Nuklearwaffen - Wer stoppt ihre Protagonisten?

d.a. Entgegen jeglicher Vernunft und entgegen aller ständig beschworenen

Werte der EU-Gemeinschaft mehren sich die Befürworter für den Einsatz von Nuklearwaffen.  

Wie einem ersten in  Die NATO rüstet weiter gegen Russland auf  wiedergegebenen Bericht von German Foreign Policy zu entnehmen ist, diskutieren deutsche Militärs und Think Tanks im Vorfeld des für Mitte dieses Jahres anberaumten NATO-Gipfels in Warschau »den Einsatz von Atomwaffen gegen Rußland.« 

Wie es hierzu in dem von GFP veröffentlichten Folgebericht [1] heisst, »hat nun die Deutsche Gesellschaft für Auswärtige PolitikDGAP in ihrer Zeitschrift Internationalen Politik verstärkte propagandistische Anstrengungen zur Steigerung der öffentlichen Akzeptanz für Atomwaffen gefordert. Wie dieser führende deutsche Think Tank darlegt, müßten die nuklearen Elemente einer Strategie der Abschreckung gegen Rußland in der Kommunikation mit der Bevölkerung wieder sichtbarer werden. Dies insbesondere deshalb, weil viele Deutsche der Nuklearoption äußerst skeptisch gegenüber stünden: Die Regierung kann zwar Rüstungsvorhaben beschließen, weil sie diese als notwendig zur glaubwürdigen Abschreckung erachtet. Das heißt aber nicht, daß die Bevölkerung solche Vorhaben auch als Beitrag zur eigenen Sicherheit ansieht; sie kann sie auch als gefährliche Eskalation ablehnen. Um die skeptischeHaltung vieler Deutscher zu Kernwaffen zu kontern, wird unter anderem nahegelegt, den militärisch konnotierten Begriff Abschreckung durch Entmutigung zu ersetzen.   

Akzeptanz verändern
Hierfür empfehlen die Autoren Claudia Major und Christian Mölling [2], eine entsprechende sicherheitspolitische Debatte zu lancieren. Die auf der Münchner Sicherheitskonferenz 2014 begonnene Diskussion über die deutsche Verantwortung für weltweite westliche Kriegsoperationen etwa zeige, daß man die öffentliche Akzeptanz verändern könne, heißt es. Vorgeschlagen wird darüber hinaus, auch die semantische Dimension zu berücksichtigen: Abschreckung steht für konfrontative Debatten aus dem Kalten Krieg und alte Sicherheitspolitik. Hilfreich wären neue Begriffe wie Entmutigung oder Abhalten.  

Analog äußert sich der Leiter des NATO-Referats für Energiesicherheit, Michael Rühle, in der aktuellen Ausgabe [3]. Seiner Auffassung nach ist die Rückkehr zu einer Strategie der atomaren Abschreckung gegen Rußland zwar  unausweichlich, nur sähen sich die Vertreter dieses Ansatzes mit dem Problem der innenpolitischen Durchsetzungsfähigkeit konfrontiert: Die sogenannte Nachrüstungsdebatte der frühen achtziger Jahre hat den westlichen Demokratien vor Augen geführt, daß nicht jede Rüstungsmaßnahme, die der Aufrechterhaltung der Abschreckung dient, von der Bevölkerung als Beitrag zur eigenen Sicherheit wahrgenommen wird. Während die seinerzeitige Stationierung neuer US-Atomwaffen auf westdeutschem Territorium einerseits im Sinne der Abschreckungslogik konsequent gewesen sei, habe sie andererseits bei vielen Menschen Ängste ausgelöst, die sich in Massenprotesten der Friedensbewegung niederschlugen. Hierin, erklärt Rühle, komme ein klassisches Dilemma der westlichen Militärpolitik zum Ausdruck: Die Regierungen der NATO-Staaten könnten sich nicht ausschließlich daran orientieren, was sie für militärisch notwendig halten, sondern müßten auch berücksichtigen, was innenpolitisch zumutbar ist. Die in Deutschland weit verbreitete generelle Ablehnung von Atomwaffen führt Rühle auf das Wirken nicht näher spezifizierter sicherheitspolitischer Eliten und mit ihnen verbundene Wissenschaftler zurück. Wie der NATO-Funktionär ausführt, hätten sich die genannten Gruppen ganz der bewußten Desavouierung des Konzepts der Abschreckung gewidmet und bei jeder Gelegenheit das Credo von der Abschaffung aller Atomwaffen vor sich hergetragen. Ihr Ziel sei es letztlich gewesen, Abschreckung als Mythos zu entlarven, um so der nuklearen Abrüstung analytisch den Weg zu ebnen. Daher sehe sich die deutsche Regierung mit einem enormen intellektuellen Kollateralschaden konfrontiert: Selbst in den politischen Führungseliten des  Westens vertrat man noch bis vor Kurzem die Überzeugung, man lebe inzwischen in einem neuen Zeitalter, in dem nukleare Abschreckung obsolet geworden sei. Angesichts der militärischen Provokationen Rußlands habe nun allerdings ein mühevolles Rückzugsgefecht begonnen, schreibt Rühle: Dazu zählt beispielsweise der untaugliche Versuch, die neuartigen Abschreckungserfordernisse des Westens ausschließlich im konventionellen Bereich zu verorten und die nukleare Dimension der Abschreckung im Sinne der eigenen Abrüstungspräferenzen weiterhin zu ignorieren.   

