Nuklearwaffen - Wer stoppt ihre Protagonisten? 17.01.2016 13:10
d.a. Entgegen jeglicher Vernunft und entgegen aller ständig beschworenen
Werte der EU-Gemeinschaft mehren
sich die Befürworter für den Einsatz von Nuklearwaffen.
Wie einem
ersten in Die
NATO rüstet weiter gegen Russland auf
wiedergegebenen Bericht von ›German
Foreign Policy‹ zu entnehmen ist, diskutieren
deutsche Militärs und Think Tanks im Vorfeld des für Mitte dieses Jahres
anberaumten NATO-Gipfels in Warschau »den Einsatz von Atomwaffen gegen Rußland.«
Wie es
hierzu in dem von ›GFP‹ veröffentlichten Folgebericht [1] heisst,
»hat
nun die ›Deutsche Gesellschaft für
Auswärtige Politik‹ DGAP in ihrer Zeitschrift
›Internationalen Politik‹ verstärkte propagandistische
Anstrengungen zur Steigerung der öffentlichen Akzeptanz für Atomwaffen
gefordert. Wie dieser führende deutsche Think Tank darlegt, müßten die ›nuklearen Elemente‹ einer Strategie der ›Abschreckung‹ gegen Rußland in der Kommunikation
mit der Bevölkerung ›wieder
sichtbarer‹ werden. Dies insbesondere
deshalb, weil viele Deutsche der Nuklearoption äußerst skeptisch gegenüber
stünden: ›Die Regierung kann zwar
Rüstungsvorhaben beschließen, weil sie diese als notwendig zur glaubwürdigen
Abschreckung erachtet. Das heißt aber nicht, daß die Bevölkerung solche
Vorhaben auch als Beitrag zur eigenen Sicherheit ansieht; sie kann sie auch als
gefährliche Eskalation ablehnen‹. Um
die ›skeptische‹ Haltung vieler Deutscher zu Kernwaffen zu kontern, wird unter
anderem nahegelegt, den ›militärisch
konnotierten‹ Begriff ›Abschreckung‹ durch ›Entmutigung‹ zu ersetzen.
Akzeptanz verändern Hierfür
empfehlen die Autoren Claudia Major und Christian Mölling [2], eine
entsprechende sicherheitspolitische Debatte zu lancieren. Die auf der Münchner Sicherheitskonferenz
2014 begonnene Diskussion über die deutsche Verantwortung für weltweite
westliche Kriegsoperationen etwa zeige, daß man die öffentliche Akzeptanz verändern
könne, heißt es. Vorgeschlagen wird darüber hinaus, auch die ›semantische Dimension‹ zu berücksichtigen: ›Abschreckung steht für konfrontative
Debatten aus dem Kalten Krieg und ›alte‹ Sicherheitspolitik. Hilfreich wären
neue Begriffe wie ›Entmutigung‹ oder ›Abhalten‹.
