Die Flüchtlingswelle und ihre Vorläufer - Von Doris Auerbach

Zu den Ursachen, die der gegenwärtigen Invasion an Asylanten zugrunde liegen,

gehören in erster Linie die Kriege, die die USA mit ihren westlichen Verbündeten in den zurückliegenden Jahren in Gang gesetzt hat; dennoch wird die Nennung dieses Ursprungs von den Regierenden tunlichst vermieden. Auf US-Seite wird die Flüchtlingslage ebenfalls nach Möglichkeit nicht mit den eigenen Kriegen in Verbindung gebracht, während die Angriffsbereitschaft Washingtons unverhohlen zum Ausdruck gelangt. 

Ende November 2011 hatte sich der unter Nixon als Aussenminister und Sicherheitsberater fungierende und damit Mitverantwortlicher für die ungeheuren Bombardierungen von Vietnam, Kambodscha und Laos, Henry Kissinger, wie folgt geäussert: »We told the military that we would have to take over seven Middle Eastern countries for their resources and they have nearly completed their job.« »Wir hatten dem Militär erklärt, dass wir in 7 Staaten des Mittleren Ostens auf Grund ihrer Ressourcen die Macht ergreifen müssen, und das Militär hat seine Aufgabe fast vollendet.« Zu dieser Aussage gehört auch die von ihm ausgesprochene Vision, deren Bestandteil nur weitere durchzuführende Zerstörungen sein können: »Out of the ashes we shall build a new society, there will only be one superpower left, and that one will be the global government that wins. Don't forget, the United States has the best weapons, we have stuff that no other nation has, and we will introduce those weapons to the world when the time is right.« »Auf dieser Asche werden wir eine neue Gesellschaft aufbauen; es wird nur eine Supermacht übrigbleiben, und dies wird die globale Regierung als Gewinnerin sein. Vergessen Sie nicht, dass die USA die besten Waffen besitzt; wir verfügen über Material, das keine andere Nation ihr eigen nennt, und wir werden diese Waffen in der Welt einsetzen, wenn der richtige Zeitpunkt gekommen ist.«  [1]  Es ist derselbe Kissinger, der letzten Februar auf CNN öffentlich und unverhohlen erklärte, dass die USA die Fäden in der Ukraine zieht und das Ganze nur eine Generalprobe für einen Regimewechsel in Moskau ist. Dessen ungeachtet rollte Davos ihm am WEF 2013 den roten Teppich aus. Das Endziel einer globalen Weltregierung, darüber sollte sich niemand hinwegtäuschen, kann nur darin bestehen, alle Bewohner dieses Globus zu entmündigen, um einer Handvoll von nicht in Erscheinung tretenden Hintermännern die totale Macht über den Menschen zu verleihen.  

Damit keine Zweifel an dem Gesagten aufkommen, sei hier bezüglich der von Kissinger genannten Angriffsziele noch einmal der ehemalige Oberbefehlshaber der NATO-Streitkräfte, General Wesley Clark, angeführt, der in seiner Rede vor dem Commonwealth Club of Californiaam 3. Oktober 2007 die US-Strategie aufzeigte, indem er die anzugreifenden Länder mit Namen nannte: »Zwei oder drei Wochen nach dem 11. September 2001 ist vom US-Verteidigungsministerium entschieden worden, in 7 Staaten des Nahen Ostens den regime change einzuleiten, und zwar militärisch vorbereitet: Im Irak, in Syrien, im Libanon, in Libyen, Somalia, im Sudan und zum Schluss im Iran.  [2]

Dies also ist der Kriegsbestand, an den sich infolge der von der USA angestrebten Einkreisung Russlands die brutalen Zerstörungen in der Ostukraine nahtlos anschliessen. Auch dieses Vorhaben wird unter völligem Ausschluss der EU-Bevölkerung vor unseren Augen durchgezogen, ohne dass wir uns je auf ein hochbezahltes Europäisches Parlament verlassen könnten, das einzuschreiten gewillt wäre.  

