Zusammenarbeit mit Russland und China statt Untergang mit dem Empire

Der Druck von Seiten der NATO, der amerikanischen und britischen Regierung

sowie von Brüssel, die Deutschland als Handlanger für eine Politik der verbrannten Erde gegenüber Russland [und China] auf Kurs halten wollen, liest man in einem Bericht der Bürgerrechtsbewegung Solidarität, ist ungeheuer gross. Äusserungen wie die der neuen deutschen Verteidigungsministerin von der Leyen, man müsse an den Grenzen zu Russland Flagge zeigen, oder ihre Aussage auf der Königsbronner Sicherheitstagung, wenn es zur dritten Stufe der Sanktionen käme, habe Putin seinen Maidan direkt vor dem Kreml, sind ebenso dumm, wie sie in die Hände der transatlantischen Kriegsfraktion spielen. Vor dem Hintergrund der NATO-Entscheidung, die militärische Präsenz in Osteuropa zu verstärken und die Kooperation mit Russland zu kappen  - was allein für den Komplex Afghanistan sowie für die Rauschgiftbekämpfung grosse Probleme aufwirft -  ist es zu begrüssen, dass der frühere Generalinspekteur der Bundeswehr, General Harald Kujat, erneut vor einer Verschärfung der Konfrontation gegen Russland warnte und die Ziele des westlichen Krisenmanagements als unklar bezeichnete; es sei wichtig, die Lage nicht unter dem Druck der Besorgnisse osteuropäischer Staaten (wie Polen) eskalieren zu lassen. Kujat sprach sich gegen die Ausweitung der Stationierung von NATO-Bodentruppen in Ländern aus, die an Russland angrenzen. Auf jeden Fall müsse man einer NATO-Mitgliedschaft der Ukraine auch weiterhin eine klare Absage erteilen. Ein wichtiges Signal gegen die EU-Politik der Sanktionen und Konfrontation gegen Russland ging in dieser Hinsicht auch vom 7. Deutsch-Russischen Rohstoff-Forum aus, das trotz massiven politischen Gegenwinds vom 1. bis 3. April in Dresden stattfand. Das vorherrschende Motto dort lautete Kooperation statt Konfrontation. Der russische Vizeministerpräsident Arkadij Dworkowitsch betonte, die Veranstaltung finde in einem »Sturm statt, den einige Leute in einen Tsunami verwandeln« wollten. Jetzt brauche man »Leute mit klarem Kopf«. Besonders wichtig sei, dass die russische Seite nicht länger auf dem Niveau eines reinen Rohstoffexporteurs stehenbleiben will, wie es die imperial-britische EU-Politik gegenüber Eurasien erzwingen will. Genau das war der Casus belli bezüglich der Ukraine, die mit dem Angebot der Zusammenarbeit mit der Eurasischen Union von dieser neuen russischen Ausrichtung profitiert hätte. Prof. Wladimir Litwinenko, Rektor der Nationalen Universität für Mineralische Ressourcen in St. Petersburg, erklärte gemeinsam mit Prof. Klaus Töpfer auf der Webseite des Rohstoff-Forums, dass Russland als ressourcengebundenes Land die vertikale Integration, also die Zusammenführung von Produktion und Verarbeitung im eigenen Land, vorantreiben will. Der Plan sei, von einer Liefer- bzw. Fördernation zu einer Verarbeitungsnation zu werden. Dazu sei die Expertise der ausländischen Partner herzlich willkommen; sie könnten an der Wertschöpfung, die in Russland selbst stattfinden soll, partizipieren.  [1] 

In einem können wir uns sicher sein, erklärt F. William Engdahl in seinem Artikel Plant Obama mit den Saudis einen neuen Ölkrieg gegen Rußland?‹, nach Washingtons blutigem Putsch in der Ukraine, der unter dem verlogenen Mantra von Demokratie Neonazis und Freimarkt-Plünderer an die Macht brachte, plant man jetzt in Washington, Rußland als Opposition zur globalen Hegemonie der USA auszuschalten. [2]  Es ist eindeutig, daß die USA nach neuen Wegen sucht, um Rußland aufs Kreuz zu legen. Eine Waffe, die dabei in Erwägung gezogen wird, ist so neu nicht: die Ölwaffe. Heute wie schon in den 1980er Jahren ist Rußlands Achillesferse die übermäßige  Abhängigkeit der Wirtschaft von Erdöl- und Erdgasexporten. Rußland ist nach Saudi-Arabien und der USA der drittgrößte Erdölproduzent der Welt. In meinem Buch Mit der Ölwaffe zur Weltmacht lege ich dar, wie US-Außenminister George Shultz zusammen mit dem damaligen Präsidenten George Bush senior Saudi-Arabien unter Druck setzte, den Weltmarkt mit saudi-arabischem Erdöl zu überschwemmen. Mit verheerenden Folgen für die schwache Wirtschaft der Sowjetunion. [3]   

