ausschliesslich von sicheren Drittstaaten umgeben. Das
war im letzten Weltkrieg anders, als sie von kriegführenden Terrormächten
umschlossen war. Damals war es möglich, dass Kriegsvertriebene und echte
Flüchtlinge an den Schweizer Grenzen standen. Heute ist dies unmöglich. Alle illegalen
Migranten, die auf dem Landweg an unseren Aussengrenzen Asyl beantragen, haben
definitionsgemäss keinen Asylanspruch, weil sie aus sicheren Drittstaaten
anreisen. Es kann auf dem Landweg kein Asyl in der Schweiz geben! Das ist die
zwingende Vorgabe unseres völkerrechtlich
im Dubliner Flüchtlingsabkommen besiegelten Asylrechts. Man kann diese
rechtlichen Verpflichtungen kritisieren, aber man darf sie nicht willkürlich
aushebeln. Die Tatsache, dass unsere Nachbarstaaten die Migranten durchwinken
oder nicht registrieren, gibt diesen Migranten keinen Rechtsanspruch auf Schutz
oder Asyl in der Schweiz. Im Gegenteil wäre es die Aufgabe der Behörden, diesen
illegalen Migranten an unserer Grenze die Einreise zu verweigern und sie in die
Transitstaaten, die ihre Verantwortung nicht wahrnehmen, zurückzuschicken. Ich
mache keinem Migranten den Vorwurf, dass er versucht, das Chaos des
europäischen Asylunwesens zu seinen Gunsten auszunutzen. Es ist die Schuld der
Regierungen, dass das Asylrecht aus den Angeln gehoben wird. Nicht die
Konflikte im Nahen Osten oder in Afrika, das Angebot offener Grenzen treibt die
Völkerwanderung an. In Nordafrika warten über 500 000 Migranten auf den Sprung via Italien
in die Schweiz oder nach Europa.
Afghanen aus Deutschland Auf keinen Fall folgt aus dem bisher
Gesagten, dass die Schweiz heute keine echten Flüchtlinge oder
Kriegsvertriebenen mehr aufnehmen kann oder soll. Es heisst allerdings, dass
man auf dem Landweg kein Asyl mehr in der Schweiz bekommen kann. Im letzten
Jahr schnellte die Zahl der afghanischen Asylanten in der Schweiz um über 900 %
hoch. Die Afghanen waren vorher in Deutschland, wo ihnen das gemächliche Tempo
der Asylverfahren nicht behagte. Sie kamen in die Schweiz, weil sie auf raschere
Aufnahme hoffen, wie aus dem jüngsten Bericht des Staatssekretariats für
Migration in Bern hervorgeht. Einspruch: Unser Asylrecht wurde nicht für
Migranten erfunden, denen die Asylverfahren
in anderen Ländern zu lange dauern. Unser Asylrecht wurde auch nicht für Leute
gemacht, die dank der Hilfe krimineller Schlepper über Tausende von Kilometern
und über zahllose sichere Drittstaaten anreisen, um schliesslich in der Schweiz
ohne rechtmässige Arbeitsbewilligung ihren persönlichen Vorteil zu suchen.
Enteignungen, Gratisanwälte Die Fakten machen deutlich, warum das von
Bundesrätin Sommaruga und Staatssekretär Mario Gattiker geführte
Migrationsdepartement neben den Schuhen steht. Die beiden Drittweltbewegten,
die sich verlässlich gegen alle Verschärfungen im Asylrecht wehren und gewehrt
haben, setzen den falschen Akzent. Sie überlegen sich nicht, wie sie die
illegalen Migranten am Grenzübertritt hindern können. Ihre Energien sind darauf
ausgerichtet, die Schweizer Willkommensinfrastruktur auszubauen. Mit der geplanten
Asylgesetzrevision soll die falsche Politik noch betoniert werden. Der Bund
will Kantone, Gemeinden und Private für Asylheime enteignen dürfen: Noch mehr
Platz für falsche Flüchtlinge. Es wäre ein Anschlag auf unsere Grundrechte. Die
illegalen Migranten sollen zudem bedingungslos Gratisanwälte erhalten. Die
Schweizer würden damit schlechter gestellt als die Asylanten.