Nun hat diese Sachlage US-Aussenminister Kerry keineswegs daran gehindert, bei seinen Besuchen in Davos viel zu erklären, nur nicht die volle Wahrheit, wie sich seinen Darlegungen entnehmen lässt: In seiner  - wie die Basler Zeitung schrieb - entschlossenen Rede »versicherte er der Welt am WEF des Jahres 2014 am 24. Januar, dass die USA ihre Verpflichtungen erfüllen würde. Kerry forderte die Konfliktparteien in Nahost auf, die Chance für einen Frieden zu ergreifen.« Wie sollte ihnen dies möglich sein, ist der Sturz al-Assads doch nach wie vor festes Endziel des vom Westen in Syrien geführten Krieges. Und wo sollte sich eine Möglichkeit zur Befriedung eröffnen, hat der Aufbau des ISIS durch die USA die Kämpfe doch noch infernaler auflodern lassen:

Der ISIS oder die ewige Verdummung
Der Krieg, der nicht zu sein bräuchte - Von Doris Auerbach
 

Auch was Kerry 2014 im weiteren vortrug, entbehrt aus meiner Sicht jeglicher Glaubwürdigkeit: Er bekräftigte die ungebrochene Verpflichtung Amerikas für Frieden und Prosperität in der Welt, was allein schon in Afghanistan und im Irak ad absurdum geführt wurde, und Somalia, der Sudan sowie der Iran noch immer auf der Liste der anzugreifenden Länder stehen. Wie kommt Kerry also dazu, in seiner vielbeachteten Rede unmissverständliche Warnungen gerade an Syrien zu richten, muss doch allen Anwesenden in Davos klar sein, dass die Vereinigten Staaten und ihre Verbündeten das Inferno in Syrien gezielt heraufbeschworen haben. Es ist schlichtweg nicht zu fassen, was er sich sonst noch vorzutragen erlaubte: »Wir werden unsere Freunde verteidigen. Die Verpflichtung Amerikas gegenüber der ganzen Welt sei ungebrochen - sei es gegenüber Europa, der Pazifikregion oder dem eigenen Kontinent«, wobei er die entscheidende Rolle seines Landes im Nahen Osten  ebenso deutlich verteidigte. Und zu Syrien hiess es unmissverständlich: »In Syrien sehen wir vor unseren Augen eine riesige Tragödie«, ohne auch nur mit einem einzigen Wort darauf einzugehen, dass sein eigenes Land dafür als Hauptdrahtzieher verantwortlich zeichnet. Amerika ziehe sich nicht aus der Welt zurück, sagte er in entschlossenem Ton in seiner Ansprache, in der er die Grundlinien der US-Aussenpolitik umriss: »Nichts ist weiter entfernt von der Wahrheit.« Natürlich zieht sich die USA nicht zurück, das stünde ihrem globalen Machtanspruch diametral entgegen.  

Diesen Vortrag haben sich alle Beteiligten angehört, ohne dass Kerry widerlegt wurde, zumindest nicht öffentlich. Was also kann ein Journalist der Basler Zeitung überhaupt begriffen haben, um in seinen Artikel folgende Beurteilung einfliessen zu lassen: »Mit seinem Auftritt am Freitag, 24. 1. 2014, verlieh der amerikanische Aussenminister John Kerry dem WEF Glanz.«  [3]   

In gleicher Weise formulierte Kerry seine Worte auch dieses Jahr am 45. Treffen in Davos, wo er über die Strategien gegen den Islamischen Staat und gegen den Terror auf der Welt sprach. Hierzu einige fabelhafte Passagen aus der Basler Zeitung vom 22. Januar 2015: »John Kerry greift in die rhetorische Trickkiste. Mit Anekdoten von seinen vielen Reisen versucht er, das komplexe Thema des Terrorismus für die Zuhörer zugänglich zu machen. Und sie haben einen weiteren Effekt: Die Verbundenheit zwischen der USA und anderen Ländern, die direkt oder indirekt vom Terrorismus betroffen sind, aufzuzeigen. Man nimmt Kerry sein Engagement ab, er wirkt authentisch und unterstreicht seine Worte mit energischen Gesten. Kerry hat in Davos zur Einigkeit aufgerufen. Die zivilisierte Welt dürfe angesichts der Terrorgewalt nicht klein beigeben. Das Schlimmste wäre, alle Muslime in einen Topf zu werfen und alle für die Greueltaten verantwortlich zu machen. »Wir müssen dem Terrorismus zeigen, dass wir immer stärker werden, je mehr man uns zu trennen versucht«, sagte er. Es gehe im Kampf gegen den Terror auch darum, die Faktoren verstehen zu lernen. »Verstehen und Akzeptanz ist nicht das Gleiche«, sagte Kerry. »Es gibt keinen einzigen Grund, der Terror rechtfertigt.« Das sollte er einmal in Langley vortragen..….  

