EU-Rahmenabkommen: »Wir Schweizer werden nicht zuerst ins Ausland wallfahrten gehen« - Von Peter Aebersold 27.07.2014 22:27
Die dreisten Forderungen aus Brüssel übertreffen alle bisher herumgereichten
Szenarien und gehen viel weiter als der 1992 vom Volk abgelehnte Beitritt zum Europäischen Wirtschaftsraum (EWR), ein Volksentscheid, der uns eine erfolgreiche Wirtschaftsentwicklung beschert hat. Der Klartext des EU-Diktats entlarvt die ganze bisherige Verharmlosungs- und Verschleierungstaktik des Bundesrats und gibt all jenen Kritikern recht, die die Verhandlungen schon seit langem als »schleichenden EU-Beitritt« durchschaut haben. Die EU möchte anstelle der bisherigen 120 bilateralen Verträge und für alle zukünftigen nur noch ein Rahmenabkommen, das bei allen durch die EU vorgenommenen Gesetzesänderungen entsprechend angepasst würde, ohne dass darüber verhandelt werden könnte. Die
Schweiz würde mit diesem Rahmenabkommen gezwungen, bestehendes und künftiges
EU-Recht mit allen Änderungen automatisch
- im orwellschen Neusprech des Bundesrates heisst dies verharmlosend ›dynamisch‹ -
zu übernehmen, ohne dass Bundesrat, Parlament oder Volk darüber befinden
können. Die Schweiz kann nur verlieren, wenn sie sich in das Korsett des
europäischen Binnenmarkts, der unserem freiheitlichen Wirtschaftsverständnis
widerspricht, weil wir möglichst offene Märkte auf der ganzen Welt wollen, einschnüren
liesse, denn der EU-Binnenmarkt ist ein territorial abgegrenztes
Wirtschaftsgebiet mit eigener Rechtsordnung, welche die Souveränität der
Schweiz aushebeln würde. Die Europäischen Regierungen haben die
Empfehlungen der OECD nicht befolgt und seit den 1970er Jahren schwere
wirtschaftspolitische Fehler begangen, welche zu miserablen wirtschaftlichen Leistungen
führten und grosse Auswanderungsbewegungen auslösten. Ebenso ist die
Wirtschafts- und Handelspolitik der EU gegenüber dem Maghreb und Westafrika direkt
für den Anstieg der masslosen Einwanderung in Europa verantwortlich.
Wir
können uns einen Verhandlungsabbruch leisten. Die hochverschuldete EU ist auf
die Schweiz angewiesen und nicht umgekehrt. 2013 hat die Schweiz von der EU für
25 Milliarden mehr Produkte gekauft als umgekehrt, ist der zweitwichtigste
Handelspartner der EU noch vor China geworden und hat allein drei Viertel des Exportzuwachses
der gesamten EU gebracht. Der Bundesrat muss es sich in seine Agenda schreiben
lassen: Er hat gegenüber der EU ausschliesslich die Interessen des Schweizer
Volkes, des alleinigen Souveräns, zu vertreten und hat, wie dies Bundesrat
Hermann Obrecht 1939 klarstellte ›nicht zuerst ins Ausland wallfahrten zu gehen‹: Im übrigen sind laut der ETH-Sicherheitsstudie 2014 96 % der
Befragten für die Neutralität und 81 % gegen einen EU-Beitritt, das heisst, natürlich
auch gegen jede Art von ›schleichendem EU-Beitritt‹.
Die Verhandlungen zwischen Bern und Brüssel über den sogenannten
›Rahmenvertrag‹, legt hierzu Ulrich Schlüer dar [1], stehen
offenbar vor dem Abschluss. Weshalb die Schweiz mit diesem Vertrag die
bilaterale Gleichberechtigung gegenüber Brüssel aufgibt und zum Satellitenstaat
absinkt, der auszuführen hat, was ihm Brüssel befiehlt, wird nachfolgend
aufgezeigt:
Mit
dem Rahmenvertrag visiert Bern eine bindende Vereinbarung mit Brüssel an,
welche die allgemeinen Bestimmungen festhalten soll, die für alle bilateralen
Abkommen und Vereinbarungen zwischen Bern und Brüssel übergeordnete Gültigkeit
haben. Zu den Verhandlungen kam es, weil Brüssel dem Bundesrat Ende 2012
kategorisch zu verstehen gab, dass weitere bilaterale Verträge zwischen Bern
und Brüssel undenkbar seien, solange sich die Schweiz der ›institutionellen Einbindung‹ in die Strukturen der
Europäischen Union verweigere. Obwohl weder damals noch heute ein echter Bedarf
für weitere bilaterale Abkommen sichtbar war, liess sich Bern auf das herrische
Ansinnen Brüssels ein und verhandelt jetzt über diese ›institutionelle Einbindung‹ in den Brüsseler
Bürokratie-Apparat. In einem Vorvertrag, dessen Ergebnisse im Mai 2013
schriftlich festgehalten worden waren, hatten sich die Unterhändler beider
Seiten zunächst auf die drei Hauptpfeiler des vorgesehenen Rahmenvertrags geeinigt.