Wie kann die Schweiz ihre humanitäre
Tradition unter den geschilderten Umständen leben? Die Lösung ist gar nicht so
schwierig. Erstens: Es sind umgehend systematische Grenzkontrollen einzuführen.
Systematische Grenzkontrollen bedeuten, dass die Grenzschützer alle illegalen
Migranten am Übertritt hindern und auf der Stelle in die sicheren Nachbar- und
Transitstaaten zurückschicken, aus denen sie gekommen sind. Solange in Europa
kein Krieg herrscht und die Schweiz von friedlichen Staaten umgeben ist, kann
es auf dem Landweg kein Asyl mehr geben. Das ist keine überspannte Forderung,
sondern nur die Umsetzung der gültigen Rechtslage. Zweitens: Die Schweiz
konzentriert ihre Entwicklungshilfe ganz gezielt auf die Hilfe und den Schutz
von Menschen in den betroffenen Krisenregionen. Anstatt Hunderte von Millionen
direkt in die Staatshaushalte korrupter afrikanischer Regime zu schaufeln, wie
etwa in Burkina Faso, sollte die Schweiz dieses Geld in UNO-Flüchtlingslager
und Infrastrukturen von Hilfswerken wie dem IKRK umlenken. Niemand, der
wirklich bedroht ist, soll gezwungen sein, über Tausende von Kilometern zu
reisen. Es ist verrückt, dass wir diese Einsicht nicht schon längst umsetzen.
Grenzen abriegeln und Hilfe vor Ort Die dritte Forderung lautet: Die Schweiz
kann in Absprache mit den internationalen
Organisationen Kontingente von Kriegsvertriebenen direkt aus den Lagern
übernehmen und ihnen in der Schweiz Schutz auf Zeit gewähren. In den UNO-Lagern
liesse sich abklären, wer unter keinen Umständen in seine Heimat zurückkehren
darf, weil er dort gemäss der Genfer Konvention an Leib und Leben bedroht ist.
An der Aufnahme dieser echten Flüchtlinge könnte sich die Schweiz grosszügig
beteiligen. Wenn illegale Migranten trotzdem einreisen und aufgegriffen werden,
können sie, je nach Nationalität, in ihre Heimat oder in die Flüchtlingslager
gebracht werden. Die Schwierigkeiten, die sich ergeben werden, sind kein Argument
gegen dieses Konzept. Wer mit dem Flugzeug direkt in die Schweiz kommt, kann in
den Flughäfen überprüft werden. Legale Asylansprüche werden erfüllt. Mit diesen
einfachen Massnahmen liesse sich das behördlich geförderte Asylchaos sofort
stoppen. Entscheidend ist neben der zielgerichteten Hilfe vor Ort die
konsequente Abriegelung der Landesgrenzen gegen illegale, scheinasylantische
Übertritte. Dies ist möglich. Die Österreicher und die Schweden liefern
brauchbare Vorbilder. Die Skandinavier bringen es fertig, illegale Migranten
bereits vor den Landesgrenzen abzufangen.
Grenzen sichern und Hilfe vor Ort: Das ist
die zeitgemässe Zauberformel des Asyls. Das kriminelle Schlepperwesen würde
zusammenbrechen. Niemand bezahlt Zehntausende von Franken für aussichtslose
Überfahrten. In den Krisenregionen würden nur die wirklich Bedrohten in die
Lager fliehen. Echte Flüchtlinge und Schutzbedürftige könnte die Schweiz
weiterhin aus diesen Lagern aufnehmen. Es wäre der vernünftige Weg.
Wie lange noch braucht Justizministerin
Sommaruga, um das Offensichtliche zu sehen?
Quelle: http://www.weltwoche.ch/ausgaben/2016-16/artikel/der-grosse-asylschwindel--die-weltwoche-ausgabe-162016.html Editorial: Der grosse Asylschwindel
›Die
Weltwoche‹
Ausgabe 16/2016 vom 22. 4. 16
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