Darüber hinaus lobte er die in Davos geführten Strategiegespräche der Internationalen Allianz gegen den IS und die bereits unternommenen Massnahmen - wie etwa Luftschläge. All das lassen sich die illustren Gäste, wie sie auch schon bezeichnet worden sind, widerspruchslos erzählen. Es ist daher verständlich, dass sich Oliver Classen und seine Public-Eye-Freunde dieses Jahr für immer von Davos verabschiedet haben. »Ich höre auch jetzt hauptsächlich Geschwurbel und Phrasendrescherei«, erklärte Classen u.a. »Konkrete Handlungen fehlen gänzlich. Das Problem ist der ganze Zuckerguss rundherum. Es heisst, wir haben einen politischen Anspruch in Form einer improvement of the world. Das ist eine blanke Lüge und wird es auch bleiben. Und deswegen sagen wir, es braucht das WEF nicht.«  

Was nun den Terror betrifft, so liegen inzwischen genügend Berichte über vom CIA und anderen Geheimdiensten durchgeführte false flag operations vor, so dass dieser keiner weiteren Erörterung bedarf, es sei denn die letzten September erfolgte Feststellung von James F. Tracy: »Der ISIS ist die neue Terrormarke Amerikas: Endlose Propaganda soll dem Krieg gegen den Terror neuen Schwung verleihen.« Hinsichtlich des ISIS resp. IS wäre indessen einiges zu sagen: Im selben Monat, in dem Kerry in Davos die Erörterungen mit der internationalen Allianz gegen den IS lobte, drohte die USA mit Vergeltung, sollte die iranische Luftwaffe den IS weiterhin unerlaubt bombardieren. »Wer hier bombardiert, bestimmen immer noch wir, so Kerry auf einer Pressekonferenz. »Es sei wichtig, dass der IS zunächst weiterhin syrisches Territorium halte, so dass man die syrische Infrastruktur, die derzeit im Besitz der IS ist, zerstören könne. Sollte der IS zu früh zu schwach werden, könnten die Kurden die Situation ausnützen und einen eigenen Staat gründen. Nicht zu vergessen sei, dass der Iran einen souveränen Staat angegriffen habe. Es sei nicht zu tolerieren, dass der Iran das Völkerrecht breche und damit die internationale Sicherheitsarchitektur zerstöre.« Teheran hatte die Angriffe dementiert, da jedoch die USA das Gegenteil behauptet, ist wohl klar bewiesen, dass Teheran lügt, schreibt Interinfo Linz in seiner Januar-Ausgabe 433. Am 28. Februar berichtete Réseau Voltaire: »Seit der Invasion des Iraks durch den IS hat die internationale, vom Pentagon geführte Koalition gegen den Daesh [gemeint ist der IS] mindestens viermal Waffen für die terroristische Organisation abgeworfen. Jedes Mal hat der Sprecher der Koalition einen Irrtum beim Abwurf zugegeben.«  [4]  Und was nun Angriffe auf souveräne Staaten resp. die Brechung des Völkerrechts angeht, so gibt es wohl keinen anderen Staat dieses Globus, der darin mehr geübt wäre wie die Vereinigten Staaten selbst.  

Ende letzten Dezember hatten irakische Parlamentarier der USA vorgeworfen, Milizen des IS, gegen die die irakische Armee erbittert kämpft, regelmässig mit Waffen und Lebensmitteln zu versorgen. Flugzeuge der USA und der von ihnen geführten Anti-IS-Koalition hätten zuerst in Tal Afar, dann in Sindschar und danach im Raum Balad Nachschub für den IS abgeworfen, teilte der Abgeordnete des irakischen Parlaments, Awad al-Awadi, am 31. 12. 14: »Mit den Ausreden, dies sei versehentlich getan worden, lassen wir uns nicht mehr irreführen.« Der Bürgermeister der 80 km nördlich von Bagdad gelegenen Stadt Balad hatte seinerseits gemeldet, dass ein Apache-Kampfhubschrauber am 26. 12. 14 für die im Dorf Al Hudeira eingeschlossenen IS-Terroristen einen Container mit Waffen und Munition abgeworfen habe. Der iranische Oppositionspolitiker Dr. Massoud Harun-Mahdawi hatte ebenfalls im Dezember erklärt: »In der aktuellen IS-Krise hat die USA erst nach langem Zögern und unter massivem Druck der Öffentlichkeit den Kampf gegen die brutale Terrorgruppe IS aufgenommen – allerdings nur mit angezogener Handbremse. Gleichzeitig aber haben die Amerikaner den IS nachweislich direkt und indirekt bis zum heutigen Tag durch ihre Unterstützung zu jener blutrünstigen Terrormacht gemacht, die heute eine unglaublich brutale Zerstörungswelle von Syrien über den Irak bis an die Grenzen des Irans entfacht hat.« Interessanterweise kontrolliert der IS die Hälfte der Heroin-Lieferungen von Afghanistan nach Europa. Wie German Foreign Policy festgehalten hat, basiert der Erfolg des IS ohnehin auf einer langfristigen Förderung salafistischer Organisationen in Nah- und Mittelost, die vom Westen aus geostrategischen Motiven gebilligt wurde und auch unter den Augen deutscher Stellen geschah.  [5]  Paul Craig Roberts hat den IS als »ein Netzwerk bezeichnet, das vom Obama-Regime höchstpersönlich erschaffen wurde. Wenn der IS tatsächlich eine derartige Bedrohung ist, wie es Obama behauptet, wie kann dann die Regierung, die diese Bedrohung überhaupt erst erschaffen hat, den Kampf glaubwürdig anführen?« Dass der USA die Regie über den IS inzwischen längst entglitten ist, geht aus den laufenden Presseberichten hervor.  