Anfang 1986 lag der durchschnittliche Ölpreis weltweit bei 33 $ pro Barrel. Bis Juni war der Preis auf die Hälfte, also auf 16 $, gefallen, und rutschte schließlich weiter ab, auf weniger als 10 $. Rußland steckte in einem US-geführten Krieg in Afghanistan fest und sah sich durch Reagans »Star Wars«-Raketenabwehr-Initiative zu riesigen Verteidigungsausgaben herausgefordert. Der Kollaps der sowjetischen Erdölerlöse trug maßgeblich zum endgültigen Zusammenbruch der Sowjetunion drei Jahre später bei. [4]  1986 bezog die UdSSR rund 66 % ihrer dringend benötigten Deviseneinnahmen aus Erdöl- und Erdgasexporten. Heute, mehr als 28 Jahre später, ist Rußland immer noch von diesen Exporten abhängig. 2008, als der Ölpreis wie heute im Schnitt bei 100 $ pro Barrel lag, machten die Erdöl-Einnahmen mit rund 35 % mehr als ein Drittel der russischen Exporterlöse aus. Zählt man Erdöl und Erdgas zusammen, lag der Anteil der Kohlenwasserstoff-Exporte am Gesamtexporteinkommen 2008 bei 65 %. Kohlenwasserstoff-Exporte erzeugten 50 % der gesamten Haushaltseinkünfte. [4]  Dieser Wert gilt im wesentlichen bis heute, und das ist die Achillesferse der russischen Wirtschaft.

Obama in Saudi-Arabien
Am 28. März reiste Präsident Obama nach Riad und von dort aus weiter in das Wüstenlager von König Abdullah, um über »Beziehungen« zu sprechen. Die Medien der Welt ereiferten sich über die unterwürfige Verbeugung des US-Präsidenten vor dem saudischen König, ein Fauxpas, den kein anderer Staatschef der Welt begehe; nur die Untertanen verbeugten sich vor dem König. Aber kein Wort wurde darüber verloren, ob über eine Neuauflage des US-saudi-arabischen umgekehrten Erdölschocks von 1986 gesprochen wurde. Bei einer Pressekonferenz am 20. März in Berlin rief der amerikanische Spekulant und Milliardär George Soros Obama dazu auf, pro Tag 500 000 Barrel aus den gewaltigen strategischen Erdölreserven auf den Markt zu werfen, um Rußland zu »bestrafen«. Die strategischen Erdölreserven [Strategic Petroleum Reserve SPR] der USA liegen zurzeit in der Größenordnung von 700 Millionen Barrel. Philip Verleger, der als Berater der Regierungen Ford und Carter tätig war, erklärte, damit könnte die USA die globalen Ölpreise um bis zu 12 $ pro Barrel drücken. Das würde für Rußland rund 40 Milliarden $ an entgangenen Einnahmen durch den Verkauf von Erdgas und Erdöl bedeuten, was 2 % der gesamten Wirtschaft entspräche. Ende März  verkaufte die Obama-Regierung auf dem Weltmarkt 5 Millionen Barrel SPR-Erdöl, behauptete jedoch, dies stehe nicht im Zusammenhang mit der Krim. Wahrscheinlich war es ein Warnschuß, um sich Putins Aufmerksamkeit zu sichern. Manche berechnen: Wenn es Obama gelänge, die Kooperation Saudi-Arabiens zu gewinnen und gemeinsam mit den Reserven der USA den Weltmarkt auch nur für ein paar Monate zu überschwemmen, könnte dies verheerende Auswirkungen auf die Finanzen Rußlands haben. Würde König Abdullah einwilligen, die saudi-arabische Förderung von derzeit 9,7 auf ungefähr 10 Millionen Barrel pro Tag zu erhöhen, würde dies zusammen mit dem Verkauf von täglich 500 000 bis 750 000 Barrel aus den strategischen Reserven der USA die russischen Erdöleinnahmen empfindlich treffen. Würde sich Saudi-Arabien Washington anschließen, würde die Weltmacht Rußland, die bisher das wichtigste Hindernis für einen Saudi-geführten Krieg zum Sturz von Baschar al-Assad in Syrien, dem Verbündeten des Irans und Feind Saudi-Arabiens, darstellt, getroffen. Wir können sicher sein, dass in Washington und Riad hinter verschlossenen Türen lebhaft über ein solches Szenario diskutiert wird.
 