Analog
äußert sich der Leiter des NATO-Referats für Energiesicherheit, Michael Rühle, in
der aktuellen Ausgabe [3]. Seiner Auffassung nach ist die Rückkehr zu einer
Strategie der atomaren Abschreckung gegen Rußland zwar ›unausweichlich‹, nur sähen sich die Vertreter dieses
Ansatzes mit dem Problem der innenpolitischen Durchsetzungsfähigkeit
konfrontiert: ›Die sogenannte
Nachrüstungsdebatte der frühen achtziger Jahre hat den westlichen Demokratien
vor Augen geführt, daß nicht jede Rüstungsmaßnahme, die der Aufrechterhaltung
der Abschreckung dient, von der Bevölkerung als Beitrag zur eigenen Sicherheit
wahrgenommen wird.‹ Während die
seinerzeitige Stationierung neuer US-Atomwaffen auf westdeutschem Territorium
einerseits im Sinne der Abschreckungslogik konsequent gewesen sei, habe sie andererseits
bei vielen Menschen Ängste ausgelöst, die sich in Massenprotesten der Friedensbewegung
niederschlugen. Hierin, erklärt Rühle, komme ein klassisches Dilemma der
westlichen Militärpolitik zum Ausdruck: Die Regierungen der NATO-Staaten
könnten sich nicht ausschließlich daran orientieren, was sie für militärisch
notwendig halten, sondern müßten auch berücksichtigen, was innenpolitisch
zumutbar ist. Die in Deutschland weit verbreitete generelle Ablehnung von
Atomwaffen führt Rühle auf das Wirken nicht näher spezifizierter sicherheitspolitischer
Eliten und mit ihnen verbundene Wissenschaftler zurück. Wie der NATO-Funktionär
ausführt, hätten sich die genannten Gruppen ganz der bewußten Desavouierung des
Konzepts der Abschreckung gewidmet und bei jeder Gelegenheit das Credo von der
Abschaffung aller Atomwaffen vor sich hergetragen. Ihr Ziel sei es letztlich
gewesen, Abschreckung als Mythos zu entlarven, um so der nuklearen Abrüstung analytisch
den Weg zu ebnen. Daher sehe sich die deutsche Regierung mit einem enormen ›intellektuellen Kollateralschaden‹ konfrontiert: ›Selbst in den politischen Führungseliten des Westens vertrat man noch bis vor Kurzem die
Überzeugung, man lebe inzwischen in einem neuen Zeitalter, in dem nukleare Abschreckung
obsolet geworden sei‹. Angesichts
der militärischen
Provokationen Rußlands habe nun allerdings ein ›mühevolles Rückzugsgefecht‹
begonnen, schreibt Rühle: ›Dazu
zählt beispielsweise der untaugliche Versuch, die neuartigen
Abschreckungserfordernisse des Westens ausschließlich im konventionellen
Bereich zu verorten und die nukleare Dimension der Abschreckung
im Sinne der eigenen Abrüstungspräferenzen weiterhin zu ignorieren.‹
Zermürbungsstrategie Gleichzeitig
spricht sich Rühle für eine Symbiose zwischen Abschreckung und Dialog im Umgang
mit Rußland aus. Wie im Kalten Krieg gegen die Sowjetunion müsse Abschreckung
dabei die militärische Veränderung des Status quo verhindern, um den ›politisch-sozialen Kräften die Zeit zu
geben, die russische Staatsführung zu zermürben‹.
Analog
äußern sich Claudia Major und Christian Mölling: Ausgehend von einer Basis
militärischer Stärke müsse die NATO ständige Dialogangebote an Rußland richten,
heißt es: ›Militärische Sicherheit
und eine Politik der Entspannung bilden keinen Widerspruch, sondern eine
notwendige Ergänzung.‹ Letztlich
gehe es darum, daß nukleare, konventionelle und zivile Komponenten möglichst
reibungslos zusammenspielen. Entscheidend für den Erfolg der favorisierten antirussischen
Strategie ist laut Major und Mölling allerdings die ›Glaubwürdigkeit‹
der atomaren Abschreckung. Diese erfülle ihren Zweck nur, wenn Moskau davon
überzeugt sei, daß die NATO im Kriegsfall ›tatsächlich
Nuklearwaffen einsetzen würde‹.« [4]
Hierzu
wäre als erstes anzumerken, dass der angedachte Kriegsfall nur dann eintreten
kann, wenn der Westen vor einem solchen nicht zurückschreckt. Zweitens kann die
russische Führung auch nicht annähernd einer Beschränktheit gezeiht werden,
wie sie aus den obigen Strategien zutage tritt; mit anderen Worten: Russland
wird sich mitnichten auf einen Angriffskrieg gegen den Westen einlassen.