Diese
lauten, um sie nochmals zu wiederholen, wie folgt:
Erstens erklärt sich die
Schweiz bereit, sämtliche EU-Beschlüsse und EU-Gesetze zu Sachverhalten, die in
bilateralen Abkommen oder bilateralen Vereinbarungen zwischen Bern und Brüssel
in irgendeinem Zusammenhang erwähnt werden, fortan automatisch zu übernehmen, unter
Verzicht auf jegliches Mitspracherecht. Dies gilt für bereits
bestehende Verträge, aber auch für solche, die in Zukunft erst ausgehandelt
werden sollen. Es betrifft ferner EU-Beschlüsse, die bereits feststehen, und solche,
die Brüssel erst in Zukunft treffen wird.
Zweitens erklärt sich die
Schweiz bereit, bei Meinungsverschiedenheiten zwischen Bern und Brüssel über
die Auslegung und Anwendung bilateraler Vereinbarungen den definitiven bindenden
Entscheid dem EU-Gerichtshof zu
überlassen, dessen Entscheid von der Schweiz widerspruchslos als unanfechtbar
hinzunehmen wäre.
Drittens: Sollte die Schweiz ein
Urteil oder einen Entscheid des EU-Gerichts nicht übernehmen können, weil ein
Volksentscheid eine andere Lösung festgelegt hat, dann akzeptiert sie, dass die
EU gegen unser Land als Sanktionen bezeichnete ›Ausgleichsmassnahmen‹ - also Strafmassnahmen -
erlassen kann, entweder in Form der Sistierung oder Aufhebung geltender
Verträge oder allenfalls auch mittels einer Geldbusse.
Die
formellen Verhandlungen über den Rahmenvertrag haben vor zwei Monaten begonnen.
Dabei wurde klar, dass die EU hierzu zwei weitere Forderungen nachgereicht hat.
Erstens: Brüssel verlangt nunmehr von Bern, dass ein allein von der EU zu
bestimmendes Überwachungsorgan einzurichten ist. Diese in der Schweiz stationierte
Behörde hätte im Auftrag Brüssels ständig zu kontrollieren, ob die
Schweiz alle im Rahmenvertrag eingegangenen Zugeständnisse auch tatsächlich
einhält. Zweitens: Die EU verlangt von der Schweiz jährliche Zahlungen in den
EU-Kohäsionsfonds, aus welchem wirtschaftsschwache EU-Mitglieder eine
Art Entwicklungshilfe erhalten. Charakteristisch für den ganzen Vertrag ist,
dass allein die EU Forderungen stellt und die Schweiz diese lediglich zu
akzeptieren hat.
Unterwerfung Bereits
mit den drei Pfeilern des Vorvertrags würde sich das Verhältnis zwischen Bern
und Brüssel drastisch ändern. Bis heute verhandelt die Schweiz mit Brüssel als
souveräner, in seinen Entscheidungen freier Staat, gleichberechtigt und auf
gleicher Augenhöhe. Werden die im Vorvertrag bereits geäusserten Zugeständnisse
wirksam, dann wäre die Schweiz künftig nicht mehr gleichberechtigter
Verhandlungspartner, sondern vielmehr reiner Befehlsempfänger Brüssels. Und neu
hätte die Schweiz, wie bereits vermerkt, zusätzlich eine in unserem Land
stationierte EU-Überwachungsbehörde zu akzeptieren, eine Wiedergeburt der vor
Jahrhunderten von den Eidgenossen verjagten Vögte. Des weiteren würde
unser Land mit der Pflicht zur jährlichen Bezahlung von EU-Kohäsionsleistungen gegenüber
Brüssel tributpflichtig.
Das Ende
der Souveränität Die
Annahme dieser fünf Bedingungen des Rahmenvertrags würde die Schweiz ihrer
Souveränität berauben. Sie wäre nicht mehr ein selbständig entscheidender und
eigenständig handelnder Staat, sie wäre ein Untertanengebiet Brüssels - ein
Satellit oder eine Kolonie. Die Abstimmung über diesen Rahmenvertrag, die der
Bundesrat nicht umgehen können wird, kann aus heutiger Sicht frühestens in der ersten
Jahreshälfte 2015 stattfinden. Wahrscheinlicher ist, dass der Bundesrat das
Abstimmungsdatum auf einen Termin nach den Eidgenössischen Wahlen vom
Herbst 2015 verlegt, also ins Jahr 2016. Für die Schweiz wird sich in dieser
Abstimmung eine Frage sehr klar stellen: Soll unser Land weiterhin ein
souveräner Staat sein, oder soll es zum Satelliten Brüssels degradiert werden.
[1] Quelle - auszugsweise: http://www.schweizerzeit.ch/cms/index.php?page=/news/durchbruch_oder_kapitulation-1842 Der
aktuelle Freitags-Kommentar der «Schweizerzeit» vom 18. Juli 2014 - Von Ulrich
Schlüer, Chefredaktor der «Schweizerzeit»
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