Von Davos zurück nach Afrika 
»Wer das Elend verursacht hat«, schreibt Gerhard Wisnewski, »darüber schweigen die Medien eisern. Denn schuld an der Flüchtlingskatastrophe sind ausgerechnet unsere besten Freunde und Verbündeten. Kein Wort kommt ihnen über die Lippen über jene, die die Migrationskrise erst angezettelt haben, so dass Flüchtlinge übers Mittelmeer schippern und immer wieder untergehen.«

»Die Flüchtlingswelle«, legt Wisnewski einmal mehr dar, »hat ihren Ursprung hauptsächlich im 2003 von der USA angezettelten Irakkrieg sowie in dem sogenannten »Arabischen Frühling«, einer seit 2010 über Nordafrika rollenden Welle von Revolutionen, Bürgerkriegen, Putschen und Kriegen, die einen ganzen Gürtel aus verbrannter Erde und zerstörten Staaten hinterließ. Mithilfe westlicher Stiftungen und »Menschenrechtsorganisationen« angezettelt, erfaßte die Welle der Umstürze von Tunesien aus in den folgenden Jahren die drei nordafrikanischen Riesen Algerien, Libyen und Ägypten, aber auch Marokko, Mauretanien, den Jemen und Jordanien. Viele dieser Staaten waren wichtige europäische Verbündete bei der Eindämmung der afrikanischen Flüchtlingsströme nach Europa. Noch 2010 hatte EU-Kommissar António Vitorino ein Pilotprojekt für 5 nordafrikanische Länderangekündigt, hieß es in der Süddeutschen Zeitung online vom 19. 5. 10. In den nordafrikanischen Flüchtlingslagern sollten die Lebensverhältnisse verbessert und internationalen Standards angepaßt werden: Zusammen mit dem UNHCR und der niederländischen EU-Ratspräsidentschaft wollte man Tunesien, Libyen, Algerien, Marokko und Mauretanien dabei helfen, eigene solide Asylsysteme aufzubauen und europäische Standards bei der Aufnahme von Flüchtlingen einzuhalten. Doch inzwischen sind diese Länder - und ihre Flüchtlingspolitik gleich mit - zerschlagen worden. Als Ergebnis dieser Demokratiebewegungen zieht sich ein Gürtel der politischen Instabilität, des Bürgerkriegs und der Not von Mauretanien bis Syrien hin. Im Grunde genommen wurde dabei ganz Nordafrika zerstört und in sogenannte failed states verwandelt.«  [6]  