Zermürbungsstrategie 
Gleichzeitig spricht sich Rühle für eine Symbiose zwischen Abschreckung und Dialog im Umgang mit Rußland aus. Wie im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion müsse Abschreckung dabei die militärische Veränderung des Status quo verhindern, um den politisch-sozialen Kräften die Zeit zu geben, die russische Staatsführung zu zermürben.  

Analog äußern sich Claudia Major und Christian Mölling: Ausgehend von einer Basis militärischer Stärke müsse die NATO ständige Dialogangebote an Rußland richten, heißt es: Militärische Sicherheit und eine Politik der Entspannung bilden keinen Widerspruch, sondern eine notwendige Ergänzung. Letztlich gehe es darum, daß nukleare, konventionelle und zivile Komponenten möglichst reibungslos zusammenspielen. Entscheidend für den Erfolg der favorisierten antirussischen Strategie ist laut Major und Mölling allerdings die Glaubwürdigkeit der atomaren Abschreckung. Diese erfülle ihren Zweck nur, wenn Moskau davon überzeugt sei, daß die NATO im Kriegsfall tatsächlich Nuklearwaffen einsetzen würde  [4]

Hierzu wäre als erstes anzumerken, dass der angedachte Kriegsfall nur dann eintreten kann, wenn der Westen vor einem solchen nicht zurückschreckt. Zweitens kann die russische Führung auch nicht annähernd einer Beschränktheit gezeiht werden, wie sie aus den obigen Strategien zutage tritt; mit anderen Worten: Russland wird sich mitnichten auf einen Angriffskrieg gegen den Westen einlassen. Hingegen ist die von Washington geforderte Einkreisung Russlands, zu der Westen gezwungen ist, über die NATO Hand dazu zu bieten, seit langem ein offfen niedergelegtes Ziel und in zahlreichen Beiträgen auf politonline thematisiert worden, wie zum Beispiel in folgenden Artikeln:

»Russland in die Knie zwingen«

Russland - Die westlichen Provokationen fürs erste ausgeschlagen

Russland - Maidan in Petersburg

Russland und China verschärfen ihre Reaktion auf die Asien-Strategie der NATO

Washingtons neuer Kalter Krieg und Rußlands Antwort - Von F. William Engdahl

Und gleich auf welche Weise die Versuche, die Bevölkerung hinsichtlich der Ablehnung atomarer Waffen umzustimmen resp. einem verkappten brainwashing auszusetzen, in Gang gesetzt werden, es wird bei einer solchen bleiben. Es ist ferner mehr als fraglich, ob die Befürworter die Folgen eines Einsatzes tödlicher  nuklearer Waffen je zu Ende gedacht haben. Auf der Grundlage zahlreicher Berichte zur militärischen Stärke Russlands und seiner Wachsamkeit lässt sich im übrigen durchaus folgern, dass die Schlagkraft Russlands in einem vom Westen provozierten Krieg nicht nur weitaus schneller zum Einsatz käme als die der NATO, sondern zudem auch weitaus vernichtender. Zurück bliebe eine Verwüstung, der die Vertreter obiger tödlich sinnloser Vorstellungen ebenso sinnlos zum Opfer fielen wie die Bevölkerung.  

Vorschläge dieser Art sollten eigentlich Tumulte in den Parlamenten auslösen. Allein, es bleibt alles ruhig.

Die unausgesetzte Bedrohung Russlands durch die NATO 
Diese setzt sich nahtlos fort, wie es auch aus den Worten des Air-Force-Generals Philip M. Breedlove, NATO-Oberkommandierender und Kommandeur des EUCOM in Stuttgart, hervorgeht. Ihm zufolge sind es die Aktivitäten Russlands, die zum Umdenken in Europa zwingen. Die USA hätte den in Europa räubernden russischen Bären zwei Jahrzehnte lang nur geknuddelt; und das müsse sich jetzt wieder ändern. Er hält eine Verstärkung der US-Streitkräfte in Europa für dringend geboten, weil den wachsenden Fähigkeiten und Kapazitäten der russischen Streitkräfte Entsprechendes entgegengesetzt werden müsse. Das sagte er vor Reportern, die den neuen Chef des US-Generalstabs, Marine-Corps-General Joseph F. Dunford jr., auf seiner Europareise begleiteten. Nach dem Untergang der Sowjetunion im Jahr 1991 hätten die USA und ihre Verbündeten versucht, Russland zu ihrem Partner zu machen. In der neuen russischen Sicherheitsstrategie, die der russische Präsident Putin letzte Woche unterzeichnet hat, würden die USA und die NATO-Osterweiterung aber als Bedrohungen für Russland dargestellt [und dies zurecht!]. In Wirklichkeit sollten damit nur die russischen Expansionsbestrebungen der letzten Jahre gerechtfertigt werden. 