Hingegen ist die von Washington geforderte Einkreisung Russlands, zu der Westen
gezwungen ist, über die NATO Hand dazu zu bieten, seit langem ein offfen
niedergelegtes Ziel und in zahlreichen Beiträgen auf politonline thematisiert worden, wie zum Beispiel in folgenden
Artikeln:
»Russland
in die Knie zwingen«
Russland
- Die westlichen Provokationen fürs erste ausgeschlagen
Russland
- Maidan in Petersburg
Russland
und China verschärfen ihre Reaktion auf die Asien-Strategie der NATO
Washingtons
neuer Kalter Krieg und Rußlands Antwort - Von F. William Engdahl
Und
gleich auf welche Weise die Versuche, die Bevölkerung hinsichtlich der
Ablehnung atomarer Waffen umzustimmen resp. einem verkappten brainwashing
auszusetzen, in Gang gesetzt werden, es wird bei einer solchen bleiben. Es ist
ferner mehr als fraglich, ob die Befürworter die Folgen eines Einsatzes tödlicher
nuklearer Waffen je zu Ende gedacht
haben. Auf der Grundlage zahlreicher Berichte zur militärischen Stärke
Russlands und seiner Wachsamkeit lässt sich im übrigen durchaus folgern, dass
die Schlagkraft Russlands in einem vom Westen provozierten Krieg nicht nur
weitaus schneller zum Einsatz käme als die der NATO, sondern zudem auch weitaus
vernichtender. Zurück bliebe eine Verwüstung, der die Vertreter obiger tödlich
sinnloser Vorstellungen ebenso sinnlos zum Opfer fielen wie die Bevölkerung.
Vorschläge
dieser Art sollten eigentlich Tumulte in den Parlamenten auslösen.
Allein, es bleibt alles ruhig.
Die unausgesetzte
Bedrohung Russlands durch die NATO Diese
setzt sich nahtlos fort, wie es auch aus den Worten des Air-Force-Generals Philip M. Breedlove, NATO-Oberkommandierender und Kommandeur
des EUCOM in Stuttgart, hervorgeht. Ihm zufolge sind es ›die Aktivitäten Russlands‹, die zum
Umdenken in Europa zwingen. Die USA hätte den in Europa räubernden russischen
Bären zwei Jahrzehnte lang nur ›geknuddelt‹; und das müsse sich jetzt wieder ändern. Er hält eine Verstärkung
der US-Streitkräfte in Europa für dringend geboten, weil den wachsenden
Fähigkeiten und Kapazitäten der russischen Streitkräfte Entsprechendes
entgegengesetzt werden müsse. Das sagte er vor Reportern, die den neuen Chef
des US-Generalstabs, Marine-Corps-General Joseph F. Dunford jr., auf seiner
Europareise begleiteten. Nach dem Untergang der Sowjetunion im Jahr 1991 hätten
die USA und ihre Verbündeten versucht, Russland zu ihrem Partner zu machen. In
der neuen russischen Sicherheitsstrategie, die der russische Präsident Putin
letzte Woche unterzeichnet hat, würden die USA und die NATO-Osterweiterung aber
als Bedrohungen für Russland dargestellt
[und dies zurecht!]. In Wirklichkeit sollten damit nur die russischen Expansionsbestrebungen der letzten Jahre
gerechtfertigt werden.
Das ›revanchistische‹ Russland »Wir müssen uns nur die russischen Aktionen seit 2008
anschauen: In Georgien, in Nagorny-Karabach
- und jetzt in Syrien - hat das
von vielen revanchistisch genannte Russland
wieder militärische Gewalt zur Durchsetzung seiner Ziele angewendet«, führte Breedlove aus. Das bedeute, dass auch die
US-Streitkräfte in Europa wieder umdenken müssten, nachdem sie, wie bereits erklärt,
20 Jahre lang erfolglos versucht hätten, Russland zum Partner zu machen. »In dieser Zeit
haben wir die Struktur unserer Streitkräfte, unsere geheimdienstlichen
Aktivitäten zur Erkenntnisgewinnung, Überwachung, Aufklärung und Lagebeurteilung
und unsere Präsenz in den Medien stark reduziert. Im Hinblick auf die
verstärkten russischen Aktivitäten müsse das militärische Engagement der USA in
Europa wieder neu justiert werden«, betonte er.
Für ein
stärkeres US-Engagement in Europa Als Breedlove Chef des EUCOM wurde, hat er sofort damit begonnen,
die US-Präsenz in Europa zu erhöhen. Ein vierter Lenkwaffen-Zerstörer ist
bereits in Spanien eingetroffen.
und die U.S. Army hat eine ganze Kampfbrigade aus der USA nach Europa rotieren lassen.