20-Milliarden-Dollar-Tauschgeschäft zwischen Russland und dem Iran  
Neben der Krim hat Putins Rußland Washington und Saudi-Arabien auch auf einem anderen Schauplatz gegen sich aufgebracht. Seit Monaten führen Putin und seine Regierung auf hoher Ebene Gespräche mit Teheran über ein Tauschgeschäft »Erdöl gegen Ausrüstung«, das Berichten  zufolge über zwei bis drei Jahre laufen und einen Marktwert von 20 Milliarden $ haben soll. Es heißt, Moskau würde täglich bis zu 500 000 Barrel iranisches Erdöl kaufen, als Gegenleistung für russische Ausrüstung und Waren. Die russische Ausrüstung würde Raketen und Teile für Atomreaktoren umfassen. Ein iranischer Vertreter erklärte vor der Presse: »Der Iran kann rund 300 000 Barrel pro Tag über das Kaspische Meer und den Rest über den Golf, möglicherweise über den Hafen Bandar Abbas, eintauschen.« Washington hat mit einer wütenden Attacke reagiert, weil Moskau angeblich die US-Wirtschaftssanktionen gegen den Iran unterlaufe. Die Ironie liegt darin, daß mit den Sanktionen Druck auf den Iran ausgeübt werden soll, die Atomwaffen, von denen noch niemand bewiesen hat, dass der Iran sie überhaupt besitzt, aufzugeben. Wenn Washington einseitig Wirtschaftssanktionen gegen den Iran oder jetzt gegen Rußland verhängen darf, weil man deren Politik nicht mag, könnte der Tag kommen, an dem dasselbe gegen die EU passiert. Die Option eines Ölkriegs gegen Putins Rußland ist eindeutig nicht ausgeschlossen. Bleiben Sie dran, liebe Leser! 

»Die von den Vereinigten Staaten von Amerika geführte NATO«, legt der Staatsrechtlehrer Prof. Karl Albrecht Schachtschneider dar, »will sich nach Osten bis an die Grenze Rußlands ausdehnen. Das ist ein wesentlicher Zweck der stetigen Erweiterung der EU, der wirtschaftlichen und auch politischen Basis des europäischen Teils der NATO. Die EU kann als Staatenverbund, wenn nicht Bundesstaat,  von wenigen Führern dominiert, von der USA und deren Diensten leichter als die vielen Einzelstaaten einer gemeinsamen Politik verpflichtet werden. Daran ändert nichts, daß nicht alle Mitgliedstaaten der EU der NATO angehören, wie insbesondere nicht Österreich, Schweden und Finnland wegen ihrer fragilen, wenn nicht obsoleten Neutralität. Wenn die Ukraine zur NATO gehört, wie das die USA angestrebt haben und wohl nach wie vor anstreben, wird sie ein Standort von gegen Rußland und die GUS gerichteten Waffen werden, jedenfalls werden können. Mit dem Umsturz in der Ukraine ist es bereits gelungen, diese aus der GUS herauszubrechen. Das geht gegen die Sicherheitsinteressen der Russischen Föderation und auch der GUS. Rußland hat nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion die Erweiterung der NATO nach Osten zugelassen, auch schon die Mitgliedschaft des vereinten Deutschlands in der NATO. Das war eine Veränderung der weltpolitischen Lage. Die freilich nicht vertraglich gesicherte Zusage, die NATO nicht weiter nach Osten auszudehnen, hat der Westen nicht eingehalten. Wenn ein Bündnis, zumal ein Militärbündnis wie die NATO, zu mächtig wird, wird es zur Bedrohung der anderen Staaten und büßt seine freiheitliche Rechtfertigung ein. 