Das revanchistische Russland 
»Wir müssen uns nur die russischen Aktionen seit 2008 anschauen: In Georgien, in Nagorny-Karabach  - und jetzt in Syrien -  hat das von vielen revanchistisch genannte Russland wieder militärische Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele angewendet«, führte Breedlove aus. Das bedeute, dass auch die US-Streitkräfte in Europa wieder umdenken müssten, nachdem sie, wie bereits erklärt, 20 Jahre lang erfolglos versucht hätten, Russland zum Partner zu machen. »In dieser Zeit haben wir die Struktur unserer Streitkräfte, unsere geheimdienstlichen Aktivitäten zur Erkenntnisgewinnung, Überwachung, Aufklärung und Lagebeurteilung und unsere Präsenz in den Medien stark reduziert. Im Hinblick auf die verstärkten russischen Aktivitäten müsse das militärische Engagement der USA in Europa wieder neu justiert werden«, betonte er. 

Für ein stärkeres US-Engagement in Europa  
Als Breedlove Chef des EUCOM wurde, hat er sofort damit begonnen, die US-Präsenz in Europa zu erhöhen. Ein vierter Lenkwaffen-Zerstörer ist bereits in Spanien eingetroffen. und die U.S. Army hat eine ganze Kampfbrigade aus der USA nach Europa rotieren lassen. Es gehe aber nicht nur darum, die US-Truppenstärke zu erhöhen. 13 Jahre lang habe sich das EUCOM vor allem darauf konzentriert, Truppen anderer NATO-Staaten für die Bekämpfung der Aufständischen in Afghanistan auszubilden. »In der Aufstandsbekämpfung sind wir wirklich gut«, behauptet Breedlove, »aber die grossen Luftangriffe im ersten und zweiten Irak-Krieg und zu Beginn des Afghanistan-Krieges sind schon länger her. Wir müssen unbedingt die Fähigkeiten wiedererlangen, die zur Führung eines grossen Krieges gebraucht werden.« »Als unser Afghanistan-Einsatz zu Ende ging, mussten wir vorsorgen«, fuhr er fort. »Wir haben uns dafür entschieden, verstärkt die Fähigkeiten zu trainieren, die zur Erfüllung des Artikels 5 des NATO-Vertrags gebraucht werden. Damit haben wir sogar schon vor den Vorkommnissen auf der Krim begonnen.« Der Artikel 5 des NATO-Vertrags legt fest, dass ein Angriff auf ein NATO-Mitglied ein Angriff auf alle Verbündeten ist. Diese Entscheidung sei durch die Aktivitäten Russlands gerechtfertigt, so Breedlove. »Jetzt muss jeder Soldat, Matrose, Pilot oder Marineinfanterist, der dem EUCOM zugeteilt wird, seine volle Kampffähigkeit zurückgewinnen.« In allen Manövern und Trainingseinsätzen würden diese Fähigkeiten geübt, sagte der General; deshalb werde das EUCOM auch in Zukunft Manöver auf Divisions- und Korpsebene durchführen. Breedlove äusserte ausserdem, er wisse nicht, was Putin mir seinen erneuerten und verstärkten Streitkräften vorhabe. »Ich werde oft gefragt, was Putin vorhat oder was er denkt«, fügte er hinzu. »Ich bin mir nicht sicher, was er denkt, sehe aber was er tut und weiss, wie wir darauf zu reagieren haben.«  [5] 

All das verheisst nichts - ausser Krieg. Ganz offensichtlich hat in den Gedanken von Breedlove auch kein anderes Wort Platz. Was nun den Wahrheitsgehalt der zu Russland vorgetragenen Fakten angeht  - die im einzelnen zu widerlegen wären -  so liegt dieser ganz auf der Linie von Obamas Aussage in seiner letzten, am 12. Januar gehaltenen Rede zur Nation, in der es heisst: »Umfragen zeigen, dass unser Ansehen in der ganzen Welt nun höher ist, als bei meiner Wahl ins Amt, und wenn es um wichtige internationale Fragen geht, schauen die Völker der Welt nicht nach Peking oder Moskau als Führer - sie rufen nach uns.«

 

[1]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59284   13. 1. 16
Die Nukleardebatte der NATO (II) 
[2]  Claudia Major/Christian Mölling: Abschreckung neu denken. Nukleare, konventionelle und zivile Komponenten müssen zusammenspielen. Internationale Politik, Januar/Februar 2016
[3]  Michael Rühle: Konventionell und nuklear. Die Rückkehr der Abschreckung ist unvermeidlich. Internationale Politik, Januar/Februar 2016
[4]  Claudia Major/Christian Mölling: Abschreckung neu denken. Nukleare, konventionelle und zivile Komponenten müssen zusammenspielen. Internationale Politik, Januar/Februar 2016 

[5]  http://www.army.mil/article/160582/  January 6, 2016 
Commander: Russia's actions require new approach in Europe by Jim Garamone DoD News, Defense Media Activity
Resp. 
http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP00616_130116.pdf
13. 1. 16  Air-Force-General Philip M. Breedlove:
Die Aktivitäten Russlands zwingen zum Umdenken in Europa