Wie die NATO Nordafrikas Entwicklung zerbombt hat 
»Die gegenwärtige Flüchtlingskrise«, so Wisnewski ferner, »geht hauptsächlich auf die NATO und ihre Kriegs- und Umsturzpolitik in Nordafrika zurück. Durch die Zerschlagung Nordafrikas sind instabile Staaten, Arbeitslosigkeit, Angst, Hunger und Elend entstanden, und so auch der Wunsch nach Sicherheit, die nun verstärkt in Europa gesucht wird. Die Verbrechen der USA und ihrer Verbündeten reichen jedoch noch viel weiter. Denn sie zerstörten nicht nur die Heimat von Millionen Menschen und ein bequemes Flüchtlingsbollwerk für Europa, sondern auch die wichtigste Kraft Nord- und Zentralafrikas: Libyen. Das Land bot, bevor es 2011 bombardiert wurde, zahlreichen Flüchtlingen und Zuwanderern aus dem übrigen Afrika Aufnahme und Schutz. Es war ein Auffangbecken und eine der letzten Grenzen nach Europa für unzufriedene, bedrohte, aber auch arme Menschen aus dem Rest des Kontinents und galt als der Türsteher Europas. Von dem prosperierenden Gaddafi-Staat ging genau das aus, was in Lippenbekenntnissen unserer Politiker immer gefordert wurde: Eine sich entwickelnde Kraft, die dazu führen können hätte, dass sich Afrika selber half. Bis 2011 war Libyen ein blühendes und aufstrebendes Land mit jeder Menge an Rohstoffen, einem Sozialsystem, Entwicklungsprojekten und einem gesunden Staatshaushalt, wovon unsere Bankrottpolitiker nur träumen können. Mit den Öl-Einnahmen wuchsen Macht und Möglichkeiten des libyschen Staatschefs. Er investierte die Gelder in gigantische strategische Entwicklungspläne für sein Land, aber auch für ganz (Nord-) Afrika. Gaddafi glaubte nicht nur an die libysche Nation, sondern an die Idee des Panarabismus bzw. sogar des »Panafrikanismus«. Er wollte sich auch nicht länger auf die globale Rolle des ewigen bösen Buben beschränken, sondern begann, das große geostrategische Spiel zu spielen. Das wirtschaftlich starke und gesunde Libyen strebte auch eine Entwicklung des restlichen Kontinents an, die von Libyen ihren Ausgang nehmen sollte. Zu diesen Vorhaben gehörte eine eigene afrikanische, auf Gold basierende Währung, wozu Gaddafi die afrikanischen und moslemischen Nationen zum Zusammenschluß aufgefordert hatte, um die neue Währung einzuführen, die ein Gegengewicht zum Dollar und zum Euro bilden sollte. Erdöl und andere Rohstoffe würden dann weltweit nur noch in Gold-Dinar gehandelt. Diese Idee würde das wirtschaftliche Gleichgewicht weltweit erschüttern, denn dann hinge der Wohlstand einer Nation davon ab, wieviel Gold sie besäße, und nicht, mit wieviel Dollar sie handelte. Libyen besaß eine Menge Gold: 144 Tonnen, pro Kopf fünf Mal mehr als Großbritannien. Des weiteren baute Gaddafi ein monumentales Bewässerungssystem, das aus großen Bassins unter der Sahara fossiles Grundwasser gewann und dieses in großen Schlagadernzur libyschen Küste leitete, das Great Man-Made River Project (GMMRP), der Große Künstliche Fluss. Mit dem unterirdischen Kanal sollten auch Wüstenstriche fruchtbar gemacht und landwirtschaftliche Produkte erzeugt werden, für Afrika selbst, zum Beispiel für die Gebiete südlich der Sahara. Über 70 % des Wassers sind für die landwirtschaftliche Entwicklung vorgesehen, und es wird erwartet, dass etwa 130 000 Hektar landwirtschaftliche Nutzfläche entstehen werden, hieß es auf der Website des Projekts: Mithilfe von großen Wasserspeichern soll eine konstante Wasserversorgung über das gesamte Jahr hinweg gewährleistet werden.…. Ferner sollte ein über 3000 Kilometer langes Eisenbahnnetz eine weitere große Schlagader zur Entwicklung der Region werden. Seit 2008 baute Libyen an einer 550 km langen Küstenstrecke zwischen Sirte und Bengasi, die zu einer Küstenverbindung zwischen Tunesien und Ägypten erweitert werden sollte. Etwa in der Mitte der Strecke, von Sirte aus, sollte eine Eisenbahnlinie in Richtung Süden führen und die Produkte der künstlich bewässerten Felder und Beete auch in den Tschad und nach Niger transportieren. Die Aufträge für das Eisenbahnnetz flossen allerdings weniger an den Westen als vielmehr an Russland und China. 2011, während des NATO-Krieges gegen Libyen, kehrten die meisten ausländischen Arbeiter am Great Man-Made River Project nach Hause zurück. Am 22. Juli 2011 bombardierte die NATO eine Wasserpipeline nahe Brega und zerstörte eine Fabrik für Wasserrohre. Angeblich waren dort Militärgüter gelagert und Raketen gestartet worden, zitierte die Website Global Research eine NATO-Erklärung.