Es gehe aber nicht nur darum, die US-Truppenstärke zu erhöhen. 13 Jahre lang
habe sich das EUCOM vor allem darauf konzentriert, Truppen anderer NATO-Staaten
für die Bekämpfung der Aufständischen in Afghanistan auszubilden. »In der Aufstandsbekämpfung
sind wir wirklich gut«, behauptet Breedlove, »aber die grossen Luftangriffe im
ersten und zweiten Irak-Krieg und zu Beginn des Afghanistan-Krieges sind schon
länger her. Wir müssen unbedingt die Fähigkeiten wiedererlangen, die zur Führung
eines grossen Krieges gebraucht werden.« »Als unser Afghanistan-Einsatz zu Ende
ging, mussten wir vorsorgen«, fuhr er fort. »Wir haben uns dafür entschieden,
verstärkt die Fähigkeiten zu trainieren, die zur Erfüllung des Artikels 5 des NATO-Vertrags gebraucht werden. Damit haben wir
sogar schon vor den Vorkommnissen auf der Krim begonnen.« Der Artikel 5 des NATO-Vertrags legt fest, dass ein
Angriff auf ein NATO-Mitglied ein Angriff auf alle Verbündeten ist. Diese
Entscheidung sei durch die Aktivitäten Russlands
gerechtfertigt, so Breedlove. »Jetzt muss
jeder Soldat, Matrose, Pilot oder Marineinfanterist, der dem EUCOM zugeteilt
wird, seine volle Kampffähigkeit zurückgewinnen.« In allen Manövern und Trainingseinsätzen würden diese Fähigkeiten geübt,
sagte der General; deshalb werde das EUCOM auch in Zukunft Manöver auf
Divisions- und Korpsebene durchführen. Breedlove äusserte ausserdem, er wisse
nicht, was Putin mir seinen erneuerten und verstärkten Streitkräften vorhabe. »Ich werde oft gefragt, was Putin vorhat oder was er denkt«, fügte er hinzu. »Ich bin
mir nicht sicher, was er denkt, sehe aber was er tut und weiss, wie wir darauf
zu reagieren haben.« [5] All das verheisst nichts - ausser Krieg. Ganz offensichtlich
hat in den Gedanken von Breedlove auch kein anderes Wort Platz. Was nun den
Wahrheitsgehalt der zu Russland vorgetragenen Fakten angeht - die im einzelnen zu widerlegen wären - so liegt dieser ganz auf der Linie von Obamas
Aussage in seiner letzten, am 12. Januar gehaltenen Rede zur Nation, in der es
heisst: »Umfragen zeigen, dass unser Ansehen in der ganzen Welt nun
höher ist, als bei meiner Wahl ins Amt, und wenn es um wichtige internationale
Fragen geht, schauen die Völker der Welt nicht nach Peking oder Moskau als
Führer - sie rufen nach uns.«
[1] http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/59284 13. 1. 16
Die Nukleardebatte der NATO (II) [2] Claudia Major/Christian Mölling: Abschreckung
neu denken. Nukleare, konventionelle und zivile Komponenten müssen
zusammenspielen. Internationale Politik, Januar/Februar 2016 [3] Michael Rühle: Konventionell und nuklear. Die
Rückkehr der Abschreckung ist unvermeidlich. Internationale Politik,
Januar/Februar 2016
[4] Claudia Major/Christian Mölling:
Abschreckung neu denken. Nukleare, konventionelle und zivile Komponenten müssen
zusammenspielen. Internationale Politik, Januar/Februar 2016 [5] http://www.army.mil/article/160582/ January 6, 2016 Commander: Russia's actions require new
approach in Europe by Jim Garamone DoD News, Defense Media Activity Resp. http://www.luftpost-kl.de/luftpost-archiv/LP_16/LP00616_130116.pdf 13. 1. 16
Air-Force-General Philip M. Breedlove: Die Aktivitäten Russlands zwingen zum Umdenken in Europa
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