Der Westen hat den Umsturz in der Ukraine gefördert, wenn nicht betrieben. Das waren schwere Verletzungen der inneren und äußeren Souveränität der Ukraine. Daß der Maidan nicht wesentlich aus eigenem Antrieb und eigener Kraft von Bürgern der Ukraine kam, ist offensichtlich. Der Westen hat das bewährte Verfahren des Umsturzes, der vermeintlichen irgendwie gefärbten Revolution genutzt, ein Verfahren, welches ähnlich auch andere Mächte eingesetzt haben und einsetzen, zumal früher die Sowjetunion. Die ethnischen Gegensätze zwischen Russen und Ukrainern, aber auch das augenscheinlich korrupte Regierungssystem, waren dem Umsturz dienlich. Es gibt wenig Zweifel, daß der Westen subversiv, wie das Völkerrecht es nennt,  interveniert hat, um eine genehme Regierung zu haben, welche bereit ist, die Ukraine in die EU und irgendwann auch in die NATO zu führen. Die gescheiterte Mission der Außenminister Frankreichs, Polens und Deutschlands, die zu einer friedlichen Entmachtung des gewählten Präsidenten der Ukraine, zur Neuwahl eines Präsidenten und zur Rückkehr zur Verfassung von 2004 führen sollte, war jedenfalls mit der bestehenden Verfassung der Ukraine und der Souveränität des Landes schwerlich vereinbar, erst recht nicht der Bruch der Vereinbarung vom 21. Februar 2014 durch die aufständischen Kräfte und deren gewaltsame Übernahme der Macht. Dabei wurde die Trennung des Landes in Kauf genommen, auch von den westlichen Vermittlern. Die Ukraine-Politik des Westens ist trotz aller Souveränität der Ukraine eine Bedrohung Rußlands. Der Westen hat die Souveränität der Ukraine keineswegs geachtet. Die Maßnahmen Rußlands zum Schutz seines rechtmäßigen Flottenstützpunktes waren von seinen existentiellen Interessen gegen den zunehmend aggressiven Westen gefordert. Sie sind verhältnismäßig und dienten und dienen der Verteidigung der russischen Föderation, aber auch russischer Staatsbürger und ethnisch russischer Ukrainer. Ein Verstoß gegen das Völkerrecht sind sie nicht, schon gar nicht eine Annexion der Krim. Sie sind durch das Recht zur Selbstverteidigung gerechtfertigt, welches die präventive Selbstverteidigung jedenfalls einschließt, wenn diese mit milden Mitteln erfolgt, von den Bewohnern des geschützten Gebietes gewünscht ist, weil diese sich dem Staat, der ihre Sezession unterstützt, erkennbar anschließen wollen.  

Das Budapester Memorandum von 1994, in dem die USA, Rußland und Großbritannien u.a. der Ukraine als Gegenleistung für den Nuklearwaffenverzicht zugesagt haben, die Souveränität und die bestehenden Grenzen sowie deren politische und wirtschaftliche Unabhängigkeit zu achten und im Falle eines nuklearen Angriffs auf das Land unmittelbar Maßnahmen des Sicherheitsrats der Vereinten Nationen zu veranlassen, ist durch die Sezession der Krim und deren Aufnahme in die Russische Föderation nicht berührt, geschweige denn verletzt. Das Selbstbestimmungsrecht der Bürger der Krim ist durch dieses Memorandum nicht aufgehoben. Es kann auch durch völkerrechtliche Verträge nicht aufgehoben werden, weil es die Freiheit der Bürger ist. Diese steht nicht zur Disposition der Politik. Sie ist mit dem Menschen geboren.«  [5]    

Quellen:  
[1]  http://www.bueso.de/node/7197  5. 4. 14  
Deutschlands souveränes Eigeninteresse: Zusammenarbeit mit Russland und China statt Untergang mit dem Empire! Von Elke Fimmen  
[2]  http://info.kopp-verlag.de/hintergruende/geostrategie/f-william-engdahl/plant-obama-mit-den-saudis-einen-neuen-oelkrieg-gegen-russland-.html   5. 4. 14  Plant Obama mit den Saudis einen neuen Ölkrieg gegen Russland? – Von F. William Engdahl  
[3]  William Engdahl, Mit der Ölwaffe zur Weltmacht, Kopp Verlag  
[4]  Andreas Benedictow, Daniel Fjærtoft und Ole Løfsnæs, »Oil dependency of the Russian economy: an econometric analysis«, Discussion Papers No. 617, Mai 2010, Statistics Norway, Research Department 
Siehe hierzu auch
http://www.politonline.ch/index.cfm?content=news&newsid=2158    22. 9. 13
Russisch-chinesischer Erdgasvertrag verändert die Landkarte Eurasiens - Von F. William Engdahl  [5]  http://www.wissensmanufaktur.net/krim-zeitfragen  5. 4. 2014 
Der Kampf um die Krim als Problem des Staats- und Völkerrechts – von  Karl Albrecht Schachtschneider, Berlin, April 2014
   - Auszug -