Wer sich wundert, warum die Flüchtlingsströme aus Afrika einfach nicht abreißen, kommt nicht umhin, sich mit den NATO-Kriegen und -Revolutionen ebenso zu beschäftigen wie mit den CIA-Terroristen von Boko Haram und ISIS. Millionen Afrikanern wird das Leben einerseits ungemütlich bis unerträglich gemacht, andererseits das Heil in einer Emigration nach Europa versprochen. So ist die Flüchtlingskrise des 21. Jahrhunderts zustande gekommen. In Wirklichkeit aber ist es nichts weiter als ein Krieg gegen Menschen mit Hilfe von Menschen.«  [7] 

Führt man sich die angestrebte US-Dominanz und die US-Kriegsziele bewusst vor Augen, so zeigt sich einmal mehr, was Kerry an Mythen in Davos verbreitet hat, denn die strategische Neuausrichtung der USA seit Ausbruch des Kriegs 1999 gegen Jugoslawien gipfelt darin, die Welt jederzeit mit Krieg überziehen zu können, wenn es im amerikanischen Interesse ist. 2005 hatte George W. Bush den weltweiten Führungsanspruch der USA betont, dem zufolge die USA im Interesse der nationalen Sicherheit und des weltweiten Friedens die globale Führungsmacht bleiben muss: »Unsere Nation ist dem historischen langfristigen Ziel verpflichtet, die Tyrannei in der Welt zu beenden.« Dies ungeachtet des Fakts, dass die USA alles unternimmt, damit die Tyrannei kein Ende nehmen kann, denn wer immer sich der ökonomischen und politischen Vorherrschaft Washingtons entgegenstellt, wird unabhängig von seiner ideologischen Ausrichtung als Extremist gebrandmarkt. »Tatsächlich«, so Paul Craig Roberts, »fühlt sich Washington, das exzeptionelle unentbehrliche Land, seiner Vorherrschaft über die Welt verpflichtet. Russland, China und der Iran, die der Weltherrschaft Washingtons im Wege stehen, sind daher Angriffsziele.« Hinzu kommt, dass für die USA, um sich die Weltmacht im 21. Jahrhundert zu sichern, eine Kontrolle der zentralasiatischen Ölvorräte unabdingbar bleibt.  

Dies alles lässt nichts Gutes erwarten. Noch viel weniger der Umstand, dass von allen Seiten Appelle an uns herangetragen werden, mehr für die Flüchtlinge zu tun. Indessen werden weder die USA  - noch die NATO und ihre Verbündeten - jemals offen mit der Forderung konfrontiert, die derzeitigen Kriegshandlungen unmittelbar einzustellen und von geplanten weiteren Kriegsschritten endgültig abzusehen.


Siehe hierzu auch   Ursachen des Asylantenstroms - Von Doris Auerbach

[1]  http://www.dailysquib.co.uk/world/3089-henry-kissinger-if-you-can-t-hear-the-drums-of-war-you-must-be-deaf.html   27. 11. 11   The Dail Squib -  Henry Kissinger: If You Can't Hear the Drums of War You Must Be Deaf by Alfred Heinz  
[2] 
http://www.jungewelt.de/2012/08-03/031.php  3. 8. 12 
Feuerprobe bestanden -  Von Rainer Rupp 
[3] 
http://bazonline.ch/wirtschaft/wef/Lagarde-warnt-vor-Deflation-in-Europa/story/28001463?dossier_id=2521  25. 2. 14   
[4]  http://www.voltairenet.org/article186923.html   28. 2. 15 
[5]  http://www.german-foreign-policy.com/de/fulltext/58968    9. 10. 14   
[6]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/gerhard-wisnewski/fluechtlingskrise-wie-die-usa-und-grossbritannien-den-migrationskrieg-gegen-europa-ermoeglichten.html;jsessionid=5BA91D00D48526CCF93C8DCC47E90D2F  23.
4. 15   Flüchtlingskrise: Wie die USA und Großbritannien den Migrationskrieg gegen Europa ermöglichten  -  Von Gerhard Wisnewski 
[7]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/europa/gerhard-wisnewski/fluechtlingsstroeme-wie-die-nato-nordafrikas-entwicklung-zerbombte.html;jsessionid=79CFB53B18E83C1359F51E6AC729C315 
24. 4. 15  Flüchtlingsströme - Wie die NATO Nordafrikas Entwicklung zerbombte - Von Gerhard Wisnewski